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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 13.09.2005
Aktenzeichen: Verg W 9/05
Rechtsgebiete: VOB/A, GWB


Vorschriften:

VOB/A § 25 Nr. 1 Abs. 1 b
VOB/A § 21 Nr. 1 Abs. 1
VOB/A § 24 Nr. 2
VOB/A § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3
VOB/A § 24 Abs. 1 Nr. 2
VOB/A § 6 Nr. 1
VOB/A § 2
VOB/A § 21 Nr. 1 Satz 3
VOB/A § 25 Nr. 3 Abs. 2
GWB § 116
GWB § 117
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht

Beschluss

Verg W 9/05

VK 14/05 Vergabekammer des Landes Brandenburg

Anlage zum Protokoll vom 13.09.2005

Verkündet am 13.09.2005

In dem Vergabenachprüfungsverfahren

hat der Vergabesenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 19. August 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... sowie die Richterinnen am Oberlandesgericht ... und ... beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der Vergabekammer des Landes Brandenburg vom 12. Mai 2005 - VK 14/05 - aufgehoben.

Die Auftraggeberin wird angewiesen, die Angebote für die ausgeschriebene Leistung "Baumaßnahme A 113 n, ..." unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senates neu zu werten.

Die Auftraggeberin hat die im Verfahren vor der Vergabekammer entstandenen Kosten sowie diejenigen des Beschwerdeverfahrens zu tragen mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen. Die Kosten der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren werden nicht erstattet.

Die Zuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragstellerin im Verfahren vor der Vergabekammer war notwendig.

Gründe:

I.

Die Beschwerde der Antragstellerin richtet sich gegen den ihren Nachprüfungsantrag zurückweisenden Beschluss der Vergabekammer vom 12.5.2005.

Die Antragstellerin hat sich an der europaweiten Ausschreibung für den 6-streifigen Ausbau der A 113 n (...) beteiligt und von elf Bietern das günstigste Angebot in Höhe von 4.721.644,92 € unterbreitet. Rang 2 erreichte die Beigeladene bei Wertung von Nebenangeboten.

Zuschlagskriterium laut Ausschreibung war das wirtschaftlich günstigste Angebot. Die Auftraggeberin hatte den Auftrag auf 7.500.000 € geschätzt.

Nachdem die Auftraggeberin im Angebot der Antragstellerin diverse Unstimmigkeiten in angebotenen Einheitspreisen festgestellt hatte, forderte sie diese mit Schreiben vom 28.9.2004 zur Erläuterung der Kalkulationsansätze von 85 im einzelnen benannten Leistungsverzeichnispositionen unter Vorlage der Unterlagen auf.

Hierauf antwortete die Antragstellerin mit Schreiben vom 30.9.2004 unter Vorlage ihrer Kalkulation.

Mit Schreiben vom 5.10.2004 forderte die Auftraggeberin weitere Aufklärung und rügte das Fehlen detaillierter, plausibler und nachvollziehbarer Erläuterungen und Begründungen für die abweichenden Kalkulationsansätze bei den Leistungspositionen mit gleichen oder ähnlichen Leistungsinhalten. Für die in den Kalkulationsunterlagen ausgewiesenen Nachunternehmerleistungen fehlten die entsprechenden Kalkulationsunterlagen. Es liege die Vermutung nahe, dass die Antragstellerin in ihrem Angebot versteckte Kostenumlagerungen vorgenommen habe.

Mit Schreiben vom 7.10.2004 erläuterte die Antragstellerin die angebotenen Einheitspreise in den bemängelten Positionen. Sie wies darauf hin, dass ihr die Kalkulationsgrundlagen der Nachunternehmer nicht bekannt seien und die Kalkulation letztlich ausschließlich Angelegenheit des einzelnen Bieters sei. Die Prüfung der Preise habe sich auf die Angemessenheit des Gesamtangebotes, nicht jedoch auf diejenige der einzelnen Positionen des Leistungsverzeichnisses zu erstrecken.

Die Auftraggeberin teilt mit Schreiben vom 23. Februar 2005 der Antragstellerin den Ausschluß ihres Angebotes mit. Das Angebot sei unvollständig, es enthalte unzulässige Änderungen an den Verdingungsunterlagen und erfülle nicht alle in die Verdingungsunterlagen gestellten Bedingungen. Geforderte Aufklärungen und Angaben seien verweigert worden. Auch an der Eignung der Antragstellerin bestünden Zweifel. Ihr Angebot lasse eine ordnungsgemäße und vertragskonforme Ausführung der ausgeschriebenen Leistungen nicht erwarten. Der Zuschlag solle auf das Angebot der Beigeladenen unter Berücksichtigung eines Nebenangebotes sowie eines 3,5 %-igen Nachlasses erteilt werden.

Die Antragstellerin rügte mit Schreiben vom 24.2.2005 den Ausschluss und forderte die Erteilung des Zuschlages auf ihr eigenes Angebot. Eine Mischkalkulation liege nicht vor. Die in den nachgefragten Leistungspositionen benannten Einheitspreise seien vollständig und damit wahrhaftig. Die Auskömmlichkeit ihres Angebotes zeige sich bereits darin, dass der Preis ihres Angebotes nur 7,01 % unter demjenigen der Beigeladenen liege, unter Berücksichtigung deren Nebenangebotes betrage der Abstand sogar weniger als 5 %.

