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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 15.05.2007
Aktenzeichen: Kart U 3/06
Rechtsgebiete: EnWG, BbgStrG, EEG, GWB, BauGB, ZPO, BGB, BbgNachbRG


Vorschriften:

EnWG § 13
EnWG § 46
BbgStrG § 2
BbgStrG § 4
BbgStrG § 6
BbgStrG § 48 Abs. 7
EEG § 45 Abs. 1
GWB § 20
GWB § 33
BauGB § 24
BauGB § 35
BauGB § 35 Abs. 1
BauGB § 35 Abs. 1 Ziff. 5
ZPO § 511
ZPO § 517
ZPO § 519
ZPO § 520
ZPO § 529
ZPO § 546
BGB § 917
BbgNachbRG § 44
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

Kart U 3/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 15.05.2007

Verkündet am 15.05.2007

hat der Kartellsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 15. Mai 2007 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. König, die Richterin am Oberlandesgericht Eberhard und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Schwonke

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 25.8.2006 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Potsdam - 52 O 99/05 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsrechtszuges hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird gestattet, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Es wird zunächst auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht Potsdam hat mit dem am 25.08.2006 verkündeten Urteil die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei nach wie vor zulässig, auch wenn die Klägerin die Windkraftanlagen (kurz: WKA ) mittlerweile durch Inanspruchnahme eigener Grundstücke an das Netz des Betreibers angeschlossen habe. Der Rechtsstreit in der Hauptsache habe sich nicht erledigt, weil der Streitgegenstand maßgeblich durch den Klageantrag bestimmt werde. Die Klägerin begehre nach wie vor den Anschluss an das Netz unter Benutzung des streitgegenständlichen Flurstückes.

Die Klage sei unbegründet, weil die Beklagte nicht verpflichtet sei, das Flurstück 9, Flur 3, der Klägerin zur Kabelverlegung zur Verfügung zu stellen. Besagtes Flurstück sei Fiskalvermögen der Beklagten. Die Gemeinden hätten, soweit § 46 EnWG als Anspruchgrundlage überhaupt herangezogen werden könne, nur die Verpflichtung, "öffentliche Verkehrswege" für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen zur unmittelbaren Versorgung von Letztverbrauchern im Gemeindegebiet zur Verfügung zu stellen.

Es handele sich bei Flurstück 9 mit der Bezeichnung "N... T..." nicht um einen öffentlichen Verkehrsweg. Es fehle an der nach §§ 2, 6 Brandenburgisches Straßengesetz ( BbgStrG ) erforderlichen Widmung. Allein der Umstand, dass die N... T... durch Vermögenszuordnungsbescheid nach der deutschen Wiedervereinigung der Beklagten als "öffentlicher Weg" zugewiesen worden sei, begründe nicht die Eigenschaft des öffentlichen Verkehrsweges. Die Klägerin habe auch nicht substantiiert dargelegt, dass zu Zeiten der DDR der Weg bereits existiert habe und öffentlich genutzt worden sei. Die Widmungsfiktion des § 48 VII BbgStrG könne daher nicht greifen.

Die Beklagte müsse sich auch nicht so behandeln lassen, als ob die N... T... wie ein öffentlicher Verkehrsweg genutzt werde. Anhaltspunkte für eine solche Nutzung fehlten. Auch aus § 45 I EEG (Enteignung) ergebe sich der geltend gemachte Anspruch nicht. Die Enteignung bzw. Beschränkung von Grundeigentum komme nur in Betracht, soweit es für die Durchführung des Vorhabens erforderlich sei. Daran fehle es, weil die Klägerin eigene Grundstücke zur Leitungsverlegung habe benutzen können. Aus gleichem Grunde scheide ein Anspruch aus §§ 20, 33 GWB aus.

Gegen dieses ihr am 05.09.2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 02.10.2006 bei Gericht eingegangene Berufung der Klägerin, welche sie mit dem am 15.12.2006 rechtzeitig innerhalb verlängerter Frist eingegangenen Schriftsatz begründet hat.

