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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 27.06.2000
Aktenzeichen: 1 ABR 32/99 (A)
Rechtsgebiete: EG-Vertrag, Richtlinie 94/45/EG vom 22. September 1994, EBRG


Vorschriften:

EG-Vertrag Art. 234
Richtlinie 94/45/EG vom 22. September 1994 Art. 4
Richtlinie 94/45/EG vom 22. September 1994 Art. 11
EBRG § 5
EBRG § 8 ff.
Leitsätze:

Der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts ruft gemäß Art. 234 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 3 EG-Vertrag den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Vorabentscheidung folgender Fragen an:

1. Fordert die Richtlinie 94/45/EG des Rates über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrats oder die Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in gemeinschaftsweit operierenden Unternehmen und Unternehmensgruppen, insbesondere Art. 4 und 11, daß Unternehmen, die einer Unternehmensgruppe mit einem außerhalb der Gemeinschaft ansässigen herrschenden Unternehmen angehören, verpflichtet sind, dem Unternehmen, das nach Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 und Abs. 3 der Richtlinie als zentrale Leitung gilt, Auskunft zu erteilen über die durchschnittliche Gesamtzahl der Arbeitnehmer, deren Verteilung auf die Mitgliedstaaten, die Betriebe des Unternehmens und von diesem abhängige Unternehmen, sowie über die Struktur des Unternehmens und der von diesem abhängigen Unternehmen?

2. Falls der Gerichtshof die erste Frage bejaht: Umfaßt die Auskunftspflicht auch die Bezeichnungen und Anschriften der Arbeitnehmervertretungen, die für die Arbeitnehmer des Unternehmens oder der von ihm abhängigen Unternehmen bei der Bildung eines besonderen Verhandlungsgremiums nach Art. 5 der Richtlinie oder bei der Errichtung eines Europäischen Betriebsrats zu beteiligen sind?

Aktenzeichen: 1 ABR 32/99 (A) Bundesarbeitsgericht 1. Senat Vorlagebeschluß vom 27. Juni 2000 - 1 ABR 32/99 (A) -

I. Arbeitsgericht Beschluß vom 10. Dezember 1998 Hamburg - 14 BV 1/98 -

II. Landesarbeitsgericht Beschluß vom 30. Juni 1999 Hamburg - 8 TaBV 4/99 -


BUNDESARBEITSGERICHT BESCHLUSS

1 ABR 32/99 (A) 8 TaBV 4/99 Hamburg

Verkündet am 27. Juni 200

Klapp, Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Beschlußverfahren

mit den Beteiligten

1.

Antragsteller,

2.

Beschwerdeführerin und Rechtsbeschwerdeführerin,

hat der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Anhörung vom 27. Juni 2000 durch den Präsidenten des Bundesarbeitsgerichts Dr. Wißmann, die Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Rost und Hauck sowie die ehrenamtlichen Richter Gnade und Dr. Münzer beschlossen:

Tenor:

I. Der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts ruft gemäß Art. 234 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 3 EG-Vertrag den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Vorabentscheidung folgender Fragen an:

1. Fordert die Richtlinie 94/45/EG des Rates über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrats oder die Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in gemeinschaftsweit operierenden Unternehmen und Unternehmensgruppen, insbesondere Art. 4 und 11, daß Unternehmen, die einer Unternehmensgruppe mit einem außerhalb der Gemeinschaft ansässigen herrschenden Unternehmen angehören, verpflichtet sind, dem Unternehmen, das nach Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 und Abs. 3 der Richtlinie als zentrale Leitung gilt, Auskunft zu erteilen über die durchschnittliche Gesamtzahl der Arbeitnehmer, deren Verteilung auf die Mitgliedstaaten, die Betriebe des Unternehmens und von diesem abhängige Unternehmen, sowie über die Struktur des Unternehmens und der von diesem abhängigen Unternehmen?

