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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 04.03.2008
Aktenzeichen: Verg W 3/08
Rechtsgebiete: GWB, VOB/A


Vorschriften:

GWB § 107 Abs. 3 Satz 1
GWB § 118
VOB/A § 9 Nr. 10
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

Verg W 3/08 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In dem Nachprüfungsverfahren

betreffend die Bauvorhaben B 97 Ortsumgehung S..., Baulose 3 und 6

hier: Antrag nach § 118 GWB

hat der Vergabesenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. König sowie die Richterinnen am Oberlandesgericht Eberhard und Dr. Schwonke

am 4. März 2008

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Antragstellerin auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung ihrer sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss der Vergabekammer des Landes Brandenburg vom 30. Januar 2008 (VK 56/07 und VK 58/07) wird zurückgewiesen.

Der Antragstellerin wird aufgegeben, bis spätestens 20. März 2008 zu erklären, ob sie die sofortige Beschwerde zurücknimmt.

Gründe:

I.

Hinsichtlich des Sachverhaltes wird auf den Beschluss der Vergabekammer vom 30. Januar 2008 Bezug genommen.

Die Vergabekammer hat mit dem bezeichneten Beschluss die Nachprüfungsanträge der Antragstellerin vom 11. und 21. Dezember 2007 zurückgewiesen.

Gegen diesen ihr am 6.2.2008 zugestellten Beschluss richtet sich die am 20.2.2008 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde der Antragstellerin, mit welcher sie zugleich um Verlängerung der aufschiebenden Wirkung ihrer sofortigen Beschwerde (§ 118 Abs. 1 Satz 3 GWB) nachsucht.

II.

Der Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde ist zurückzuweisen, da das Rechtsmittel der Antragstellerin voraussichtlich keinen Erfolg hat (§ 118 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 1 GWB).

Die Nachprüfungsanträge sind teilweise unzulässig, im Übrigen unbegründet.

1. Wie die Vergabekammer zutreffend ausgeführt hat, sind die Nachprüfungsanträge unzulässig, soweit die Antragstellerin vorträgt, sowohl hinsichtlich des Bauloses 3 als auch hinsichtlich des Bauloses 6 liege ein Verstoß gegen § 9 Nr. 10 VOB/A vor, da verdeckt ein sogenanntes Leitfabrikat ausgeschrieben worden sei.

Die Rüge eines Verstoßes gegen das Gebot der produktneutralen Ausschreibung ist hinsichtlich der genannten Baulose nicht innerhalb der Frist des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB erfolgt.

Auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss wird Bezug genommen.

Entgegen der im Schriftsatz vom 25.1.2008 geäußerten Ansicht der Antragstellerin wird die Rügepflicht nicht etwa erst durch die Benachrichtigung über den Ausschluss des Angebotes der Antragstellerin ausgelöst.

Vielmehr war der Antragstellerin - so ihr eigener Vortrag - bereits während der Erstellung des Angebotes betreffend Baulos 3 (bis zum 16.8.2007) der von ihr nunmehr geltend gemachte Vergaberechtsverstoß bekannt. Wie die Antragstellerin mit ihrem Nachprüfungsantrag vorgetragen hat, sah sie sich bei Erstellung ihres Angebotes zu einer Auslegung des Leistungsverzeichnisses veranlasst. Hinsichtlich des von der Ausschreibung umfassten Geogitters habe sich nämlich nur die Existenz eines Herstellers - der Firma HU... GmbH - feststellen lassen. Da jedoch die herstellerbezogene Leistungsbeschreibung ohne Zulassung gleichwertiger Fabrikate als unzulässig bezeichnet werden müsse (§ 9 Nr. 10 VOB/A), habe sie, die Antragstellerin, davon ausgehen dürfen, dass ihr der öffentliche Auftraggeber nicht lediglich einen Hersteller vorgeben wolle. Demzufolge habe sie die Begriffe "Geokunststoff" und "Geogitter" auslegen dürfen. Dieser Vortrag der Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren zeigt eindeutig, dass ihr bereits bei Abfassung der Angebote zu den Baulosen 3 und 6 rechtliche Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Produktausschreibung gekommen sein müssen, sie diesbezüglich jedoch nicht eine Rüge an die Auftraggeberin formuliert hat.

2. Im Übrigen sind die Angebote der Antragstellerin betreffend die beiden Baulose zu Recht seitens der Auftraggeberin ausgeschlossen worden wegen unzulässiger Änderung der Verdingungsunterlagen (§ 25 Abs. 1 Ziff. 1 b VOB/A).

Wie die Vergabekammer in dem angefochtenen Beschluss zutreffend ausführt, fehlt es im vorliegenden Falle ungeachtet der Frage der rechtlichen Zulässigkeit am Erfordernis der Auslegung einer Leistungsbeschreibung.

Der Wortlaut der Ausschreibungsunterlagen, die zum einen den Einbau von Geogittern (z. B. als Bewehrung als Sicherung gegen Tagesbrüche), zum anderen den Einbau von Geotextilien (z. B. als Filter in Sickeranlage) vorsehen, ist eindeutig. Aus der Verwendung dieser Begriffe ergibt sich klar, dass nach dem Willen der Auftraggeberin der Begriff Geogitter nicht mit dem Begriff des Geotextil gleichzusetzen ist.

Der Vortrag der Antragstellerin, der Begriff des Geokunststoffes sei, wie sich aus Regelungen in einschlägigen DIN ergebe, der sogenannte Oberbegriff. Die Geokunststoffe untergliederten sich nach ihrer jeweiligen Herstellungsart in Geogitter, Gewebe oder Kombinationsprodukte, so dass bei Ausschreibung eines "Geokunststoffes" jede Produktunterart angeboten werden könne, bzw. das verlangte Geogitter mit dem Geotextil gleichgesetzt werden könne, greift dies nicht.

Dem steht schon, wie oben ausgeführt, der eindeutige Wortlaut der Leistungsbeschreibung entgegen, wonach zum einen Geogitter, zum anderen Geotextil gefordert wird. Soweit sich bei der Antragstellerin Schwierigkeiten hinsichtlich des Verständnisses des Leistungsverzeichnisses eingestellt haben sollten, ist es ihr jedenfalls verwehrt, die Verdingungsunterlagen nach eigenem Gutdünken auszulegen. Sollten tatsächlich ernsthafte Zweifel aufkommen, hat die Antragstellerin diese durch eine Anfrage bei der Auftraggeberin zu klären. Um die Abgabe vergleichbarer Angebote sicherzustellen und damit einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten, ist es nämlich zwingend erforderlich, dass sämtliche Bieter eines Vergabeverfahrens die ausgeschriebenen Leistungsmerkmale in gleicher Weise verstehen und demzufolge vergleichbare Angebote abgeben können. Dieser das Vergabeverfahren tragende Grundsatz würde ausgehebelt werden, wollte man jedem Bieter bei Zweifeln am Wortlaut der Ausschreibungsunterlagen zugestehen, diese nach eigenem Gutdünken auszulegen und sein Angebot darauf abzustellen.

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Diese ergeht zusammen mit der Hauptsacheentscheidung.

Ende der Entscheidung

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