Die Klägerin verfolgt mit der Berufung ihren Antrag auf Abschluss eines Gestattungsvertrages betreffend Kabelverlegung weiter.

Sie meint, die Beklagte sei verpflichtet, ihr gemeindeeigene Wege, seien sie gewidmet oder nicht, zur Anbindung an das Netz des Netzbetreibers zur Verfügung zu stellen. So sei die Gemeinde im Verfahren der Baugenehmigungserteilung gehalten, den streitgegenständlichen Weg zur baurechtlichen Erschließung des Grundstückes der Klägerin zugänglich zu machen. Nur weil die Kabelanbindung betreffend Anlagen zur Erzeugung von Strom im Rahmen des EEG nicht Gegenstand der Erschließung im Sinne von § 35 I BauGB sei, könne die Beklagte sich nunmehr nicht im Zivilrechtsstreit weigern, die Anbindung der WKA an das Netz des Betreibers zuzulassen. Die unterschiedliche Behandlung nach verwaltungs- und zivilrechtlichen Vorschriften führe zu untragbaren Ergebnissen.

Die Straßenwidmung sei rechtlich unerheblich. Der in § 46 EnWG verwendete Begriff des "öffentlichen Verkehrsweges" entspreche nicht dem Begriff der "öffentlichen Straße" im Sinne von § 2 BbgStrG. Ein Bezug des EnWG auf Landesstraßenrecht sei schon im Hinblick auf die unterschiedliche Gesetzgebungskompetenz ausgeschlossen.

Schließlich seien im Baugenehmigungsverfahren die zuständigen Behörden davon ausgegangen, dass der streitgegenständliche Weg ein öffentlicher Weg sei. Auch der Umstand, dass der Beklagten an dem streitgegenständlichen Weg ein Vorkaufsrecht (§ 24 BauGB) eingeräumt gewesen sei, deute auf die öffentliche Wegeeigenschaft hin. Auch spreche alles dafür, dass zu DDR-Zeiten der Weg bereits existiert habe und öffentlich genutzt worden sei, so dass die Widmungsfiktion des § 48 VII BbgStrG greife.

Jedenfalls obliege der Beklagten die Beweislast für die fehlende öffentliche Widmung. Die Beklagte hätte in I. Instanz auch ihr Straßenverzeichnis vorlegen müssen.

Schließlich sei das Landgericht verpflichtet gewesen, über die Behauptung der Klägerin Beweis zu erheben, nach eigener Auskunft der Beklagten vom 03.12.2002 existiere ein Straßenverzeichnis, in welchem das Flurstück 9 als öffentlicher Weg eingetragen sei.

Die Klägerin beantragt,

in Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, ein Angebot der Klägerin auf Abschluss eines Gestattungsvertrages mit dinglicher Sicherung bezüglich der Verlegung von einem Mittelspannungskabel (20 kV) und einem Datenkabel auf einer Länge von je ca. 400 m auf dem Grundstück Gemarkung M..., Flur 3, Flurstück 9, zu einem Preis von gesamt 672 € zuzustimmen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Sie meint, es komme allein auf die Frage der öffentlich-rechtlichen Widmung an. Die durch die Verwaltungsgerichte im Baugenehmigungsverfahren ergangenen Entscheidungen, die vom Vorliegen eines öffentlichen Weges ausgingen, stützten nicht die Ansicht der Klägerin. Die Verwaltungsgerichte hätten nicht festgestellt, dass es sich bei dem Flurstück um einen öffentlichen Verkehrsweg handele. Nur bei gewidmeten Wegen erweitere sich deren Verkehrsfunktion um die sogenannte Leitungsfunktion.

Eine Beweiserhebung sei in I. Instanz zu Recht unterblieben, weil für die Beklagte ein öffentliches Straßenverzeichnis nicht existiere.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, §§ 511, 517, 519, 520 ZPO.

In der Sache bleibt sie ohne Erfolg.

Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung gemäß § 546 ZPO noch rechtfertigen die gemäß § 529 ZPO zu Grunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).

