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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 22.03.2005
Aktenzeichen: 9 WF 67/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 3
ZPO § 569 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

9 WF 67/05 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die als sofortige Beschwerde auszulegende Beschwerde der Antragsgegnerin vom 24. Januar 2005 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Cottbus vom 12. Januar 2005 durch den Richter am Oberlandesgericht ... als Einzelrichter

am 22. März 2005

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere innerhalb der Notfrist von einem Monat gemäß §§ 569 Abs. 1 Satz 1, 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO eingelegt und begründet worden.

Die sofortige Beschwerde ist jedoch unbegründet, der Antragsgegnerin ist keine Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Einer Bewilligung von Prozesskostenhilfe steht bereits entgegen, dass die Rechtsverteidigung der Antragsgegnerin in der vorgenommenen Weise insgesamt als mutwillig anzusehen ist, sodass die Voraussetzungen gemäß § 114 ZPO nicht gegeben sind. Eine verständige, bemittelte Partei hätte die Kosten dieses Verfahren - jedenfalls zum in Rede stehenden Zeitpunkt - nicht entstehen lassen.

1.

Mutwillig ist eine Rechtsverfolgung dann, wenn eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen oder die Partei den verfolgten Zweck auf billigerem Wege erreichen würde. Dies gilt uneingeschränkt auch in Verfahren über die elterliche Sorge oder den Umgang. Eine solchermaßen verständige, ausreichend bemittelte Partei hätte in einem gleich liegenden Fall zumindest zunächst das Jugendamt bemüht, um mit dessen fachkundiger Unterstützung eine entsprechende Regelung zu erreichen.

In umgangsrechtlichen Verfahren muß die bedürftige Partei daher im Grundsatz zunächst das Jugendamt einschalten, bevor sie ein gerichtliches Verfahren einleitet (Brandenburgisches OLG JAmt 2003, 374; vgl. auch OLG Düsseldorf, FamRZ 1998, 758).

Zwar gelten die vorgenannten Grundsätze regelmäßig für den Antragsteller, also den das gerichtliche Umgangsverfahren einleitenden Elternteil. Aber auch den anderen Elternteil, der hinsichtlich Wahrnehmung des Umgangsrechtes in Anspruch genommen wird, trifft die Verpflichtung zur Wahrnehmung einer außergerichtlichen Einigung.

Zum einen entspringt dies der zuvor dargestellten Verpflichtung, kostenträchtige gerichtliche Verfahren möglichst zu vermeiden. Die Allgemeinheit darf nicht über Gebühr in Anspruch genommen werden, was gerade in Zeiten sich leerender Staatskassen zunehmend an Bedeutung gewinnt. Hieran hat sich auch ein bedürftiger Elternteil zu orientieren.

Zum anderen folgt die Verpflichtung, zumindest des Versuch einer Einigung zu unternehmen, aus der weiteren Verpflichtung des sorgeberechtigten Elternteil, das kindliche Wohl in bestmöglicher Weise zu schützen. Die Vermeidung eines gerichtlichen Verfahrens dient dem kindlichen Wohl, da das Kind durch das Gericht in aller Regel persönlich anzuhören ist (§ 50b FGG), woraus eine besondere Belastung für das Kindes folgt. Schon von daher ist jeder Elternteil gehalten, an chancenreichen Bemühungen um eine außergerichtliche Einigung teilzunehmen. Insbesondere bei Zuhilfenahme kompetenter Dritter, wie sie durch die Mitarbeiter der Jugendämter staatlicherseits zur Verfügung gestellten werden, erscheint die Realisierung einer außergerichtliche Einigung aussichtsreich.

2.

Die Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung ergibt sich - wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat - daraus, dass die Antragsgegnerin das hiesige Verfahren provoziert hat, da sie die Angeboten zu Gesprächen mit dem Jugendamt hinsichtlich der durch den Antragsteller angestrengten Umgangskontakte mit seiner Tochter nicht wahrgenommen hat. Solche Termine sind seitens des Antragstellers angestrengt und seitens des Jugendamtes auch mehrfach vorgeschlagen worden. An den Terminen vom 1. Juni, 24. August und 25. November 2004 nahm die Kindesmutter aber nicht teil, wobei sie zumindest an dem letztgenannten Termin ohne vorherige Absage fehlte. Dieses Verhalten läßt darauf schließen, dass die Antragsgegnerin kein Interesse an einer außergerichtlichen Einigung zeigte, was ihr Verhalten als mutwillig darstellt.

Etwas anderes mag dann gelten, wenn besondere Gründe vorliegen, die darauf schließen lassen, dass eine außergerichtliche Einigung aller Voraussicht nach scheitern wird. Derartige Gründe hat die Antragsgegnerin aber nicht vorgebracht.

Gegen mangelnde außergerichtliche Einigungschancen spricht im Übrigen auch der Ausgang des Umgangsverfahrens. Bereits in der ersten mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht ist eine Einigung der Eltern zustande gekommen . In diesem Zusammenhang kann sich die Antragsgegnerin auch nicht darauf berufen, dass der Antragsteller ursprünglich weitgehendere umgangsrechtliche Befugnisse wünschte, als diese nunmehr in der vergleichsweisen Regelung niedergelegt worden sind. Denn es entspricht dem Wesen einer Einigung, dass im Wege gegenseitigen Nehmens und Gebens ein Kompromiss erzielt wird, sei es gerichtlich, sei es außergerichtlich. Gerade um die angemessene, aus Sicht des kindlichen Wohls bestmögliche Umgangsregelung festzulegen, war die Wahrnehmung eines Termins vor dem Jugendamt sinnvoll und geboten.

Ende der Entscheidung

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