Judicialis Rechtsprechung
Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 02.07.2008
Aktenzeichen: 10 AZR 386/07
Rechtsgebiete: GG, ArbGG, ZPO, TVG, TV über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe, Bekanntmachung über die Allgemeinverbindlicherklärung
Vorschriften:
GG Art. 9 Abs. 3 | |
GG Art. 103 Abs. 1 | |
ArbGG § 72 Abs. 5 | |
ZPO § 286 | |
ZPO § 564 Satz 1 | |
TVG § 3 Abs. 1 | |
TVG § 5 Abs. 4 | |
TV über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 12. November 1986 idF vom 26. Mai 1999 (VTV/1986) und TV über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 20. Dezember 1999 (VTV/1999) § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 13 | |
Bekanntmachung über die Allgemeinverbindlicherklärung (AVE) von Tarifwerken für das Baugewerbe vom 17. Januar 2000 (BAnz. Nr. 20 vom 29. Januar 2000 S. 1385), Erster Teil, Einschränkungen der AVE auf Antrag (Einschränkungsklauseln) Abschn. I Abs. 1 | |
Bekanntmachung über die Allgemeinverbindlicherklärung (AVE) von Tarifwerken für das Baugewerbe vom 17. Januar 2000 (BAnz. Nr. 20 vom 29. Januar 2000 S. 1385), Erster Teil, Einschränkungen der AVE auf Antrag (Einschränkungsklauseln) Abschn. I Abs. 2 Buchst. a Satz 1 | |
Bekanntmachung über die Allgemeinverbindlicherklärung (AVE) von Tarifwerken für das Baugewerbe vom 17. Januar 2000 (BAnz. Nr. 20 vom 29. Januar 2000 S. 1385), Erster Teil, Einschränkungen der AVE auf Antrag (Einschränkungsklauseln) Abschn. I Abs. 2 Buchst. a Satz 2 | |
Bekanntmachung über die Allgemeinverbindlicherklärung (AVE) von Tarifwerken für das Baugewerbe vom 17. Januar 2000 (BAnz. Nr. 20 vom 29. Januar 2000 S. 1385), Erster Teil, Einschränkungen der AVE auf Antrag (Einschränkungsklauseln) Abschn. III Nr. 1 |
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL
Verkündet am 2. Juli 2008
In Sachen
hat der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 2. Juli 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Freitag, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Marquardt, den Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Brühler sowie die ehrenamtlichen Richter Frischholz und Großmann für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 16. Februar 2007 - 10 Sa 90/06 - wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand:
Die Parteien streiten darüber, ob die im Wege der Verschmelzung mit der Beklagten aufgelöste L M GmbH (LM GmbH) im Klagezeitraum einen von den allgemeinverbindlichen Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes erfassten Betrieb unterhalten, die Beklagte als Gesamtrechtsnachfolgerin der LM GmbH deshalb für die Monate Dezember 1999 bis November 2002 Sozialkassenbeiträge iHv. 902.659,60 Euro zu leisten, für die Monate Dezember 2003 bis November 2004 Auskünfte zu erteilen und im Falle nicht fristgerechter Auskunftserteilung eine Entschädigung zu zahlen hat. Ihre Auskunftsklage für die Monate Dezember 2002 bis November 2003 hat die Klägerin während des Revisionsverfahrens für erledigt erklärt und die beanspruchte Entschädigung auf insgesamt 245.930,00 Euro vermindert. Die Beklagte hat der Teilerledigungserklärung nicht zugestimmt.
Die Klägerin ist die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes (ZVK).
Sie ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes. Den Beitragseinzug regelte im Dezember 1999 der für allgemeinverbindlich erklärte Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 12. November 1986 idF vom 26. Mai 1999 (VTV/1986) und im übrigen Klagezeitraum der für allgemeinverbindlich erklärte Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 20. Dezember 1999 (VTV/1999).