Zu Recht hat das Landgericht die Klage auf Abschluss eines Gestattungsvertrages abgewiesen.

Der Klägerin steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt nach zivilrechtlichen Vorschriften der geltend gemachte Anspruch gegen die Beklagte zu.

1.

Der Anspruch der Klägerin findet insbesondere keine Rechtsgrundlage in § 46 EnWG.

§ 46 EnWG ("Wegenutzungsverträge") stellt die seit 13.07.2005 nahezu inhaltsgleich geltende Nachfolgevorschrift zu § 13 EnWG (in der bis 12.07.2005 gültigen Fassung) dar.

Danach haben Gemeinden ihre öffentlichen Verkehrswege für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen zur unmittelbaren Versorgung von Letztverbrauchern im Gemeindegebiet diskriminierungsfrei durch Vertrag zur Verfügung zu stellen.

a.

Es bestehen bereits erheblich Zweifel daran, ob § 46 im vorliegenden Falle überhaupt zur Anwendung kommen kann, regelt er seinem Wortlaut nach doch die Leitung zur Versorgung von Letztverbrauchern in Gemeinden.

Die Klägerin benötigt die Verlegung der Leitung nicht zur Versorgung von Angehörigen der Beklagten, sondern zur gewerblichen Einspeisung von Energie in ein überregionales Netz.

§ 46 bzw. § 13 EnWG (a.F.) sind geschaffen worden vor dem Hintergrund Europäischer Richtlinien ( Art. 21 RL-Elt u. Art. 20 RL-Gas 1996/1998 bzw Art. 22 RL-Elt u. Art. 24 RL-Gas 2003), um den Wettbewerb in der Energieversorgungswirtschaft durch das Gebot von Direktleitungen zu fördern. Es sollte ein Anspruch auf diskriminierungsfreie Zurverfügungstellung von Verkehrswegen zwecks Verlegung und Betrieb von Leitungen zur unmittelbaren Versorgung von Letztverbrauchern gegen Entgelt geschaffen werden. Der Gesetzgeber hat die verfassungsrechtlich zulässige Einschränkungsmöglichkeit des Selbstverwaltungsrechtes der Kommunen (Art. 28 II GG) zu Gunsten der wettbewerblichen Orientierung der leitungsgebundenen Energiewirtschaft genutzt ( Büdenbender, EnWG, Auflage 2003, § 13 Rn 18).

Da die Kommunen nach den einschlägigen Straßengesetzen der Länder Inhaber des straßenrechtlichen Eigentums und der daraus erwachsenden Dispositionsbefugnis sind, ausgenommen Bundes- und Landstraßen, ist die Inanspruchnahme örtlicher Straßen, Wege und Plätze zur Durchsetzung dieser wettbewerblichen (Neu-)Orientierung zugunsten der Letztverbraucher unverzichtbar.

Das mit der Klage verfolgte Ansinnen unterfällt nicht diesem Schutzzweck. Der Kläger verfolgt mit dem Begehren der Leitungsverlegung ausschließlich eigene wirtschaftliche Zwecke, mag der Gesetzgeber das von ihm betriebene "Gewerbe" im Rahmen des EEG auch für förderungswürdig erachten.

Es kann dahin stehen, ob den Erzeugern erneuerbarer Energien das Zugangsrecht nach § 46 EnWG nicht doch deshalb zu gewähren ist, weil jedenfalls auch Letztverbraucher allgemein aus dem betreffenden Netz versorgt werden ( so einige Stimmen in der Literatur, s. Salje, EnWG, Auflage 2006, § 13 Rn 38 ).

Der Pflichtenbindung des § 46 EnWG unterliegen ausschließlich öffentliche Verkehrswege, nicht jedoch fiskalisches Vermögen der Gemeinde. Insoweit steht die Kommune in ihrer Funktion als Grundstückseigentümerin Privaten gleich, allerdings ohne den verfassungsrechtlichen Schutz des Art.14 GG (Salje, a.a.O., § 46 Rn 25; Büdenbender, a.a.O., § 13 Rn 22 ).

b.

