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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 13.12.2006
Aktenzeichen: 9 WF 365/06
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 3
ZPO § 323
ZPO § 323 Abs. 1
ZPO § 323 Abs. 4
ZPO § 569 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 707 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 769
BGB § 242
BGB § 313
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

9 WF 365/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die sofortige Beschwerde des Klägers vom 29. September 2006 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Cottbus vom 19. September 2006 durch den Richter am Oberlandesgericht Schollbach als Einzelrichter

am 13. Dezember 2006

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde gegen die Versagung der begehrten Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Soweit der Kläger mit seiner sofortigen Beschwerde vom 29. September 2006 auch die Zurückweisung des Antrages auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung angegriffen hat, ist davon auszugehen, dass eine Entscheidung des Senats hierüber nicht zu treffen ist, da das Amtsgericht mit Beschluss vom 9. November 2006 diese sofortige Beschwerde (wohl) bereits als unzulässig verworfen hat und demzufolge eine Vorlage an den Senat nicht erfolgt ist.

In einem Abänderungsverfahren nach § 323 ZPO besteht die Möglichkeit, in entsprechender Anwendung des § 769 ZPO die Zwangsvollstreckung aus dem abzuändernden Titel vorläufig einzustellen (Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 323 Rn. 39). Die insoweit ergehende Entscheidung ist jedoch in analoger Anwendung des § 707 Abs. 2 Satz 2 ZPO unanfechtbar, sodass weder eine sofortige noch eine außerordentliche Beschwerde wegen greifbarer Gesetzeswidrigkeit gegeben sind (BGH NJW 2004, 2224; Zöller/Vollkommer, a.a.O.).

Die Beschwerde des Klägers war daher als unzulässig zu verwerfen. Hierzu war das Amtsgericht berechtigt; einer Vorlage an den Senat bedurfte es nicht (Zöller/Gummer, a.a.O., § 572 Rn. 6).

II.

Die weitergehende sofortige Beschwerde des Klägers ist - soweit sie sich gegen die Versagung der begehrten Prozesskostenhilfe richtet - jedoch zulässig. Sie ist insbesondere innerhalb der Notfrist von einem Monat gemäß §§ 569 Abs. 1 Satz 1, 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO eingelegt und begründet worden.

Die sofortige Beschwerde hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Gemäß § 114 ZPO ist Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wenn die antragstellende Partei nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann und die beabsichtigte Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet sowie nicht mutwillig erscheint. Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist nur dann gegeben, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund seiner Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für insoweit zutreffend oder es zumindest für vertretbar hält, dass der Antragsteller mit seinem Begehren durchdringt und dieses nicht aussichtslos erscheint. Es muss aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass die Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung zum Erfolg führen kann (vgl. nur Zöller/Philippi, a.a.O., § 114, Rn. 19 m. w. N.).

Eine solch hinreichende Aussicht auf Erfolg hat das Amtsgericht im Ergebnis zu Recht verneint.

Gemäß § 323 Abs. 1, 4 ZPO kann ein Unterhaltstitel abgeändert werden, wenn sich diejenigen Verhältnisse, die zur Errichtung des Unterhaltstitels geführt haben, wesentlich geändert haben. Materiell-rechtlich bestimmt sich die Abänderung nach den Grundsätzen über die Änderung bzw. den Wegfall der Geschäftsgrundlage nach §§ 242, 313 BGB. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer solchen wesentlichen Veränderung trifft den Abänderungskläger (Brandenburgisches OLG FamRZ 2005, 815; Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 323 Rn. 32; Palandt/Grüneberg, BGB, 66. Aufl., § 313 Rn. 43 jeweils m. w. N.).

Zwar hat der Kläger insoweit vorgetragen, dass sich seit Abschluss der notariellen Vereinbarung zum einen seine wirtschaftlichen Verhältnisse aufgrund der krankheitsbedingten Verringerung seiner Arbeitszeit geändert hätten und er zum anderen nunmehr auch gegenüber seiner am 2. Dezember 2004 geborenen Tochter H... zum Unterhalt verpflichtet sei, sodass grundsätzlich von der Zulässigkeit der Klage auszugehen ist. Jedoch ist diese Abänderungsklage unbegründet.

Soweit sich der Kläger auf das Hinzutreten einer weiteren Unterhaltsverpflichtung beruft, vermag diese Tatsache allein die Abänderung des bisherigen Titels nicht zu begründen. Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass H... erst nach Rechtskraft der Ehescheidung geboren worden ist, sodass die Unterhaltsverpflichtung ihr gegenüber die Ehe der Parteien nicht geprägt hat. Demzufolge ist der zu leistende Unterhalt nicht vorab vom Einkommen des Klägers in Abzug zu bringen; er kann daher den bisherigen Unterhaltsbedarf der Beklagten nicht verringern. Vielmehr kann die Zahlung des Kindesunterhalts lediglich auf der Stufe der Leistungsfähigkeit des Klägers Berücksichtigung finden. Ausgehend von einer Unterhaltsverpflichtung für Hannah in Höhe von 262 € monatlich (bei einem Einkommen von 1.800 € = Gruppe 4 und einer Höherstufung, da nur zwei Unterhaltsverpflichtungen vorhanden sind) und einem Anspruch der Beklagten von 300 € verbleiben dem Kläger monatlich 1.238 €, sodass er unter Berücksichtigung seines Selbstbehaltes (915 €) leistungsfähig wäre.