2. Falls der Gerichtshof die erste Frage bejaht:

Umfaßt die Auskunftspflicht auch die Bezeichnungen und Anschriften der Arbeitnehmervertretungen, die für die Arbeitnehmer des Unternehmens oder der von ihm abhängigen Unternehmen bei der Bildung eines besonderen Verhandlungsgremiums nach Art. 5 der Richtlinie oder bei der Errichtung eines Europäischen Betriebsrats zu beteiligen sind?

II. Bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften wird das Verfahren ausgesetzt.

Gründe

A. Die Beteiligten streiten über Auskunftspflichten der Arbeitgeberin gegenüber dem Gesamtbetriebsrat im Zusammenhang mit der Errichtung eines Europäischen Betriebsrats.

Beteiligter zu 1) ist der Gesamtbetriebsrat im Unternehmen der Beteiligten zu 2) (Arbeitgeberin). Die Arbeitgeberin ist Teil einer gemeinschaftsweit tätigen Unternehmensgruppe, deren Leitung in der Schweiz angesiedelt ist. Innerhalb der Gemeinschaft ist weder eine nachgeordnete Leitung für die in der Bundesrepublik Deutschland und anderen Mitgliedstaaten ansässigen Unternehmen noch ein von der Zentrale in der Schweiz benannter Vertreter vorhanden. In der Bundesrepublik sind in 16 Niederlassungen der Arbeitgeberin ca. 4.500 Mitarbeiter tätig; damit ist diese innerhalb der Gruppe gemeinschaftsweit das Unternehmen mit den meisten Beschäftigten. Ein Europäischer Betriebsrat oder ein Verfahren zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer besteht nicht. Versuche, ein besonderes Verhandlungsgremium zu bilden, blieben erfolglos.

Der Gesamtbetriebsrat begehrt Auskunft nach § 5 Abs. 1 EBRG sowie die Mitteilung von Namen und Anschriften der gemeinschaftsweit in den übrigen K.-Unternehmen gebildeten Arbeitnehmervertretungen.

Der Gesamtbetriebsrat vertritt die Auffassung, die Arbeitgeberin als die nach § 2 Abs. 2 Satz 4 EBRG fingierte zentrale Leitung der Gruppe sei zur Erteilung der begehrten Auskünfte verpflichtet. Der Umfang der Auskünfte erstrecke sich auch auf die vollständigen Namen und Anschriften der bei den verschiedenen Unternehmen der Unternehmensgruppe gebildeten Arbeitnehmervertretungen, die bei der Bildung des besonderen Verhandlungsgremiums oder eines Europäischen Betriebsrats kraft Gesetzes zu beteiligen seien.

Der Gesamtbetriebsrat hat beantragt,

die Arbeitgeberin zu verpflichten, ihm Auskünfte zu erteilen über

1. die durchschnittliche Gesamtzahl der Arbeitnehmer und ihre Verteilung auf die Mitgliedstaaten gemäß § 2 Abs. 3 EBRG, die Unternehmen und Betriebe sowie über die Struktur der Unternehmensgruppe,

2. die Namen und Anschriften der in Betrieben und Unternehmen in den Mitgliedstaaten gemäß § 2 Abs. 3 EBRG vorhandenen Arbeitnehmervertretungen.

Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen.

Sie räumt ein, daß sie als fiktive zentrale Leitung der Unternehmensgruppe im Grundsatz zur Auskunftserteilung nach § 5 Abs. 1 EBRG verpflichtet sei. Das Auskunftsverlangen sei aber auf eine unmögliche Leistung gerichtet. Sie, die Arbeitgeberin, sei nämlich nicht in der Lage, die begehrten Auskünfte zu erteilen. Sie selbst verfüge nicht über die erforderlichen Daten. Sie habe auch keine Möglichkeit, sich diese zu verschaffen. Die in der Schweiz ansässige Konzernholding, die nicht dem Gemeinschaftsrecht unterliege, habe sich geweigert, ihr entsprechende Informationen zur Verfügung zu stellen. Auch die anderen K.-Betriebe und -Unternehmen in den übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union hätten sich geweigert, entsprechende Auskünfte zu erteilen. Weder gegenüber der Konzernleitung in der Schweiz noch gegenüber den anderen Unternehmen der Gruppe habe sie, die Arbeitgeberin, durchsetzbare Ansprüche auf die erforderlichen Auskünfte.

