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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 27.10.1998
Aktenzeichen: 1 ABR 3/98
Rechtsgebiete: BetrVG
Vorschriften:
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10 | |
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 1 |
1. Betriebliche Regelungen über die Höhe des Aufwendungsersatzes bei Geschäftsreisen und über entsprechende Pauschalbeträge sind nicht mitbestimmungspflichtig. Dies gilt auch dann, wenn die betrieblichen Spesensätze die Pauschbeträge übersteigen, die lohnsteuerfrei bleiben.
2. Anderes gilt, soweit aus Anlaß von Geschäftsreisen Beträge gezahlt werden, die nicht den Zweck haben, entstandene Unkosten in pauschalierter Form abzugelten. Solche betrieblichen Leistungen sind im Zweifel Vergütung, deren Regelung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitbestimmungspflichtig ist.
3. Zur Formulierung und Auslegung von Unterlassungsanträgen bei einem Streit der Betriebspartner um die Mitbestimmungspflichtigkeit neuer Leistungsgrundsätze.
Aktenzeichen: 1 ABR 3/98 Bundesarbeitsgericht 1. Senat Beschluß vom 27. Oktober 1998 - 1 ABR 3/98 -
I. Arbeitsgericht Frankfurt am Main - 13 BV 126/96 - Beschluß vom 16. Januar 1997
II. Hessisches Landesarbeitsgericht - 5 TaBV 68/97 - Beschluß vom 04. September 1997
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Entscheidungsstichworte: Spesenregelung und Mitbestimmung
Gesetz: BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10, Nr. 1
1 ABR 3/98 5 TaBV 68/97 Hessisches LAG
Im Namen des Volkes! Beschluß
Verkündet am 27. Oktober 1998
Klapp, Amtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
In dem Beschlußverfahren
unter Beteiligung
pp.
hat der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Anhörung vom 27. Oktober 1998 durch den Präsidenten Professor Dr. Dieterich, die Richter Dr. Rost und Dr. Wißmann sowie den ehrenamtlichen Richter Dr. Gentz und die ehrenamtliche Richterin Bolt beschlossen:
1. Die Rechtsbeschwerde des Gesamtbetriebsrats und des Betriebsrats gegen den Beschluß des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 4. September 1997 - 5 TaBV 68/97 - wird zurückgewiesen.
2. Auf die Anschlußrechtsbeschwerde der Arbeitgeberin wird der genannte Beschluß des Hessischen Landesarbeitsgerichts teilweise aufgehoben:
Die Beschwerde des Gesamtbetriebsrats und des Betriebsrats gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Frankfurt vom 16. Januar 1997 - 13 BV 126/96 - wird insgesamt zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Gründe:
A. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Arbeitgeberin betriebliche Spesenregelungen ohne Zustimmung des Betriebsrats verändern konnte.
Die Arbeitgeberin stellt Büromöbelsysteme her und vertreibt sie. Sie beschäftigt etwa 1.270 Arbeitnehmer, davon 960 in einem Betrieb in K , die übrigen in Betrieben in Kassel und Berlin. Es besteht ein Gesamtbetriebsrat.
Seit vielen Jahren gewährt die Arbeitgeberin in ihrem Betrieb in K denjenigen Arbeitnehmern, die außerhalb des Betriebes tätig werden, Leistungen, die sie als Spesen bezeichnet. Insoweit bestanden betriebliche Regelungen für drei unterschiedliche Arbeitnehmergruppen: Für Angestellte in Verwaltung, Vertrieb und Außendienst betrug der Tagespauschalbetrag (ohne Übernachtungskosten) je nach Dauer der Abwesenheit ab einer Mindestdauer von 5 Stunden bei eintägigen Inlandsreisen zwischen 10,50 DM und 35,00 DM, bei mehrtägigen Inlandsreisen zwischen 13,80 DM und 46,00 DM und bei Auslandsreisen zwischen 13,80 DM und 96,00 DM. Fahrer erhielten bei einer Mindestabwesenheit von 6 Stunden Spesen für Verpflegungsmehraufwand nach einer Tabelle, die Pauschalbeträge zwischen 7,00 DM und 111,90 DM (bei 59 Stunden) vorsah. Übernachtungszeiten wurden dabei nicht berücksichtigt. Die Regelung für den Kundendienst sah bei Fahrten im Umkreis von 50 km und einer Mindestabwesenheit von 5 Stunden pauschale Spesensätze vor, die zwischen 7,60 DM und 28,10 DM lagen. Für sonstige eintägige Reisen betrugen sie zwischen 10,00 DM und 33,50 DM, für mehrtägige Reisen zwischen 12,00 DM und 40,00 DM. Für Auslandsreisen waren die ab 1. Januar 1986 gültigen lohnsteuerfreien Pauschbeträge maßgeblich. Übernachtungskosten erstattete die Arbeitgeberin nach Beleg.