Die Beklagte ging aus der Z GmbH hervor. Sie gehört zur L-Unternehmensgruppe. Diese befasst sich mit der Herstellung von Holzrahmenhäusern, der Montage der vorgefertigten Bauteile sowie dem Innenausbau. Darüber hinaus übernimmt sie Planung, Vertrieb, Marketing, Arbeitsvorbereitung und Verwaltung. Die Wände, Decken und Dächer der Fertighäuser werden am Sitz der Unternehmensgruppe in G hergestellt. In den Wänden sind Fenster, Türen, Rollläden, Be- und Entwässerung und Leerrohre für Elektroleitungen vorhanden sowie der Grundputz bzw. die Verklinkerung oder Holzverschalung angebracht. Die bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer stellten und stellen die Holzrahmenhäuser her. Die Arbeitnehmer, die die Fertigbauteile montierten und den Innenausbau durchführten, waren bei der am 6. Februar 1990 gegründeten LM GmbH beschäftigt, bis diese ihren gesamten Geschäftsbetrieb am 30. November 2004 auf die Beklagte übertragen hat. Durch einen am 21. Februar 2005 notariell beurkundeten Verschmelzungsvertrag wurde die LM GmbH unter Auflösung ohne Abwicklung mit der Beklagten verschmolzen. Planung, Marketing, Arbeitsvorbereitung, Verwaltung und Vertrieb der Fertighäuser obliegen der L GmbH & Co. KG, die am 24. August 1998 im Wege eines Rechtsformwechsels aus der L-H GmbH (LH GmbH) hervorging.
Der alleinige Geschäftsführer der LH GmbH und der LM GmbH L bekundete Ende des Jahres 1993 Interesse an einer Mitgliedschaft im Bundesverband Deutscher Fertigbau e.V. (BDF), der dem in Abschn. I Abs. 2 Buchst. a Satz 1 der Bekanntmachung über die Allgemeinverbindlicherklärung (AVE) von Tarifwerken für das Baugewerbe vom 17. Januar 2000 (BAnz. Nr. 20 vom 29. Januar 2000 S. 1385), Erster Teil, Einschränkungen der AVE auf Antrag (Einschränkungsklauseln), aufgeführten Hauptverband der Holz und Kunststoffe verarbeitenden Industrie und verwandter Industriezweige e.V. (HDH) als ordentliches Mitglied angehört. Im Ergebnisprotokoll über die Vorstandssitzung des BDF vom 13. Oktober 1994 heißt es ua.:
"Der Vorstand stimmt ebenfalls dem Aufnahmeantrag der Fa. L für den Fall zu, daß die derzeit im Gang befindliche Überwachung der Qualitätsgemeinschaft Deutscher Fertigbau positiv abgeschlossen wird."
Die LH GmbH teilte dem BDF in einem Schreiben vom 6. Dezember 1994 Folgendes mit:
"Aufnahmeverfahren
Sehr geehrter Herr K,
bezugnehmend auf die Aufnahmeprüfung im QDF (und Ihre Anfrage inwieweit L-H eine eigene Fertigung hat und eigene Richtgruppen beschäftigt) möchten wir Ihnen mitteilen, daß die Fertigung in der Firma Z GmbH angegliedert ist und die Richtleute in der L M GmbH beschäftigt sind.
Bezüglich der BDF-Beitragsordnung werden alle Leistungen der oben genannten Firmen im Umsatz von L-H an den Endkunden fakturiert.
Mit freundlichen Grüßen
L-H GmbH G
ppa. W"
Die Überwachung der Qualitätsgemeinschaft Deutscher Fertigbau erstreckte sich auch auf alle betrieblichen Tätigkeiten der LM GmbH. Nach der Beendigung der Qualitätsprüfungen teilte der BDF in einem Schreiben vom 10. Januar 1995 ua. Folgendes mit:
"BDF-Mitgliederverzeichnis
Sehr geehrter Herr L,
...
Wie mit unserem Schreiben vom 23.12.1994 bereits ausgeführt, führen wir Sie nach positivem Abschluß der Überwachungen der Qualitätsgemeinschaft Deutscher Fertigbau seit dem 1. Januar d. J. als neues BDF-Mitglied.
...
In unserem BDF-Mitgliederverzeichnis findet aus Marketinggründen üblicherweise die gegenüber dem Endkunden gebrauchte Firmenbezeichnung Verwendung. In Ihrem Falle führen wir Sie ab dem Jahr 1995 unter dem Namen L-H GmbH. Dessen ungeachtet schließt Ihre BDF-Mitgliedschaft selbstverständlich sämtliche Unternehmensteile ein. Dies betrifft sowohl die Fertigung (Z GmbH) als auch die Montage (L M GmbH)."
