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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 12.12.2006
Aktenzeichen: 1 ABR 38/05
Rechtsgebiete: BetrVG, BGB, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

BetrVG § 1 Abs. 2
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10
BetrVG § 99
BetrVG § 101
BGB § 613a Abs. 1
ArbGG § 81 Abs. 1
ArbGG § 83 Abs. 3
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! BESCHLUSS

1 ABR 38/05

Verkündet am 12. Dezember 2006

In dem Beschlussverfahren

hat der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der Anhörung vom 12. Dezember 2006 durch die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts Schmidt, die Richter am Bundesarbeitsgericht Kreft und Linsenmaier sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Federlin und Kunz für Recht erkannt:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 17. Juni 2005 - 3 TaBV 19/05 - wird zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

Gründe:

A. Die Beteiligten streiten über die Eingruppierung des - einzigen - Arbeitnehmers der Arbeitgeberin.

Die Arbeitgeberin betreibt eine Werbeagentur und stellt automatisierte Telefondienste bereit. Sie wurde im Jahr 1993 aus der D Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG ausgegründet. Diese ist ihre alleinige Gesellschafterin; die Geschäftsführung beider Unternehmen ist personenidentisch. Die Arbeitgeberin besitzt keine gesonderte Betriebsstätte und beschäftigte jahrelang keine eigenen Arbeitnehmer; anfallende Arbeiten wurden von Mitarbeitern der Verlagsgesellschaft erledigt.

Die - mindestens 85 - Beschäftigten der Verlagsgesellschaft haben seit mehreren Wahlperioden einen Betriebsrat gewählt; die letzte Betriebsratswahl fand im Frühjahr 2006 statt. Die Verlagsgesellschaft hat mit der Gewerkschaft ver.di am 11. Juni 2002 ua. einen Gehaltstarifvertrag (Gehalts-TV) geschlossen und wendet diesen im Betrieb einheitlich an.

Die Arbeitgeberin ist nicht tarifgebunden. Am 4. Mai 2004 teilte sie dem Betriebsrat mit, sie beabsichtige, Herrn L als - ihren bis dahin ersten - Arbeitnehmer mit einer Arbeitszeit von 38 Wochenstunden mit einer "frei vereinbarten" Vergütung einzustellen, und bat um Zustimmung. Der Betriebsrat verweigerte diese. Im Laufe des von der Arbeitgeberin eingeleiteten gerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahrens stimmte er der Einstellung zu. Schon zuvor hatte er die Arbeitgeberin aufgefordert, Herrn L in eine der Vergütungsgruppen des Gehalts-TV einzugruppieren. Nachdem diese sich geweigert hatte, erweiterte der Betriebsrat das vorliegende Beschlussverfahren um einen entsprechenden - mittlerweile allein noch rechtshängigen - Widerantrag. Er hat die Auffassung vertreten, die Arbeitgeberin führe den Betrieb gemeinsam mit der Verlagsgesellschaft. Auf Grund dessen sei sie verpflichtet, Herrn L einzugruppieren.

Der Gehalts-TV sei die für alle Arbeitnehmer des gemeinsamen Betriebs geltende betriebliche Vergütungsordnung.

Der Betriebsrat hat beantragt,

die Arbeitgeberin zu verpflichten, Herrn L in eine Vergütungsgruppe des Gehaltstarifvertrags - geschlossen zwischen D Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG einerseits und der Gewerkschaft ver.di andererseits - einzugruppieren.

Die Arbeitgeberin hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, der Betriebsrat könne eine Eingruppierung nicht verlangen, weil weder sie noch Herr L an den Gehalts-TV gebunden seien.

Die Vorinstanzen haben den Antrag des Betriebsrats abgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt dieser sein Begehren weiter.

B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht den Antrag des Betriebsrats abgewiesen. Die Arbeitgeberin ist nicht verpflichtet, Herrn L in eine der Vergütungsgruppen des Gehalts-TV einzugruppieren. Dieser Tarifvertrag ist im Verhältnis zu Herrn L keine im Betrieb geltende Vergütungsordnung. Das gilt auch dann, wenn die Arbeitgeberin und die Verlagsgesellschaft den Betrieb gemeinsam führen.

