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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 13.09.2005
Aktenzeichen: Verg W 8/05
Rechtsgebiete: VgV, VOF, GWB


Vorschriften:

VgV § 13
VOF § 4
VOF § 16 Abs. 1
VOF § 16 Abs. 2
VOF § 16 Abs. 2 Satz 2
VOF §§ 22 ff.
VOF § 24 Abs. 1
GWB § 98 Nr. 5
GWB § 111 Abs. 2
GWB § 116
GWB § 117
GWB § 107 Abs. 2
GWB § 107 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

Verg W 8/05 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 13.09.2005

Verkündet am 13.09.2005

In dem Vergabenachprüfungsverfahren

betreffend: 2. Bauabschnitt der Baumaßnahme "Strukturverbesserung, Sanierung und Teilerneuerung der H...-Kliniken B..." Planungsleistungen nach HOAI Teil IX - Ingenieurvertrag Haustechnik

hat der Vergabesenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... die Richterin am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ...

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19. August 2005 beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der 1. Vergabekammer des Landes Brandenburg vom 12.5.2005 - VK 15/05 - teilweise abgeändert.

Die Auftraggeberin wird verpflichtet, die Wertung - nach Neuwertung hinsichtlich der Kriterien "Fachkenntnisse technischer Art" und "Nachweis von Planungs- und Managementmethoden" aufgrund von erneut durchzuführenden Auftragsgesprächen mit der Antragstellerin und der Beigeladenen - zu wiederholen.

Die weitergehende sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die vor der Vergabekammer erwachsenen Gebühren und Auslagen tragen die Antragstellerin zu 3/4, die Auftraggeberin zu 1/4. Die Beigeladene trägt ihr etwa entstandene Kosten selbst.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin ist ein Ingenieurbüro für technische Gebäudeausstattung. Die Auftraggeberin betreibt in B... ein akademisches Lehrkrankenhaus der ... unter der Bezeichnung H...-Klinikum B... . Die Auftraggeberin plant die Modernisierung und Vergrößerung der von ihr betriebenen Klinik. Das Projekt gliedert sich in zwei Bauabschnitte.

Bereits 1998 waren bautechnische Planungsleistungen nach HOAI für die Maßnahme Strukturverbesserung, Sanierung und Erweiterung der H...-Kliniken im Verhandlungsverfahren mit vorheriger Vergabebekanntmachung ausgeschrieben worden. Die Antragstellerin und die Auftraggeberin unterzeichneten am 4.2.1999 eine Vereinbarung, wonach die Antragstellerin sämtliche Leistungen erbringen sollte, die zur Erstellung der im Wesentlichen durch den Architekten zu erbringenden Zielplanung notwendig sind (Bl. 14-15 VK 15/05). Am 19.3./19.4.2001 schlossen die Auftraggeberin und die Antragstellerin einen Ingenieurvertrag Haustechnik (Bl. 20-43 VK 15/05), in dessen Ziffer 3 eine stufen-/abschnittsweise Beauftragung der Antragstellerin vorgesehen ist.

In der Folgezeit rief die Auftraggeberin bei der Antragstellerin Leistungen für den 1. Bauabschnitt ab sowie Teile von Leistungen des Bauabschnittes 1 B, der später in Bauabschnitt 2 umbenannt wurde.

Die Auftraggeberin will die Antragstellerin nicht weiter beschäftigen. Aus diesem Grund schrieb sie in der 20. Kalenderwoche 2004 (12.-14. Mai) "Dienstleistungen von Ingenieurbüros" europaweit im Verhandlungsverfahren aus (Bl. 44-46 VK 15/05). Den Gegenstand des Auftrages beschrieb sie darin mit "Bautechnische Planungsleistungen nach HOAI Teil IX für den 2. Bauabschnitt der Baumaßnahme 'Strukturverbesserung, Sanierung und Teilerneuerung der H...-Kliniken B..., Ingenieurvertrag Haustechnik". Zum Leistungsumfang heißt es darin: "Stufen- und (bau-)abschnittsweiser Abruf von HOAI-Leistungsphasen 1 bis 9". Die Auftraggeberin teilte mit, dass Bewerber noch nicht ausgewählt seien und dass drei, höchstens fünf Unternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert würden. Zuschlagskriterien waren nach Ziff. IV.2) der Ausschreibung "Das wirtschaftlich günstigste Angebot bezüglich der ... Kriterien Preiswürdigkeit, fachliche Erfahrung im Krankenhausbau, fachliche Erfahrung mit öffentlichen Auftraggebern, Fachkunde technischer Art, Nachweis von Planungs- und Managementmethodiken zur Optimierung von Kostentransparenz und Nutzeranforderungsprofilen, örtliche Präsenz, Zuverlässigkeit und Referenzen vergleichbarer Objekte". Entsprechende im Einzelnen aufgeführte Nachweise, Erklärungen und Referenzen waren als Bedingungen für die Teilnahme in Ziff. III.2) aufgeführt.

Die Antragstellerin reichte am 11. Juni 2004 fristgerecht ihren Teilnahmeantrag mit den geforderten Unterlagen ein. Auch die Beigeladene reichte einen Teilnahmeantrag ein.

