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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 31.05.2005
Aktenzeichen: 1 ABR 22/04
Rechtsgebiete: BetrVG, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

BetrVG § 87 Nr. 10
BetrVG § 87 Nr. 11
BetrVG § 95
ArbGG § 83 Abs. 3
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 256 Abs. 1
Die Zuweisung eines eigenen Büros an leistungsabhängig vergütete Außendienstmitarbeiter ist auch dann keine Frage der betrieblichen Lohngestaltung, wenn dadurch eine effektivere Aufgabenerledigung möglich wird. Die Kriterien für die Zuweisung sind auch keine Auswahlrichtlinien nach § 95 BetrVG.
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! BESCHLUSS

1 ABR 22/04

Verkündet am 31. Mai 2005

In dem Beschlussverfahren

hat der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der Anhörung vom 31. Mai 2005 durch die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts Schmidt, die Richter am Bundesarbeitsgericht Kreft und Linsenmaier sowie die ehrenamtlichen Richter Rösch und Kunz beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde des Gesamtbetriebsrats gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 8. Januar 2004 - 1 TaBV 5/03 - wird zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

Gründe:

A. Die Beteiligten streiten über ein Mitbestimmungsrecht bei der Zuweisung von Büroräumen an Außendienstmitarbeiter.

Die Arbeitgeberin ist ein Versicherungsunternehmen. Für ihre bundesweit etwa 60 Vertriebsdirektionen sind Betriebsräte gewählt. Die bei ihr beschäftigten Außendienstmitarbeiter sind den Vertriebsdirektionen zugeordnet. Ihre Vergütung erfolgt leistungsabhängig. Die Arbeitgeberin stellt es ihnen frei, entweder die Räumlichkeiten der jeweiligen Vertriebsdirektion oder ein häusliches Arbeitszimmer zu benutzen. In beiden Fällen erhalten sie eine monatliche Aufwands- und Spesenpauschale von rund 770,00 Euro.

Bei Erfüllung bestimmter Anforderungen ernennt die Arbeitgeberin einen Außendienstmitarbeiter zum sog. Bezirksdirektor. Dazu hatte der betreffende Mitarbeiter ein Versicherungsbeitragsvolumen von 15.000 sog. Nettowerteinheiten pro Jahr zu erwirtschaften und fünf hauptberufliche Verkäufer in seinem Verantwortungsbereich anzuwerben. Bis zum Jahr 2000 stellte die Arbeitgeberin ihren Bezirksdirektoren zugleich mit der Ernennung ein eigenes, technisch komplett ausgestattetes und an ihr zentrales EDV-System angebundenes, etwa 100 qm großes Büro zur Verfügung. Nach dem 1. Januar 2001 ernannte sie Außendienstmitarbeiter weiterhin unter den gleichen Voraussetzungen zu Bezirksdirektoren, die Zuweisung eines eigenen Büros war aber an die Erwirtschaftung von 18.000 Nettowerteinheiten und daran geknüpft, dass 80 % der Planstellen für nebenberufliche Außendienstmitarbeiter besetzt waren. Ab dem 1. Januar 2002 setzte die Arbeitgeberin das für die Bürozuweisung erforderliche Beitragsvolumen auf 21.000 Nettowerteinheiten herauf. Mit der Bereitstellung des Büros ist die Zuweisung eines ausschließlich für den jeweiligen Bezirksdirektor zuständigen Innendienstmitarbeiters verbunden, der einen Arbeitsplatz in den Büroräumen bezieht. Der Bezirksdirektor übt ihm gegenüber Vorgesetztenfunktionen aus. Auch der Bezirksdirektor bezieht weiterhin die Aufwandspauschale von 770,00 Euro. Das Büro steht ihm ausschließlich zu dienstlichen Zwecken zur Verfügung.

Anlässlich der letzten Anhebung der Nettowerteinheiten forderte der Gesamtbetriebsrat die Arbeitgeberin auf, mit ihm über die Kriterien für die Zuweisung eines eigenen Büros zu verhandeln. Das lehnte die Arbeitgeberin ab. Die auf Antrag des Gesamtbetriebsrats gerichtlich eingesetzte betriebliche Einigungsstelle zur Regelung der "Veränderung der Einrichtungskriterien für Bezirksdirektoren-Büros" erklärte sich mit Beschluss vom 31. Oktober 2002 für unzuständig.