I. Neben der Arbeitgeberin und dem Betriebsrat ist keine andere Stelle am Verfahren beteiligt. Nach § 83 Abs. 3 ArbGG haben in einem Beschlussverfahren neben dem Antragsteller diejenigen Stellen ein Recht auf Anhörung, die nach dem Betriebsverfassungsgesetz im einzelnen Fall beteiligt sind. Beteiligte in Angelegenheiten des Betriebsverfassungsgesetzes ist jede Stelle, die durch die begehrte Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Stellung unmittelbar betroffen ist (BAG 26. Oktober 2004 - 1 ABR 31/03 (A) - BAGE 112, 227, zu B I 1 der Gründe mwN). Dies ist von Amts wegen auch noch in der Rechtsbeschwerdeinstanz zu ermitteln.

Herr L ist am Verfahren nicht beteiligt. Er wird von der begehrten Entscheidung nicht in einer betriebsverfassungsrechtlichen Position berührt. Der von einer Eingruppierung nach § 99 BetrVG betroffene Arbeitnehmer ist auch bei Vorliegen einer gerichtlichen Entscheidung nach § 99 Abs. 4 BetrVG nicht gehindert, die Richtigkeit seiner Eingruppierung individuell im Urteilsverfahren überprüfen zu lassen (BAG 17. Mai 1983 - 1 ABR 5/80 - BAGE 42, 386, zu B I der Gründe; 23. September 2003 - 1 ABR 35/02 - BAGE 107, 338, zu B I 1 d aa der Gründe).

Auch die Verlagsgesellschaft ist nicht beteiligt. Selbst wenn sie zusammen mit der Arbeitgeberin einen gemeinsamen Betrieb führt, ist sie durch die Eingruppierung von Herrn L nicht in einer eigenen betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsstellung betroffen. Die Eingruppierung eines Arbeitnehmers betrifft auch im Gemeinschaftsbetrieb lediglich die Rechtsbeziehung zum Vertragsarbeitgeber. Nur diesem gegenüber stehen dem Arbeitnehmer vertragliche Vergütungsansprüche zu, nur dieser kann und muss ggf. die in der Eingruppierung liegende Beurteilung korrigieren (BAG 14. Dezember 2004 - 1 AZR 504/03 - BAGE 113, 121, zu II 2 a der Gründe; Wißmann NZA 2001, 409, 411).

II. Der Antrag ist zulässig.

1. Der Antrag bedarf der Auslegung. Seinem Wortlaut nach ist er darauf beschränkt, dem Arbeitgeber die Eingruppierung von Herrn L in eine der Vergütungsgruppen des Gehalts-TV aufzugeben. Ein solches eingeschränktes Verständnis würde dem wirklichen Anliegen des Betriebsrats nicht gerecht. Diesem geht es um die Eingruppierung unter seiner Beteiligung. Er will erreichen, dass die Arbeitgeberin nicht nur eine Eingruppierungsentscheidung trifft, sondern dabei das Verfahren nach § 99 Abs. 1 BetrVG einhält. Zu diesem gehört das an den Betriebsrat zu richtende Ersuchen um Zustimmung. Ohne ein solches hätte der Betriebsrat mit einer Antragsstattgabe jedenfalls bei einer aus seiner Sicht falschen Eingruppierungsentscheidung nichts gewonnen. Sein Antrag ist deshalb dahin zu verstehen, dass der Arbeitgeberin aufgegeben werden möge, Herrn L in eine Vergütungsgruppe des Gehalts-TV einzugruppieren und dazu um die erforderliche Zustimmung nachzusuchen.