Die Nebenangebote der Beigeladenen dürften nicht gewertet werden. Weder in der Ausschreibung noch in den Verdingungsunterlagen seien Kriterien der Bewertung von Nebenangeboten bekanntgegeben worden.

Die Antragstellerin hat in dem sodann eingeleiteten Nachprüfungsverfahren die Ansicht vertreten, Mutmaßungen der Auftraggeberin über das Vorliegen einer unzulässigen Mischkalkulation allein auf Grund des Umstandes, dass einzelne Preise für vermeintlich identische Leistungspositionen unterschiedlich hoch bepreist worden seien, seien von ihr, der Antragstellerin, entkräftet worden. Mit dem Aufklärungsschreiben vom 7.10.2004 habe sie ihrer Aufklärungspflicht in vollem Umfang genügt. Es liege allein im Verantwortungsbereich des Bieters, wie er seine Preise kalkuliere und zu welchen Preisen er welche Arbeiten des Leistungsverzeichnisses anbiete. Soweit die Auftraggeberin bei den angebotenen Einheitspreisen den Bieter offensichtlich auf die Einhaltung eines "Mindest- oder Höchstpreisniveau" verpflichten wolle, hätten in den Verdingungsunterlagen entsprechende Parameter angegeben werden müssen. Ein Ausschluss ihres Angebotes könne auch nicht auf das "Allgemeine Rundschreiben Straßenbau Nr. 25/2004" des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Wohnungswesen vom 25.11.2004 gestützt werden. Mit diesem im Nachgang zum Beschluß des BGH vom 18.05.2004 ( VergabeR 2004, 473 ) verfassten Schreiben würden die Vergabestellen im Ergebnis zu zusätzlichen Prüfungen und Wertungen betreffend überhöhte bzw. untersetzte Einheitspreise angehalten werden. Derartige Angebote sollten von der Wertung ausgeschlossen werden. Verbleibende Zweifel nach den Aufklärungsgesprächen sollten zu Lasten des Bieters gehen. Dieses Rundschreiben stelle rechtswidrige Anforderungen und sei im Vergabeverfahren rechtlich unbeachtlich.

Die Antragstellerin hat vor der Vergabekammer eine Verpflichtung der Auftraggeberin zur Neuwertung unter Einschluß ihres Angebotes begehrt.

Die Auftraggeberin ist diesem Antrag entgegengetreten.

Sie hat die Ansicht vertreten, das Angebot der Antragstellerin enthalte unvollständige Preisangaben. Zwar sei bei formaler Betrachtung davon auszugehen, dass jede Leistungsverzeichnisposition mit einem entsprechenden Preis versehen sei. Das Angebot deutlich untersetzter Einheitspreise zeige, dass die Preisbildung der Antragstellerin nicht alle Kosten- und Leistungsbestandteile berücksichtige, die für eine ordnungsgemäße und vertragskonforme Ausführung der ausgeschriebenen Leistungen erforderlich seien. Es müsse daher von versteckten Kostenverlagerungen auf andere Positionen ausgegangen werden. Auf Grund der in den Kalkulationsunterlagen festgestellten widersprüchlichen und objektiv nicht gerechtfertigten abweichenden Leistungsansätzen bei den Herstellungskosten, der marktunüblichen Materialkostenansätze und der willkürlichen Einbeziehung von "leistungsbezogenen Gewinnen", Verkaufserlösen, Deponiegebühren und Gerätesubventionen sei von einer Mischpreisbildung auszugehen. Auch liege eine unzulässige Änderung der Verdingungsunterlagen vor. Leistungen würden abweichend von den technischen und vertraglichen Anforderungen der Ausschreibung in nicht gleichwertiger Ausführung und nur in eingeschränktem Umfange angeboten werden, z.B. bei der Position "vollständige Verwertung abgetragenen und überschüssigen Boden" und bei dem geforderten Einbaumaterial "Kiessand 0/32". Weiter enthalte die von der Antragstellerin übergebene Kalkulation vielfach Berechnungsfehler. Insgesamt seien 25 % der Einheitspreise fehlerhaft kalkuliert worden. Daraus resultiere die Vermutung der Unzuverlässigkeit des Bieters für eine ordnungsgemäße Leistungserbringung.

Mit Beschluss vom 12. Mai 2005 hat die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin als unbegründet zurückgewiesen.

Zur Begründung hat die Vergabekammer ausgeführt, das Angebot der Antragstellerin sei gemäß §§ 25 Nr. 1 Abs. 1 b, 21 Nr. 1 Abs. 1 und § 24 Nr. 2 VOB/A auszuschließen gewesen. Die von der Auftraggeberin beanstandeten Einheitspreise rechtfertigten überwiegend den Verdacht einer Mischkalkulation. Von einer solchen sei, selbst wenn bei allen Positionen des Leistungsverzeichnisses nominell ein Preis angeboten werde, dann auszugehen, wenn die Einheitspreise zu einzelnen Positionen im Angebot eines Bieters im Verhältnis zur geforderten Leistung teilweise deutlich unter- und an anderer Stelle überpreist und nicht nachvollziehbar seien. Es könne sich dabei um extrem niedrige Einheitspreise im unteren Cent-Bereich, um nicht plausible Preisunterschiede bei gleichen oder ähnlichen Leistungsanforderungen im Angebot des Bieters handeln, oder um gegenüber den marktüblichen Preisen deutlich überhöhte oder untersetzte Angebote für bestimmte Leistungen oder deutlich überhöhte oder untersetzte Angebote im Vergleich der Angebote der Bieter in Bezug auf einzelne Leistungen.