Mit ihrem am 9. Juli 2004 bei der Vergabekammer eingeleiteten Nachprüfungsverfahren VK 39/04 hat die Antragstellerin die Aufhebung der erneuten Ausschreibung begehrt. Sie hat die Auffassung vertreten, aufgrund des geschlossenen Ingenieurvertrages mit ihr, der auch den 2. Bauabschnitt umfasse, sei eine erneute Ausschreibung dieser Leistungen unzulässig. Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat den gegen die Zurückweisung des Nachprüfungsantrages durch die Vergabekammer gerichteten Antrag, die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde zu verlängern, mit Beschluss vom 5.10.2004 zurückgewiesen (Az. Verg W 12/04). Zur Begründung hat es ausgeführt, die sofortige Beschwerde der Antragstellerin habe nach summarischer Prüfung keine Aussicht auf Erfolg, weil mit dem Nachprüfungsantrag ausschließlich die Durchführung eines Vergabeverfahrens verhindert werden solle; dies sei nicht zulässiges Ziel eines Nachprüfungsverfahrens. Darauf hat die Antragstellerin ihre sofortige Beschwerde zurückgenommen.

Bis Ende Oktober 2004 rief die Auftraggeberin bei der Antragstellerin weitere Leistungen aus dem Ingenieurvertrag "Haustechnik" ab. Insgesamt sind von den Leistungsphasen 1 - 9 des 2. Bauabschnitts an die Antragstellerin bisher die Leistungsphasen 1 - 6 des Bauabschnitts 2 A und die Leistungsphasen 1 - 3 des Bauabschnitts 2 B vergeben worden.

Im Rahmen der Auswertung der Teilnahmeanträge vom 1.12.2004 erfüllten in einer ersten Stufe alle Bewerber die Mindestanforderungen. In einer Bewertungsmatrix vom 20.12.2004 wurden die Teilnahmeanträge hinsichtlich der in der Ausschreibung bekannt gegebenen Kriterien mit Ausnahme des Preises bewertet. Die Auftraggeberin wählte die sieben Teilnehmer aus, die mehr als 40 Punkte erzielt hatten. Von den maximal erreichbaren 48 Punkten erzielte die Antragstellerin 41 Punkte. Dabei hat sie - ebenso wie die Beigeladene - für die Kriterien Fachliche Erfahrungen im Krankenhausbau, Fachliche Erfahrung mit öffentlichen Auftraggebern, Zuverlässigkeit und Referenzen vergleichbarer Objekte jeweils die maximal mögliche Punktzahl erreicht.

Am 11. und 14. Januar 2005 führte die Auftraggeberin mit sechs Bewerbern (der siebte hatte abgesagt) Gespräche durch, die er in einer ersten Einladung als "kooperativer Workshop" bzw. "Assessment-Center" (Bl. 75 VK 15/05) bezeichnet, später "Auftragsgespräch" (Bl. 78 VK 15/05) genannt hatte. Zentraler Inhalt dieser Gespräche war ausweislich der Vergabeunterlagen die Erläuterung der unterschiedlichen Planungs- und Management-Methoden der einzelnen Bewerber. Grund hierfür sei, dass die Auftraggeberin von Fördermitteln abhängig sei, die wiederum "sowohl in der Höhe als auch im Ablauf fixiert" seien. In den jeweils 45-minütigen Gesprächen wurden die Bewerber vor allem hinsichtlich der Kontrollsysteme ISO 9000, Benchmarking, Virtueller Projektraum und Kosten-Risiko-Management befragt, die wichtige Hinweise für die Unterstützung eines termingerechten Gesamtablaufs der Baumaßnahme und die angewendeten Qualitäts-Kontrollmechanismen für eine transparente Kostensteuerung und qualitätsvolle Leistungserfüllung geben sollten.

In der Zusammenfassung der Auftragsgespräche vom 17. Januar 2005 vermerkte das von der Auftraggeberin mit der Auswertung der Unterlagen beauftragte beratende Ingenieurbüro Sch... zur Antragstellerin, dass eine Zertifizierung nach ISO 9000 nicht geplant sei, sowie: "keine Fakten zu Kosten-Risiko-Management, Benchmarking, Nutzereinbeziehung". Weiter heißt es dort: "Nur ein Bauleiter vorgesehen!" Zu dem Gespräch mit der Beigeladenen heißt es in dieser Zusammenfassung u. a.: " ISO 9000 Zertifizierung seit 2003".

Im Ergebnis der geführten Gespräche veränderte die Auftraggeberin die Punktbewertung vom 20.12.2004 in der Matrix nicht. Darin wird das Kriterium "Nachweis von Managementmethoden" mit "2" gewichtet. Dabei erzielte die Antragstellerin einen von drei möglichen Punkten, die Beigeladene 3 Punkte, so dass die Antragstellerin insgesamt 2, die Beigeladene insgesamt 6 Punkte erreichte. Dabei ist in der neu erstellten Matrix zu der Beigeladenen vermerkt "nach ISO 9001 zertifizierte Arbeitsabläufe" und bei der Antragstellerin "keine Angabe". Bei dem Kriterium "Fachkenntnisse technischer Art", das mit "3" gewichtet wurde, erzielte die Beigeladene 3, d. h. insgesamt 9 Punkte, die Antragstellerin 2, d. h. insgesamt 6 Punkte. Bei der Beigeladenen heißt es "breite Aufstellung, Abdeckung aller Anwendungsgebiete mit ca. je 5 Ingenieuren", bei der Antragstellerin "breite Aufstellung, Abdeckung aller Anwendungsgebiete ca. 6 Dipl.-Ing. je Anlagegruppe (Schwächung durch viele Standorte)".

