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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 15.01.2002
Aktenzeichen: 1 ABR 10/01
Rechtsgebiete: BetrVG 1972, ArbGG 1979
Vorschriften:
BetrVG 1972 § 50 Abs. 1 | |
BetrVG 1972 § 77 Abs. 6 | |
BetrVG 1972 § 87 Abs. 1 Nr. 4 | |
BetrVG 1972 § 111 | |
BetrVG 1972 § 112 | |
ArbGG 1979 § 2 Abs. 1 | |
ArbGG 1979 § 2 a Abs. 1 |
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! BESCHLUSS
Verkündet am 15. Januar 2002
In dem Beschlußverfahren
hat der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 15. Januar 2002 durch den Präsidenten des Bundesarbeitsgerichts Prof. Dr. Wißmann, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Schmidt, den Richter am Bundesarbeitsgericht Kreft, die ehrenamtlichen Richter Dr. Blank und Rath beschlossen:
Tenor:
1. Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluß des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 4. Dezember 2000 - 8 TaBV 8/00 - teilweise aufgehoben.
2. Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Hamburg vom 17. Mai 2000 - 19 BV 4/00 - teilweise abgeändert:
Es wird festgestellt, daß die Betriebsvereinbarung Kontoführungsgebühren vom 23. September 1992 nachwirkt.
3. Im übrigen werden die Beschwerde und die Rechtsbeschwerde zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Gründe:
A. Die Beteiligten streiten über die Geltung einer Betriebsvereinbarung zur Regelung einer Kontoführungspauschale.
Der zu 1) beteiligte Betriebsrat ist die für den Hamburger Betrieb der Arbeitgeberin gebildete Arbeitnehmervertretung. Durch Spruch einer Einigungsstelle vom 23. September 1992 kam für diesen Betrieb eine Betriebsvereinbarung "Kontoführungsgebühren" (BV 1992) zustande. Danach ist jedem Arbeitnehmer für Kontoführungsgebühren, aufgewendete Zeit für das Aufsuchen des Geldinstituts und insoweit anfallende Fahrtkosten ein pauschaler Ausgleich von monatlich 4,50 DM brutto zu gewähren. Den Spruch der Einigungsstelle focht die Arbeitgeberin mit der Begründung an, für die Regelung dieser Angelegenheit sei der Gesamtbetriebsrat zuständig gewesen. Der Antrag wurde vom Landesarbeitsgericht Hamburg durch Beschluß vom 15. November 1993 (- 4 TaBV 8/93 -) rechtskräftig abgewiesen.
Am 7. Januar 1994 änderten die Arbeitgeberin und der bei ihr bestehende Gesamtbetriebsrat eine von ihnen abgeschlossene "Betriebsvereinbarung über die betriebliche Ordnung und die Sozialen Sonderleistungen vom 24. Oktober 1961, in der Neufassung vom 1. Januar 1981 - zuletzt geändert durch Betriebsvereinbarung vom 13. September 1990" (BV 1994) ab. Nach dieser Vereinbarung sollte an jeden Arbeitnehmer zum Ausgleich von Kontoführungsgebühren, aufgewandter Zeit für das Aufsuchen des Geldinstituts und insoweit anfallende Fahrtkosten monatlich ein Betrag 4,50 DM brutto gezahlt werden.
Mit Schreiben vom 9. November 1998 kündigte die Arbeitgeberin "alle Betriebsvereinbarungen, die für die Niederlassung Hamburg abgeschlossen wurden, soweit diese vor dem Jahr 1998 vereinbart wurden, insbesondere folgende Betriebsvereinbarungen: ...". In dieser Aufzählung ist die BV 1992 nicht aufgeführt.