Die drei Regelungen sind auf unterschiedliche Weise zustande gekommen. Ob diejenige für Verwaltung, Vertrieb und Außendienst auf einer Absprache zwischen der Arbeitgeberin und dem Betriebsrat beruhte, ist streitig geblieben. Eine Betriebsvereinbarung bestand hierüber jedenfalls nicht. Die Arbeitgeberin hat mit Schreiben an den Gesamtbetriebsrat und die einzelnen Betriebsräte vom 1. Februar 1996 für den Fall, daß insoweit eine Vereinbarung bestehen sollte, diese vorsorglich zum nächstmöglichen Zeitpunkt gekündigt. Die betriebliche Spesenregelung für Fahrer war nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zumindest seit 1985 Gegenstand von Betriebsvereinbarungen. Auch insoweit hat die Arbeitgeberin in ihrem Schreiben vom 1. Februar 1996 vorsorglich eine Kündigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt ausgesprochen. Die Spesenregelung für den Kundendienst trug die Überschrift "Anlage 1 zur Betriebsvereinbarung vom 20. 12. 1991" und war von Betriebsrat und Personalleitung unterzeichnet. In einer Betriebsvereinbarung "Montageregelung" vom 12. Dezember 1994 war u.a. bestimmt:
"...
4.) Die bei Arbeiten außerhalb des Betriebes entstehenden Verpflegungskosten werden von der Firma im Rahmen der mit dem Betriebsrat vereinbarten Spesenregelung für Kundendienstmonteure vom 20. 12. 1991 übernommen. Die Übernachtungskosten sind mit Beleg nachzuweisen."
Diese Betriebsvereinbarung wurde in einem gemeinsamen Schreiben des Gesamtbetriebsrats und des Betriebsrats K vom 15. September 1995 zum 31. Dezember 1995 gekündigt. In dem bereits erwähnten Schreiben vom 1. Februar 1996 wurde von der Arbeitgeberin "die Kündigung dieser Vereinbarung zum nächstmöglichen Zeitpunkt bestätigt und wiederholt".
Zum 1. Januar 1996 stellte die Arbeitgeberin für den Betrieb K eine neue, für alle Beschäftigten einheitliche Spesenregelung auf und unterrichtete die Arbeitnehmer darüber mit folgendem Schreiben vom 30. Januar 1996:
"Sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
bekanntlich hat der Gesetzgeber die Besteuerungsgrundlage der Verpflegungspauschalen ab 01. Januar 1996 neu geregelt.
Aus diesem Grund haben wir mit dem Betriebsrat K entsprechende Verhandlungen geführt und es war unsere Absicht, für alle Bezieher von Reisekosten eine einheitliche Regelung verbindlich einzuführen. Dazu hat K+N ein Angebot unterbreitet.
Dem hat der Betriebsrat widersprochen und sich darüber hinaus einer Einvernehmlichkeit verweigert.
