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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 11.07.2001
Aktenzeichen: 9 WF 65/01
Rechtsgebiete: FGG, BVormVG


Vorschriften:

FGG § 50 Abs. 1
FGG § 50 Abs. 5
FGG § 56 Abs. 3
FGG § 56 g Abs. 5 Satz 1
FGG § 67 Abs. 3 Satz 3
BVormVG § 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

9 WF 65/01 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die sofortige Beschwerde des Bezirksrevisors vom 22. März 2001 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Oranienburg vom 15. März 2001 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Landgericht ... und den Richter am Amtsgericht ...

am 11. Juli 2001

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde wird der angefochtene Beschluss aufgehoben. Das Verfahren wird zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen .

Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die gem. §§ 50 Abs. 5, 67 Abs. 3 Satz 3, 56 g Abs. 5 Satz 1 FGG zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache insoweit Erfolg, als die Sache zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen war.

Dem Verfahrenspfleger steht nach §§ 50 Abs. 5, 56 Abs. 3 FGG ein Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen und eine Vergütung entsprechend § 1 BVormVG zu. Dieser Ersatzanspruch bezieht sich allerdings nur auf diejenigen Zeiten und Aufwendungen, die die vom Gesetz dem Verfahrenspfleger zugewiesenen Tätigkeiten betreffen (vgl. auch BT-Drucks. 13/7158, S. 15).

Nach § 50 Abs. 1 FGG hat das Gericht dem minderjährigen Kind einen Pfleger für ein seine Person betreffendes Verfahren zu bestellen, sobald dies zur Wahrnehmung seiner Interessen erforderlich ist. Dies lässt erkennen, dass der Verfahrenspfleger für die Durchführung des gerichtlichen Verfahrens an die Stelle des gesetzlichen Vertreters des Kindes tritt und an dessen Stelle die Kindesinteressen in das Verfahren einzubringen und an den Anhörungen bei Gericht teilzunehmen hat (vgl. auch Oelkers in: Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 3. Aufl. 2001, 4. Kapitel Rn. 322). Der Verfahrenspfleger hat also nur das eigene Interesse des Kindes zu erkennen und zu formulieren (ausdrücklich BVerfG FamRZ 1999, 85, 87); er hat darauf hinzuwirken, dass das Verfahren - soweit dies möglich ist - kindgerecht gestaltet wird und dem Kind in dem Verfahren bei Bedarf zur Seite zu stehen (BT-Drucks. 13/4899, S. 130). All dies charakterisiert den Verfahrenspfleger als subjektiven Interessenvertreter für das Kind; seine Aufgabenstellung in dem Verfahren ist derjenigen eines Rechtsanwaltes als Verfahrensbevollmächtigten vergleichbar. Als "reiner Parteivertreter" ist es dagegen nicht seine Aufgabe, sich an der Erforschung der dem objektiven Kindeswohl am besten dienenden Entscheidung zu beteiligen, insbesondere keine über die bloße Ermittlung des Kindeswillens hinausgehende Ermittlungen anzustellen (SchlHOLG, OLG-R 2000, 177 ff.; KG FamRZ 2000,1300; OLG Frankfurt FamRZ 1999, 1293, 1294; a. A. wohl OLG Köln NJW-RR 2001, 74, 75).