Im November 1999 wurde ein Insolvenzantrag hinsichtlich des Vermögens der Arbeitgeberin gestellt. Dieser Insolvenzantrag wurde nach dem Zustandekommen eines Sanierungskonzepts zurückgenommen. Dieses sah neben einem Personalabbau und einer Veränderung der Unternehmensstruktur auch Einschränkungen bei den Entgeltansprüchen und den Sozialleistungen vor. Dazu zählten auch die Kontoführungsgebühren. Hinsichtlich der Umstrukturierung des Unternehmens und des damit verbundenen Personalabbaus vereinbarte die Arbeitgeberin mit dem Gesamtbetriebsrat einen Interessenausgleich und einen Sozialplan. Die unternehmensweite Aufhebung der Kontoführungsgebühr regelten die Arbeitgeberin und der Gesamtbetriebsrat gesondert in einer Betriebsvereinbarung vom 26. Januar 2000 (BV 2000).
Der Betriebsrat ist der Ansicht, die Arbeitgeberin sei verpflichtet, den im Hamburger Betrieb beschäftigten Arbeitnehmern weiterhin eine Kontoführungspauschale nach der BV 1992 zu zahlen. Diese Betriebsvereinbarung sei nicht durch die Vereinbarungen mit dem Gesamtbetriebsrat vom 7. Januar 1994 und die vom 26. Januar 2000 abgelöst worden. Der Gesamtbetriebsrat sei hierfür nicht zuständig gewesen. Das folge auch aus dem rechtskräftigen Beschluß des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 15. November 1993. Die BV 1992 sei nicht durch das Schreiben der Arbeitgeberin vom 9. November 1998 wirksam gekündigt worden; sie wirke jedenfalls nach.
Der Betriebsrat hat beantragt
festzustellen, daß die Arbeitgeberin weiterhin verpflichtet ist, monatlich 4,50 DM brutto Kontoführungsgebühren gem. Betriebsvereinbarung vom 23. September 1992 an die Arbeitnehmer iSd. Betriebsverfassungsgesetzes zu zahlen;
hilfsweise
festzustellen, daß die Betriebsvereinbarung über Kontoführungsgebühren vom 23. September 1992 weiterhin auch im Rahmen einer Nachwirkung rechtlichen Bestand hat.
Die Arbeitgeberin hat beantragt, den Antrag abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, der Hauptantrag sei unzulässig. Er diene nicht der Feststellung eines betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsverhältnisses, sondern sei auf die Geltendmachung individueller Rechte der Arbeitnehmer gerichtet. Der Hilfsantrag sei unbegründet. Die BV 1992 sei schon durch die mit dem Gesamtbetriebsrat abgeschlossene Betriebsvereinbarung aus dem Jahre 1994 abgelöst worden. Damit habe sichergestellt werden sollen, daß bei den Kontoführungsgebühren unternehmensweit ein einheitlicher sozialer Standard gelte. Selbst wenn die BV 1992 fortbestanden haben sollte, habe sie diese im Jahr 1998 wirksam gekündigt. Im Nachwirkungszeitraum sei sie durch die BV vom 26. Januar 2000 ersetzt worden. Angesichts der zwingenden Notwendigkeit eines betriebsübergreifenden Sanierungskonzepts sei der Gesamtbetriebsrat für den Abschluß dieser Vereinbarung zuständig gewesen.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag abgewiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Betriebsrats hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat seine ursprünglichen Antragsziele weiter. Die Arbeitgeberin beantragt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde. Im Rechtsbeschwerdeverfahren wurde der Gesamtbetriebsrat erstmals beteiligt; er hat sich nicht geäußert.
B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist teilweise begründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Landesarbeitsgericht den Hauptantrag zurückgewiesen. Dieser Antrag ist unzulässig (II). Erfolg hat die Rechtsbeschwerde, soweit sie sich auch gegen die Abweisung des Hilfsantrags wendet. Das Landesarbeitsgericht hat verkannt, daß die BV 1992 nachwirkt und nicht durch die BV 2000 abgelöst worden ist (III).