Für das Auskunftsverlangen zu Antrag 2) fehle es außerdem an einer Rechtsgrundlage. Ein Anspruch auf Mitteilung von Namen und Anschriften gemeinschaftsweit bestehender Arbeitnehmervertretungen folge nicht aus dem Gesetz. Schließlich fehle das Rechtsschutzinteresse, da sich der Gesamtbetriebsrat an die ihm längst bekannten Gruppenunternehmen in den anderen Mitgliedstaaten wenden könne und wende.

Das Arbeitsgericht hat den Anträgen stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Arbeitgeberin ihren Antrag auf Abweisung der Anträge des Gesamtbetriebsrats weiter. Der Gesamtbetriebsrat bittet, die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin zurückzuweisen.

B. Die Verhandlung des Rechtsstreits ist in analoger Anwendung des § 148 ZPO auszusetzen. Der Senat kann die Sache noch nicht entscheiden.

Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) sind die im Tenor formulierten Fragen vorzulegen. Die Beantwortung dieser Fragen ist wesentlich für die Entscheidung des Rechtsstreits. Der Senat ist nach Art. 234 Abs. 1 Buchst. b, Abs. 3 EG-Vertrag als letztinstanzliches Gericht verpflichtet, diese gemeinschaftsrechtlichen Fragen dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen. Sie waren noch nicht Gegenstand der Auslegung durch den EuGH, ihre Beantwortung ist auch nicht offenkundig (EuGH 6. Oktober 1982 - Rs. 283/81 - C.I.L.F.I.T. - Slg. 1982, 3415, 3430, 3431 Rn. 21; BAG 22. März 2000 - 7 AZR 225/98 - (A) - AP HRG § 57 b Nr. 25).

I. Die Unternehmensgruppe K. erfüllt die Voraussetzungen des Art. 2 Abs. 1 Buchstabe c EBR-Richtlinie und des § 3 Abs. 2 EBRG, sie ist gemeinschaftsweit tätig. Nach Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2, Abs. 3 EBR-Richtlinie und § 2 Abs. 2 Satz 4 EBRG gilt die Arbeitgeberin als das Unternehmen mit den meisten Beschäftigten in der Europäischen Gemeinschaft als zentrale Leitung, da die Holding der Unternehmensgruppe K. ihren Sitz in der Schweiz hat.

Nach § 5 Abs. 1 EBRG hat - wie die Arbeitgeberin auch nicht in Frage stellt - die fiktive zentrale Leitung dem Gesamtbetriebsrat auf Verlangen Auskünfte über die durchschnittliche Gesamtzahl der Arbeitnehmer und ihre Verteilung auf die Mitgliedstaaten, die Unternehmen und Betriebe sowie über die Struktur der Unternehmensgruppe zu erteilen.

1. Für den Auskunftsantrag ist ein Rechtsschutzbedürfnis gegeben, da die vom Gesamtbetriebsrat ergriffenen Maßnahmen - Schreiben an die ihm bekannten Arbeitnehmervertretungen in den Betrieben bzw. Unternehmen der K.-Gruppe in der Europäischen Union jeweils in der Landessprache - den Auskunftsanspruch nicht ersetzen können. Den diesen Maßnahmen zugrunde liegenden Kenntnissen des Gesamtbetriebsrats fehlt es an der erforderlichen Vollständigkeit.

