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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 03.03.2004
Aktenzeichen: 9 WF 49/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 120 Abs. 4 S. 2
ZPO § 120 Abs. 4 S. 3
ZPO § 124 Nr. 2
ZPO § 124 Nr. 3 Hs. 2
ZPO § 127 Abs. 2 S. 2 a. F.
ZPO § 127 Abs. 4
ZPO § 612 Abs. 1 Nr. 6
ZPO § 624 Abs. 2
ZPO § 628
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

9 WF 49/04 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf den als Beschwerde auszulegenden, am 7. Juni 2001 eingegangenen Einspruch der Antragsgegnerin (Bl. 37 PKH-Heft) gegen den Beschluss des Amtsgerichts Cottbus vom 2. April 2001 (Bl. 35 PKH-Heft) durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Landgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ...

am 3. März 2004

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die gemäß § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO a. F. statthafte und zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

1.

Nach § 124 Nr. 2 ZPO können Bewilligungen von Prozesskostenhilfe aufgehoben werden, wenn die Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit eine Erklärung nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO nicht abgegeben hat, also dem Verlangen des Gerichts, sich darüber zu äußern, ob eine Veränderung ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten ist, nicht nachgekommen ist. Diese Voraussetzungen für die Aufhebung sind im vorliegenden Fall gegeben.

a.

Das Amtsgericht hat seit März 2000 die Antragsgegnerin mehrmals aufgefordert, ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erneut zu belegen. Die insoweit gesetzten Fristen hat das Amtsgericht auf entsprechende Anträge der Antragsgegnerin mehrfach verlängert. Eingereicht hat die Antragsgegnerin sodann unter dem 26. März 2001 (Bl. 31 PKH-Heft) handschriftliche Ausführungen und Berechnungen sowie den Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 1999, was erkennbar angesichts der zuvor erteilten Aufforderungen des Amtsgerichtes zum Einreichen einer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht ausreichend war. Eine Überprüfung der finanziellen Verhältnisse der Antragsgegnerin war auf Grundlage der eingereichten Unterlagen nicht möglich, was auch der Antragsgegnerin mit Rücksicht auf die vorangegangenen Aufforderungen bewusst gewesen sein musste.

Auch nach Erlass der angefochtenen Entscheidung hat die Antragsgegnerin innerhalb des Beschwerdeverfahrens trotz der insoweit durch das Amtsgericht erneut gesetzten Fristen die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Belegen nicht eingereicht.

b.

Die Aufforderung, sich über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu erklären, hat das Amtsgericht auch zutreffend an die Antragsgegnerin persönlich und nicht an deren Prozessbevollmächtigten gerichtet. Das betreffende Mandat ist mit Rechtskraft der Entscheidung erloschen. In dem nach Abschluss der Instanz sich fortsetzenden Prozesskostenhilfeverfahren ist die Partei der richtige Adressat (Brandenburgisches OLG FamRZ 2002, 403).

c.

Die Nichteinhaltung einer Frist im Sinne des § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO stellt für sich betrachtet nicht stets einen Grund für die Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung dar, da es sich hierbei nicht um eine Ausschlussfrist handelt. Die Vorschrift des § 124 Nr. 2 ZPO hat jedoch Sanktionscharakter. Danach kann das Gericht den Umstand, dass die geforderten Unterlagen nicht fristgemäß eingegangen sind, im Rahmen der nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffenden Entscheidung über die Aufhebung berücksichtigen und die Prozesskostenhilfebewilligung insgesamt aufheben, wenn die Nichteinhaltung der Frist zumindest auf grober Fahrlässigkeit beruht (Brandenburgisches Oberlandesgericht, a.a.O., m.N.).

Von einer solchen groben Nachlässigkeit muss hier ausgegangen werden. So hat die Antragsgegnerin über einen Zeitraum von etwas mehr als einem Jahr trotz der vorangegangenen mehrmaligen Aufforderungen des Amtsgerichts nicht die angeforderten Unterlagen in dem geforderten Umfange eingereicht, was ihr Verhalten als grob nachlässig erscheinen lässt.

Auch nach Erlass der angefochtenen Entscheidung ist die Antragsgegnerin ihren Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen. Mit ihrer Beschwerdebegründung hat sie erneut den Bescheid für das Jahr 1999 und die handschriftliche Erklärung eingereicht, die sie bereits zuvor im März 2001 eingereicht hatte. Damit genügte sie ihren Mitwirkungspflichten, wie bereits dargestellt, auch für sie erkennbar, nicht. Erst recht gilt dies unter Berücksichtigung dessen, dass sie in ihrer Beschwerdeschrift wohl auf weitere Anlagen, die sie kopieren und persönlich abgeben werde, hinweist. Weitere Unterlagen hat die Antragsgegnerin aber bislang nicht, auch nicht auf Grund des ihr übersandten Nichtabhilfebeschlusses des Amtsgerichts Cottbus vom 13. Februar 2004 (Bl. 67 PKH-Heft), eingereicht.