Der begründete Verdacht einer Mischkalkulation erlege dem Bieter eine erhöhte Erläuterungs- und Begründungspflicht auf. Auf Nachfrage der ausschreibenden Stelle müssten Kalkulationsunterlagen einschließlich der Angebote befragter Nachunternehmer, der Angebote für Sonderkonditionen der Vorlieferanten und gegebenenfalls interne Umstände für besonders günstige Leistungserbringung vom Bieter im Rahmen seiner Aufklärungspflicht zwecks Glaubhaftmachung der Argumente dargelegt werden. Daran fehle es. Zwar seien Cent-Preise nicht generell als zwingender Ausschlussgrund anzusehen. Derartige Angebote seien jedoch ein Indiz für verbotene Mischkalkulation, weil jedenfalls im Baubereich nur in Ausnahmefällen überzeugend dargelegt werden könne, dass eine geforderte Leistung unter Berücksichtigung des Einsatzes von Menschen und Maschinen mit einem Einheitspreis von 0,01 oder 0,03 € kostengerecht kalkuliert werden könne. Die Erklärungen der Antragstellerin hätten den angebotenen Preis nicht als kostenorientiert rechtfertigen können.

Gegen diesen ihr am 18.5.2005 zugestellten Beschluss richtet sich die am 1.6.2005 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde der Antragstellerin.

Die Antragstellerin meint, die Vergabekammer habe den Begriff der "Mischkalkulation" verkannt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes liege eine Mischkalkulation nur vor, wenn ein Bieter in seinem Angebot die von ihm tatsächlich für einzelne Leistungspositionen geforderten Einheitspreise auf verschiedene Einheitspreise anderer Leistungspositionen verteile und damit nicht die von ihm geforderten Preise im Sinne von § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A an der dafür von der Vergabestelle vorgesehenen Stelle des Leistungsverzeichnisses benenne. Der Grund für die schwerwiegende Fehlinterpretation der BGH- Rechtssprechung liege in dem "Allgemeinen Rundschreiben Straßenbau Nr. 25/2004", das in die Freiheit des Bieters bei seiner Preisgestaltung eingreife. Von einem Bieter könne jedoch nicht verlangt werden, kostendeckende oder kostenorientierte Einheitspreise anzubieten. Ein solches Verlangen laufe auf eine Negation des Wettbewerbsprinzips hinaus. Die von der Vergabekammer postulierte Kalkulation marktüblicher Einheitspreise verstoße gegen das Gleichbehandlungsgebot. Der Vorwurf der Unzulässigkeit wegen Vorliegens von neun Kalkulationsfehlern bei insgesamt 581 Einzelpositionen des Leistungsverzeichnisses sei rechtlich haltlos.

Die Antragstellerin beantragt,

der Antragsgegnerin aufzugeben, die Wertung der Angebote unter Einbeziehung des Angebotes der Beschwerdeführerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senates zu wiederholen.

Die Auftraggeberin beantragt,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Die Beigeladene beantragt,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen und der Antragstellerin die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Beigeladenen aufzuerlegen.

Die Beigeladene schließt sich dem Vorbringen der Auftraggeberin an. Sie erachtet die sich auf die vermeintlich vergaberechtswidrige Wertung der Nebenangebote der Beigeladenen beziehende Rüge der Antragstellerin als verspätet.

II.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, §§ 116, 117 GWB.

Sie hat auch in der Sache Erfolg.

Zu Unrecht ist der Nachprüfungsantrag als unbegründet zurückgewiesen worden.

1.

Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist zulässig, soweit sich diese gegen den Ausschluss ihres eigenen Angebotes wendet. Die Antragstellerin ist die günstigste Bieterin, mit dem von ihr angebotenen Preis rangiert sie auf Platz 1 der Wertung. Sie macht die Verletzung eigener Rechte wegen unzulässigen Angebotsausschlusses in Stufe 1 bzw. Stufe 2 der Wertung geltend (§ 107 Abs. 2 GWB) und hat diese unverzüglich gegenüber der Auftraggeberin gerügt (§ 107 Abs. 3 GWB).

Der Nachprüfungsantrag ist allerdings unzulässig, soweit die Antragstellerin sich gegen die das Angebot der Beigeladenen betreffende Wertung unter Berücksichtigung von Nebenangeboten wendet. Die Rüge der fehlenden Wertbarkeit von Nebenangeboten ist verspätet, da bereits aus den Ausschreibungsunterlagen die fehlenden Wertungskriterien ersichtlich waren. Erstmals mit Schreiben vom 24.2.2005 hat die Antragstellerin das Fehlen von Mindestbedingungen für diese Wertung in der Ausschreibung geltend gemacht.

2.

Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist begründet.