2. Wie das Landesarbeitsgericht zu Recht erkannt hat, ist das Auskunftsbegehren des Gesamtbetriebsrats auch nicht unbillig. Der Gesamtbetriebsrat kann nicht auf eigene Recherchen verwiesen werden, denn § 5 Abs. 1 EBRG und Art. 4 Abs. 1 EBR-Richtlinie gehen insoweit von einer Verantwortung der zentralen Leitung für die Schaffung der Voraussetzungen zur Einsetzung eines Europäischen Betriebsrats oder der Errichtung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer aus.

3. Für den geltend gemachten Auskunftsanspruch kommt es nicht darauf an, ob ein Antrag auf Bildung des besonderen Verhandlungsgremiums nach § 9 Abs. 2 EBRG wirksam gestellt worden ist. Der Auskunftsanspruch geht nach der Gesetzessystematik dem Antrag auf Bildung eines besonderen Verhandlungsgremiums nach § 9 Abs. 2 EBRG voraus, da er erst die zur Beurteilung der Antragstellung erforderlichen Informationen verschafft. Um in Erfahrung zu bringen, ob die Voraussetzungen für eine grenzüberschreitende Mitwirkung der Arbeitnehmer gegeben sind, ist der Auskunftsanspruch nach § 5 EBRG vorrangig.

II. Damit bleibt gegen den Antrag zu 1) des Gesamtbetriebsrats nur der Einwand der Arbeitgeberin, sie sei zur Erteilung der Auskünfte tatsächlich nicht in der Lage, da sich die Holding der Unternehmensgruppe K. in der Schweiz - wie auch die anderen K.-Betriebe und -Unternehmen in den Mitgliedstaaten der EU - weigere, die für die Auskunft erforderlichen Informationen zu erteilen.

1. Dabei ist der Arbeitgeberin zuzugeben, daß ein Auskunftsanspruch gegen die (Schwester-)Unternehmen in den Mitgliedstaaten nicht schon aus dem EBRG folgt. Nach § 5 Abs. 1 EBRG ist zwar - auch die fiktive - zentrale Leitung des Unternehmens bzw. der Unternehmensgruppe, die ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland hat, zur Auskunftserteilung an den Gesamtbetriebsrat verpflichtet; dabei geht das EBRG als selbstverständlich davon aus, daß die zur Auskunftserteilung erforderlichen Informationen eingeholt werden können. Nach seinem räumlichen Geltungsbereich kann sich das EBRG - das die EBR-Richtlinie vollständig und umfassend umsetzen wollte (Engel/Müller DB 1996, 981) - aber nur auf das Inland erstrecken. Auskunftspflichten ausländischer gegenüber im Inland ansässigen Unternehmen hat es nicht begründet.

2. Der von der Arbeitgeberin erhobene Einwand, es sei ihr unmöglich, die vom Gesamtbetriebsrat begehrten Auskünfte zu erteilen, greift indessen dann nicht durch, wenn sie nach dem zur Umsetzung der EBR-Richtlinie jeweils geschaffenen ausländischen Recht die Möglichkeit hat, die in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Unternehmen der Gruppe zur Überlassung der erforderlichen Informationen zu zwingen.

Von dieser Möglichkeit kann - ggf. im Wege der richtlinienkonformen Auslegung - nur dann ausgegangen werden, wenn die EBR-Richtlinie für Unternehmensgruppen, in denen ein den übrigen Unternehmen nicht übergeordnetes Unternehmen als zentrale Leitung gilt, die Schaffung eines derartigen horizontalen Auskunftsanspruchs verlangt. Eine ausdrückliche Regelung hierzu enthält die EBR-Richtlinie nicht.

Sie kann indessen unter Berücksichtigung des Zwecks der EBR-Richtlinie und des Grundsatzes, daß ihre Regelungen innerhalb ihres Geltungsbereichs tatsächliche Wirksamkeit entfalten sollen (effet utile), der Zusammenschau der einzelnen Vorschriften zu entnehmen sein.