Da es unsere Pflicht ist, ab 01. Januar 1996 auch in der Frage der Spesenregelung Klarheit zu schaffen, geben wir Ihnen bis auf weiteres folgende, für alle Mitarbeiter geltende Regelung (rückwirkend ab 01. Januar 1996) zur Kenntnis:
Regelung K+N Regelung Finanzamt
8-10 Std. 10,00 DM netto 0,00 DM 10-14 Std. 10,00 DM + 5,00 DM netto 10,00 DM 14-24 Std. 20,00 DM 20,00 DM über 24 Std. 46,00 DM 46,00 DM
Die Spesenabrechnung wird für die steuerfreien Beträge wie bisher vollzogen. Der oberhalb der steuerlichen Grenzen gewährte K+N-Zuschlag stellt für die Betroffenen einen geldwerten Vorteil dar und muß daher über die individuelle Lohn- und Gehaltsabrechnung abgerechnet werden. Die Auszahlung erfolgt als Nettobezug."
Unter dem 2. Februar 1996 richtete die Arbeitgeberin an alle Kundendienst-monteure folgendes Schreiben:
"ab sofort wird festgelegt, daß bei Übernachtungen für das Einzelzimmer maximal 80,00 DM ohne Frühstück bzw. 160,00 DM für das Doppelzimmer gewährt werden.
Bei Übernachtungsquittungen über diese Höchstgrenze wird der Differenzbetrag in Abzug gebracht.
..."
Der Gesamtbetriebsrat und der Betriebsrat in K haben die Auffassung vertreten, die Arbeitgeberin sei nicht befugt gewesen, die bestehenden Spesenregelungen einseitig zu ändern. Dies folge schon daraus, daß die Neuregelung mitbestimmungspflichtig sei. Bei den Spesen handele es sich um Arbeitsentgelt in Form von Zulagen, weil sie von der Höhe der tatsächlichen Aufwendungen des Arbeitnehmers unabhängig seien. Überdies bestehe ein Mitbestimmungsrecht auch deshalb, weil das Verhalten der Arbeitnehmer geregelt werde. Diese seien aufgrund der Änderung der Spesensätze gezwungen, bei Außeneinsätzen entweder weniger zu essen als vorher oder ihren Verpflegungsaufwand zum Teil aus eigenen Mitteln zu bestreiten.
Der Arbeitgeberin sei ein einseitiges Vorgehen schließlich auch deshalb verwehrt gewesen, weil der Betriebsrat einen Anspruch darauf habe, daß sie die ursprünglichen Regelungen weiterhin anwende. Die Spesen der Fahrer und des Kundendienstes ergäben sich aus Betriebsvereinbarungen. Soweit diese gekündigt seien, wirkten sie nach. Die Betriebsvereinbarungen hätten mitbestimmungspflichtige Inhalte, denn die pauschalierten Spesen stellten, soweit sie die tatsächlichen Aufwendungen überstiegen, Arbeitsentgelt dar.
Gesamtbetriebsrat und Betriebsrat haben, soweit für die Rechtsbeschwerde noch von Interesse, beantragt,
1. der Arbeitgeberin aufzugeben, es zu unterlassen, ohne Zustimmung des Betriebsrats an die Arbeitnehmer ihres Unternehmens niedrigere Spesen zu zahlen, als sie sich aus den Anlagen BR 1 bis BR 3 ergeben;
2. hilfsweise zum Antrag zu 1. festzustellen, daß die ohne Zustimmung des Betriebsrats erfolgte Verkürzung der Spesen, die sich aus den Anlagen BR 1 bis BR 3 ergeben, rechtswidrig ist.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
die Anträge abzuweisen.
Nach ihrer Meinung war sie zur Regelung der Spesen ohne Beteiligung des Betriebsrats befugt. Ein Mitbestimmungsrecht bestehe insoweit nicht. Die Regelungen beträfen nicht Arbeitsentgelt, sondern Aufwendungsersatz. Die in der Neuregelung vorgesehenen Spesensätze entsprächen - mit geringfügigen Abweichungen - den veränderten steuerrechtlichen Vorgaben. Das betriebliche Verhalten der Arbeitnehmer werde durch die Spesenregelung nicht gesteuert.
Der Betriebsrat habe auch keinen Anspruch auf weitere Durchführung der früheren Regelungen. Für Verwaltung, Vertrieb und Außendienst fehle es schon an einer irgendwie gearteten Absprache mit dem Betriebsrat. Soweit Betriebsvereinbarungen bestanden hätten, seien diese gekündigt und wirkten nicht nach. Es habe sich um freiwillige Betriebsvereinbarungen gehandelt, da sie nur den Ersatz des Verpflegungsmehraufwandes geregelt hätten, nicht dagegen auch Bestandteile des Arbeitsentgelts.