I. Der angefochtene Beschluß des Landesarbeitsgerichts war nicht bereits deswegen aufzuheben, weil die Vorinstanzen zu Unrecht den Gesamtbetriebsrat nicht beteiligt haben. Beteiligte eines Beschlußverfahrens in den Angelegenheiten des Betriebsverfassungsgesetzes ist jede Stelle, die durch die begehrte Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsstellung betroffen ist (BAG 25. September 1996 - 1 ABR 25/96 - AP ArbGG 1979 § 97 Nr. 4 = EzA ArbGG 1979 § 97 Nr. 2). Streitig ist vorliegend die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für den Abschluß einer Betriebsvereinbarung über die Einführung einer Kontoführungspauschale oder deren Abschaffung. Daher betrifft die zu erwartende Entscheidung die Regelungskompetenz des Gesamtbetriebsrats und damit dessen betriebsverfassungsrechtliche Rechtsstellung. Die Beteiligung konnte im Rechtsbeschwerdeverfahren von Amts wegen nachgeholt werden (BAG 27. Januar 1998 - 1 ABR 35/97 - AP BetrVG 1972 § 87 Sozialeinrichtung Nr. 14 = EzA BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 58, zu B I der Gründe). Das Unterbleiben der Beteiligung des Gesamtbetriebsrats war allerdings ohne eine darauf gerichtete Rüge für die Überprüfung des angefochtenen Beschlusses ohne Bedeutung.
II. Der Hauptantrag des Betriebsrats ist unzulässig.
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann ein Streit der Betriebsparteien über das Bestehen und den Umfang eines Mitbestimmungsrechts sowie ihrer durch Ausübung eines Mitbestimmungsrechts gestalteten Rechtsbeziehungen im Beschlußverfahren im Wege eines Feststellungsantrags geklärt werden (BAG 15. Dezember 1998 - 1 ABR 9/98 - BAGE 90, 288, zu B I 3 der Gründe). Dagegen kann der Betriebsrat im Beschlußverfahren nicht die Feststellung individueller Rechte der Arbeitnehmer verlangen. Diese Rechte sind von den betriebszugehörigen Arbeitnehmern im Urteilsverfahren nach § 2 Abs. 1 ArbGG selbst geltend zu machen.
2. Auf dieses unzulässige Antragsziel ist der Hauptantrag gerichtet. Der Betriebsrat erstrebt insoweit keine gerichtliche Entscheidung darüber, ob die BV 1992 weiterhin die betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsbeziehungen der Betriebsparteien gestaltet.
Der Wortlaut des Antrags und das aus dem Vortrag des Betriebsrats erkennbar gewordene Verhältnis von Hauptantrag zu Hilfsantrag verdeutlichen, daß es dem Betriebsrat um die Feststellung der Rechtsbeziehungen von Arbeitsvertragsparteien geht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts enthält ein auf die Fortgeltung einer Betriebsvereinbarung gerichteter Antrag zugleich auch den Antrag auf Feststellung der Geltung einer gekündigten Betriebsvereinbarung im Nachwirkungszeitraum. Diese Anträge bilden eine Einheit (vgl. BAG 2. April 1996 - 1 ABR 47/95 - BAGE 82, 349, zu B II 1 b der Gründe). Einem solchen Verständnis des Inhalts seiner Anträge hat der Betriebsrat in der Anhörung vor dem Senat aber ausdrücklich widersprochen. Er hat sowohl am Wortlaut als auch an dem Eventualverhältnis beider Anträge festgehalten. Wäre der Hauptantrag aber auf die Feststellung der Geltung der BV 1992 gerichtet, machte der Hilfsantrag keinen Sinn. Denn im Rahmen eines so verstandenen Hauptantrags wäre bereits zu prüfen, ob die BV 1992 durch die BV 1994 abgelöst oder durch Kündigung beendet und ggf. durch eine weitere Betriebsvereinbarung im Nachwirkungszeitraum ersetzt worden ist. Damit wäre das mit dem Hilfsantrag erstrebte Ziel bereits erreicht; der Hilfsantrag hätte keinen eigenen Gegenstand. Die Eigenständigkeit von Haupt- und Hilfsantrag kann nach dem Verständnis des Betriebsrats deshalb nur daraus folgen, daß der Hauptantrag auf die Feststellung individueller Arbeitnehmerrechte gerichtet bleibt, während der Hilfsantrag die betriebsverfassungsrechtlichen Beziehungen der Betriebsparteien klären soll. In diesem Fall ist der Hauptantrag unzulässig. Der Betriebsrat kann Rechte der Arbeitnehmer nicht geltend machen.
III. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist der Hilfsantrag des Betriebsrats begründet. Die BV 1992 ist nicht durch die BV 1994 abgelöst worden. Auf Grund der Kündigung der Arbeitgeberin zum 31. März 1999 wirkt sie nach. Im Nachwirkungszeitraum ist sie nicht durch die BV 2000 ersetzt worden.
1. Die BV 1992 über eine Kontoführungspauschale zur Abwicklung der bargeldlosen Auszahlung von Arbeitsentgelt ist nicht durch die mit dem Gesamtbetriebsrat am 7. Januar 1994 abgeschlossene Betriebsvereinbarung gleichen Regelungsinhalts ersetzt worden. Ob der Gesamtbetriebsrat für den Abschluß einer solchen Vereinbarung nach § 50 Abs. 1 BetrVG iVm. § 87 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG zuständig und damit seinerzeit berechtigt war, die BV 1992 abzulösen, war nicht mehr zu prüfen. Einer darauf gerichteten Entscheidung steht die Rechtskraft des Beschlusses des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 15. November 1993 - 4 TaBV 8/93 - entgegen.
a) Beschlüsse im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren nach § 2 a Abs. 1 ArbGG sind der formellen wie der materiellen Rechtskraft fähig (BAG 6. Juni 2000 - 1 ABR 21/99 - BAGE 95, 47, zu B II 1 der Gründe mwN). Nach dem Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit können die im Beschluß behandelten Fragen durch die am Verfahren Beteiligten bei unverändertem Sachverhalt nicht erneut einer arbeitsgerichtlichen Entscheidung zugeführt werden. Damit soll der Gefahr widersprechender Entscheidungen entgegengewirkt sowie Rechtssicherheit und Rechtsfrieden gewährleistet werden.
b) Eine danach unzulässige erneute Entscheidung würde ua. vorliegen, wenn die in einem Vorprozeß entschiedene Rechtsfrage Vorfrage für die Entscheidung eines nachfolgenden Verfahrens ist. Ist in einem Zweitprozeß der Streitgegenstand des rechtskräftig abgeschlossenen Vorprozesses als Vorfrage erneut zu prüfen, ist hierfür der Inhalt der rechtskräftigen Entscheidung zugrunde zu legen (BAG 20. März 1996 - 7 ABR 41/95 - BAGE 82, 291). So ist hier zu verfahren. Die Wirkungen der materiellen Rechtskraft werden durch den Streitgegenstand des Vorprozesses bestimmt. Dafür sind im Beschlußverfahren wie im Urteilsverfahren maßgebend der zur Entscheidung gestellte Antrag und der dazu gehörende Lebenssachverhalt. Gegenstand des Anfechtungsverfahrens beim Landesarbeitsgericht Hamburg war der Antrag der Arbeitgeberin, die Unwirksamkeit eines Spruchs der Einigungsstelle zur Regelung einer Kontoführungspauschale festzustellen. Diesen Antrag hat das Landesarbeitsgericht Hamburg durch Beschluß vom 15. November 1993 rechtskräftig abgewiesen. Bei der Abweisung eines Feststellungsantrags ist dem Tenor und den Entscheidungsgründen zu entnehmen, welches Rechtsverhältnis bejaht oder verneint worden ist. Streitgegenstand des damaligen Beschlußverfahrens war die Geltung der durch Spruch der Einigungsstelle zustande gekommenen Betriebsvereinbarung. Diese hatte die Arbeitgeberin ua. mit der Begründung angefochten, für die Ausübung des zugrunde liegenden Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG sei nicht der örtliche Betriebsrat, sondern der Gesamtbetriebsrat zuständig gewesen. In dem Beschluß vom 15. November 1993 hat das Landesarbeitsgericht ausdrücklich die Zuständigkeit des örtlichen Betriebsrats bejaht. Demnach steht im Verhältnis zwischen Arbeitgeberin und Betriebsrat rechtskräftig fest, daß die Ausübung des fraglichen Mitbestimmungsrechts seinerzeit dem Betriebsrat und nicht dem Gesamtbetriebsrat zustand. Anhaltspunkte dafür, daß zwischen der gerichtlichen Entscheidung vom 15. November 1993 und dem Abschluß der Betriebsvereinbarung mit dem Gesamtbetriebsrat am 7. Januar 1994 eine Änderung des entscheidungserheblichen Sachverhalts eingetreten wäre, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