In diesem Zusammenhang ist der Vollständigkeit halber darauf hinzuweisen, dass aber bereits fraglich ist, ob der Kläger überhaupt allein barunterhaltspflichtig ist, da jeder Vortrag hinsichtlich der Betreuungssituation für H... fehlt und die Tatsachen, dass beide Eltern berufstätig sind und der Kläger im Verhältnis zu seiner Ehefrau die ungünstigere Steuerklasse gewählt hat, eher gegen diese Annahme sprechen. Dies kann aber im Ergebnis aus den vorgenannten Gründen dahinstehen.

Demzufolge kommt es für die Frage der wesentlichen Änderung der Verhältnisse darauf an, ob sich der Kläger auf die Verringerung seiner Einkünfte infolge einer krankheitsbedingten Verkürzung seiner Arbeitszeit berufen kann oder ob diese Einkommensreduzierung auf einem unterhaltsrechtlich vorwerfbaren Verhalten beruht, sodass dem Kläger sein bisheriges Einkommen zu fingieren ist. Auch hierfür trägt der Kläger - wie bereits dargestellt - die volle Darlegungs- und Beweislast. Dieser genügt er nicht.

Das Amtsgericht hat in diesem Zusammenhang zutreffend festgestellt, dass der diesbezügliche Vortrag unsubstanziiert ist, da der Kläger weder zu seiner Erkrankung (welche Erkrankungen konkret; seit wann usw.) noch zu den daraus resultierenden Einschränkungen sowie der erforderlichen Verringerung der Arbeitszeit ausreichend vorgetragen hat. Um seiner Darlegungslast nachzukommen genügt insbesondere nicht die Übersendung des Attestes der Oberärztin Dr. E... vom 12. Oktober 2006 und deren arbeitsmedizinischen Bescheinigung vom 25. Oktober 2006. Zum einen sind diese Belege nicht geeignet, einen substanziierten Sachvortrag, der einer Beweisaufnahme im Hauptsacheverfahren zugänglich wäre, zu ersetzen. Zum anderen ist das Gericht nicht gehalten, sich für die Schlüssigkeit der Klage erforderlichen Sachvortrag aus eingereichten Anlagen selbst zusammen zu suchen (Brandenburgisches OLG FamRZ 2004, 972). Im Übrigen vermag aber auch der Inhalt des Attestes eine Verringerung der Arbeitszeit nicht zu begründen. Die Vorlage eines Sachverständigengutachtens - wie von der Beklagten gefordert - ist hingegen nicht erforderlich, da eine eventuelle Beweisaufnahme dem Hauptsacheverfahren vorzubehalten ist.

Darüber hinaus ist die Abänderungsklage aber auch deshalb unbegründet, weil der Kläger schon nicht ausreichend dargetan hat, welche persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse dem ursprünglichen Unterhaltstitel überhaupt zu Grunde gelegen haben. Eine wesentliche Veränderung dieser Verhältnisse kann daher nicht überprüft werden.

Aus der notariellen Vereinbarung vom 30. Januar 2003 ergibt sich zwar, dass die Parteien bei deren Abschluss vom Bezug einer Erwerbsunfähigkeitsrente aufseiten der Beklagten in Höhe von 790,43 € monatlich und eines Nettoeinkommen aufseiten des Klägers in Höhe von 1.800 € monatlich ausgegangen sind. Jedoch dürften diese Einkünfte der Parteien nicht ausschließlich zu der Unterhaltsverpflichtung in Höhe von 300 € monatlich geführt haben, da sich allein aus diesen Einkünften ein Anspruch auf 376,21 € ergeben hätte ( 790,43 € + 1.542,86 € [1.800 € - 1/7 - Erwerbstätigensiebtel] = 2.333,29 € : 2 = 1.166,64 € - 790,43 €). Zumindest hätte es hierzu ergänzenden Vortrages bedurft.

Dieses Vortrages hätte es aber insbesondere auch deshalb bedurft, weil sich aus der vorgenannten Vereinbarung ergibt, dass die Parteien zunächst Miteigentümer zu jeweils 1/2 an dem als Familienheim dienenden Hausgrundstück ... in K... waren und die Beklagte ihren Miteigentumsanteil sodann an den Kläger übertragen hat. Da regelmäßig auch Einkünfte aus Vermögen unterhaltsrelevantes Einkommen darstellen, könnte auch ein eventuell vorhandener Wohnvorteil Eingang in die Unterhaltsvereinbarung gefunden haben. Darüber hinaus bestanden bezüglich dieses Grundstückes aber offensichtlich noch offen Verbindlichkeiten, die gegebenenfalls mit monatlichen Raten zu bedienen waren, sodass es auch denkbar erscheint, dass diese wegen ihrer Eheprägung als unterhaltsrechtlich relevante Abzugsposten berücksichtigt worden sind.

Da die Abänderungsklage somit zum gegenwärtigen Zeitpunkt unschlüssig ist, verspricht sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, sodass das Amtsgericht zu Recht die begehrte Prozesskostenhilfe versagt hat. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde konnte daher keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.

III.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war bereits deshalb zurückzuweisen, weil für das Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren selbst - auch für das diesbezügliche Beschwerdeverfahren - keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden darf (vgl. nur Zöller/Philippi, a.a.O., § 114 Rn. 3 m. w. N.). Im Übrigen hat das Rechtsmittel aus den o. g. Gründen aber auch keine Aussicht auf Erfolg, § 114 ZPO.

Ende der Entscheidung

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