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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 07.05.2008
Aktenzeichen: Verg W 2/08
Rechtsgebiete: GWB


Vorschriften:

GWB § 128 Abs. 2
GWB § 128 Abs. 2 S. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

Verg W 2/08 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In dem Vergabenachprüfungsverfahren (Beschwerdeverfahren)

betreffend die Generalunternehmung zur Erstellung eines Fluggasterminals für den Flughafen B...

hat der Vergabesenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. König, den Richter am Oberlandesgericht Kuhlig und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Schwonke

am 7.5.2008

beschlossen:

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen Nr. 4 des Beschlusses der Vergabekammer des Landes Brandenburg vom 14.12.2007 - VK 50/07 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

3. Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 47.500 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Auftraggeberin schrieb im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 1.12.2006 die Erstellung eines Fluggasterminals für den Flughafen B... als Generalunternehmerleistung im Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb nach der EG-Sektorenrichtlinie (VOB/A-SKR) europaweit aus. Der Auftrag war bereits Gegenstand einer Ausschreibung im Oktober 2006, die von der Auftraggeberin aufgehoben wurde, weil nur ein Unternehmen die Mindestanforderungen für die Eignung erfüllte. Den Auftragswert schätzte die Auftraggeberin auf 623 Mio. € netto. Insgesamt vier Bieter gaben Angebote ab. Die Beträge der Hauptangebote lagen zwischen 1,024 Mrd. € und 1,032 Mrd. €. Die Antragstellerin gab ein Angebot mit einer Wertungssumme von 1.097.347.234,70 € ab. Die Auftraggeberin hob die Ausschreibung wegen Kostenüberschreitung auf. Im Übrigen seien alle Angebote mit Mängeln behaftet und deshalb nicht wertbar.

Die Antragstellerin rügte erfolglos die Aufhebung der Ausschreibung. Die Antragstellerin stellte daraufhin einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer. Durch Beschluss vom 14.12.2007 wies die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag zurück, erklärte die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Auftraggeberin für notwendig und setzte die Gebühr für das Verfahren vor der Vergabekammer auf 50.000 € fest.

Gegen diese Entscheidung legte die Antragstellerin sofortige Beschwerde ein.

Die Antragstellerin ist der Auffassung, die Gebühren der Vergabekammer seien wesentlich niedriger, nämlich auf 2.500 € festzusetzen.

Die Antragstellerin nahm später den Nachprüfungsantrag zurück.

Die Auftraggeberin begehrt die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde und hält die Gebührenfestsetzung für zutreffend.

II.

1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie ist insbesondere nicht durch die Rücknahme des Nachprüfungsantrages unzulässig geworden. Die Gebührenfestsetzung gemäß § 128 II GWB bleibt als selbständige Entscheidung von der Rücknahme des Nachprüfungsantrages unberührt und ist mit der sofortigen Beschwerde selbständig angreifbar.

2. Die sofortige Beschwerde ist unbegründet. Ermessensfehlerfrei hat die Vergabekammer die Gebühr für das Verfahren vor ihr gemäß § 128 II GWB auf 50.000 € festgesetzt.

a) Über die Höhe der Gebühren nach § 128 II GWB entscheidet die Vergabekammer nach pflichtgemäßem Ermessen. Der zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde (§ 116 I GWB) des Kostenschuldners berufene Vergabesenat darf die angefochtene Gebührenfestsetzung nur darauf überprüfen, ob sie ermessensfehlerhaft ist (OLG Koblenz, Beschluss vom 16.2.2006, 1 Verg 2/06, Rn. 8 - zitiert nach juris).

b) Die Ermittlung der Höchstgebühr von 50.000 € ist frei von Ermessensfehlern.

aa) Für Amtshandlungen der Vergabekammern werden Kosten (Gebühren und Auslagen) "zur Deckung des Verwaltungsaufwandes" erhoben (§ 128 I GWB). Bei den Auslagen (z.B. Entschädigungen für Zeugen und Sachverständige) gilt das strikte Kostendeckungsprinzip, d.h. dem Kostenschuldner darf nur der Betrag in Rechnung gestellt werden, der tatsächlich verauslagt wurde. Bei den Gebühren (§ 128 II GWB) ist das in dieser Strenge nicht möglich, weil sich nicht exakt berechnen lässt, wie viel ein bestimmtes Verfahren den Staat gekostet hat. Deshalb tritt zu dem - für den konkreten Einzelfall in den Hintergrund tretenden - Kostendeckungsprinzip das Äquivalenzprinzip. Es bedeutet, dass zwischen der Gebühr für die Tätigkeit der Vergabekammer und dem Wert dieser Tätigkeit für die Beteiligten ein angemessenes Verhältnis bestehen muss (OLG Koblenz, a.a.O., Rn. 10; Summa in: jurisPK-VergR, Rn. 4 zu § 128 GWB). Trotz des etwas missverständlichen Wortlauts des § 128 II GWB ist somit, entsprechend der vergleichbaren Rechtslage im Kartellverfahren (vgl. § 80 III GWB), die wirtschaftliche Bedeutung des Gegenstands der gebührenpflichtigen Handlung für den Kostenschuldner Ausgangspunkt für die Gebührenbemessung (OLG Koblenz, a.a.O., Rn. 10; BayObLG, Beschluss vom 20.1.2004, Verg 21/03 m.w.N.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7.1.2004, VII-Verg 55/02 - jeweils zitiert nach juris).

Es ist folglich - auch aus Gründen der Transparenz und im Interesse einer Gleichbehandlung der Beteiligten aller Nachprüfungsverfahren - nicht zu beanstanden, dass Vergabekammern die (Basis-)Gebühr mit Hilfe einer Tabelle, die vorrangig auf die wirtschaftliche Bedeutung des Nachprüfungsgegenstandes abstellt und einen durchschnittlichen personellen und sachlichen Aufwand zugrunde legt, aus dem jeweiligen Auftragswert ermitteln.

Es ist auch nicht zu beanstanden, dass Vergabekammern keine eigene Gebührentabelle entwickeln, sondern ihrer Gebührenbemessung die Gebührenstaffel der Vergabekammern des Bundes zugrunde legen. Da der verfahrensbezogene Personal- und Sachaufwand nicht wesentlich davon abhängt, in welchem Bundesland eine Vergabekammer ihren Sitz hat bzw. ob sie in Vergabeverfahren des Bundes oder eines den Ländern zuzuordnenden Auftraggebers tätig wird, ist diese Verfahrensweise im Interesse einer bundeseinheitlichen Praxis sogar wünschenswert, wenn auch nicht rechtlich geboten (OLG Koblenz, a.a.O., Rn. 12).

bb) Nach der Gebührentabelle der Vergabekammern des Bundes erreicht die Basisgebühr für einen Auftragswert in Höhe von 70 Mio. € den Betrag von 25.000 €.

Der Höchstbetrag von 25.000 € kann gemäß § 128 II 3 GWB ausnahmsweise auf bis zu 50.000 € erhöht werden, wenn entweder der Verwaltungsaufwand oder die wirtschaftliche Bedeutung der Sache außergewöhnlich hoch ist. Letzteres durfte die Vergabekammer hier ohne Ermessensfehler annehmen. Denn der Auftragswert dieses Verfahrens liegt mit 1.097.347.234,70 € um knapp das 16fache über dem Auftragswert, für den der Höchstbetrag von 25.000 € anzusetzen ist.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO, die Wertfestsetzung auf § 47 I 1 GKG.

Ende der Entscheidung

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