Das Ingenieurbüro Sch... wählte die Antragstellerin, die Beigeladene sowie die N.I.L. ... (im Folgenden N.I.L.), aus und forderte sie zur Abgabe eines Angebotes auf, wobei sie ihnen als Kerngrößen anrechenbare Kosten nach HOAI in Höhe von 12,5 Mio. € vorgab sowie einen prozentualen Anteil Altbau von ca. 50 %. Die Auftraggeberin sah die von den drei Bietern eingereichten Angebote nicht als miteinander vergleichbar an, weil sie unterschiedliche Ansätze im Bereich der Honorarzonen 1-3, des Umbauzuschlages, der Nebenkosten und der Anlagengruppen gewählt hatten. Die Antragstellerin hatte zudem Wiederholungsnachlässe von bis zu 25 % eingerechnet. Die Auftraggeberin nahm eine Berechnung vor, durch die sie die Angebote vergleichbar machte, indem sie eine identische Ausgangsbasis und ein identisches Leistungsbild herstellte. Dabei rechnete sie die von der Antragstellerin angebotenen Wiederholungsnachlässe heraus. Auf Grundlage dieser Berechnung erstellte das Ingenieurbüro Sch... einen Preisspiegel. Die N.I.L. erhielt für das preisgünstigste Angebot 4 Punkte und damit im Ergebnis 48 Punkte, die Beigeladene erhielt 2 Punkte und damit im Ergebnis 50 Punkte. Die Antragstellerin erhielt für ihr Angebot ebenfalls 2 Punkte und damit insgesamt 43 Punkte.

Bei der Auswertung der Angebote vom 6. Februar 2005 und in der Zusammenfassung vom 8. Februar 2005 gelangte das Ingenieurbüro Sch... zu dem Ergebnis, dass die Beigeladene auch nach der Wertung der Preiswürdigkeit wiederum den ersten Rang belege und am ehesten die Gewähr für eine sachgerechte und qualitätsvolle Leistungserfüllung erbringe. Für ihre Beauftragung spreche u. a. die zu erwartende hohe Kostensicherheit und Ausführungsqualität, die aufgrund der überzeugend vorgestellten Planungs- und Managementmethoden und wegen der nach ISO 9001 zertifizierten Arbeitsabläufe zu erwarten sei. Dem Vergabevorschlag schloss sich die Auftraggeberin mit Vermerk zum Vergabevorgang an.

Mit Schreiben gemäß § 13 VgV vom 22. Februar 2005 (Bl. 96 VK 15/05) informierte die Auftraggeberin die Antragstellerin über die beabsichtigte Erteilung des Zuschlages an die Beigeladene mit der Begründung, deren Angebot biete am ehesten die Gewähr für eine sachgerechte und qualitätsvolle Leistungserfüllung.

Die Vergabeentscheidung rügte die Antragstellerin mit Schreiben vom 1. März 2005 (Bl. 97-101 VK 15/05). Nach ihrer Ansicht sei nur die Vergabe des Auftrages an sie ermessensfehlerfrei. Als bisher tätiges Unternehmen, bei dem bereits in erheblichem Umfang Leistungen für den 2. Bauabschnitt abgerufen wurden, sei sie allein wesentlich geeigneter, leistungsfähiger und zuverlässiger i.S.v. § 4 VOF. Darüber hinaus sei das Vergabeverfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden. Ein wesentlicher Teil der ausgeschriebenen Leistung könne wegen des zwischenzeitlichen Abrufs bei der Antragstellerin nicht mehr vergeben werden, sodass die notwendige Identität zwischen ausgeschriebener Leistung und der Vergabe nicht mehr gewahrt und deshalb eine Neuausschreibung erforderlich sei.

Mit Schriftsatz vom 8. März 2005 hat die Antragstellerin bei der Vergabekammer einen Nachprüfungsantrag gestellt, mit dem sie die Vergabeentscheidung mit den Gründen des Rügeschreibens weiter beanstandet hat.

Die Vergabekammer hat der Antragstellerin durch Übersendung der von der Auftraggeberin teilweise geschwärzten Dokumentation der Vergabe mit Schreiben vom 22. April 2005 im Rahmen des § 111 Abs. 2 GWB Einsicht in die Vergabeakten gewährt.

Hierzu hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 9. Mai 2005, eingegangen bei der Vergabekammer am 11. Mai 2005, Stellung genommen. Die Antragstellerin hat ergänzend im Wesentlichen vorgetragen, dass die Schwärzung des Vergabevermerks eine Einschränkung ihres Rechtsschutzes darstelle. Die Bewertung sei nicht nachvollziehbar. Insbesondere hätte die Antragstellerin auch bei den Kriterien Fachkenntnisse technischer Art und Planungs- und Managementmethoden die volle Punktzahl erhalten müssen. Die formale ISO-Zertifizierung nach ISO 9000 dürfe nicht als Bewertungskriterium herangezogen werden, sondern es müsse reichen, dass sie entsprechend ihren Hinweisen in der Präsentation jedenfalls dieselben Abläufe und Strukturen/Managementmethoden anwende, wie sie auch in der ISO 9000 enthalten sind. Der Erhalt von Fördermitteln sei nicht von der Zertifizierung abhängig, wie aus der baufachlichen Stellungnahme zum Förderantrag durch das Ministerium der Finanzen vom 4. März 2005 zum 2. Teilabschnitt des 2. BA hervorgehe. Schließlich hätten nach Angebotsabgabe keine Auftragsgespräche stattgefunden.