Der Gesamtbetriebsrat leitete daraufhin das vorliegende Beschlussverfahren ein. Er hat die Auffassung vertreten, ihm stehe bei der Festlegung der Kriterien für die Zuweisung des Büros ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zu. Die Vergütung der Bezirksdirektoren werde durch die Möglichkeit, ein eigenes und technisch gut ausgestattetes Büro nutzen zu können, zumindest mittelbar beeinflusst.

Der Gesamtbetriebsrat hat beantragt

1. festzustellen, dass der Spruch der bei der Arbeitgeberin gebildeten Einigungsstelle betreffend "Einrichtungskriterien für Bezirksdirektoren-Büros" vom 31. Oktober 2002 unwirksam ist;

2. festzustellen, dass die Festsetzung und/oder die Veränderung von Einrichtungskriterien für Bezirksdirektoren-Büros bei der Arbeitgeberin seiner Mitbestimmung unterliegt.

Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, ein Mitbestimmungsrecht des Gesamtbetriebsrats bestehe nicht. Bei der Zuweisung der Büros handele es sich um die Bereitstellung von Arbeitsmitteln und nicht um Lohngestaltung.

Die Vorinstanzen haben die Anträge des Gesamtbetriebsrats abgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt dieser sein Begehren unverändert weiter. Dem haben sich in der Rechtsbeschwerdeinstanz die Beteiligten zu 14, 17 und 46 angeschlossen.

B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Ein Mitbestimmungsrecht des Gesamtbetriebsrats bei der Festlegung der Kriterien für die Zuweisung eines eigenen Büros und eines Innendienstmitarbeiters an die Bezirksdirektoren der Arbeitgeberin besteht nicht. Es handelt sich dabei weder um eine Frage der betrieblichen Lohngestaltung iSv. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG noch um die Festsetzung von leistungsbezogenem Entgelt iSv. § 87 Abs. 1 Nr. 11 BetrVG. Die betreffenden Kriterien sind auch keine mitbestimmungspflichtigen Auswahlrichtlinien nach § 95 Abs. 1, Abs. 2 BetrVG.

I. Im Verfahren waren auch die örtlichen Betriebsräte zu hören. Nach § 83 Abs. 3 ArbGG haben in einem Beschlussverfahren neben dem Antragsteller diejenigen Stellen ein Recht auf Anhörung, die nach dem Betriebsverfassungsgesetz im einzelnen Fall beteiligt sind. Beteiligte in Angelegenheiten des Betriebsverfassungsgesetzes ist jede Stelle, die durch die begehrte Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsstellung unmittelbar betroffen ist (BAG 10. Dezember 2002 - 1 ABR 27/01 - BAGE 104, 187, zu B I der Gründe; 15. Januar 2002 - 1 ABR 10/01 - BAGE 100, 157, zu B I der Gründe; Matthes in Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge ArbGG 5. Aufl. § 83 Nr. 14 mwN). Dies hat das Gericht von Amts wegen auch noch in der Rechtsbeschwerdeinstanz zu ermitteln (BAG 10. Dezember 2002 - 1 ABR 27/01 - aaO mwN).

Die vom Gesamtbetriebsrat begehrte Entscheidung betrifft die betriebsverfassungsrechtliche Stellung sämtlicher örtlichen Betriebsräte der Arbeitgeberin. Würde den Anträgen des Gesamtbetriebsrats stattgegeben, stünde damit zugleich fest, dass das von ihm in Anspruch genommene Mitbestimmungsrecht den örtlichen Betriebsräten nicht zusteht. Diese sind deshalb am Verfahren beteiligt.