2. Der Antrag ist auch ohne Angabe einer bestimmten Vergütungsgruppe hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und ggf. vollstreckungsfähig gem. § 85 Abs. 1 Satz 1, Satz 3 ArbGG in Verb. mit § 888 Abs. 1 Satz 1 ZPO (vgl. BAG 26. Oktober 2004 - 1 ABR 37/03 - BAGE 112, 238, zu B I 2 der Gründe). Unterlässt der Arbeitgeber die betriebsverfassungsrechtlich gebotene Eingruppierung eines Arbeitnehmers, kann der Betriebsrat sich darauf beschränken zu verlangen, dass der Arbeitgeber die Eingruppierungsentscheidung nachholt und ihn um Zustimmung bittet. Der Betriebsrat muss mit seinem Antrag nicht zugleich die Angabe der Vergütungsgruppe verbinden, die er selbst für richtig hält. Eine solche Angabe ist weder erforderlich noch sachdienlich. Es ist zunächst Sache des Arbeitgebers, die von ihm für richtig gehaltene Vergütungsgruppe zu bestimmen. Ob der Betriebsrat gehalten ist, zumindest die Vergütungsordnung zu bezeichnen, in die der Arbeitnehmer eingruppiert werden soll, bedarf keiner Entscheidung. Der beteiligte Betriebsrat hat den Gehalts-TV als maßgebliche Vergütungsordnung im Antrag angeführt.

3. Als Leistungsantrag bedarf das Begehren des Betriebsrats keiner Darlegung eines besonderen Rechtsschutzbedürfnisses. Dass der Betriebsrat neben der Vornahme einer Eingruppierungsentscheidung und der Einholung seiner Zustimmung nicht zugleich verlangt hat, der Arbeitgeberin für den Fall seiner Zustimmungsverweigerung die Einleitung des gerichtlichen Ersetzungsverfahrens nach § 99 Abs. 4 BetrVG aufzugeben, lässt das Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen. Der Betriebsrat ist nicht gehalten, von der Arbeitgeberin zur Vermeidung eines möglicherweise erforderlich werdenden weiteren gerichtlichen Verfahrens schon jetzt die Durchführung eines Zustimmungsersetzungsverfahrens zu verlangen. Das wäre zwar zulässig, ist aber nicht erforderlich.

4. Der Betriebsrat ist antragsbefugt iSv. § 81 Abs. 1 ArbGG. Er nimmt ein ihm nach seiner Auffassung auch gegenüber der Arbeitgeberin zustehendes eigenes Recht nach § 99 Abs. 1 BetrVG in Anspruch. Das Bestehen eines solchen Mitbestimmungsrechts erscheint auf Grund der tatsächlichen Umstände nicht gänzlich ausgeschlossen. Das ist für eine Antragsbefugnis im Beschlussverfahren ausreichend. Durch sie sollen lediglich sog. Popularklagen verhindert werden.

III. Der Antrag ist unbegründet.

1. Dies beruht nicht schon darauf, dass die Arbeitgeberin die Eingruppierung von Herrn L in Wirklichkeit bereits vorgenommen und den Betriebsrat um Zustimmung ersucht hätte. Zwar enthält ihr "Anhörungsschreiben" vom 4. Mai 2004 auch die Rubrik "Tätigkeit, für die die Eingruppierung erfolgen soll". Dort wird der für Herrn L vorgesehene Aufgabenbereich aber nur beschrieben und nicht einer bestimmten Vergütungsgruppe zugeordnet. Zur Vergütung heißt es vielmehr zu Beginn des Schreibens: "frei vereinbart". Eine Eingruppierung von Herrn L ist danach nicht erfolgt.

2. Die Arbeitgeberin ist zu einer Eingruppierung von Herrn L nicht verpflichtet. Zwar kann der Betriebsrat zur Sicherung seines Mitbeurteilungsrechts nach § 99 Abs. 1 BetrVG in entsprechender Anwendung von § 101 BetrVG beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, eine Eingruppierungsentscheidung vorzunehmen und ihn um Zustimmung zu ersuchen, falls der Arbeitgeber die gebotene Eingruppierung unterlässt (st. Rspr. vgl. nur BAG 23. September 2003 - 1 ABR 35/02 -BAGE 107, 338, zu B II 2 a der Gründe mwN). Voraussetzung ist, dass der Betriebsrat für den Betrieb des Arbeitsgebers überhaupt zuständig ist und die im Betrieb bestehende Vergütungsordnung für den Arbeitnehmer gilt (dazu BAG 12. Dezember 2000 - 1 ABR 23/00 - EzA BetrVG 1972 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 20, zu B I der Gründe). Letzteres ist hier nicht der Fall.

a) Eine Zuständigkeit des Betriebsrats im Verhältnis zur Arbeitgeberin kommt nur in Betracht, wenn diese und die Verlagsgesellschaft den Betrieb gemeinsam führen.