Die Antragstellerin hat beantragt,

1. der Auftraggeberin zu untersagen, den Auftrag zur Erbringung bautechnischer Planungsleistungen nach HOAI Teil IX für die Anlagengruppen 1 - 4 im Rahmen des 2. Bauabschnitts der Baumaßnahme "Strukturverbesserung, Sanierung und Teilerneuerung der H...-Kliniken B..." an die Beigeladene zu erteilen;

2. die Auftraggeberin zu verpflichten, der Antragstellerin den Auftrag zur Erbringung bautechnischer Planungsleistungen nach HOAI Teil IX für die Anlagengruppen 1 - 4 im Rahmen des 2. Bauabschnitts der Baumaßnahme "Strukturverbesserung, Sanierung und Teilerneuerung der H...-Kliniken B..." zu erteilen;

Die Auftraggeberin hat beantragt,

den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.

Nach ihrer Ansicht ergibt der Nachprüfungsantrag keinen einzigen Anhaltspunkt für eine vergaberechtswidrige Zuschlagsentscheidung zugunsten der Beigeladenen. Die Beurteilung der Angebote sei ermessensfehlerfrei aufgrund der VOF-Vorgaben der §§ 16 Abs. 1 und 2, 24 Abs. 1 VOF und der Kriterien der Bekanntmachung erfolgt. Das bisherige Tätigwerden der Antragstellerin habe sie bei der Ermessensentscheidung ausreichend beachtet. Das Abrufen weiterer Leistungen für die Bauabschnitte 2 A und 2 B sei wegen der Verzögerungen aufgrund der vorliegenden Ausschreibung erfolgt, damit das Projekt nicht zum Scheitern gebracht werde. Die Reduzierung des Vertragsumfangs sei allen Beteiligten im Vergabeverfahren bekannt gegeben worden und könne im Verhandlungsverfahren flexibel angepasst werden.

Die mit Beschluss vom 11. April 2005 Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Die Entscheidungsfrist wurde durch Verfügung des Vorsitzenden vom 11. April 2005 bis zum 20. Mai 2005 verlängert.

Die Vergabekammer hat die Anträge der Antragstellerin mit Beschluss vom 12.5.2005 zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Antrag sei zulässig, aber unbegründet. Soweit die Antragstellerin die Nichtidentität von ausgeschriebener und zu vergebender Leistung beanstande, sei sie nicht beeinträchtigt, weil sie selbst die Leistungen erbracht habe, die teilweise Gegenstand der Ausschreibung seien. Sie habe Verfahrensverstöße nur teilweise rechtzeitig gerügt. Sie sei mit Rügen ausgeschlossen, soweit sie geltend mache, es habe unzutreffende Vorgaben bei der Angebotsaufforderung gegeben und Auftragsgespräche hätten nicht stattgefunden. Soweit sie mit ihrem Schriftsatz vom 11.5.2005 weitere Vergaberechtsverstöße geltend mache, seien diese präkludiert. Der Antrag sei unbegründet, soweit die Antragstellerin die Wertung durch die Auftraggeberin beanstande. Die Wertung sei anhand des Vergabevermerks und der Unterlagen zur Auswertung transparent und nachvollziehbar erfolgt. Ermessensfehler seien nicht ersichtlich. Der Auftraggeberin sei ein weiter Ermessensspielraum eröffnet, der vor der Vergabekammer nur eingeschränkt auf Beurteilungsfehler nachprüfbar sei. Es sei nicht Aufgabe der Vergabekammer, einzelne Punktbewertungen, die nach Ansicht der Antragstellerin höher hätten ausfallen müssen, auf ihre sachliche Angemessenheit hin zu überprüfen. Die Auftraggeberin sei nicht gehalten, ihr den Auftrag deshalb zu erteilen, weil sie bereits im Rahmen des 1. und Teilen des 2. Bauabschnitts bereits tätig geworden sei. Diesen Umstand habe die Auftraggeberin ausreichend berücksichtigt. Denn schließlich habe sie die Auftraggeberin zur Abgabe eines Angebotes aufgefordert, obwohl von den sieben Bewerbern, die zu Gesprächen eingeladen wurden, fünf eine bessere Punktzahl erreicht hätten und ein weiteres Unternehmen wie die Antragstellerin 41 Punkte erzielt habe.

Gegen diesen Beschluss, ihr zugestellt am 17.5.2005, hat die Antragstellerin durch bei Gericht am 31.5.2005 eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt.

Der Senat hat der Antragstellerin auf ihren Antrag in erweitertem Umfang Akteneinsicht gewährt.

Die Antragstellerin wiederholt und vertieft ihr Vorbringen vor der Vergabekammer. Ergänzend trägt sie vor, die Vergabeentscheidung sei rechtswidrig, weil die Auftraggeberin den Sachverhalt unrichtig oder unvollständig ermittelt habe. Die Bewertung der Preiswürdigkeit sei ermessensfehlerhaft, weil die Angebote nicht miteinander vergleichbar gewesen seien. Die Auftraggeberin habe sie zu Unrecht bei Fachkenntnissen technischer Art und beim Nachweis von Planungs- und Managementmethoden mit weniger Punkten bewertet als die Beigeladene.