2. Die Arbeitgeberin hat die BV 1992 allerdings wirksam zum 31. März 1999 gekündigt. Diese wirkt seit dem nach.
Auch die BV 1992 ist mit dem Schreiben der Arbeitgeberin vom 9. November 1998 gekündigt worden. Nach ihrem Erklärungsinhalt erfaßt diese Kündigung nicht nur die im Kündigungsschreiben ausdrücklich aufgeführten, sondern sämtliche Betriebsvereinbarungen, die mit dem antragstellenden Betriebsrat vor 1998 abgeschlossen worden sind. Dazu zählt auch die Betriebsvereinbarung zur Regelung einer Kontoführungspauschale.
Die Kündigungsfrist für die BV 1992 betrug drei Monate zum Ende eines Kalendervierteljahres. Damit wirkt die Betriebsvereinbarung seit dem 1. April 1999 nur noch nach. Sie konnte seit dem durch eine andere Abmachung ersetzt werden (§ 77 Abs. 6 BetrVG).
3. Im Nachwirkungszeitraum wurde die BV 1992 nicht durch die mit dem Gesamtbetriebsrat vereinbarte Regelung vom 26. Januar 2000 mit Wirkung zum 1. Februar 2000 abgelöst.
a) Der Gesamtbetriebsrat war für eine solche Regelung nicht nach 50 Abs. 1 BetrVG zuständig.
aa) Keiner Entscheidung bedarf, ob die Rechtskraftwirkung des Beschlusses vom 15. November 1993 auf Grund eines neuen Sachverhalts vor der Einleitung des vorliegenden Verfahrens geendet hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann die Rechtskraft einer Entscheidung mit Dauerwirkung enden, soweit sich nach Eintritt der Unanfechtbarkeit die tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse geändert haben. Dazu müssen gerade diejenigen Tatsachen oder Rechtsgrundlagen eine Änderung erfahren haben, die maßgebend für die in der früheren Entscheidung ausgesprochene Rechtsfolge waren (BAG 6. Juni 2000 - 1 ABR 21/99 - BAGE 95, 47). Ob die Ende 1999 drohende Insolvenz der Arbeitgeberin und die zur Abwendung der Insolvenz durchzuführenden Sanierungsmaßnahmen eine solche Änderung bewirkt haben, kann offenbleiben. Eine erneute Prüfung der Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für die Einführung einer Kontoführungspauschale oder deren Abschaffung hat kein von der damaligen Entscheidung abweichendes Ergebnis.
bb) Für eine Betriebsvereinbarung über die Abschaffung einer Pauschale, die dem Ausgleich der mit einer bargeldlosen Zahlung von Arbeitsentgelt im Zusammenhang stehenden Aufwendungen dienen sollte, war der Gesamtbetriebsrat auch im Jahre 2000 nicht zuständig.