Das Arbeitsgericht hat die Anträge abgewiesen. Auf die Beschwerde der Antragsteller hat das Landesarbeitsgericht den Beschluß teilweise abgeändert und dem Hilfsantrag stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen Gesamtbetriebsrat und Betriebsrat ihren Unterlassungsantrag weiter. Die Arbeitgeberin begehrt mit ihrer Anschlußrechtsbeschwerde die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses. Die Beteiligten bitten um Zurückweisung jeweils des gegnerischen Rechtsmittels.
B. Das Rechtsmittel der Arbeitgeberin führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses, der den Antrag insgesamt abgewiesen hatte.
I. Die Rechtsbeschwerde von Gesamtbetriebsrat und Betriebsrat ist unbegründet. Im Ergebnis zu Recht, wenn auch aufgrund unzutreffender Erwägungen, hat das Landesarbeitsgericht erkannt, daß der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht besteht.
1. Allerdings bedarf der Antrag der Auslegung, um die prozeßrechtlichen Bedenken des Landesarbeitsgerichts zu überwinden. Seinem Wortlaut nach könnte er (mit dem Landesarbeitsgericht) dahin zu verstehen sein, daß er auf die ordnungsgemäße Erfüllung von Ansprüchen der einzelnen Arbeitnehmer gerichtet ist. Individualansprüche kann der Betriebsrat indessen nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Meinung im Schrifttum nicht gerichtlich geltend machen (BAGE 63, 152, 157 = AP Nr. 53 zu § 112 BetrVG 1972, zu B 1 a der Gründe; Buschmann in Däubler/Kittner/Klebe, BetrVG, 6. Aufl., § 80 Rz 11 f.; Fitting/Kaiser/Heither/Engels, BetrVG, 19. Aufl., § 80 Rz 13; GK-BetrVG/Kraft, 6. Aufl., § 80 Rz 28 f.). Darum geht es den Antragstellern indessen nicht. Das hat das Landesarbeitsgericht verkannt. Mit ihrem Unterlassungsantrag bekämpfen Gesamtbetriebsrat und Betriebsrat, wie sie in der mündlichen Anhörung vor dem Senat auch klargestellt haben, allein die von der Arbeitgeberin einseitig getroffene Neuregelung, deren Einführung sie verhindern wollen. Dementsprechend hat der Senat in anderen Fällen ähnlich formulierte Unterlassunganträge so verstanden, daß sie nicht auf die Durchsetzung von Individualansprüchen gerichtet waren, sondern lediglich die Schaffung betrieblicher Regelungen bekämpften. Das gilt z.B. für den Antrag auf Unterlassung einer - auf einer Regelung des Arbeitgebers beruhenden - Zeitlastschrift für die Teilnahme am Betriebsausflug (Beschluß vom 27. Januar 1998 - 1 ABR 35/97 - AP Nr. 14 zu § 87 BetrVG 1972 Sozialeinrichtung) und auf Unterlassung einer einseitigen Änderung von Leistungszulagen (BAGE 76, 364 = AP Nr. 23 zu § 23 BetrVG 1972).
2. Ein Unterlassungsanspruch ergibt sich nicht daraus, daß die Arbeitgeberin mit der Neuregelung der Spesensätze ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats verletzt hätte.
a) Es besteht kein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Die streitige Spesenregelung betrifft nicht das Arbeitsentgelt, sondern allein Aufwendungsersatz.