Die Auftraggeberin sei fälschlich davon ausgegangen, dass sie die Arbeiten nur mit einem Bauleiter durchführen werde. Sie habe in dem Auftragsgespräch deutlich gemacht, dass sie zwei Bauleiter einsetzen werde. Dass die Wertung der Auftraggeberin der Fachkenntnisse technischer Art im Hinblick auf die Beigeladene nicht richtig sein könne, ergebe sich auch aus dem Umstand, dass ein Headhunter versucht habe, den von ihr, der Antragstellerin, vorgesehenen Bauleiter für die Bauleitung des ausgeschriebenen Auftrags abzuwerben. Die Auftraggeberin habe zu Unrecht der Zertifizierung der Arbeitsabläufe nach ISO besondere Bedeutung beigemessen. Die Koordination der Abläufe in ihrem Unternehmen erfülle die Vorgaben der ISO-Zertifizierung, übertreffe sie sogar teilweise deutlich. Im Übrigen verfüge die Beigeladene nicht über eine ISO-9001 Zertifizierung, sondern lediglich eine VDS-Zertifizierung für Brandmeldeanlagen.

Die Antragstellerin beantragt,

1. den Beschluss der Vergabekammer vom 12.5.2005 aufzuheben,

2. Der Auftraggeberin zu untersagen, den Auftrag der Beigeladenen zu erteilen;

3. die Auftraggeberin zu verpflichten, der Antragstellerin den Auftrag zu erteilen,

hilfsweise,

die Auftraggeberin zu verpflichten, eine erneute Wertung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Vergabesenates vorzunehmen.

Die Auftraggeberin beantragt,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Die Auftraggeberin hält den Beschluss der Vergabekammer für richtig. Sie behauptet, sie habe berücksichtigt, dass die Antragstellerin zwei Bauleiter einsetzen wollte, allerdings habe sie auch den Umstand mit einbezogen, dass einer der beiden Bauleiter noch zwei weitere Funktionen als Projektleiter und Technischer Leiter sowie als Elektrotechnikplaner ausüben sollte. Dies habe Zweifel an der vollen Verfügbarkeit geweckt. Sie habe auch eine nachgewiesene ISO-Zertifizierung hoch bewertet, weil es sich dabei um ein von dritter Seite überwachtes und allgemein anerkanntes Gütesiegel hinsichtlich der internen Abläufe eines Unternehmens handele. Der Antragstellerin sei es nicht gelungen, gleichwertige Qualitätsüberwachungsstandards darzulegen und plausibel nachzuweisen.

Die Beigeladene hat sich am Beschwerdeverfahren nicht beteiligt. Ihr Geschäftsführer hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, dass eine Zertifizierung nach ISO 9000 nicht bestehe, aber angestrebt sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt und zum Vorbringen der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze und auf die Vergabeakten Bezug genommen.

II.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat zum Teil Erfolg. Sie ist zulässig, aber in ihren Hauptanträgen unbegründet. Jedoch hat der Hilfsantrag Erfolg.

I. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden, §§ 116, 117 GWB.

II. Die sofortige Beschwerde ist nur teilweise begründet.

Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist zwar zulässig, hat weit überwiegend jedoch keinen Erfolg und muss deshalb zurückgewiesen werden. Die Auftraggeberin ist nicht verpflichtet, der Antragstellerin den ausgeschriebenen Auftrag zu erteilen. Aus diesem Grunde konnten die beiden einander entsprechenden Hauptanträge der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren keinen Erfolg haben. Mehr als eine Verpflichtung der Auftraggeberin, die Vergabeentscheidung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Vergabesenates zu wiederholen, kann die Antragstellerin nicht erreichen.

1.) Zu Recht hat die Vergabekammer angenommen, dass der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zulässig ist.

Die Auftraggeberin ist öffentlicher Auftraggeber gemäß § 98 Nr. 5 GWB, der Schwellenwert ist überschritten. Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt.

2.) Der Nachprüfungsantrag ist jedoch weitgehend unbegründet und nur zu einem geringen Teil begründet.

a.) Der Nachprüfungsantrag ist unbegründet, soweit die Antragstellerin die Verpflichtung der Auftraggeberin begehrt, nicht der Beigeladenen, sondern ihr den Zuschlag zu erteilen.

Bei der Wertung im VOF-Verfahren ist dem Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum eröffnet, dessen Ausfüllung der Überprüfung durch die Vergabenachprüfungsinstanzen weitgehend entzogen ist (BayOBLG, Beschluss vom 10.9.2001, Verg 14/01, zitiert nach Juris). Der Beurteilungsspielraum ergibt sich aus dem Umstand, dass geistig-schöpferische Dienstleistungen zu erbringen sind. Die Nachprüfungsinstanzen prüfen daher nur, ob die Grenzen des der Auftraggeberseite zustehenden Beurteilungsspielraums überschritten sind. Sie können nicht ihr Ermessen an die Stelle des Auftraggebers setzen. Eine Reduzierung dieses Ermessens auf Null, wie dies das Rechtsschutzziel der Antragstellerin voraussetzt, wird deshalb in der Praxis so gut wie nie vorkommen. Selbst wenn der Auftraggeber im Rahmen des Vergabeverfahrens Fehler gemacht haben sollte, werden die Nachprüfungsinstanzen ihn anhalten, diese Fehler zu korrigieren und sein Ermessen in zulässiger Weise - erneut - auszuüben, nicht jedoch ihn anweisen, einem bestimmten Bewerber den Zuschlag zu erteilen.

