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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 12.04.2005
Aktenzeichen: 9 WF 87/05
Rechtsgebiete: KostO


Vorschriften:

KostO § 30 Abs. 2
KostO § 30 Abs. 2 Satz 1
KostO § 31 Abs. 3
KostO § 94 Abs. 1 Ziff. 4
KostO § 94 Abs. 2 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

9 WF 87/05 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin vom 10. März 2005 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Cottbus vom 4. März 2005 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ...

am 12. April 2005

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde wird der angefochtene Beschluss dahingehend abgeändert, dass der Gegenstandswert für das Hauptsacheverfahren und für den Vergleich jeweils auf 3.000 € festgesetzt wird. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die gemäß § 31 Abs. 3 KostO statthafte und in zulässiger Weise eingelegte Beschwerde hat teilweise Erfolg, i. Ü., ist sie unbegründet.

1.

Im isolierten sorgerechtlichen Verfahren bestimmt sich die Höhe des Gegenstandswertes nach den §§ 94 Abs. 1 Ziffer 4, Abs. 2 Satz 1, 30 Abs. 2 KostO. Hiernach ist in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung regelmäßig von einem Wert von 3.000 € auszugehen, § 30 Abs. 2 Satz 1 KostO. Eine Abweichung von diesem Regelwert ist dann vorzunehmen, wenn der Fall von einem Durchschnittsfall nach oben oder nach unten abweicht. Zu berücksichtigen sind hierbei die Bedeutung der Sache, das Interesse sowie die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Beteiligten (Hartmann, KostG, 34. Aufl. 2004 § 30 KostO Rn. 62). Eine Herabsetzung des Regelwerts wird jedoch angesichts der ohnehin geringen Höhe gerade im Hinblick auf den mit derartigen Verfahren für alle Beteiligten, insbesondere Rechtsanwälte und Gerichte verbundenen Aufwand nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen (FamVerf/Gutjahr, 2001, § 2, Rn. 263).

2.

Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen ist eine Herabsetzung des Regelwerts, wie durch das Amtsgericht vorgenommen, nicht angezeigt.

a.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Parteien sind im Einzelnen nicht bekannt. Der Umfang des Verfahrens mit etwa 70 Aktenseiten bis zum Abschluss des Vergleiches in der mündlichen Verhandlung vom 14. April 2004 stellt sich jedenfalls nicht als unterdurchschnittlich dar, zumal das Verfahren im Anschluss daran noch nicht beendet war.

b.

Auch der Umstand, daß hier die Verteilung des streitgegenständlichen Aufenthaltsbestimmungsrechts im Vordergrund steht, begründet keine die Herabsetzung rechtfertigende Besonderheit. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts führt nicht allein die Tatsache, dass mit dem Aufenthaltsbestimmungsrecht lediglich ein Teilbereich elterlicher Sorge, nicht jedoch die vollständige elterliche Sorge streitgegenständlich ist, zu einer Herabsetzung des Regelwerts.

Dies folgt schon aus dem Umstand, dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht einen wesentlichen, wenn nicht gar den bedeutendsten Teil des elterlichen Sorgerechts darstellt und in der Praxis häufig lediglich über diesen Teilbereich elterlicher Sorge gestritten wird, wohingegen im Übrigen die den gesetzlichen Regelfall bildende gemeinsame elterliche Sorge fortgeführt wird. Eine Herabsetzung des Regelwertes allein deshalb, weil statt über die gesamte elterliche Sorge nur über das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu entscheiden ist, sollte deshalb grundsätzlich ausscheiden, da der Aufenthalt des Kindes auch dann, wenn die Eltern wechselseitig die elterliche Sorge insgesamt beantragen, im Vordergrund steht (Brandenburgisches OLG, Beschlüsse vom 10. Dezember 2002 - 9 WF 216 /02 und 9 WF 217/02 -; FamVerf/Gutjahr a. a. O. § 2, Rn. 264).