Ihre Anhörung konnte noch in der Rechtsbeschwerdeinstanz nachgeholt werden (BAG 10. Dezember 2002 - 1 ABR 27/01 - BAGE 104, 187, zu B I der Gründe mwN; 23. Oktober 2002 - 7 ABR 55/01 - AP BetrVG 1972 § 50 Nr. 26 = EzA BetrVG 2001 § 50 Nr. 1). Das Unterlassen der Anhörung in den Vorinstanzen und der darin liegende Verfahrensfehler des Landesarbeitsgerichts haben für die Überprüfung des angefochtenen Beschlusses durch die Rechtsbeschwerdeinstanz ohne eine darauf gerichtete Verfahrensrüge keine Bedeutung (BAG 15. Januar 2002 - 1 ABR 10/01 - BAGE 100, 157, zu B I der Gründe; 15. August 1978 - 6 ABR 56/77 - BAGE 31, 58, zu II 3 e der Gründe). Eine solche Rüge hat keiner der Beteiligten erhoben. Die Beteiligten zu 14, 17 und 46 haben sich lediglich den Anträgen des Gesamtbetriebsrats in der Rechtsbeschwerdeinstanz angeschlossen.

II. Die Anträge des Gesamtbetriebsrats sind zulässig.

1. Die Anträge bedürfen der Auslegung.

a) Der Antrag zu 1 hat gegenüber dem Antrag zu 2 entgegen dem äußeren Anschein keine eigenständige Bedeutung. Anträge sind möglichst so auszulegen, dass sie eine erstrebte Sachentscheidung zulassen (BAG 17. Juni 1997 - 1 ABR 10/97 - mwN). Danach will der Betriebsrat die Unwirksamkeit des Spruchs der Einigungsstelle vom 31. Oktober 2002 nicht isoliert festgestellt wissen, sondern lediglich im Zusammenhang mit der Feststellung seines Mitbestimmungsrechts nach Maßgabe des Antrags zu 2. Andernfalls wäre der Antrag zu 1 unzulässig. Für die betreffende Feststellung fehlt es an den Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO. (Zwischen-)Beschlüsse, mit denen die Einigungsstelle ihre Zuständigkeit bejaht oder verneint, begründen kein Rechtsverhältnis zwischen den Betriebsparteien. Als Entscheidung über eine Rechtsfrage stellen sie keine die Einigung der Betriebsparteien ersetzende und diese bindende Regelung iSd. § 87 Abs. 2 oder § 95 BetrVG dar (BAG 10. Dezember 2002 - 1 ABR 27/01 - BAGE 104, 187, zu B II 1 a der Gründe; 28. Mai 2002 - 1 ABR 37/01 - BAGE 101, 203, zu B II 2 c aa (2) der Gründe). Die Zuständigkeit der Einigungsstelle ist abhängig vom Bestehen eines Mitbestimmungsrechts. Darüber können letztlich nur die Gerichte eine die Betriebsparteien bindende Entscheidung treffen (BAG 4. Juli 1989 - 1 ABR 40/88 - BAGE 62, 233, zu C II 1 der Gründe). Ein Antrag wie der hier gestellte Feststellungsantrag zu 1 ist aus diesem Grunde regelmäßig dahin auszulegen, es möge das Bestehen eines entsprechenden Mitbestimmungsrechts festgestellt werden. Eben diesen Antrag hat der Gesamtbetriebsrat mit dem Feststellungsantrag zu 2 ohnehin gestellt. Neben ihm hat der Antrag zu 1 keinen selbständigen Inhalt.

Das Begehren des Gesamtbetriebsrats macht auch nicht deshalb eine gesonderte Feststellung der Unwirksamkeit des Einigungsstellenbeschlusses erforderlich, weil nur so zum Ausdruck gebracht würde, dass die Einigungsstelle ihren Regelungsauftrag noch nicht erfüllt hat. Die Einigungsstelle muss auch dann weiter tätig werden, wenn nur dem Feststellungsantrag zu 2 stattgegeben wird. Mit der Feststellung eines Mitbestimmungsrechts steht zugleich fest, dass die Einigungsstelle ihrer Aufgabe, eine Sachregelung zu treffen, noch nicht nachgekommen ist; ihr Verfahren ist dann fortzusetzen (BAG 10. Dezember 2002 - 1 ABR 27/01 - BAGE 104, 187, zu B II 1 a der Gründe; 30. Januar 1990 - 1 ABR 2/89 - BAGE 64, 117, zu B II 2 d der Gründe; Fitting 22. Aufl. § 76 Rn. 83 mwN; Kreutz GK-BetrVG 7. Aufl. § 76 Rn. 123, 174 mwN). Mehr würde auch aus einer dem Antrag zu 1 stattgebenden Entscheidung nicht folgen.