Mit seinen Vergütungsanträgen vom 16. September, 13. November bzw. 11. Dezember 2000 begehrt der Verfahrenspfleger die Erstattung einer Vergütung auch für solche Tätigkeiten, die über seinen Aufgabenbereich als Verfahrenspfleger des Kindes hinausgehen. Die über die von dem Bezirksrevisor zugestandenen Kosten hinausgehenden Kosten sind ausweislich der Erläuterungen zu den einzelnen Positionen der Anträge zumindest teilweise auch deshalb entstanden, weil Kontakte und Gespräche auch mit den Eltern des betroffenen Kindes und deren Lebensgefährten stattgefunden haben. Dabei ist der Verfahrenspfleger aber über seinen zuvor beschriebenen Aufgabenbereich, der sich allein auf die Erforschung und Darstellung des Kindeswillens und dessen Übermittlung an das Gericht bezieht, hinausgegangen. Die Gespräche mit den Eltern dienen - wie auch sonstige Kontakte zu Dritten, z. B. dem Jugendamt oder dem eingesetzten Gutachter - letztendlich der Erforschung der dem objektiven Kindeswohl am besten dienenden Entscheidung und betreffen damit nicht den Kompetenzbereich des Verfahrenspflegers. Zwar hat der Verfahrenspfleger das Recht und die Pflicht, sich mit allen am Verfahren beteiligten Personen und Institutionen und insbesondere den insoweit abgegebenen Stellungnahmen auseinanderzusetzen. Dabei soll er jedoch nicht eigenständig die erzieherischen und sozialen Gesichtspunkte zur Entwicklung des Kindes und gegebenenfalls bestehende weitere Hilfemöglichkeiten mit den weiteren Verfahrensbeteiligten erörtern oder erforschen. Dies überschreitet erkennbar die dem Verfahrenspfleger zugewiesene Aufgabenstellung (KG a.a.O. S. 1301 - zur Aufstellung von Hilfeplänen). Danach kann dem Verfahrenspfleger für diese Tätigkeiten weder eine Vergütung noch der Ersatz darauf entfallender Aufwendungen zuerkannt werden.

Allerdings geht aus den Abrechnungen hervor, dass über den zuerkannten Erstkontakt des Verfahrenspflegers mit dem betroffenen Kind I... hinaus weitere Kontakte (Gespräche, Briefverkehr) mit dem Kind stattgefunden haben; dies betrifft die Positionen 11, 14, 28, 32, 35 und 40. Diese Kontakte jedenfalls sind, wie zuvor dargestellt, im Grundsatz erstattungsfähig; es kann auch nicht festgestellt werden, dass diese Kontakte von ihrer Anzahl und ihrem Umfang her als derart unangemessen aufwendig erscheinen, dass sie in keinem Verhältnis zu dem hier vorliegenden schwierigen sorgerechtlichen Verfahren stehen. Aus diesem Grunde dürften auch die aus dem Gespräch mit I... vom 10. Juni 2000 (Position 40) resultierenden weiteren, mit den Positionen 41 und 42 abgerechneten Leistungen des Verfahrenspflegers im Grundsatz erstattungsfähig sein.

Jedoch ergibt sich aus den Einzelpositionen, dass neben diesen Kontakten jeweils auch weitere, nach den vorgenannten Ausführungen nicht erstattungsfähige Maßnahmen (insbesondere Gespräche/Briefkontakte mit den Eltern) stattgefunden haben. Der Senat sieht sich nicht in der Lage, auf der Grundlage der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Abrechnungen im einzelnen überprüfen zu können, ob und gegebenenfalls in welchem Umfange die von der Beschwerdeführerin abgerechneten Tätigkeiten unter Berücksichtigung der erwähnten Grundsätze zu vergüten sind, da die einzelnen Positionen keine genauere Spezifizierung enthalten. Dies betrifft die im Antrag vom 16. September 2000 unter den Positionen 11, 14, 28 und 35 abgerechneten Leistungen. Gleiches gilt auch für die Position 41; da es dem Verfahrenspfleger nicht verwehrt ist, über erfolgte Gespräche mit dem Kind Notizen anzufertigen; hier ist zu den in dieser Position weiter geltend gemachten Vorüberlegungen für den Termin als nicht erstattungsfähige, über den Aufgabenbereich des Verfahrenspflegers hinausgehende Tätigkeit abzugrenzen. Aus diesen Gründen war die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Zurückverweisung des Verfahrens an das Amtsgericht zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes geboten. Hierdurch wird dem Verfahrenspfleger die Möglichkeit gegeben, die zuvor dargestellten Positionen durch eine aussagekräftigere und damit prüfbare inhaltliche Darstellung der Einzeltätigkeiten zu ergänzen, um so dem Amtsgericht die Prüfung zu ermöglichen, ob und in welchem Umfange diese Einzelpositionen vergütungsfähig sind.

Ende der Entscheidung

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