(1) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der von den Arbeitnehmern gewählte Betriebsrat für die Ausübung der gesetzlichen Mitbestimmungsrechte zuständig. Diese Aufgaben weist die Vorschrift des § 50 Abs. 1 BetrVG dem von den einzelnen Betriebsräten gebildeten Gesamtbetriebsrat nur dann zu, wenn es sich um eine Angelegenheit handelt, die nicht auf den Betrieb beschränkt ist und deshalb eine betriebsübergreifende Regelung zwingend erforderlich macht. Die Zweckmäßigkeit einer unternehmenseinheitlichen Regelung kann ebenso wenig wie ein Kosteninteresse des Arbeitgebers in den Angelegenheiten der zwingenden Mitbestimmung die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats begründen (BAG 11. Dezember 2001 - 1 AZR 193/01 - zur Veröffentlichung vorgesehen; 14. Dezember 1999 - 1 ABR 27/98 - BAGE 93, 75; 11. November 1998 - 7 ABR 47/97 - AP BetrVG 1972 § 50 Nr. 19 = EzA BetrVG 1972 § 50 Nr. 17).
(2) Ob ein zwingendes Bedürfnis nach einer betriebsübergreifenden Regelung besteht, bestimmt sich nach dem Mitbestimmungstatbestand, der einer zu regelnden Angelegenheit zugrunde liegt. Das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG betrifft die Festlegung von Zeit, Ort und Art der Auszahlung des Arbeitsentgelts. Es erstreckt sich auf die Entscheidung über eine Barauszahlung oder eine bargeldlose Überweisung. Als Annex dazu erfaßt es auch die Regelungen über die Erstattung von Kontoführungskosten oder über die Abgeltung des mit einer bargeldlosen Zahlung verbundenen sonstigen finanziellen und zeitlichen Aufwands der Arbeitnehmer (BAG 10. August 1993 - 1 ABR 21/93 - AP BetrVG 1972 § 87 Auszahlung Nr. 12 = EzA BetrVG 1972 § 87 Lohn und Arbeitsentgelt Nr. 16; 12. November 1997 - 7 ABR 78/96 - AP BetrVG 1972 § 58 Nr. 2 = EzA BetrVG 1972 § 58 Nr. 2). Welche Ausgleichszahlungen dafür in pauschalierter Form zu regeln sind, bestimmt sich deshalb nach betrieblichen und regionalen Besonderheiten und nicht danach, ob aus Gründen der Personalführung ein Bedürfnis nach einer unternehmensweit einheitlichen Behandlung aller unternehmenszugehörigen Arbeitnehmer besteht.
(3) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts folgt hier eine Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für die Abschaffung der Kontoführungspauschale nicht aus dem durch die drohende Insolvenz begründeten wirtschaftlichen Zwang zur Unternehmenssanierung. Diese begründet für sich allein keinen überbetrieblichen Regelungsbedarf. Das Betriebsverfassungsgesetz enthält keinen allgemeinen Mitbestimmungstatbestand der Unternehmenssanierung, auf Grund dessen der Gesamtbetriebsrat allgemein zur Abschaffung der die Arbeitnehmer begünstigenden betrieblichen Vereinbarungen zuständig sein könnte. Insoweit wurde eine Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats auch nicht durch das Erfordernis einer Unternehmensumstrukturierung und dem damit verbundenen unternehmensweiten Abbau von Arbeitsplätzen begründet. Die Umstrukturierung des Unternehmens hatte eine nach § 111 BetrVG mitbestimmungspflichtige Betriebsänderung zum Gegenstand. Diese zu regeln war nach § 50 Abs. 1 BetrVG dem Gesamtbetriebsrat vorbehalten. Auf Grund der besonderen Vereinbarungen im Interessenausgleich folgte daraus auch dessen Zuständigkeit für den Abschluß eines Sozialplans (BAG 11. Dezember 2001 - 1 AZR 193/01 - zur Veröffentlichung vorgesehen). Zwar war die Abschaffung der Kontoführungspauschale - ebenso wie die vereinbarten Betriebsänderungen und das zwischen dem