Eine solche Entscheidung ist nur denkbar, wenn einer von zwei verbleibenden Bietern zwingend vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden muss. Eine derartige Sachlage hat die Antragstellerin jedoch nicht behauptet.

b.) Der Nachprüfungsantrag ist mit dem im Beschwerdeverfahren hilfsweise gestellten Antrag begründet, wonach die Auftraggeberin verpflichtet werden soll, die Wertung zu wiederholen. Denn die Auftraggeberin hat den ihr eingeräumten Beurteilungsspielraum überschritten.

Der Beurteilungsspielraum des Auftraggebers ist überschritten, wenn der Auftraggeber Verfahrensfehler begangen, Sachverhalt unzutreffend ermittelt oder sachwidrige Erwägungen angestellt hat.

Hier kann festgestellt werden, dass in mehrfacher Hinsicht der Sachverhalt unzutreffend ermittelt worden ist. Außerdem liegen Verfahrensfehler vor.

aa.) Allerdings muss die Auftraggeberin nicht die Wertung in vollem Umfang wiederholen. Zum einen hat die Antragstellerin vor der Wertung bereits absehbare Wertungsfehler nicht rechtzeitig gerügt und ist deshalb mit entsprechenden Beanstandungen im Nachprüfungsverfahren ausgeschlossen, § 107 Abs. 3 GWB. Zum anderen ist die Antragstellerin durch diese Wertung in weiten Teilen nicht beschwert, so dass ihr hieraus kein Schaden droht, § 107 Abs. 2 GWB.

Soweit die Antragstellerin geltend macht, der zu vergebende Auftrag sei mit dem zu erteilenden Auftrag nicht mehr vollständig identisch, weil sie erhebliche Teile dieses Auftrages bereits ausgeführt habe, kann sie dies im Nachprüfungsverfahren nicht geltend machen, weil sie dies zum einen weder gegenüber der Auftraggeberin gerügt hat noch ihr dadurch ein Schaden droht, §§ 107 Abs. 2 und 3 GWB. Sie hat auf diese Weise den Auftrag ausführen können, ohne sich im Vergabeverfahren gegenüber anderen Bewerbern durchsetzen zu müssen.

Weiter kann die Antragstellerin nicht mit Erfolg beanstanden, dass die Auftraggeberin Preisangebote eingeholt hat, die nicht miteinander vergleichbar sind, weil den drei verbleibenden Bietern nur eine unzureichende Tatsachengrundlage für das zu erstellende Angebot mitgeteilt worden ist. Denn dieser Mangel des Vergabeverfahrens war der Antragstellerin schon in dem Augenblick erkennbar, als sie zur Abgabe eines Angebots aufgefordert wurde. Dies hätte sie nach Erhalt dieser Aufforderung unverzüglich rügen müssen. Dies ist unterblieben.

Der Antragstellerin droht auch kein Schaden, soweit sie die maximale Punktzahl in der Bewertungsmatrix der Auftraggeberin erzielt hat. Nicht beschwert ist die Antragstellerin mithin durch die Wertungen bei den Kriterien Fachliche Erfahrung im Krankenhausbau, fachliche Erfahrung mit öffentlichen Auftraggebern, örtliche Präsenz, Zuverlässigkeit und Referenzen vergleichbarer Objekte. Bei diesen Kriterien hat sie die maximale Punktzahl von "3" erzielt.

bb.) Der Auftraggeber hat die Wertung zu wiederholen, soweit er seinen Beurteilungsspielraum überschritten hat. Er hat teilweise den Sachverhalt unzutreffend ermittelt. Dieser Fehler kann sich auf das Wertungsergebnis auswirken, so dass die Vergabeentscheidung keinen Bestand haben kann.

Die Angriffe gegen die Preiswertung der Auftraggeberin waren allerdings zurückzuweisen.

Ohne Erfolg beanstandet die Antragstellerin den Umstand, dass die Auftraggeberin überhaupt eine Preiswertung vorgenommen hat.

Zwar ist deren Vorgehen ungewöhnlich, noch nach "Auftragsgesprächen" ein Angebot abzufordern, und dies auch noch für Leistungen im Bereich der HOAI. Allerdings ist es nicht völlig sinnlos, wie sich aus § 16 Abs. 2 Satz 2 VOF ergibt. Danach kann der Preis im durch die Honorarordnung vorgeschriebenen Rahmen berücksichtigt werden. Die Auftraggeberin hat diese Vorgehensweise offenbar gewählt, um ein beanstandungsfreies Vergabeverfahren durchzuführen, hatte sie doch in der Vergabebekanntmachung den Preis als Zuschlagskriterium angegeben. Mit der VOF nicht in Einklang zu bringen ist es auch, nach Auftragsgesprächen noch Angebote einzuholen, vielmehr soll die Zuschlagsentscheidung aufgrund der Auftragsgespräche erfolgen. Zuzugeben ist der Antragstellerin weiter, dass die Angebote nicht miteinander vergleichbar sind. Die Antragstellerin hatte aufgrund ihrer Vorbefassung einen Wissensvorsprung, der es ihr ermöglichte, ein konkreteres Angebot abzugeben als ihre Mitbewerber. Deshalb war ihr bekannt, dass die Vorgaben der Auftraggeberin im Angebotsschreiben nicht zutreffend sind, sie konnte ihr Angebot darauf ausrichten. Dies waren jedoch allesamt Umstände, die die Antragstellerin spätestens bis zur Abgabe ihres Angebotes hätte rügen können und müssen. Dies hat sie unterlassen, so dass sie sich auf diesbezügliche Vergabefehler nunmehr nicht mehr berufen kann.

