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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 17.06.2009
Aktenzeichen: 9 WF 90/09
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 127 Abs. 2
ZPO §§ 567 ff.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Oranienburg vom 28. Januar 2009 - Az. 36 F 439/08 - wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

1. Die - volljährige - Antragstellerin beantragt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Geltendmachung von Ausbildungsunterhalt gegen ihren Vater für die Zeit seit Juli 2008 und fortlaufend für den Besuch der Fachoberschule mit dem Ziel der Erlangung der Fachhochschulreife nach vorangegangenem Abschluss einer Berufsausbildung zur Restaurantfachfrau. Die Antragstellerin beabsichtigt sodann die Aufnahme eines Fachhochschulstudiums im Bereich der Gastronomie und Hotelmanagement. Der Antragsgegner ist diesen Ansprüchen dem Grunde und der Höhe nach entgegengetreten.

Das Amtsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 28. Januar 2009 mangels Erfolgsaussichten zurückgewiesen. Gegen diese ihr am 6. Februar 2009 zugestellten Entscheidung wendet sich die Antragstellerin mit ihrer am 2. März 2009 eingegangenen sofortigen Beschwerde, mit der sie ihren Antrag unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vorbringens in vollem Umfang weiterverfolgt. Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 23. März 2009 nicht abgeholfen.

2. Die nach § 127 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit §§ 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Das Amtsgericht hat seine ablehnende Entscheidung zu Recht darauf gegründet, dass der Antragsgegner seine Unterhaltsverpflichtung mit der Finanzierung der Berufsausbildung der Antragstellerin zur Restaurantfachfrau erfüllt hat. Ein Kind hat grundsätzlich nur einen Anspruch auf die Erstausbildung, nicht aber auf eine Zweit- oder Weiterbildung. Die Rechtsprechung zum Ausbildungsunterhalt in den sogenannten Abitur-Lehre-Studium-Fällen ist nicht auf Ausbildungsabläufe übertragbar, in denen nach einem Realschulabschluss zunächst eine Lehre, dann die Fachoberschule und später die Fachhochschule absolviert wird. In solchen Fällen ist nur dann von einer einheitlichen, von den Eltern zu finanzierenden Berufsausbildung auszugehen, wenn schon bei Beginn der praktischen Ausbildung erkennbar eine Weiterbildung einschließlich des späteren Studiums angestrebt wurde. Denn auch insoweit können die Eltern nicht für die Kosten einer zweiten oder weiteren Ausbildung herangezogen werden, wenn sie ihre Unterhaltspflichten durch Finanzierung einer begabungsgerechten abgeschlossenen Berufsausbildung in rechter Weise erfüllt haben (BGH FamRZ 1991, 320/321). Dahinter steht der Gedanke, dass die Unterhaltspflicht der Eltern von der Frage mitbestimmt wird, inwieweit sie damit rechnen müssen, dass ihr Kind nach einem Schulabschluss und einer zu Ende geführten, in sich geschlossenen Berufsausbildung noch eine berufsqualifizierende Ausbildung - gegebenenfalls über weitere Ausbildungsstufen hinweg - anstrebt. Denn die Belange der Unterhaltspflichtigen dürfen nicht unberücksichtigt bleiben. Die Eltern müssen sich in ihrer eigenen Lebensplanung in etwa darauf einstellen können, wie lange sie mit einer Unterhaltslast zu rechnen haben. Die Fälle, in denen ein Kind nach Erreichen eines seinen Fähigkeiten und seinem Leistungswillen entsprechenden Realschulabschlusses und anschließendem erfolgreichen Abschluss einer Berufsausbildung zunächst durch Wiederaufnahme der schulischen Ausbildung die Fachhochschulreife zu erlangen sucht, um sodann ein Fachhochschulstudium anzuschließen, ist nicht ohne Weiteres vorhersehbar. Deshalb ist in diesen Fallkonstellationen die erforderliche Einheitlichkeit der Ausbildung jedenfalls dann zu verneinen, wenn das Kind nicht von vornherein die Absicht geäußert hatte, nach der Lehrte die Fachoberschule zu besuchen und anschließend zu studieren und die Eltern auch nicht aufgrund sonstiger besonderer Anhaltspunkte zu rechnen brauchten (BGH FamRZ 2006, 1100).

Diese besonderen Voraussetzungen für die fortbestehende Unterhaltspflicht für eine weitere Ausbildung liegen im Streitfall nicht vor. Dem Umstand, dass die Antragstellerin ursprünglich das Gymnasium mit dem Ziel des Erreichens der Hochschulreife und der späteren Aufnahme eines Studiums besucht hat, kann deshalb keine erhebliche Bedeutung beigemessen werden, weil die Antragstellerin unstreitig den Schulbesuch wegen schlechter schulischer Leistungen in der 11. Klasse abgebrochen hat. In einem solchen Fall objektiv unzulänglicher schulischer Leistungen kann auch nicht die Rede davon sein, dass etwa die Eltern die Begabung ihrer Tochter unterschätzt und ihr deshalb den direkten Weg zur Hochschulreife verbaut hätten. Nicht auch nur ansatzweise wird behauptet, die Klägerin habe auf in der Sache nicht gerechtfertigtes Drängen der Eltern den Schulbesuch abgebrochen. Auch die Hinweise auf das noch zu Zeiten intakter Ehe "erklärte Ausbildungsziel der Eltern" und der Klägerin selbst, das Abitur anzustreben und sodann die medizinische Laufbahn einzuschlagen ist unbehelflich, nachdem dieser Berufs- und Ausbildungsgang unbestreitbar zugunsten einer - zudem von der ursprünglichen Lebensplanung überhaupt nicht umfassten beruflichen Ausbildung als Restaurantfachfrau abgebrochen worden ist. Mit Recht stellt das Amtsgericht daher in seiner Nichtabhilfeentscheidung darauf ab, dass die ursprünglich Ausbildungsweg durch äußere Ereignisse tatsächlich überholt worden ist. Auf die Frage, worauf der Schulabbruch zurückzuführen ist, kommt es dabei nicht an. Die Klägerin hat jedenfalls zu keiner Zeit dargetan, dass sie gegenüber dem hier in Anspruch genommenen Vater im Zeitpunkt des Schulabbruchs und vor oder bei beginn der Ausbildung zur Restaurantfachfrau zu erkennen gegeben habe, dass sie nach Absolvierung der Berufsausbildung wieder an ihre schulische Ausbildung anknüpfen und sodann ein (Fach-)Hochschulstudium anschließen wolle.

Bei dieser Sachlage aber fehlen die höchstrichterlich für erforderlich erachteten (BGH FamRZ 2006, 1100) besonderen Voraussetzungen für das Fortbestehen der Unterhaltsverpflichtung für den hier vorliegenden Ausbildungsweg Realschulabschluss-Lehre-Fachoberschule-(Fach-)Hochschule.

Das Amtsgericht hat demnach zu Recht die hinreichenden Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klage verneint und deshalb Prozesskostenhilfe versagt.

Die Kostenentscheidung beruht auf Nr. 1812 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG und § 127 Abs. 4 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.

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