Gesamtbetriebsrat und der Arbeitgeberin vereinbarte Sozialplanvolumen - Teil eines Sanierungskonzepts. Der Regelungsgegenstand des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG betrifft aber weder Betriebsänderungen iSd. § 111 BetrVG noch Sozialpläne nach § 112 BetrVG und wird auch nicht deswegen einer für diese bestehenden Regelungskompetenz des Gesamtbetriebsrats zugewiesen, weil die bezweckten Einsparungen Teil einer Gesamtkonzeption sind. Auch wenn die Abschaffung einer Kontoführungspauschale wirtschaftlich betrachtet nicht von den übrigen die Sanierung des Unternehmens betreffenden Regelungen zu trennen gewesen sein mag und zweifelhaft sein kann, ob das für die Unternehmenssanierung angestrebte Einsparvolumen innerhalb der zur Verfügung stehenden Zeit in vollem Umfang auf Grund von Einzelverhandlungen mit den örtlichen Betriebsräten erreichbar gewesen wäre, können diese faktischen Zusammenhänge keine Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats nach § 50 Abs. 1 BetrVG begründen. Die Verteilung der gesetzlichen Zuständigkeit zwischen dem Betriebsrat und dem Gesamtbetriebsrat wird nicht durch Kostenfragen bestimmt. Bei der Vorgabe von Umsatz-, Kosten- und Gewinnzielen besteht kein Mitbestimmungsrecht. Daß auch Regelungen in mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten häufig kostenwirksam sind, ändert hieran nichts und kann daher nicht zuständigkeitsbegründend sein. Entscheidend ist allein, ob in der im Einzelfall betroffenen Angelegenheit eine betriebsübergreifende Regelung zwingend ist. Nur eine solche würde die Regelungskompetenz des Betriebsrats übersteigen.
In diesem Zusammenhang kann sich die Arbeitgeberin auch nicht auf die Entscheidung des Senats vom 18. Oktober 1994 (- 1 ABR 17/94 - AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 70 = EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 47) stützen. Diese betrifft einen anderen Sachverhalt. Nach ihr ist eine Regelung durch den Einzelbetriebsrat dann nicht möglich, wenn der Arbeitgeber bei einer freiwilligen Leistung nur eine unternehmenseinheitliche Regelung schaffen will und deshalb dieses Ziel nur mit dem Gesamtbetriebsrat erreichen kann. Der Arbeitgeber kann mitbestimmungsfrei vorgeben, daß er eine freiwillige Leistung nur unternehmenseinheitlich erbringen will. Diese Möglichkeit besteht bei der erzwingbaren Mitbestimmung im Rahmen des § 87 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG gerade nicht.
b) Die mit dem Gesamtbetriebsrat abgeschlossene BV 2000 zur Abschaffung der Kontoführungspauschale war, jedenfalls soweit die Niederlassung Hamburg betroffen ist, mangels einer gesetzlichen Regelungskompetenz des Gesamtbetriebsrats eine freiwillige Vereinbarung. In den Angelegenheiten der zwingenden Mitbestimmung kann eine nachwirkende Betriebsvereinbarung der regelungsbefugten Betriebsparteien nicht durch eine mit dem Gesamtbetriebsrat getroffene freiwillige Betriebsvereinbarung zu Lasten der Arbeitnehmer ersetzt werden. § 77 Abs. 6 BetrVG läßt zwar die Ersetzung einer nachwirkenden Betriebsvereinbarung durch eine andere Abmachung zu. Doch durchbricht diese Ersetzungsbefugnis nicht die gesetzliche Kompetenzzuweisung und berechtigt daher nicht dazu, in mitbestimmte Vereinbarungen der betrieblichen Ebene durch eine freiwillige Vereinbarung auf der überbetrieblichen verschlechternd einzugreifen (vgl. BAG 11. Dezember 2001 - 1 AZR 193/01 - zVv.).
Ende der Entscheidung
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