Auch die Rügen gegen die Preiswertung in der Sache haben keinen Erfolg. Denn die Auftraggeberin hat sich bemüht, eine Vergleichbarkeit der Angebote herzustellen. Soweit die Antragstellerin diese Bemühungen für vergaberechtswidrig hält, kann sie damit nicht gehört werden, weil dieses Verhalten der Auftraggeberin Folge der von der Antragstellerin nicht gerügten unterschiedlichen Grundlagen für die Angebotserstellung ist. Die einzige Beanstandung, mit der die Antragstellerin nicht ausgeschlossen ist, ist diejenige, dass die Auftraggeberin die von ihr angebotenen Wiederholungsnachlässe nicht berücksichtigt hat. Diese Rüge ist jedoch unbegründet. Denn die Auftraggeberin war aus Gründen der Gleichbehandlung der Bewerber gehindert, diese Nachlässe zu berücksichtigen. Eine Berücksichtigung dieses Nachlasses für die Wertung der bestmöglichen Leistung würde Mitbewerber ohne den Erfahrungsschatz aus dem ersten Bauabschnitt zurücksetzen. Eine sachgerechte Gleichbehandlung ist nur durch die Nichtberücksichtigung des durch den Vorauftrag bedingten preislichen Abschlags erreicht worden (BayObLG, Beschluss vom 20.8.2001, Verg 9/01, zitiert nach Juris).

Jedoch hat die Auftraggeberin die Wertung hinsichtlich zweier Wertungskriterien ermessensfehlerhaft durchgeführt.

Die Auftraggeberin hat, soweit es das Wertungskriterium Planungs- und Managementmethoden angeht, ihrer Wertung einen unzutreffenden Sachverhalt zugrunde gelegt. Sie ist nämlich davon ausgegangen, dass die Arbeitsabläufe bei der Beigeladenen seit 2003 nach ISO zertifiziert sind. Dies ist, wie sich im Beschwerdeverfahren herausgestellt hat, unrichtig. Die Beigeladene kann eine solche Zertifizierung nicht vorweisen. Dies macht die Wertung rechtswidrig. Denn die Auftraggeberin hat noch zu Beginn des Beschwerdeverfahrens ausgeführt, welche Bedeutung sie dieser Zertifizierung beigemessen hat und dass es sich dabei um ein von dritter Seite überwachtes und allgemein anerkanntes Gütesiegel hinsichtlich der internen Abläufe eines Unternehmens handele. Weiter hat sie erklärt, dass alle anderen Angaben zur Qualität der internen Abläufe - etwa diejenigen der Antragstellerin - nicht überprüfbar seien. Diese Argumentation ist nicht haltbar, weil die Beigeladene über diese Zertifizierung genau so wenig verfügt wie die Antragstellerin.

Gleiches gilt für das Kriterium Fachkenntnisse technischer Art. In dem Resümee Auftragsgespräche vom 17.1.2005 heißt es ausdrücklich, dass die Antragstellerin nur einen Bauleiter für die Durchführung des Auftrages vorgesehen habe. Im Beschwerdeverfahren hat die Auftraggeberin einräumen müssen, dass ihr die Antragstellerin erklärt habe, dass zwei Bauleiter vorgesehen seien; sie habe einen Bauleiter nicht "mitgezählt", weil dieser zusätzliche Aufgaben im Rahmen des Projektes übernehme. Dies habe sie bei der Wertung der Fachkenntnisse technischer Art berücksichtigt. Das macht die Wertung insoweit, weil der ihr von der Auftraggeberin zugrunde gelegte Sachverhalt nicht zutreffend ist, ebenfalls rechtswidrig.

Die fehlerhafte Ermittlung des Sachverhalts für diese beiden Wertungskriterien kann das Wertungsergebnis beeinflussen. Bei diesen beiden Kriterien sind maximal 15 Punkte zu erzielen, auf Seiten der Beigeladenen hat die Auftraggeberin 15 Punkte berücksichtigt (9 + 6), bei der Antragstellerin lediglich 8 (6 + 2). Da der Abstand zwischen den beiden Bietern sieben Punkte beträgt, erscheint es denkbar, dass eine Neuwertung dazu führt, dass die Auftraggeberin nicht der Beigeladenen, sondern der Antragstellerin den Zuschlag erteilen wird.