Soweit sie Tatsachen und Unterlagen im Beschwerdeverfahren vorgelegt hat, genügen diese nach wie vor nicht, weshalb schon aus diesem Grunde der sofortigen Beschwerde der Erfolg zu versagen ist.

2.

Der (vollständigen) Aufhebung des Beschlusses des Kreisgerichts Cottbus vom 12. Mai 1993 steht die Regelung des § 124 Nr. 3 Hs. 2 ZPO, wonach die Aufhebung ausgeschlossen ist, wenn seit der rechtskräftigen Entscheidung oder sonstigen Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind, nicht entgegen, da die Vierjahresfrist bei Erlass der angefochtenen Entscheidung am 2. April 2001 noch nicht abgelaufen war.

Beginn und Lauf der Frist des § 124 Nr.. 3 Hs. 2 ZPO richten sich nach denselben Grundsätzen, die für die im wesentlichen wortgleiche Regelung des § 120 Abs. 4 S. 3 ZPO gelten (Zöller-Philippi, ZPO, 24. Aufl. 2004, § 124, Rn. 18). Die Frist des § 120 Abs. 4 S. 3 ZPO beginnt mit der Rechtskraft der Entscheidung über die Hauptsache, wobei als Hauptsache nicht allein das Scheidungsverfahren, sondern der gesamte Scheidungsverbund anzusehen ist. Maßgebend ist der Zeitpunkt der Beendigung des Verfahrens insgesamt. Die Abtrennung eines Folgeverfahrens gemäß § 628 ZPO führt nicht zu einer echten Verfahrenstrennung, es ergehen vielmehr lediglich zeitlich versetzte Teilentscheidungen in einem einzigen Verfahren (OLG Dresden, FamRZ 2002, 1415, 1416). Werden Folgesachen ausnahmsweise gemäß § 628 ZPO abgetrennt und wird sodann die Entscheidung über die Ehescheidung rechtskräftig, so ist für den Fristbeginn gleichwohl die Rechtskraft der letzten Folgesacheentscheidung maßgebend (Brandenburgisches OLG, FamRZ 2002, 1416, 1417; OLG Dresden, a.a.O.; Zöller-Philippi a.a.O., § 120, Rn. 26). Insbesondere gilt dies für die Abtrennung der Folgesache über den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich, welche als einzige Folgesache in den Scheidungsverbund fällt, ohne dass es eines Antrages bedarf (§ 623 Abs. 1 S. 3 ZPO). Auch prozesskostenhilferechtlich ist die Folgesache Versorgungsausgleich in besonderer Weise mit der Scheidungssache verbunden, denn die Bewilligung der Prozesskostenhilfe für die Scheidungssache erstreckt sich auch auf diese Folgesache, soweit sie nicht ausdrücklich ausgenommen wird, § 624 Abs. 2 ZPO, i.V.m. § 612 Abs. 1 Nr. 6 ZPO.

Vorliegend lief trotz der bereits seit 1993 rechtskräftigen Ehescheidung noch das vom Scheidungsverbund abgetrennte Verfahren über den Versorgungsausgleich, worüber das Amtsgericht Cottbus erst auf Grund des Beschlusses vom 8. Februar 2000 (Bl. 163 VA-Heft) entschieden hat. Soweit das Amtsgericht dabei entschieden hat, dass der Versorgungsausgleich derzeit nicht durchgeführt werden kann und dies angesichts des ungeklärten Versicherungsverlaufes im Grundsatz zulässig ist (vgl. OLG Hamm, FamRZ 2000, 673 f. - Nr. 447 - sowie S. 674 - Nr. 448 -; OLG Schleswig, FamRZ 1990, 269; unklar OLG Thüringen, FamRZ 2000, 673), kann hier dahinstehen, ob es sich dabei um eine Endentscheidung (so OLG Schleswig, a.a.O.) oder eine bloße Zwischenentscheidung (so eher OLG Thüringen, a.a.O.) handelt, da in jedem Falle die Frist des § 124 Nr. 3 ZPO gewahrt ist.

3.

Eine Kostenentscheidung war gemäß § 127 Abs. 4 ZPO nicht zu treffen.

Ende der Entscheidung

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