Sie ist zu Unrecht von der Auftraggeberin auf Stufe 1 der Wertung wegen unvollständigen Angebotes ausgeschlossen worden (§§ 25 Nr. 1 Abs. 1 lit b, 21 Nr. 1 Abs. 1 und 2 VOB/A) (s. lit. a.).

Ein Ausschluss nach § 24 Abs. 1 Nr. 2 VOB/A scheidet ebenfalls aus, da die Antragstellerin nicht eine objektiv gebotene Aufklärung verweigert hat (s. lit. b.).

Auch der auf Stufe 2 der Wertung erfolgte Ausschluss wegen Zweifel an der Zuverlässigkeit der Antragstellerin (§ 25 Nr. 2 VOB/A) ist rechtswidrig (s. lit. c.).

a.

Das Angebot der Antragstellerin hätte nicht auf Stufe 1 der Wertung wegen unvollständiger Preisangabe ausgeschlossen werden dürfen.

Bei einem Angebotsverfahren hat der Bieter die Preise, die er für seine Leistungen fordert, in jeder Position des Leistungsverzeichnisses vollständig und so anzugeben, wie er sie tatsächlich für die betroffene Leistung beansprucht, § 6 Nr. 1 VOB/A. Das Angebot der Antragstellerin erfüllt diese Voraussetzungen. Sie hat in jeder Position des Leistungsverzeichnisses den von ihr tatsächlich geforderten Einheitspreis genannt. Soweit sie dabei in einzelnen Positionen besonders niedrige Einheitspreise (z. B. in Positionen 1.1.5.140, 1.1.5.150, 1.1.12.80) oder aber für vergleichbare Leistungen höchst unterschiedliche Einheitspreise fordert (z. B. Positionen 1.1.7.290 und 1.3.7.150), kann nicht auf eine unzulässige und zum Angebotsausschluss führende Mischkalkulation geschlossen werden.

Eine Mischkalkulation liegt vor, wenn ein Bieter in einzelnen Positionen des Leistungsverzeichnisses nicht den von ihm geforderten Preis vollständig benennt, sondern die mit dieser Bauleistung zusammenhängenden Kosten aufteilt, in andere Positionen einrechnet und somit auf Einheitspreise anderer Leistungspositionen verteilt. Damit "versteckt" er im Sinne der BGH-Rechtsprechung die von ihm geforderten Angaben zu den Preisen der ausgeschriebenen Leistungen in der Gesamtheit des Angebotes (BGH, VergabeR, 2004, 473). Solche Angebote sind, weil sie sich für eine transparente und alle Bieter gleichbehandelnde Vergabeentscheidung nicht eignen, von der Wertung auszuschließen. Auf die Angemessenheit des Gesamtpreises der angebotenen Leistung (§ 25 Nr. 3 VOB/A) kommt es dabei nicht mehr an.

So liegt der Fall hier nicht.

Die von der Antragstellerin angebotenen Einheitspreise werden vollständig und allein für die jeweilige Leistungsposition verlangt. Dies steht fest auf Grund des Aufklärungsschreibens der Antragstellerin vom 07.10.2004.

Die Preisgestaltung der Antragstellerin in den einzelnen Positionen hat zunächst zu berechtigten Zweifeln der Auftraggeberin an der Korrektheit und Vollständigkeit der geforderten Preise geführt. Insbesondere ungewöhnlich niedrig bepreiste Angebote in einzelnen Leistungsverzeichnispositionen begründen eine widerlegliche Vermutung für eine Mischkalkulation. Sie widersprechen dem allgemeinen Erfahrungssatz, ein Bieter kalkuliere auf dem hier einschlägigen Markt seinen Preis so, dass eine einwandfreie Leistungsausführung einschließlich Gewährleistung und die Erzielung einer Gewinnspanne möglich ist.

Folgerichtig hat die Auftraggeberin daher von der Antragstellerin die Erläuterung einzelner Einheitspreise verlangt unter Darlegung der Kalkulationsansätze (§ 24 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A).

Zur Wiederlegung der Vermutung einer Mischkalkulation ist die Antragstellerin verpflichtet; allein sie als Bieterin ist im Stande, die Gestaltung der Einheitspreise in den einzelnen Positionen nachvollziehbar darzulegen.

Dieser Verpflichtung ist die Antragstellerin nachgekommen, allerdings nicht bereits mit Schreiben vom 30.9.2004. Dieses Schreiben enthält Floskeln bzw. pauschale und damit ungenügende Erklärungen. Dazu zählen unter anderem die Behauptungen, die Antragstellerin verfüge über detaillierte Ortskenntnisse, sie kenne die Ressourcen und Möglichkeiten für Bodenbeschaffung und -verwertung bestens.

Diese sich in Allgemeinplätzen ergehende "Aufklärung" ist unzureichend. Auch die gleichzeitige Übersendung der Angebotskalkulation lieferte noch keine vollständig nachvollziehbare Aufklärung für die seitens der Auftraggeberin gerügten Ungereimtheiten.

Erst mit Schreiben vom 7.10.2004 ist es der Antragstellerin gelungen, den Aufklärungsbedarf objektiv zu befriedigen.

