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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 19.01.2009
Aktenzeichen: 9 WF 9/09
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 91 a Abs. 2 | |
ZPO § 98 | |
ZPO § 98 Satz 1 | |
ZPO § 98 Satz 2 |
Tenor:
1. Der Beschluss des Amtsgerichts Oranienburg vom 24. September 2008 wird teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs tragen zu 35% die Klägerin und zu 65% der Beklagte.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
3. Der Beschwerdewert beträgt bis zu 500 €.
Gründe:
I.
Die um Kindesunterhalt streitenden Parteien haben in der mündlichen Verhandlung vom 24. September 2008 einen gerichtlich protokollierten Vergleich geschlossen und insoweit zur Hauptsache in Ziff. 1. des Vergleichs vollständiges Einvernehmen erzielt. Hinsichtlich der Kostenregelung lautet es in Ziff. 2 des Vergleichs sodann:
2. Über die Kosten des Rechtsstreits mag das Gericht eine Entscheidung treffen.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 24. September 2008 folgende Kostenentscheidung getroffen:
Die Kosten des heute geschlossenen Vergleichs werden gegeneinander aufgehoben Im Übrigen tragen die Klägerin 35% und der Beklagte 65% der Kosten des Rechtsstreits.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Klägerin, mit der sie auch für die Kosten des Vergleichs eine Quotierung begehrt.
II.
Die gemäß § 91 a Abs. 2 ZPO statthafte und in zulässiger Weise eingelegte sofortige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Das Amtsgericht hat die Kosten des Vergleiches unzutreffend gegeneinander aufgehoben.
1. Die Kostenaufhebung ist hier nicht gem. § 98 ZPO geboten. Nach dieser Vorschrift sind die Kosten eines abgeschlossenen Vergleichs als gegeneinander aufgehoben anzusehen, wenn nicht die Parteien ein Anderes vereinbart haben, § 98 Satz 1 ZPO. Das Gleiche gilt von den Kosten des durch Vergleich erledigten Rechtsstreits, soweit über sie nicht bereits rechtskräftig erkannt ist, § 98 Satz 2 ZPO.
§ 98 ZPO greift jedoch nur dann ein, wenn die Parteien keine Kostenvereinbarung geschlossen haben. Die Parteien bei der Ausgestaltung der insoweit vorrangigen Vereinbarung zu den Kosten frei. Eine lediglich negativ getroffene Kostenregelung dergestalt, dass die Kosten von der Einigung nicht erfasst sind, stellt jedoch keine vorrangige Kostenvereinbarung dar. Das bloße Ausnehmen des Kostenpunktes ist keine anderweitige Parteivereinbarung, sondern vielmehr der typische Fall, dem der Gedanke des § 98 ZPO zu Grunde liegt (OLG Brandenburg, FamRZ 2008, 1202; FamRZ 2008, 529).
Etwas anderes gilt aber dann, wenn die Parteien die Kostentragung ausdrücklich einer Entscheidung des Gerichts unterstellen, da sie damit zu erkennen geben, dass sie gerade nicht die gesetzliche Folge des § 98 vermeiden wollen (BGH, NJW 2007, 835, 836; OLG Brandenburg, a. a.O.; OLG Stuttgart, MDR 2008, 1246). So liegt hier der Fall bei gebotener Auslegung der Ziff. 2. des Vergleichs. Die Parteien haben darin zu erkennen gegeben, dass die Regelung des § 98 ZPO ausgeschlossen sein soll und das Gericht die Kostenentscheidung (streitig) zu treffen hat. Dass insoweit der Begriff "das Gericht mag " verwendet worden ist, spricht nicht gegen den Willen, eine streitige gerichtliche Kostenentscheidung herbeizuführen. Die separate Erklärung innerhalb des Vergleichs zu den Kosten zeigt vielmehr, dass die Parteien sich darüber Gedanken gemacht haben und diese Entscheidung dem Gericht überlassen wollten. Dafür spricht auch, dass im unmittelbaren Anschluss an den Vergleichsabschluss das Gericht den Beschluss erlassen hat, eine Entscheidung über die Kosten am Schluss der Sitzung zu treffen, und keine der Parteien dieser Vorgehensweise widersprochen hat. Wäre aber die Rechtsfolge des § 98 ZPO durch die Parteien erwünscht, also nicht ausgeschlossen worden, so wäre ein solches Vorgehen des Gerichts aus Sicht der Parteien nicht notwendig gewesen. Denn bei Geltung des § 98 S. 2 ZPO wäre eine gerichtliche Entscheidung nicht in Betracht gekommen; die Rechtsfolge wäre vielmehr unmittelbar eingetreten (BGH, a. a. O.).
Haben die Parteien hiernach die Rechtsfolge des § 98 ZPO ausgeschlossen, so betrifft dieser Ausschluss sowohl die Kosten des Vergleichs als auch die (übrigen) Kosten des Rechtsstreits. Zwar haben die Parteien sich ausdrücklich nur zu den Kosten des Rechtsstreits geäußert; der Begriff Vergleich ist in diesem Zusammenhang nicht genannt. Dies ist indes ohne Belang. Nach allgemeiner Ansicht umfasst eine Regelung in einem gerichtlichen Vergleich über die Kosten des Rechtsstreits im Regelfalle auch die Kosten eines Vergleichs. Der Prozessvergleich ist Teil des Rechtsstreits, er beendet diesen. Die durch ihn ausgelösten anwaltlichen Gebühren zählen zu den Prozesskosten. Sind nun in einem Vergleich die "Kosten des Rechtsstreits" unter den Parteien verteilt, dann sind in der Regel die Vergleichskosten einbezogen, so dass der vereinbarte Verteilungsmodus gilt (OLG Brandenburg, NJ 2007, 559). Aus § 98 ZPO ergibt sich nichts anderes. Dass § 98 in Satz 1 und 2 die Kosten des Vergleichs den Kosten des Rechtsstreits gegenüberstellt, bedeutet nicht etwa, dass die Kosten des Vergleichs nicht zu denen des Rechtsstreits gehören. Die Trennung im Wortlaut der Vorschrift ist vielmehr dadurch bedingt, dass die in Satz 2 angesprochenen Kosten, welche bereits Gegenstand der rechtskräftigen Entscheidung sind, nicht in die Aufhebungsvermutung des Satzes 1 mit einbezogen werden sollen (OLG Brandenburg, NJ 2007, 559). Vereinbaren sich die Parteien innerhalb des Vergleichs zu den Kosten des Rechtsstreits, so ist daher im Zweifel auch für die Kosten eines gerichtlichen oder außergerichtlich geschlossenen Vergleichs die Anwendung des § 98 Satz 2 ZPO ausgeschlossen (OLG Köln, OLGR 2007, 31).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Ende der Entscheidung
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