Der vom Klageanspruch betroffene Weg N... T... stellt keinen öffentlichen Verkehrsweg im Sinne von § 46 EnWG dar.

Unter dem Begriff "öffentliche Verkehrswege" fallen Straßen, Wege und Plätze, soweit diese für den Verkehr gewidmet sind ( §§ 2, 7 BFStrG, 2 I BbgStrG ). An einer Widmung (§ 6 BbgStrG), also einer Allgemeinverfügung, durch die Straßen, Wege und Plätze die Eigenschaft einer öffentlichen Straße erhalten, die mit Rechtsbehelfsbelehrung öffentlich bekannt zu machen ist und frühestens zum Zeitpunkt dieser Bekanntmachung wirksam wird, fehlt es hier.

Dass es sich bei Flurstück 9 der Flur 3 um einen gewidmeten Weg handelt, hat die hierfür beweisbelastete Klägerin nicht dargetan.

Die Beweislast für die Widmung als eine ihr günstige Tatsache obliegt der Klägerin. Der erforderliche Vortrag ist der Klägerin auch möglich, muss doch die Widmung, so sie geschehen ist, öffentlich bekannt gemacht worden sein.

Dass hier die Widmungsfiktion des § 48 VII BbgStrG greift, wonach Straßen, die nach DDR-Recht öffentlich genutzt worden sind, nunmehr als gewidmet entsprechend § 6 BbgStrG gelten, hat die Klägerin ebenfalls nicht dargelegt. Sie hat nicht hinreichend dargetan, dass die N... T... als Weg zu DDR-Zeiten überhaupt existiert hat und in welcher Weise der Weg damals genutzt worden ist.

Die Beklagte hat hingegen substantiiert dargelegt, dass zu DDR-Zeiten die Flur 3 eine einzige große Agrarfläche gewesen und nach der deutschen Wiedervereinigung in Zusammenhang mit der Parzellierung dieser Fläche der streitgegenständliche Weg geschaffen worden sei. Der den Zugang zu den Flächen ermöglichende neu geschaffene Weg sei ihr dann als Vermögen zugeordnet worden.

Nach diesem Vortrag kann die Fiktion des § 48 VII nicht greifen.

Dem Vortrag der Klägerin, die N... T... werde in einem öffentlichen Straßenverzeichnis geführt, dies stelle ein Indiz für die erfolgte Widmung dar, kann nicht gefolgt werden. Zwar sind nach § 4 BbgStrG alle "öffentlichen Straßen" im Sinne von § 2 BbgStrG in ein Straßenverzeichnis aufzunehmen.

Dass ein solches Straßenverzeichnis für die Beklagte existiert, hat die Klägerin bislang nicht hinreichend dargetan. Nach dem Vortrag der Beklagten gibt es kein Straßenverzeichnis.

Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 15.02.2006 behauptet hat, es gebe ein Straßenverzeichnis, in dem das Flurstück 6 ( richtig wohl Flurstück 9 ) als öffentlicher Weg aufgeführt sei, reicht dies für eine Beweiserhebung nicht aus. Denn durch die Vernehmung des von ihr benannten Zeugen V... kann nicht festgestellt werden, dass tatsächlich ein Straßenverzeichnis existiert.

Selbst wenn das infragestehende Flurstück in einem Straßenverzeichnis als "öffentlicher Weg/Straße" bezeichnet worden ist, bedeutet dies nicht automatisch, dass eine Widmung vorliegt.

Der Begriff "öffentlich" wird in der Zusammensetzung "öffentliche Straße" und "öffentlicher Verkehr" mit unterschiedlicher Bezogenheit verwendet, nämlich

a. betreffend die Zweckbestimmung der Straße (öffentliche Straße im Sinne des Wegerechtes)

b. betreffend den Straßenverkehr ( öffentliche Straße und öffentlicher Verkehr im Sinne des Straßenverkehrsrechtes)

Bei Verwendung des Begriffes "öffentliche Straße" ist jeweils aus dem Sinnzusammenhang zu prüfen, ob es sich um eine Straße im Sinne des Wegerechtes oder des Straßenverkehrsrechtes handelt (Kodal/Krämer, a.a.O., Kap. 4 Rn 1.1).