Nach allgemeiner Meinung handelt es sich bei dem Ersatz von Aufwendungen für Geschäftsreisen nicht um Lohn im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Solche Leistungen haben keinen Vergütungscharakter. Mit dem Ersatz der Reisekosten wird nicht Arbeitsleistung entgolten, nicht einmal die Bereitschaft des Arbeitnehmers, Dienstreisen zu unternehmen. Vielmehr werden ihm lediglich die im Interesse des Arbeitgebers gemachten Aufwendungen erstattet, worauf er nach § 670 BGB grundsätzlich Anspruch hat - auch unabhängig von einer betrieblichen Regelung (ErfK/Preis § 611 BGB Rz 754 f., 814 f.). Das gilt ebenso im Fall einer Pauschalierung des Aufwendungsersatzes, welche die Handhabung vereinfachen soll (BAGE 52, 171, 175 = AP Nr. 22 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung, zu B 2 b der Gründe; BAGE 37, 212, 216 = AP Nr. 6 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung, zu B II 6 der Gründe; Klebe in Däubler/Kittner/Klebe, BetrVG, 6. Aufl., § 87 Rz 244; Fitting/Kaiser/Heither/Engels, BetrVG, 19. Aufl., § 87 Rz 409; GK-BetrVG/Wiese, 6. Aufl., § 87 Rz 827). Von diesen Grundsätzen ist zutreffend auch das Landesarbeitsgericht ausgegangen.
Zu Unrecht hat es aber angenommen, die ab 1. Januar 1996 anwendbare Spesenregelung beschränke sich nicht auf die Erstattung von Aufwendungen, sondern habe darüber hinaus Entgeltbestandteile zum Gegenstand, soweit die Spesensätze über die lohnsteuerfreien Beträge hinausgehen. Allerdings werden Leistungen des Arbeitgebers nicht allein dadurch, daß sie im Zusammenhang mit Geschäftsreisen erbracht und als Spesen bezeichnet werden, zu Aufwendungsersatz. Vielmehr kommt es auf den Zweck der Leistungen an. Bei der Zweckbestimmung ist die Höhe der als Aufwendungen anzusehenden Beträge nicht allein durch die Verkehrsanschauung begrenzt, also privatautonomer Regelung nicht unzugänglich. Dem Arbeitgeber ist es vielmehr unbenommen, z.B. wenn er auf die Außendarstellung des Unternehmens besonderen Wert legt, von Mitarbeitern überdurchschnittlichen Reiseaufwand zu verlangen und die Spesen danach zu bemessen. Übersteigen Spesensätze indessen von vornherein die Aufwendungen, die der Arbeitgeber nach der Verkehrsanschauung oder seinen hiervon abweichenden Vorgaben für erforderlich halten kann, so dient der überschießende Teil im Zweifel als Entgelt, denn insoweit steht der Leistung des Arbeitgebers kein Aufwand gegenüber, den der Arbeitnehmer im Interesse des Unternehmens erbracht hat.
Solche Entgeltbestandteile enthält die vorliegende Spesenregelung nicht. Soweit es um Verpflegungsmehraufwand geht, entsprechen die neuen Spesensätze im wesentlichen den deutlich gesenkten lohnsteuerfreien Pauschbeträgen nach der im Jahr 1996 geltenden Fassung von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG, die im Schreiben der Arbeitgeberin vom 30. Januar 1996 zutreffend wiedergegeben sind. Soweit darüber hinaus bei Reisen von 8 - 10 Stunden 10,00 DM und bei Reisen von 10 - 14 Stunden zusätzlich 5,00 DM als Spesen gewährt werden, halten sich diese Beträge im Rahmen dessen, was der Arbeitgeber regelmäßig als Mehraufwand für erforderlich halten kann. Sie liegen noch erheblich unter den Beträgen, die vor 1996 nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG in Verbindung mit Nr. 119 Abs. 3 Nr. 3 der Einkommensteuer-Richtlinien lohnsteuerfrei waren, nämlich 28,00 DM bei Reisen von 10 - 12 Stunden und 17,00 DM bei 8 - 10 Stunden. Die Änderung des Steuerrechts hat nicht zu einer Senkung der Reisekosten geführt, die im Regelfall als angemessen zu betrachten sind. Soweit die von der Arbeitgeberin getroffene Neuregelung für Kundendienstmonteure auch Übernachtungskosten zum Gegenstand hat, kommt ein Entgeltcharakter der Spesen schon deshalb nicht in Betracht, weil keine Pauschbeträge festgelegt sind, sondern - im Rahmen enger Grenzen - nur die tatsächlichen Aufwendungen erstattet werden.
b) Die Spesenregelung unterliegt auch nicht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG der Mitbestimmung des Betriebsrats.