Nur dann kann der beteiligte Betriebsrat Mitbestimmungsrechte auch ihr gegenüber in Anspruch nehmen. Führt die Arbeitgeberin einen eigenen Betrieb, ist er nicht zuständig. Ob ein Gemeinschaftsbetrieb von Arbeitgeberin und Verlagsgesellschaft vorliegt, kann anhand des Vorbringens der Beteiligten und der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht abschließend beurteilt werden. Dazu genügt es nicht, dass offenbar die Beteiligten selbst vom Bestehen eines Gemeinschaftsbetriebs ausgehen. Sie haben keinerlei tatsächliche Umstände vorgetragen, die eine solche Beurteilung objektiv trügen. Dies gilt auch in Ansehung der Vermutungsregelungen in § 1 Abs. 2 BetrVG. Die gesetzlichen Vermutungen ersetzen lediglich den konkreten Nachweis des Vorliegens einer Führungsvereinbarung der beteiligten Unternehmen (BAG 22. Juni 2005 - 7 ABR 57/04 - AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 23 = EzA BetrVG 2001 § 1 Nr. 4, zu B II 2 b der Gründe mwN). Sie entheben nicht von der Notwendigkeit einer Feststellung der Ausgangstatsachen, bei deren Vorliegen die Vermutungen erst berechtigt sind. Ob solche Tatsachen im Streitfall gegeben sind, steht nicht fest. So ist insbesondere unklar, ob der Arbeitgeberin nach ihrer Gründung gem. § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG bestimmte Betriebsteile zugeordnet wurden oder ob sie auf Grund entsprechender Befugnisse am Einsatz von Betriebsmitteln und Arbeitnehmern nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG beteiligt war.

b) Weiterer Aufklärung bedarf es gleichwohl nicht. Das Bestehen eines Gemeinschaftsbetriebs kann zugunsten des Betriebsrats unterstellt werden. Auch unter dieser Annahme ist die Arbeitgeberin nicht verpflichtet, Herrn L in eine Vergütungsgruppe des Gehalts-TV einzugruppieren. Zwar ist der Betriebsrat dann für die Arbeitgeberin zuständig und ist der Gehalts-TV die Vergütungsordnung in einem Betrieb, der ua. von der Arbeitgeberin geführt wird. Der Gehalts-TV stellt jedoch nur für die Beschäftigten der Verlagsgesellschaft eine zu beachtende betriebliche Vergütungsordnung dar. Für das Arbeitsverhältnis von Herrn L ist er nicht maßgeblich. Auf die Frage, ob andernfalls die für eine Wahrnehmung des Mitbestimmungsrechts nach § 99 BetrVG gegenüber der Arbeitgeberin erforderliche Anzahl von Arbeitnehmern erreicht wäre, kommt es nicht an.

aa) Der Gehalts-TV gilt für die Arbeitgeberin und Herrn L nicht normativ. Beide sind an den zwischen ver.di und der Verlagsgesellschaft geschlossenen Tarifvertrag nicht unmittelbar gebunden.

bb) Er gilt zwischen ihnen auch nicht mit schuldrechtlicher Wirkung. Der Gehalts-TV wurde weder arbeitsvertraglich in Bezug genommen noch findet er kraft betrieblicher Übung oder nach Maßgabe des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes Anwendung. Dieser gilt nur im Verhältnis zum selben Arbeitgeber. Er verpflichtet einen Arbeitgeber auch im Gemeinschaftsbetrieb nicht, die Arbeitsbedingungen mit seinen eigenen Arbeitnehmern an denen eines anderen am Betrieb beteiligten Arbeitgebers zu dessen Beschäftigten auszurichten. Der Gleichbehandlungsgrundsatz bindet nur den Vertragsarbeitgeber selbst, wenn er durch ein eigenständig gestaltendes Handeln eine Vergütungsordnung gesetzt hat (vgl. BAG 31. August 2005 - 5 AZR 517/04 -AP BGB § 613a Nr. 288 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 39, zu I 2 b bb der Gründe).