Unterschiedliche Einheitspreise für dem Wortlaut des Leistungsverzeichnisses nach gleiche Leistungen hat sie erläutert. So hat sie die unterschiedlichen Preise für die mehrfach geforderte Position "Oberboden lösen, andecken, abtragen, verwerten, zwischenlagern" erklärt mit unterschiedlichen Arbeiten, nämlich einmal im Einschnittbereich, zum anderen an Dämmen. Bei diesen Arbeiten falle teilweise ein Transportanteil an, teilweise nicht. Bei den geforderten Leistungen "Entwässerung" seien die Arbeiten im Titel 1 und 3 nicht vergleichbar. Unter Titel 1.3. erfolge der Einbau der Entwässerung im Einschnittbereich, im Titel 1.1. hingegen im Dammbereich. Die unterschiedlichen Einheitspreise bei der Position "Wasser auf Vegetationsflächen" beruhten darauf, dass in Position 1.1.630 (EP 0,01 €/m²) die eigene Wasserversorgung der Antragstellerin (Brunnen) herangezogen werde, hingegen in Position 1.3.630 (EP 4,56 €/m²) ein Nachunternehmer tätig werde. Die unterschiedlichen Einheitspreise bei der Position "Frostschutzschicht herstellen" lägen in den in unterschiedlichem Umfang benötigten Zwischenlagerungen für das Material begründet.

Auch ungewöhnlich niedrige Einheitspreise hat die Antragstellerin erläutert.

So werde die Position "Boden für Suchgraben ausheben" (Position 1.1.2.50/60; 0,021 €/m³) in Eigenleistungen vorgenommen, die quasi Nebenleistungen darstellten, während für die gleiche Leistung in Position 1.3.12.160 (13,38 €/m³) Nachunternehmerarbeiten anfielen.

Soweit die Auftraggeberin meint, in der Erläuterung der letztgenannten Positionen zeige sich deutlich, dass die Antragstellerin unvollständige Preise anbiete, diese gehe nämlich vom Vorliegen nicht extra zu bepreisender, da nicht gesondert zu vergütender Nebenleistungen im Sinne der DIN 18299 aus, kann ihr nicht gefolgt werden. Die Auftraggeberin interpretiert den von der Antragstellerin im Schreiben vom 07.10.2004 verwendeten Begriff "Nebenleistungen" falsch. Die Antragstellerin hat die Leistungen der Positionen 1.1.2.50/60 als zu vergütende Hauptleistung im Sinn von § 2 VOB/B angesehen und einen wenn auch niedrigen Einheitspreis dafür verlangt. Mit der Verwendung des Begriffes "Nebenleistung" wollte die Antragstellerin zum Ausdruck bringen, sie betrachte diese als Eigenleistung kalkulierten Arbeiten "Boden für Suchgraben ausheben" im Hinblick auf den selbst auszuführenden Erdbau als nebensächlich im Sinne von "nicht besonders ins Gewicht fallend", so dass hierfür nur ein geringfügiger Preis anfalle.

Hinsichtlich dieser und noch weiterer, im Schreiben vom 7.10.2004 enthaltenen Erklärungen ist eine hinreichende Erläuterung für die angesetzten Preise zu sehen. Der Verdacht unvollständiger Preise wegen Kostenverlagerung in andere Positionen ist ausgeräumt worden.

Der von der Auftraggeberin gezogene Schluss, die teils nicht kostendeckende und teils nicht alle Kostenansätze berücksichtigende Kalkulation der Antragstellerin weise zwingend auf eine Mischkalkulation, ist nicht haltbar.

Selbst wenn die Kalkulation rechnerische Mängel aufweisen und teilweise nicht alle erforderlichen Leistungsbestandteile berücksichtigen sollte, kann dies im vorliegenden Falle allenfalls zur Annahme von Spekulationspreisen führen. Diese rechtfertigen nicht den Ausschluss der Antragstellerin auf Stufe 1 der Wertung wegen unvollständiger Preisangabe. Das aus § 21 Nr. 1 Satz 3 VOB/A abgeleitete Erfordernis, alle geforderten Erklärungen abzugeben und insbesondere jeden in der Leistungsbeschreibung vorgesehenen Preis so wie gefordert vollständig mit dem Betrag anzugeben, der für die betreffende Leistung beansprucht wird, dient nicht dem Zweck, unangemessen hohe oder niedrige Angebote aus der Wertung auszuschließen. Vielmehr soll sichergestellt werden, dass die Wirtschaftlichkeit des Angebotes im Vergleich zu anderen Angeboten auf transparenter und alle Bieter gleichbehandelnder Grundlage festgestellt werden kann. Dem dient das Verbot der Verlagerung von Preiselementen von einer Position in eine andere (BGH, Beschluß vom 18.05.2004).

Mit dieser Entscheidung des BGH wird nicht der Kernbereich unternehmerischen, wettbewerblichen Handelns bei der Angebotskalkulation berührt.

Einheitspreise unter Einstandspreis bleiben möglich, solange nur der Bieter erklärt, dies sei der tatsächlich begehrte, vollständige Preis für diese Leistungsposition. Gründe für Angebote unter Einstandspreis sind vergaberechtlich zulässig, z.B. bei Verzicht auf Kostendeckung aus Gründen der Kapazitätsauslastung oder in der Absicht, sich einen Marktzutritt zu verschaffen.