Zudem ist zu berücksichtigen, dass für die Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts dieselben sorgerechtlichen Kriterien zu prüfen sind, die bei der vollständigen Zuweisung elterlicher Sorge die Grundlage der Entscheidung bilden (Brandenburgisches OLG NJWE-FER 2001, 230). Der Prüfungsumfang ist daher regelmäßig identisch, wenn über die elterliche Sorge insgesamt oder lediglich das Aufenthaltsbestimmungsrecht gestritten wird. Daran ändert sich auch nichts im Verfahren einstweiliger Anordnung auf Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts, auch insoweit sind sämtliche sorgerechtlichen Kriterien zu überprüfen (Brandenburgisches OLG ZfJ 2005, 26).

c.

Hinsichtlich der im Vergleich zum Umgangsrecht getroffenen Regelung ist ebenfalls keine Abweichung vom Regelwert angezeigt. Zwar betrifft auch das Umgangsrecht einen Teilbereich der elterlichen Sorge. Letztendlich handelt es sich jedoch um einen selbständigen Verfahrensgegenstand im Verhältnis zum elterlichen Recht der Personen- und Vermögenssorge. Mag auch im Durchschnitt der Aufwand geringer als in sorgerechtlichen Verfahren sein, so stellen sich dabei im umgangsrechtlichen Verfahren anderweitige Probleme, die mit der Ausgestaltung des Umganges unter Berücksichtigung des kindlichen Wohls verbunden sind. Es ist deshalb nicht gerechtfertigt, grundsätzlich eine geringere Bewertung des Umgangsverfahrens im Vergleich zum Sorgerechtsverfahren vorzunehmen (FamVerf/Gutjahr a. a. O. § 4 Rn. 161 m.N.). Im Durchschnittsfall ist daher auch für das Umgangsrecht der Regelwert von 3.000 € anzusetzen (Hartmann, a.a.O., § 30 KostO Rn. 61 m.N.).

d.

Soweit die Beschwerde dagegen die Beibehaltung eines gesonderten Streitwertes für die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrt, war dem nicht nachzukommen. Dies betrifft sowohl die Festsetzung eines gesonderten Streitwertes für das einstweilige Anordnungsverfahren selbst als auch hinsichtlich der die vorläufige Aufenthaltsbestimmung betreffende, vergleichsweise getroffene Regelung der beteiligten Eltern.

Einer gesonderten Wertfestsetzung für einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bedarf es nicht, da es sich insoweit um ein unselbstständiges Verfahren im Rahmen des Hauptsacheverfahrens handelt, für das weder gesonderte Gerichtsgebühren noch gesonderte Anwaltsgebühren anfallen (Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 10. Dezember 2002 - 9 WF 217/02 -; FamVerf/Gutjahr a. a. O. § 3, Rn. 136 m. w. N.). Dies betrifft ebenfalls den im einstweiligen Anordnungsverfahren neben der Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts geltend gemachten Antrag auf Herausgabe des gemeinsamen Kindes, da der Herausgabeanspruch lediglich einen unselbständigen Antrag zum Antrag auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts darstellt, zumal im Hauptsacheverfahren - soweit erkennbar - der Herausgabeantrag nicht weiterverfolgt worden ist.

3.

Soweit der vorgenannte Beschluss eine Verschlechterung gegenüber dem angefochtenen Beschluss zu Lasten des Beschwerdeführers enthält, steht dem das Verbot der reformatio in peius nicht entgegen. Das Rechtsmittelgericht kann von Amts wegen die erstinstanzliche Festsetzung ändern, wenn das Verfahren wegen der Entscheidung über den Geschäftswert in der Rechtsmittelinstanz schwebt (§ 31 Abs. 1 S. 2 KostO). Das Verschlechterungsverbot gilt insoweit nicht (Hartmann, a.a.O., § 31 Rn. 31; vgl. auch - für die Beschwerde nach § 68 GKG - Hartmann, a.a.O., § 68 Rn. 19, jeweils mit weiteren Nachweisen).

Ende der Entscheidung

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