Für eine "öffentliche Straße" im Sinne des Wegerechtes ist eine Widmung erforderlich.

Der Begriff "öffentliche Straße" wird auch als reine Abgrenzung zu "Privatstraße" benutzt. Während die als "Privatstraße" bezeichnete Zuwegung nur vom Eigentümer genutzt werden darf, ist die Zuwegung als "öffentliche Straße" dahin zu verstehen, dass ein anderer (in der Regel beschränkter) Personenkreis sie mit Zustimmung des Eigentümers benutzen darf, hier die Ackerbauern.

Schließlich hilft auch der Verweis der Klägerin auf die Urteile der Verwaltungsgerichte nicht weiter, wonach für das im Eigentum der Klägerin stehenden Flurstück 6 die Erschließung nach BauGB gewährleistet sei, da ein öffentlicher Weg dorthin führe.

Für die Erschließung nach BauGB ist im vorliegenden Falle nicht zwingend ein gewidmeter Weg erforderlich.

Die baurechtliche Zulässigkeit richtet sich nach § 35 Abs. 1 Ziff. 5 BauGB. Für so genannte privilegierte Vorhaben nach § 35 BauGB genügt eine "ausreichende" Erschließung. Maßgeblich ist das jeweilige Bauvorhaben und die sich daraus ergebenden Anforderungen. Es muss ein Mindestmaß an Zugänglichkeit des Grundstücke für den Kraftfahrzeugverkehr, auch für öffentlichen Zwecken dienende Fahrzeuge ( Polizei, Feuerwehr etc) gegeben sein. Dabei dürfen keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden; der Gemeinde sollen nicht als Folge der Genehmigung von Vorhaben unangemessene Erschließungsmaßnahmen aufgedrängt werden.

Der Begriff der ausreichenden Erschließung bezieht sich daher auf die wegemäßige Erschließung, die Strom- und Wasserversorgung sowie die Abwasserbeseitigung. Für den Umfang der wegemäßigen Erschließung kommt es auf die Größe des dem Vorhaben dienenden Betriebes, seine spezielle Ausprägung, die Zugehörigkeit von Wohnnutzung und das hiernach zu erwartende Verkehrsaufkommen an. Je nach örtlichen Gegebenheiten, z.B. für einzeln gelegene Betriebe kann auch ein Feldweg als Erschließung ausreichen (Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Komm. zum BauGB, Stand Juli 2006, Rn 69, 70). Das ist vorliegend der Fall.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes gehört zum Inhalt der ausreichenden Erschließung nicht der Anschluss einer Windenergieanlage an ein Verbundnetz zum Zwecke der Stromeinspeisung (BVerwG, Beschluss vom 5.1.1996, 4 B 306.95).

Auch aus dem Umstand, dass der Beklagten betreffend den streitgegenständlichen Weg ein Vorkaufsrecht nach § 24 BauGB eingeräumt worden war, folgt entgegen der Ansicht der Klägerin nicht zwingend die Eigenschaft des öffentlichen Verkehrsweges.

Ein Vorkaufsrecht kann aus unterschiedlichen Gründen eingeräumt werden, wie dem Wortlaut des § 24 BauGB zu entnehmen ist.

c.

Der Ansicht der Klägerin, alle gemeindeeigenen Wege müssten wie gewidmete behandelt werden um den Vorschriften des EEG und EnWG volle Geltung zu verschaffen, kann aus mehreren Gründen nicht gefolgt werden.

Zum einen ist der Wortlaut des Gesetzes eindeutig; die Rechtsprechung kann hier nicht dem Gesetzgeber vorgreifen.