So ist die zentrale Leitung mit Sitz in einem Mitgliedstaat nach Art. 4 Abs. 1 EBR-Richtlinie dafür verantwortlich, daß die Voraussetzungen geschaffen und die Mittel bereitgestellt werden, damit nach Maßgabe des Art. 1 Abs. 2 der EBR-Richtlinie für gemeinschaftsweit operierende Unternehmen und Unternehmensgruppen der Europäische Betriebsrat eingesetzt oder das Verfahren zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer geschaffen werden kann. Wenn die zentrale Leitung nicht in einem Mitgliedstaat ansässig ist, ist in Ermangelung eines benannten Vertreters in der Gemeinschaft die fiktive Leitung nach Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 EBR-Richtlinie für die Einrichtung eines Europäischen Betriebsrats oder die Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer verantwortlich. Um dieser Verpflichtung aus der EBR-Richtlinie nachkommen zu können, muß die zentrale Leitung - auch die fiktive - aber in die Lage versetzt werden, die erforderlichen Maßnahmen vornehmen, also auch die vorgesehenen Auskünfte erteilen zu können. Dabei hat jeder Mitgliedstaat nach Art. 11 Abs. 1 EBR-Richtlinie dafür Sorge zu tragen, daß die Leitung der in seinem Hoheitsgebiet befindlichen Betriebe eines gemeinschaftsweit operierenden Unternehmens den in dieser Richtlinie festgelegten Verpflichtungen nachkommen kann, unabhängig davon, ob die tatsächliche Leitung sich in seinem Hoheitsgebiet befindet. Nach Art. 11 Abs. 2 EBR-Richtlinie haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, daß die erforderlichen Angaben von den Unternehmen vorgelegt werden.

Diese Erwägungen sprechen zwar dafür, die Frage 1 zu bejahen, der EuGH hat aber eine Auslegung der genannten Bestimmungen im Hinblick auf eine horizontale Auskunftspflicht der Schwester-Unternehmen untereinander für den Fall, daß die tatsächliche zentrale Leitung in einem Drittstaat ihren Sitz hat, bisher nicht vorgenommen. Die Auslegung ist auch nicht derart offenkundig, daß für vernünftige Zweifel kein Raum verbleibt. Davon wäre nur auszugehen, wenn der Senat überzeugt wäre, daß auch für die Gerichte der übrigen Mitgliedstaaten und den EuGH die gleiche Gewißheit besteht (BAG 22. Juni 1993 - 1 AZR 590/92 - BAGE 73, 269). Das ist unter Berücksichtigung der Eigenheiten des Gemeinschaftsrechts, der besonderen Schwierigkeiten seiner Auslegung und der Gefahr untereinander abweichender Gerichtsentscheidungen innerhalb der Europäischen Gemeinschaft zu beurteilen (EuGH 6. Oktober 1982 - Rs. 283/81 - C.I.L.F.I.T., aaO Rn. 16, 21). Eine diesen Anforderungen genügende Überzeugung hat der Senat zu der Frage, ob sich aus der EBR-Richtlinie ein derartiger Informations- bzw. Auskunftsanspruch ergibt, nicht gewonnen.

III. Die Beantwortung der Frage 2 kommt nur in Betracht, wenn überhaupt eine gemeinschaftsrechtliche Verpflichtung zur Schaffung horizontaler Auskunftsansprüche anzunehmen ist.

Auch insoweit kann sich angesichts dessen, daß die EBR-Richtlinie von einem grenzüberschreitenden Zusammenwirken der in den verschiedenen Mitgliedstaaten ansässigen Arbeitnehmervertretungen ausgeht, ein Regelungsauftrag an die innerstaatlichen Gesetzgeber ergeben. Die Voraussetzungen, unter denen der Senat von einer Anrufung des Gerichtshofs entbunden wäre, liegen jedoch auch zu dieser Auslegungsfrage nicht vor.

Ende der Entscheidung

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