Auch Spekulationspreise sind nicht per se unzulässig; sie stellen keine unvollständigen Preise dar.

Spekulationspreise liegen dann vor, wenn der im Leistungsverzeichnis eingetragene Preis nicht ausreicht, den mit der einzelnen Leistung verbundenen Aufwand zu decken, oder bei denen der Preis deutlich über dem Wert liegt, der am Markt üblicherweise für eine Leistung der ausgeschriebenen Art erzielt werden kann. Erhofft sich ein Bieter größere Mengen als ausgeschrieben, so setzt er in Erwartung von Nachtragsaufträgen bei diesen Positionen einen hohen Preis an. Geht der Bieter davon aus, dass sich die Menge der ausgeschriebenen Leistungen verringert, setzt er niedrigere Beträge an, weil er dann die Mindermengen dem Bauherren vergüten müsste. Um bei hoch angesetzten Preisen für erwartete Mehrmengen die Chance auf den Auftrag nicht zu verschlechtern, reduziert er den Preis bei anderen Positionen, damit sein Angebot insgesamt das günstigste bleibt (Stemmer, VergabeR 2004, 549).

Die Kalkulation der Preise ist Angelegenheit des Bieters. Angebote, die sich an einem bestimmten Preisniveau bzw. an sog. Marktpreisen ausrichten, kann die Auftraggeberin nicht verlangen. Nur wenn ein offenbares Missverhältnis zwischen dem Gesamtpreis des Angebotes und der Leistung besteht, kommt ein Ausschluß des Angebotes nach § 25 Nr. 3 Abs. 2 VOB/A in Betracht, ohne dass es dabei auf einen Vergleich einzelner Positionen des Leistungsverzeichnisses mit einem auskömmlichen Preis ankommt (OLG Rostock, NZBau 2005, 172).

Es ist der Auftraggeberin zuzugeben, dass bei dieser Betrachtungsweise der Rechtsprechung zur Mischkalkulation in der Praxis geringe Relevanz zukommt. Letztlich läuft die Feststellung einer Mischkalkulation nämlich auf eine Prüfung der Gesinnung des Bieters hinaus. Setzt dieser niedrige Einheitspreise im Leistungsverzeichnis an, weil er Kostenbestandteile dieser Position in andere Positionen sozusagen ausgelagert hat, liegt eine unzulässige Mischkalkulation vor. Richtet ein Bieter sein Angebot hingegen so aus, dass er in einzelnen Positionen des Leistungsverzeichnisses äußerst niedrige Einheitspreise verlangt, in anderen Positionen hingegen höhere und spekuliert er dabei letztlich auf einen Gewinn durch Massenminderungen bzw. -mehrungen, so liegen Spekulationspreise vor, die die Vollständigkeit des Preisangebotes unberührt lassen. Im Regelfalle wird sich anhand objektiver Umstände nicht entscheiden lassen, welcher dieser beiden Gesinnungen der Bieter jeweils unterlegen ist. Die Mischkalkulation wird sich daher nicht feststellen lassen, außer der Bieter bekennt sich dazu.

b.

Der Ausschluß der Antragstellerin nach § 24 Abs. 1 Nr. 2 VOB/A ist zu Unrecht erfolgt. Die Antragstellerin hat eine objektiv gebotene Aufklärung nicht verweigert. Welche Umstände die Antragstellerin zur Bemessung der von der Auftraggeberin bemängelten Einheitspreise veranlasst haben, hat diese, wie oben ausgeführt, durch Schreiben vom 07.10.2004 hinreichend erläutert.

Der Vorwurf unvollständiger Aufklärung kann insbesondere nicht darauf gestützt werden, dass die Kalkulation der Antragstellerin in einigen wenigen Positionen rechnerisch nicht ganz plausibel und nicht kostendeckend ist.

Eine Kalkulation besteht aus einer Zusammenstellung von bestimmten preislichen und leistungsmäßigen Annahmen. Die Annahmen unterscheiden sich bei den einzelnen Unternehmen, dies zeigt bereits die unterschiedliche Höhe der jeweiligen Angebote. Dem einzelnen Bieter ist es nicht verwehrt, aus Gründen des Wettbewerbes den Aufwand in einer Leistungsposition kalkulatorisch niedriger anzusetzen, als er sich objektiv darstellt. Die kalkulatorischen Ansätze in den einzelnen Positionen müssen sich auch nicht an den tatsächlichen Gestehungskosten orientieren. Lediglich bei Angeboten mit unangemessenem hohen oder niedrigem Gesamtpreis sind rechtliche Konsequenzen zu ziehen (§ 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A).

Im Vergabeverfahren verbindliche rechtliche Vorgaben zu kostendeckenden Kalkulationen existieren in der Bundesrepublik bislang nicht. Rechtliche Verbindlichkeit im Vergabeverfahren kann insbesondere nicht das "Allgemeine Rundschreiben Straßenbau Nr. 25/2004" des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen beanspruchen. Dieses Rundschreiben gibt im Nachgang zum Beschluss des BGH vom 18.5.2004 Empfehlungen, in welcher Weise Mischkalkulationen bei Angebotswertungen festzustellen und zu behandeln sind.