Nach dieser Vorschrift hat der Betriebsrat bei der Ordnung des Betriebes und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb mitzubestimmen. Gegenstand des Mitbestimmungsrechts ist das betriebliche Zusammenleben und Zusammenwirken der Arbeitnehmer. Dieses erfordert ein aufeinander abgestimmtes Verhalten. Zweck des Mitbestimmungsrechts ist es, den Arbeitnehmern eine gleichberechtigte Teilhabe an der Aufstellung der Regeln, die dieses Verhalten beeinflussen und koordinieren sollen, und damit an der Gestaltung des betrieblichen Zusammenlebens zu gewährleisten (Senatsbeschluß vom 13. Mai 1997 - 1 ABR 2/97 - AP Nr. 119 zu § 37 BetrVG 1972, zu B II 1 der Gründe).
Solches Verhalten der Arbeitnehmer ist nicht Gegenstand der vorliegenden Spesenregelung. Es soll mit ihr nicht gesteuert werden. Die von den Antragstellern für möglich gehaltenen Auswirkungen auf den Umfang der Verpflegungsaufwendungen der Arbeitnehmer betreffen deren persönlichen Lebensbereich. Sie haben mit dem betrieblichen Verhalten nichts zu tun und berühren den Zweck der Spesenregelung in keiner Weise.
3. Der Unterlassungsantrag kann auch nicht darauf gestützt werden, daß die Arbeitgeberin mit der Neuregelung gegen ihre Pflichten aus früheren Vereinbarungen verstoße.
a) Allerdings kann der Betriebsrat nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAGE 77, 335, 338 = AP Nr. 132 zu Art. 9 GG Arbeitskampf, zu B I der Gründe; BAGE 63, 152, 158 = AP Nr. 53 zu § 112 BetrVG 1972, zu B 1 c der Gründe; BAGE 63, 140, 145 = AP Nr. 39 zu § 76 BetrVG 1972, zu B I 2 b aa der Gründe) die Durchführung bestehender Betriebsvereinbarungen verlangen und hat einen Anspruch darauf, daß der Arbeitgeber Maßnahmen unterläßt, die gegen eine Betriebsvereinbarung verstoßen.
b) Hier fehlt es indessen an einschlägigen Vereinbarungen. Es bedarf keiner Klärung, inwieweit die Spesen vor 1996 durch Betriebsvereinbarung, formlose Abreden mit dem Betriebsrat oder von der Arbeitgeberin allein geregelt waren, und ob ein Durchführungsanspruch des Betriebsrats auch für Regelungsabreden besteht. Soweit überhaupt Vereinbarungen vorhanden waren, wurden sie sämtlich spätestens am 1. Februar 1996 von der Arbeitgeberin zum nächstmöglichen Zeitpunkt gekündigt, also mangels abweichender Abreden zum 1. Mai 1996. Für Betriebsvereinbarungen ergibt sich dieser Zeitpunkt unmittelbar aus § 77 Abs. 5 BetrVG, für etwaige Regelungsabreden aus der entsprechenden Anwendung dieser Vorschrift (Senatsbeschluß vom 10. März 1992 - 1 ABR 31/91 - AP Nr. 1 zu § 77 BetrVG 1972 Regelungsabrede, zu B II 1 d bb der Gründe).