b) Nach dem Antragswortlaut macht der Gesamtbetriebsrat geltend, die fraglichen Kriterien unterlägen "seiner Mitbestimmung". Dies lässt offen, welche Art von Mitbestimmungsrechten unterschiedlicher Reichweite er in Anspruch nimmt. Nach den gesamten Umständen ist davon auszugehen, dass der Gesamtbetriebsrat nur solche Mitbestimmungsrechte festgestellt wissen will, die zu einem Tätigwerden und einem Spruch der Einigungsstelle führen können. Dies zeigt die zur Auslegung seines Antrags heranzuziehende Antragsbegründung. Ihr zufolge will der Gesamtbetriebsrat insbesondere eine Fortsetzung des Einigungsstellenverfahrens erreichen. Mögliche Mitbestimmungsrechte nach § 99 Abs. 1 BetrVG, die weder auf die Mitgestaltung von betrieblichen Regelungen zielen noch die Einschaltung der Einigungsstelle bewirken können, sind deshalb nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

c) Eine weitergehende Einschränkung des Antrags dahin, dass ausschließlich ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG in Anspruch genommen werden solle, ist nicht ersichtlich. Zwar setzen sich die Antragsbegründung und das weitere Vorbringen des Gesamtbetriebsrats nur mit diesem Mitbestimmungstatbestand auseinander. Das allein lässt aber nicht darauf schließen, dieser wolle sein Begehren nicht auch auf eine andere Rechtsgrundlage stützen, falls diese ihm zum Erfolg verhelfen würde.

d) Der Gesamtbetriebsrat macht ein Mitbestimmungsrecht bei der Festsetzung von "Einrichtungskriterien" für die Büros der Bezirksdirektoren geltend. Dieser Ausdruck ist nicht eindeutig. Mit ihm können sowohl Vorgaben für die Ausstattung der Büros als auch die Voraussetzungen gemeint sein, unter denen den Bezirksdirektoren solche Büros zur Verfügung gestellt werden. Aus der Antragsbegründung geht hervor, dass der Gesamtbetriebsrat den Ausdruck im zuletzt beschriebenen Sinne gebraucht hat. Er will mitbestimmen bei der auf eine betriebliche Umsetzung gerichteten Entscheidung der Arbeitgeberin darüber, unter welchen Voraussetzungen Bezirksdirektoren ein eigenes Büro und ein Innendienstmitarbeiter zugewiesen werden. Dies hat der Gesamtbetriebsrat in der Anhörung vor dem Senat ausdrücklich bestätigt. Auch die Arbeitgeberin hat den Antrag in diesem Sinne verstanden. Von einem solchen Inhalt ist überdies das Landesarbeitsgericht ausgegangen, wie sich aus den Gründen seiner Entscheidung ergibt.

2. Mit diesem Inhalt ist der einheitliche Antrag des Gesamtbetriebsrats hinreichend bestimmt im Sinne des auch im Beschlussverfahren geltenden § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO liegen ebenfalls vor. Der Antrag ist auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses zwischen Gesamtbetriebsrat und Arbeitgeberin gerichtet. An der betreffenden Feststellung besteht ein rechtliches Interesse. Der zwischen den Beteiligten aufgetretene Konflikt ist so lange aktuell, wie die Arbeitgeberin ihren Bezirksdirektoren die besonderen Büros und einen nur für diese tätigen Innendienstmitarbeiter ohne Zustimmung des Gesamtbetriebsrats zuweisen will. Davon ist auch für die Zukunft auszugehen.

III. Der Antrag des Gesamtbetriebsrats ist unbegründet. Diesem steht kein Mitbestimmungsrecht bei der Festlegung der Kriterien für die Zuteilung eines eigenen Büros und die daran geknüpfte Zuweisung eines Innendienstmitarbeiters an die Bezirksdirektoren zu.