In Ziffer 7 heißt es: "Ergeben die Erklärungen des Bieters und die Kalkulation eindeutig und nachvollziehbar, dass die angebotenen Einheitspreise alle Kostenanteile vollständig wiedergeben, das heißt, Mischkalkulation kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, ist das betreffende Angebot weiter zu prüfen und zu werten.

Kann der Bieter nicht eindeutig nachweisen, dass die Angabe seiner Einheitspreise vollständig und zutreffend ist, ist sein Angebot als unvollständig nach § 25 Nr. 1 Abs. b VOB/A i. V. m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A von der Wertung auszuschließen."

Diese Empfehlung, die eine zwingende Verknüpfung zwischen Mischkalkulation und kostendeckender Preisgestaltung herstellt, steht mit der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und derjenigen verschiedener Oberlandesgerichte (z.B. OLG Dresden, VergabeR 2004, 507) nicht in Einklang. Die Frage, ob die angebotenen Preise in den einzelnen Positionen hinter dem Kostenaufwand zurückbleiben, stellt kein Problem der Vollständigkeit eines Angebotes, sondern seiner inhaltlichen "Wahrhaftigkeit" dar (OLG Dresden, a.a.O).

Das in dem zitierten Rundschreiben zum Ausdruck kommende Ansinnen zielt nicht auf die Verpflichtung des Bieters zur Angabe der vollständigen, sondern der richtigen, im Sinne der vom Bieter intern rechnerisch korrekt kalkulierten Preise.

Bei Spekulationspreisen ist der Auftraggeber im Vergabeverfahren keineswegs rechtlos gestellt.

Lässt sich eine Spekulationsabsicht des Bieters ausmachen, so kann dieser auf Stufe 2 der Wertung bei der Prüfung der Zuverlässigkeit des Bieters Relevanz zukommen. Auf die Unzuverlässigkeit des Bieters kann z.B. geschlossen werden, wenn dieser die Unrichtigkeit des vom Auftraggebers aufgestellten Leistungsverzeichnisses erkennt, welches in einer Position weit überhöhte Mengenansätze enthält, auf diese Unwichtigkeit nicht hinweist, sondern statt dessen durch aus dem Rahmen fallende niedrige Einheitspreise eine günstige Stelle im Ausschreibungsverfahren zu erlangen sucht (OLG Düsseldorf, BauR, 1994, 240).

Auf Stufe 3 der Wertung können Spekulationspreise die Angemessenheit des Angebotsgesamtpreises gefährden.

Auf Stufe 4 der Wertung kann ein Ausschluss wegen fehlender Wirtschaftlichkeit in Betracht kommen (KG, VergabeR 2004, 350). Danach muss der Auftraggeber, nachdem Spekulationspreise festgestellt worden sind, durch eine Prognoseentscheidung ermitteln, wie sich das mit der spekulativen Preisgestaltung verbundene Risiko auswirken kann, wie hoch die Wahrscheinlichkeit des Eintritts dieses Risikos ist, wie genau er also seine Mengen bei der Ausschreibung kalkuliert hat und wie sich dann unter Berücksichtigung dieser Umstände die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung darstellt.

Eine unvollständige Aufklärung der Antragstellerin kann schließlich nicht darin gesehen werden, dass diese die Vorlage der Kalkulation der Nachunternehmer unterlassen hat. Entgegen der Ansicht der Auftraggeberin kann die Vorlage dieser Kalkulation vom Bieter nicht verlangt werden. Zwar ist die Antragstellerin im Rahmen der gebotenen Aufklärung bei Verdacht des Vorliegens einer Mischkalkulation auch gehalten, zu den Nachunternehmerangeboten vorzutragen. Kalkulationsgrundlage eines Bieters in einem solchen Falle ist nämlich der vom Nachunternehmer angebotene Preis (Kapellmann/Messerschmidt, VOB, Aufl. 2003, § 24 Rn. 12). Bei Wertung der Angebote liegt jedoch im Regelfall eine vertragliche Bindung des Nachunternehmers noch gar nicht vor, da der Bieter nicht weiß, ob er den Auftrag erlangen wird. Der Bieter ist daher allenfalls im Besitz eines Angebotes des Nachunternehmers. Die Auftraggeberin kann daher bei Nachunternehmerpreisen nur Auskunft über die Zusammensetzung desselben unter Berücksichtigung eines etwaigen Generalunternehmer-Zuschlages verlangen (Kapellmann/Messerschmidt, a. a. O.), nicht aber die Kalkulation vorlegen.

c.

Ein Ausschluss wegen unzulässiger Änderungen an den Verdingungsunterlagen (§§ 25 Nr. 1 Abs. 1 lit b, 21 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A) kommt nicht in Betracht.

aa.

Nach Ansicht der Auftraggeberin ist eine solche Änderung darin zu sehen, dass sich aus den Kalkulationsunterlagen eine abweichende Ausführung der geforderten Leistung ergibt (Positionen 1.1.5.80, 1.1.5.85, 1.1.12.70, 1.1.13.70, 1.1.5.140). Danach solle der überschüssige Boden entgegen den Ausschreibungsunterlagen nicht komplett verwertet, sondern teilweise auf eine Deponie verbracht werden. Dies stelle eine Beseitigung, jedoch nicht die geforderte Verwertung dar.