Zum anderen würde eine hier betreffend die Eigentumsbeschränkung zwingend vorzunehmende Interessenabwägung zu Lasten der Klägerin ausgehen. Die Klägerin kannte die örtliche Situation, als sie sich die Nutzung des Flurstückes 6 sicherte. Sie wusste, dass das Flurstück nicht an einen öffentlichen Verkehrsweg angrenzt. Betreibt sie nun die Errichtung von Windkraftanlagen, ohne sich vorher zu vergewissern, auf welchem Wege die Netzanbindung gesichert ist, kann diese Unsicherheit nicht zu Lasten des Nachbareigentümers gehen.

Schließlich besteht im vorliegenden Falle schon deshalb keine Veranlassung, das fiskalische Vermögen der Beklagten zu belasten, weil der Klägerin andere Netzanbindungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, welche sie bereits genutzt hat.

2.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte auch kein sich aus §§ 20, 33 GWB ergebender Anspruch auf Zulassung der Leitungsverlegung in deren Grundeigentum zu.

Zwar kann im Rahmen des Diskriminierungsverbotes (§ 20 GWB) als Schadensersatzanspruch (§ 33 GWB) auch ein Kontrahierungszwang in Betracht kommen. Der Beklagten müsste dann eine marktbeherrschende Stellung zukommen. Diese ist allenfalls in Bezug auf öffentliche Verkehrswege, nicht jedoch auf Fiskalvermögen anzunehmen.

Es fehlt auch an einer diskriminierenden Handlung der Beklagten zu Lasten der Klägerin, da die Beklagte bislang nicht anderen Energieversorgungsunternehmen den streitgegenständlichen Weg zur Leitungsverlegung zur Verfügung gestellt hat.

Die sich am östlichen Ende der N... T... befindliche Bebauung (Lageplan Bl. 155 d. A.) ist nach dem unwiderlegten Vortrag der Beklagten leitungsmäßig an den öffentlichen Verkehrsweg Bärenklauer Weg angebunden.

Es fehlt weiter an einer Behinderung im Sinne von § 20 GWB.

Die Klägerin kann die Anschließung der Windkraftanlage an das Netz in anderer Weise herbeiführen als durch Inanspruchnahme des Eigentumes der Beklagten, wie bereits geschehen. Dadurch entstehen ihr keine unverhältnismäßig hohen Kosten. Anstatt 30.072 € für die Anbindung über die N... T... musste sie jetzt 42.566 €, also knapp 1/3 mehr an Kosten aufwenden.

Einen Anspruch auf kostengünstigsten Zugang zum Netz des Energieversorgungsunternehmens kann die Klägerin nicht auf Kosten ihres Nachbarn aus §§ 20,33 GWB herleiten.

3.

Auch aus nachbarrechtlichen Vorschriften ergibt sich der geltend gemachte Anspruch nicht. Weder nach § 917 BGB (Notweg) noch nach § 44 BbgNachbRG (Duldung von Leitungen) muss die Beklagte den Eingriff in ihr Fiskalvermögen dulden.

Nach beiden Vorschriften muss das Tatbestandsmerkmal der Notwendigkeit erfüllt sein. Die Benutzung des Nachbargrundstückes muss notwendig sein für die geplante Nutzung, wobei hinsichtlich der Notwendigkeit ein strenger Beurteilungsmaßstab anzulegen ist. Diese ist zu verneinen, wenn ein anderer ausreichender, auch unbequemerer oder teuerer Zugang möglich ist (Palandt/Bassenge, BGB, 66. Aufl. § 917 Rn 5).

Das ist hier der Fall.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist zuzulassen (§ 543 II Nr. 1 ZPO).

Nach dem Vortrag der Klägerin sind derzeit mehrere Rechtsstreitigkeiten, u. a. am Landgericht Neuruppin anhängig, in welchen Kläger als Betreiber von Windkraftanlagen die Inanspruchnahme von fiskalischem Vermögen einer Kommune begehren zwecks Anschließung an das Netz des Energieversorgungsunternehmens.

Ende der Entscheidung

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