Es kann hier ferner dahinstehen, ob und in welchem Umfang der Betriebsrat vom Arbeitgeber auch die Durchführung lediglich nachwirkender Regelungen verlangen kann. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts könnten die gekündigten Bestimmungen im vorliegenden Fall nämlich nicht nachwirken. Für eine vereinbarte Nachwirkung gibt es keine Anhaltspunkte, und eine Nachwirkung kraft Gesetzes (§ 77 Abs. 6 BetrVG) käme nur in Betracht, wenn die Regelungen mitbestimmungspflichtige Gegenstände beträfen (vgl. Senatsbeschluß vom 28. April 1998 - 1 ABR 43/97 - zur Veröffentlichung vorgesehen, zu B II 2 b der Gründe; vom 17. Januar 1995 - 1 ABR 29/94 - AP Nr. 7 zu § 77 BetrVG 1972 Nachwirkung, zu II A 2 der Gründe). Das ist hier nicht der Fall. Auch bei den ursprünglichen Spesenregelungen hatte der Betriebsrat nicht mitzubestimmen, da sie nur Aufwendungsersatz zum Gegenstand hatten. Die höchsten in diesen Regelungen enthaltenen Sätze (diejenigen für Verwaltung, Vertrieb und Außendienst) stimmten mit den seinerzeit nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG in Verbindung mit Nr. 119 Abs. 3 Nr. 3 der Einkommensteuer-Richtlinien lohnsteuerfreien Pauschbeträgen überein. Soweit die für Fahrer geltenden Sätze im Einzelfall rechnerisch höhere Beträge ergeben konnten, ist dies hier bedeutungslos. Es ist zu berücksichtigen, daß Zeiten der Übernachtung abgezogen werden und daß lange Fahrzeiten im Zwei-Mann-Betrieb unter Einschluß der Nachtzeit regelmäßig mit besonderem Aufwand verbunden sind. Hielten sich demnach die betrieblichen Spesensätze - allenfalls mit unbedeutenden Abweichungen - im Rahmen der steuerfreien Pauschbeträge, so stellten sie ausschließlich Aufwendungsersatz dar, für dessen mitbestimmungsrechtliche Beurteilung die oben (2 a und b) angestellten Erwägungen gelten. Soweit die Spesenregelung für Kundendienstmonteure auch Übernachtungen zum Gegenstand hatte, sah sie ohnehin keine Pauschbeträge vor, sondern lediglich die Erstattung der tatsächlichen Aufwendungen gegen Vorlage der entsprechenden Belege.
4. Besteht somit kein Unterlassungsanspruch der betrieblichen Arbeitnehmervertretung, so kann offen bleiben, ob ein solcher Anspruch im vorliegenden Fall vom Betriebsrat, vom Gesamtbetriebsrat oder von beiden gleichzeitig geltend gemacht werden könnte.
II. Die Anschlußrechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist begründet.
Der Hilfsantrag der beiden Betriebsräte ist allerdings zulässig. Er bedarf jedoch der Auslegung. Nach seinem Wortlaut hat er die Rechtswidrigkeit der Neuregelung zum Gegenstand. Mit diesem Inhalt wäre er nicht zulässig, denn die Rechtswidrigkeit ist kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis, sondern lediglich eine Vorfrage (BAGE 48, 160, 172 = AP Nr. 85 zu Art. 9 GG Arbeitskampf, zu III 2 der Gründe); aus ihr ergeben sich noch keine unmittelbaren Folgen für die Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten. Dem Gesamtbetriebsrat und dem Betriebsrat geht es in Wirklichkeit aber nicht um diese Frage. Vielmehr begehren sie die Feststellung der Unwirksamkeit einer ohne Zustimmung des Betriebsrats getroffenen Neuregelung, deren Anwendung sie bekämpfen. Mit diesem Inhalt ist der Antrag zulässig. Nach ständiger Rechtsprechung können Meinungsverschiedenheiten über den Bestand von Mitbestimmungsrechten und die daraus resultierende Unwirksamkeit vom Arbeitgeber einseitig getroffener Regelungen im Rahmen von Feststellungsverfahren ausgetragen werden (z.B. Senatsbeschluß vom 22. April 1997 - 1 ABR 77/96 - AP Nr. 88 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung, zu B I der Gründe).
Der Feststellungsantrag ist indessen unbegründet, da die Arbeitgeberin mit ihrem einseitigen Vorgehen weder ein Mitbestimmungsrecht verletzt noch gegen bestehende Vereinbarungen mit dem Betriebsrat verstoßen hat. Das hat das Landesarbeitsgericht verkannt. Insoweit ist auf die Ausführungen zum Unterlassungsantrag (I 2 und 3) zu verweisen.
Ende der Entscheidung
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