Damit verkennt die Auftraggeberin, dass für die Erfüllung der Voraussetzungen der oben zitierten Vorschriften allein das Angebot der Bieterin maßgeblich ist. Unter den bezeichneten Positionen im Leistungsverzeichnis bietet die Antragstellerin die von der Auftraggeberin geforderte "Verwertung" des Bodens an.

Zudem unterliegt die Auftraggeberin bei der Auswertung der Kalkulationsunterlagen einem Irrtum. Dort findet sich ein Leistungsposten, den die Antragstellerin mit "Depo" bezeichnet hat. Daraus hat die Auftraggeberin geschlossen, es handele sich um Gebühren für Deponieabnahmen, das Material solle also entsorgt und nicht verwertet werden. Nach Erklärung der Antragstellerin bezieht sich die Abkürzung "Depo" auf Kosten für die Deponierung des Bodens, der nach ihrer Erfahrung nicht sofort weiterverkauft werden kann.

Unter Depo-Kosten sind also Zwischenlagerungskosten und nicht etwa Entsorgungskosten zu verstehen.

bb.

Weiter meint die Auftraggeberin, hinsichtlich der Positionen 1.1.8.10 und 1.3.8.10 liege eine Änderung der Verdingungsunterlagen vor, da die Antragstellerin sich in ihrem Angebot zum Einbau der geforderten Kies-Sand-Tragschicht mit Körnung 0/32 verpflichtet habe, aber in ihren Kalkulationsunterlagen in diesen Positionen "grobkörnigen Boden" berücksichtige.

Maßgeblich ist auch hier allein das Angebot der Antragstellerin laut Leistungsverzeichnis.

Nur die dort angebotenen Leistungen werden im Falle des Zuschlags Vertragsbestandteil.

cc.

Gleiches gilt, soweit die Auftraggeberin anführt, in den Positionen 1.1.8.110, 1.3.8.60 und 1.1.8.120 habe die Antragstellerin ihre Kalkulation hinsichtlich Materialpreis auf die Monate Oktober/November 2005 begrenzt. Dies führe zu einem befristeten Ausführungszeitraum entgegen den Ausschreibungsunterlagen.

Das Angebot der Antragstellerin laut Leistungsverzeichnis enthält keinerlei zeitliche Befristungen, dies allein ist maßgeblich.

c.

Ein Ausschluss der Antragstellerin auf Stufe 2 der Wertung wegen Zweifel an ihrer Zuverlässigkeit (§ 25 Nr. 2 VOB/A) ist nicht rechtmäßig.

Nach Ansicht der Auftraggeberin stellt die Antragstellerin auf Grund ihrer spekulativen Preiskalkulation, insbesondere der unvollständigen Erfassung aller für die Ausführung der geforderten Leistung notwendigen Leistungsbestandteile in der Kalkulation die für eine ordnungsgemäße und vertragskonforme Bauausführung notwendige Zuverlässigkeit in Frage.

Wie bereits oben ausgeführt, sind Spekulationspreise nicht per se geeignet, den Bieter wegen Unzuverlässigkeit auszuschließen. Nur wenn besondere Umstände hinzukommen, etwa der Bieter missbräuchlich Fehler im Leistungsverzeichnis des Auftraggebers ausnutzt, um sich günstig zu positionieren und daher sehenden Auges dem Auftraggeber Schaden zufügt, kommt ein Ausschluss wegen Unzuverlässigkeit in Betracht.

bb.

Die im vorliegenden Falle festgestellten Kalkulationsfehler der Antragstellerin rechtfertigen nicht deren Ausschluss wegen Unzuverlässigkeit.

Diese hat Kalkulationsfehler in sechs Fällen selbst eingeräumt mit Schreiben vom 30.9. und 7.10.2004. Weitere von der Auftraggeberin gefundene Rechenfehler in drei Fällen hat sie zugestanden. Bei diesen neuen Kalkulationsfehlern bei insgesamt 581 Einzelpositionen handelt es sich offensichtlich nicht um vorsätzliche Fehler. Die Antragstellerin hat sich darüber hinaus teilweise zu ihren Ungunsten verrechnet, jedoch erklärt, die angebotenen Leistungen ohne Einschränkungen ausführen zu wollen.

Im Ergebnis hat die Auftraggeberin eine Neuwertung der Angebote der Antragstellerin und der Beigeladenen, einschließlich deren Nebenangeboten vorzunehmen und über den Zuschlag zu entscheiden.

III.

Die Kostenentscheidung beruht für das Beschwerdeverfahren auf § 91 Abs. 1 ZPO analog, für das Verfahren vor der Vergabekammer auf §§ 128 Abs. 3, 4 GWB, 80 BbgVwVfg.

Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen scheidet aus. Eine Erstattungspflicht lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen; insbesondere ergibt sich eine solche nicht aus § 162 Abs. 3 VwGO analog. Es erscheint nicht unbillig, dass die Beigeladene, die nicht die obsiegende Antragstellerin, sondern die unterliegende Auftraggeberin unterstützt hat, ihre Kosten selbst trägt.



Ende der Entscheidung

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