1. Ein Mitbestimmungsrecht des Gesamtbetriebsrats folgt nicht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Die Zuweisung eines bestimmten Büros und eines gesonderten Mitarbeiters ist keine Angelegenheit der betrieblichen Lohngestaltung im Sinne dieser Vorschrift.

a) Betriebliche Lohngestaltung ist die Aufstellung abstrakt-genereller Grundsätze zur Lohnfindung (BAG 29. März 1977 - 1 ABR 123/74 - BAGE 29, 103, 110; Richardi BetrVG 9. Aufl. § 87 Rn. 748 mwN). Gegenstand der Mitbestimmung ist die Festlegung abstrakter Kriterien zur Bemessung der Leistung des Arbeitgebers, die dieser zur Abgeltung der Arbeitsleistung der Arbeitnehmer oder sonst mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis erbringt, unbeschadet ihrer Benennung (BAG 29. Februar 2000 - 1 ABR 4/99 - AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 105 = EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 69; Richardi aaO § 87 Rn. 739 ff.; DKK-Klebe BetrVG 9. Aufl. § 87 Rn. 243). Gegenstand des Mitbestimmungsrechts ist nicht die konkrete Höhe des Arbeitsentgelts. Mitbestimmungspflichtig sind die Strukturformen des Entgelts einschließlich ihrer näheren Vollzugsformen (BAG 2. März 2004 - 1 AZR 271/03 - AP TVG § 3 Nr. 31 = EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 4, zu IV 1 a der Gründe mwN, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - BAGE 69, 134, zu C III 3 a, b dd der Gründe). Das Mitbestimmungsrecht dient dem Zweck, das betriebliche Lohngefüge angemessen und durchsichtig zu gestalten und die betriebliche Lohn- und Verteilungsgerechtigkeit zu wahren, um die Arbeitnehmer vor einer einseitig, nur an den Interessen des Arbeitgebers ausgerichteten oder willkürlichen Lohngestaltung zu schützen (BAG 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - BAGE 69, 134, zu C III 1 a der Gründe; 15. Mai 2001 - 1 ABR 39/00 -BAGE 97, 379, zu B II 2 a der Gründe mwN; 11. Juni 2002 - 1 AZR 390/01 - BAGE 101, 288, zu III 2 der Gründe mwN; Fitting 22. Aufl. § 87 Rn. 408 mwN). Mitbestimmungspflichtig ist auch die Änderung bestehender Entlohnungsgrundsätze durch den Arbeitgeber (BAG 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - aaO, zu C III der Gründe).

b) Dem Zweck des Mitbestimmungstatbestands entsprechend sind Gegenstand des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG sämtliche für die Arbeitnehmer vermögenswerten Leistungen des Arbeitgebers (BAG 29. Februar 2000 - 1 ABR 4/99 - AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 105 = EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 69, zu B II 1 b bb der Gründe). Erfasst werden alle Formen der Vergütung, die der Arbeitgeber aus Anlass des Arbeitsverhältnisses gewährt (BAG 16. Juni 1998 - 1 ABR 67/97 - BAGE 89, 128, zu B II 1 der Gründe). Dabei kommt es nicht darauf an, ob es sich um Geld- oder Sachleistungen handelt und ob diese freiwillig, nur einmalig oder nachträglich für Leistungen des Arbeitnehmers gewährt werden (BAG 29. Februar 2000 - 1 ABR 4/99 - aaO, zu B II 1 b bb, cc (1) der Gründe; 30. März 1982 - 1 ABR 55/80 - AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 10 = EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 4; Fitting 22. Aufl. § 87 Rn. 412).

Lohncharakter haben aber nur vermögenswerte Leistungen des Arbeitgebers (BAG 29. Februar 2000 - 1 ABR 4/99 - AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 105 = EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 69, zu B II 1 b bb der Gründe; Richardi BetrVG 9. Aufl. § 87 Rn. 739; Fitting 22. Aufl. § 87 Rn. 412). Dazu muss die Leistung des Arbeitgebers als solche das Vermögen der Arbeitnehmer mehren, sei es unmittelbar, sei es dadurch, dass sie diesen sonst nötige eigene Aufwendungen erspart. Der Arbeitgeber muss dem Vermögen des Arbeitnehmers etwas zuwenden. Das ist etwa der Fall, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Zuschüsse zur privaten Wohnungsmiete gewährt oder die Kosten privater Familienheimflüge übernimmt, ohne dass es sich dabei um die Erstattung von Aufwendungen bei Dienstreisen handeln würde. Durch solche Leistungen übernimmt der Arbeitgeber Kosten, die andernfalls der Arbeitnehmer selbst zu tragen hätte (BAG 10. Juni 1986 - 1 ABR 65/84 - BAGE 52, 171, zu B 2 b der Gründe).