cc) Der Gehalts-TV stellt auch nicht aus anderen Gründen die für Beschäftigte der Arbeitgeberin im Betrieb geltende Vergütungsordnung dar.

(1) Eine betriebliche Vergütungsordnung betrifft die Leistungsbeziehung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis. Für die Maßgeblichkeit der Vergütungsordnung im Verhältnis der Arbeitsvertragsparteien kommt es dabei nicht darauf an, weshalb sie im Betrieb Anwendung findet, ob auf Grund von Tarifbindung, einer Betriebsvereinbarung gem. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, allgemein eingegangener einzelvertraglicher Verpflichtungen oder einseitiger Praxis des Arbeitgebers (BAG 23. September 2003 - 1 ABR 35/02 - BAGE 107, 338, zu B II 2 a der Gründe mwN). Einen dieser Geltungsgründe muss es allerdings gegeben haben. Andernfalls fehlt es an einem Inkraftsetzen als Vergütungsordnung gerade des Betriebs. Gab es einen Grund für die Geltung der Vergütungsordnung, sind die in ihr zum Ausdruck kommenden Entlohnungsgrundsätze in einem Betrieb mit Betriebsrat selbst dann zu beachten, wenn zwar der ursprüngliche Geltungsgrund entfallen ist, der Betriebsrat aber einer gem. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitbestimmungspflichtigen Änderung der betreffenden Entlohnungsgrundsätze nicht zugestimmt hat (BAG 2. März 2004 - 1 AZR 271/03 -BAGE 109, 369, zu IV 1 c aa der Gründe).

(2) In einem Betrieb können schon im Verhältnis zum selben Arbeitgeber unterschiedliche Vergütungsordnungen jeweils für bestimmte Teile der Belegschaft gelten (vgl. BAG 18. November 2003 - 1 AZR 604/02 - BAGE 108, 299, zu I 3 c dd (1) der Gründe mwN). Im Gemeinschaftsbetrieb können zudem für die an ihm beteiligten Arbeitgeber jeweils im Verhältnis zu ihren Arbeitnehmern verschiedene Vergütungsordnungen zur Anwendung gelangen. Ebenso ist es möglich, dass für einen der am Gemeinschaftsbetrieb beteiligten Arbeitgeber gar kein kollektives Vergütungsschema zur Anwendung gelangt, weil ein solches ihm gegenüber zu keiner Zeit gegolten hat. Dann kann der Betriebsrat, solange er von seinem Initiativrecht keinen Gebrauch gemacht hat, eine Eingruppierung der Beschäftigten dieses Arbeitgebers nicht verlangen.

(3) So liegen die Dinge im Streitfall. Unabhängig davon, auf welchem Weg die Arbeitgeberin nach ihrer Gründung an der Führung des gemeinsamen Betriebs beteiligt worden sein mag, hat sie unstreitig zu keiner Zeit Arbeitnehmer der Verlagsgesellschaft übernommen. Damit scheidet neben tarif- und schuldrechtlichen Gründen auch § 613a Abs. 1 Satz 1, Satz 2 BGB als möglicher Grund für die Geltung eines kollektiven Vergütungsschemas im Verhältnis zur Arbeitgeberin aus. Weder bei der Einstellung von Herrn L noch zu einem späteren Zeitpunkt stellten der Gehalts-TV, einer seiner möglichen Vorgänger oder ein sonstiges abstraktes Schema eine von der Arbeitgeberin zu beachtende betriebliche Vergütungsordnung dar, in die Herr L einzugruppieren wäre.

Ende der Entscheidung

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