In die Neuwertung sind allein die Antragstellerin und die Beigeladene einzubeziehen, weil alle anderen Bieter bereits aus dem Vergabeverfahren ausgeschieden sind oder ihre Nichtberücksichtigung akzeptiert haben.

bb.) Die Neuwertung kann nicht auf der Grundlage der "Auftragsgespräche" aus Januar 2005 erfolgen, vielmehr sind diese Gespräche in Bezug auf die beiden genannten Wertungskriterien zu wiederholen.

Auch wenn das Verhandlungsverfahren nur geringen formalen Anforderungen unterliegt, muss sich der Auftraggeber in einem Verhandlungsverfahren nach der VOF an die wesentlichen Prinzipien des Vergaberechts halten. Dies gilt namentlich für die Grundsätze des fairen Wettbewerbs, der Transparenz und der Nichtdiskriminierung. Außerdem muss er die Vorgaben der jeweiligen Verdingungsordnung einhalten.

Nach § 24 Abs. 1 VOF dienen die vom Auftraggeber mit ausgewählten Bewerbern geführten Auftragsverhandlungen der Ermittlung des Bewerbers, der im Hinblick auf die gestellte Aufgabe am ehesten die Gewähr für eine sachgerechte und qualitätsvolle Leistungserfüllung bietet. Zu diesem Zweck muss der Auftraggeber Auftragsgespräche durchführen und über die Auftragsvergabe nach Abschluss der Gespräche entscheiden. In diesen Auftragsgesprächen muss der Auftraggeber die Auswahlkriterien prüfen. Dabei ist er zu materiellen, also inhaltlich auf die zu lösende Aufgabe bezogenen Gesprächen mit den Bewerbern verpflichtet. Das Auftragsgespräch dient dazu, vertieft Lösungsansätze des Bewerbers zu erörtern und dabei zu ermitteln, ob sie eine sachgerechte und qualitätsvolle Leistungserfüllung erwarten lassen (Voppel/Osenbrück/Bubert , VOF, 2001, § 24 Rn 4).

Derartige Auftragsgespräche hat die Auftraggeberin nicht geführt. Sie hat vielmehr ohne konkreten Bezug zu dem zu vergebenden Auftrag Gespräche geführt, deren zentraler Inhalt "die Erläuterung der unterschiedlichen Planungs- und Management-Methoden der einzelnen Bewerber" war. Das ist fehlerhaft. Sie hat damit eine allein personenbezogene Wertung ohne sachbezogene Prognose angestellt, in dem sie aufgrund der "Auftragsgespräche" eine erneute Eignungswertung unter vertiefter Berücksichtigung eines einzelnen Eignungskriteriums vorgenommen hat. Jedenfalls ist eine sachbezogene Prognose, die auf die speziellen Anforderungen, die die geplante Baumaßnahme an die Bewerber stellt, in den Vergabeakten nicht dokumentiert.

Zwar ist im Anwendungsbereich der VOF eine strikte Trennung von personen- und auftragsbezogenen Aspekten schwierig, zumal die Vergabeentscheidung der VOF eine Prognoseentscheidung ist, bei der häufig kein Angebot vorliegt. Deshalb können und dürfen in die Prognoseentscheidung personenbezogene Aspekte einfließen (OLG Rostock, Beschluss vom 16.5.2001, 17 W 1/01 und 2/02, zitiert nach Juris), dies insbesondere bei der Vergabe von Architekten- und Ingenieurleistungen nach den §§ 22 ff. VOF. Personenbezogene Aspekte wie Erfahrung mit Projekten in vergleichbarer Größe und mit vergleichbarer Komplexität können bei der Prognose berücksichtigt werden. Ausschlaggebend kann aber nur eine auftragsbezogene Prognose sein, die im Vergabevermerk ausführlich zu begründen ist (Müller/Wrede, VOF, 2. Aufl. 2003, § 16 Rn 25). Fällt die Vergabestelle die Vergabeentscheidung ausschließlich aufgrund der Eignungswertung, verkennt sie den Sinn und Zweck der Vergabeverhandlung und der Vergabeentscheidung, die gerade auftragsbezogen sein soll (Müller/Wrede, VOF, 2. Aufl. 2003, § 16 Rn 27).

Richtig ist zwar die Auffassung der Vergabekammer, dass es an einer zeitnahen Rüge der Antragstellerin fehlt, mit der sie geltend gemacht hat, dass Auftragsgespräche nicht stattgefunden hätten. Dies hätte sie spätestens mit ihrem Schreiben vom 1.3.2005 tun können. Eine entsprechende Rüge hat sie erst im Nachprüfungsverfahren erhoben. Allerdings schadet die fehlende Rüge nicht, soweit das Vergabeverfahren wegen rechtzeitig erhobener Rügen zu wiederholen ist. Dies ist hinsichtlich der Wertung von zwei Zuschlagskriterien der Fall. Insoweit können auch Verfahrensfehler behoben werden, die ungerügt geblieben sind. Beruht wie hier die Vergabeentscheidung auf fehlerhafter Grundlage, hat dies jedoch kein Bieter beanstandet, kann dieser Vergabefehler dennoch korrigiert werden, wenn aus anderen, rechtzeitig beanstandeten Gründen eine Wiederholung von Teilen des Vergabeverfahrens erfolgen muss.

II. Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97, 92 ZPO entsprechend hinsichtlich des Beschwerdeverfahrens und § 128 Abs. 3und 4 GWB bezüglich des Verfahrens vor der Vergabekammer.

Ende der Entscheidung

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