c) Diese Voraussetzungen sind bei der Zuweisung eines eigenen Büros und eines Innendienstmitarbeiters an die Bezirksdirektoren nicht gegeben. Die Maßnahmen haben keinen Lohncharakter. Sie mehren nicht das Vermögen der betroffenen Arbeitnehmer. Die Bezirksdirektoren erhalten weder einen Sachwert noch können sie das Büro und die Arbeitskraft des betreffenden Mitarbeiters zu privaten Zwecken nutzen. Beides steht ihnen ausschließlich zu dienstlichen Zwecken zur Verfügung. Die Maßnahmen sind damit nicht Teil einer vermögensmehrenden (Gegen-)Leistung des Arbeitgebers; sie gestalten lediglich die tatsächlichen Grundlagen für die ihm gegenüber zu erbringenden Leistungen der Arbeitnehmer. Es handelt sich um die Gewährung von Arbeitsmitteln, mit denen die betreffenden Mitarbeiter in die Lage versetzt werden, ihre Arbeitsaufgaben effektiver zu bewältigen. Auf diese Weise können sie zwar für eine höhere Arbeitsleistung ursächlich werden und wegen der Leistungsabhängigkeit der Vergütung die Höhe der von der Arbeitgeberin zu erbringenden Gegenleistung beeinflussen. Dennoch liegt in ihnen nicht Lohngestaltung durch die Veränderung von Grundsätzen für die Entlohnung durch die Arbeitgeberin, sondern Arbeitsgestaltung durch die Veränderung der Bedingungen für die Arbeitsleistungen der Arbeitnehmer. Diese wird vom Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG nicht erfasst. Wenn durch die Gewährung besonders effektiver Arbeitsmittel an einen Teil der Belegschaft nach Ansicht des Betriebsrats Ungerechtigkeiten bei der leistungsabhängigen Vergütung entstehen, muss dieser durch Ausübung seines Mitbestimmungsrechts bei der Lohngestaltung vielmehr versuchen, Einfluss auf die Grundlagen zur Bemessung der Vergütung zu nehmen.

d) Mit der Zuweisung eines eigenen Büros ersparen die Bezirksdirektoren auch keine Aufwendungen. Die Außendienstmitarbeiter sind nicht gehalten, ein eigenes häusliches Arbeitszimmer vorzuhalten, um die anfallenden Vor- und Nacharbeiten zu verrichten. Sie können diese Arbeiten in den Vertriebsdirektionen abwickeln. Auch wenn die Arbeitsbedingungen dort weniger attraktiv sein mögen, so entstehen Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer doch erst durch die Entscheidung des Außendienstmitarbeiters, die von der Arbeitgeberin angebotene Möglichkeit zur Aufgabenerledigung in der Vertriebsdirektion nicht zu nutzen. Die Aufwandspauschale von rund 770,00 Euro zahlt die Arbeitgeberin in beiden Fällen.

2. Dem Gesamtbetriebsrat steht auch kein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 11 BetrVG zu. Dieses erfasst alle Entgeltformen, bei denen eine unmittelbare Beziehung zwischen Leistung und Entgelt besteht (BAG 15. Mai 2001 - 1 ABR 39/00 - BAGE 97, 379, zu B II 1 a der Gründe). Der Zuweisung eines eigenen Büros und Innendienstmitarbeiters liegt keine Entgeltfestsetzung im Sinne dieses Mitbestimmungstatbestands zugrunde. Zwar ist davon auszugehen, dass die Bezirksdirektoren wie alle Außendienstmitarbeiter leistungsabhängig vergütet werden. Durch die Zuweisung des Büros und des Innendienstmitarbeiters werden aber nicht die im Betrieb bestehenden Entgeltregelungen neu festgesetzt. Es ändern sich nur die tatsächlichen Umstände, unter denen die Bezirksdirektoren ihre Arbeitsleistung zu erbringen haben.

3. Der Gesamtbetriebsrat hat bei der Aufstellung der Kriterien für die Zuweisung eines eigenen Büros und eines Innendienstmitarbeiters auch kein Mitbestimmungsrecht nach § 95 Abs. 1, Abs. 2 BetrVG.

a) Nach diesen Regelungen bedürfen Richtlinien über die personelle Auswahl bei Einstellungen, Versetzungen, Umgruppierungen und Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats. In Betrieben mit mehr als 500 Arbeitnehmern kann dieser darüber hinaus die Aufstellung von Richtlinien über die bei diesen Maßnahmen zu beachtenden fachlichen und persönlichen Voraussetzungen und sozialen Gesichtspunkte verlangen. Auswahlrichtlinien sind Grundsätze, die zu berücksichtigen sind, wenn bei beabsichtigten personellen Einzelmaßnahmen, für die mehrere Arbeitnehmer oder Bewerber in Frage kommen, zu entscheiden ist, welchen gegenüber sie vorgenommen werden sollen (BAG 10. Dezember 2002 - 1 ABR 27/01 - BAGE 104, 187, zu B III 3 a der Gründe; Kraft GK-BetrVG 7. Aufl. § 95 Rn. 2). Sinn und Zweck von Auswahlrichtlinien ist es festzulegen, unter welchen Voraussetzungen die jeweiligen personellen Einzelmaßnahmen erfolgen sollen, um die zugrunde liegende Personalentscheidung zu versachlichen und für die Betroffenen durchschaubar zu machen. Der Arbeitnehmer soll erkennen können, warum er und nicht ein anderer von einer ihn belastenden Personalmaßnahme betroffen wird oder warum eine günstigere Maßnahme nicht ihn, sondern einen anderen trifft (BAG 31. Mai 1983 - 1 ABR 6/80 - BAGE 43, 26). Die Auswahl selbst ist Sache des Arbeitgebers. Die Richtlinien sollen lediglich seinen Ermessensspielraum durch die Aufstellung von Entscheidungskriterien einschränken, ohne ihn gänzlich zu beseitigen (BAG 10. Dezember 2002 - 1 ABR 27/01 - aaO; 27. Oktober 1992 - 1 ABR 4/92 - BAGE 71, 259; Kraft GK-BetrVG aaO mwN). Auswahlrichtlinien, deren Aufstellung der Betriebsrat aus eigener Initiative verlangt, müssen sich nach § 95 Abs. 2 BetrVG über die fachlichen und persönlichen Voraussetzungen und die sozialen Gesichtspunkte verhalten, die bei der betreffenden personellen Maßnahme zu beachten sind.

b) Die Voraussetzungen, unter denen die Arbeitgeberin ihren Bezirksdirektoren ein eigenes Büro und einen allein für sie tätigen Innendienstmitarbeiter zuweist, stellen keine Richtlinien über eine personelle Auswahl unter den Beschäftigten dar.

Insoweit ist bereits fraglich, ob die Zuweisung von Büro und Innendienstmitarbeiter eine personelle Maßnahme iSv. § 95 Abs. 1 BetrVG ist. In Betracht kommt nur eine Versetzung. Dazu müsste mit dieser Bereitstellung gem. § 95 Abs. 3 BetrVG die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs verbunden sein. Dazu hat das Landesarbeitsgericht keine tatsächlichen Feststellungen getroffen.

Unabhängig davon hat die Arbeitgeberin bei der Festlegung der Zuweisungskriterien jedenfalls keine Auswahlrichtlinien aufgestellt. Solche Richtlinien sollen die Auswahl unter mehreren in Frage kommenden Arbeitnehmern für den Fall steuern, dass es im Betrieb zu einer personellen Maßnahme nach § 95 Abs. 1 BetrVG kommt. Hier hat die Arbeitgeberin gerade keine Kriterien für eine Auswahl unter mehreren für die Maßnahme in Betracht kommenden Mitarbeitern aufgestellt, sondern die Voraussetzungen festgelegt, unter denen sie die betreffende Maßnahme überhaupt erst durchführt. Die Zuweisungskriterien steuern nicht die Auswahl unter einer Anzahl von Personen, von denen nur einige von einer bereits beabsichtigten Maßnahme betroffen sein sollen, sondern legen die Anforderungen fest, bei deren Erfüllung die Maßnahme vorgenommen wird. Liegen diese Voraussetzungen vor, wird die Maßnahme gegenüber jedem durchgeführt, der den Anforderungen gerecht geworden ist. Eine Auswahl findet nicht mehr statt.

Ende der Entscheidung

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