Die ZVK hat gemeint, der Betrieb der LM GmbH sei im Klagezeitraum auf Grund der AVE des VTV vom betrieblichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrags erfasst worden. Die Einschränkung der AVE in Abschn. I Abs. 2 Buchst. a Satz 1 der Einschränkungsklauseln habe sich nicht auf die LM GmbH erstreckt. Diese sei nicht ordentliches Mitglied des BDF geworden und habe damit nicht mittelbar dem HDH angehört. Im Übrigen habe der BDF als nicht tariffähiger Verband die mittelbare Mitgliedschaft im HDH nicht wirksam vermitteln können.
Die ZVK hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen,
1. an sie 902.659,60 Euro zu zahlen,
2. ihr auf dem vorgeschriebenen Formular Auskunft darüber zu erteilen,
2.1 wie viele gewerbliche Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten, in den Monaten Dezember 2003 - November 2004 in dem Betrieb der L M GmbH beschäftigt wurden, welche Bruttolohnsumme und welche Sozialkassenbeiträge insgesamt für diese Arbeitnehmer in den jeweils genannten Monaten angefallen sind,
2.2 wie viele Angestellte, die eine nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten - ausgenommen die geringfügig Beschäftigten iSd. § 8 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) - in den Monaten Dezember 2003 - November 2004 in dem Betrieb der L M GmbH beschäftigt wurden und welche Zusatzversorgungsbeiträge in den jeweils genannten Monaten angefallen sind,
3. für den Fall, dass diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung nicht innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung erfüllt wird, an sie eine Entschädigung iHv. insgesamt 245.930,00 Euro zu zahlen, nämlich
- zu Ziff. 2.1 der Klageanträge 242.210,00 Euro,
- zu Ziff. 2.2 der Klageanträge 3.720,00 Euro.
Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, die LM GmbH habe ab dem 1. Januar 1995 dem BDF angehört, sei damit am Stichtag 1. Juli 1999 mittelbar ordentliches Mitglied des HDH gewesen und deshalb gemäß Abschn. I Abs. 2 Buchst. a Satz 1 der Einschränkungsklauseln von der AVE des VTV ausgenommen gewesen. Die Einschränkungsklausel stelle nicht darauf ab, ob die mittelbare Mitgliedschaft im HDH durch einen tariffähigen Verband oder eine nicht tariffähige Organisation vermittelt werde.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der ZVK gegen das Urteil des Arbeitsgerichts zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die ZVK ihre Klageansprüche weiter, soweit sie ihre Auskunftsklage nicht teilweise für erledigt erklärt hat. Die Beklagte beantragt, die Revision der ZVK zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
Die Revision der ZVK hat keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat
die Klage zu Recht abgewiesen.
I. Die Beklagte ist als Gesamtrechtsnachfolgerin der LM GmbH nicht zur Zahlung von Sozialkassenbeiträgen und zur Erteilung der von der ZVK verlangten Auskünfte verpflichtet. Die Arbeitnehmer der LM GmbH haben im Klagezeitraum zwar arbeitszeitlich überwiegend Fertigbauarbeiten iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 13 VTV ausgeführt. Der VTV fand jedoch mangels Tarifgebundenheit der LM GmbH nach § 3 Abs. 1 TVG keine Anwendung.
II. Die AVE des VTV führt nicht dazu, dass dieser Tarifvertrag im Klagezeitraum mit unmittelbarer und zwingender Wirkung gemäß § 5 Abs. 4 TVG für die LM GmbH galt. Ihr Betrieb hat die Voraussetzungen des Abschn. I Abs. 2 Buchst. a Satz 1 der Einschränkungsklauseln erfüllt. In den Einschränkungsklauseln heißt es ua.:
"Erster Teil
Einschränkungen der Allgemeinverbindlicherklärung auf Antrag
I.
1. Die Allgemeinverbindlicherklärung erstreckt sich nicht auf Betriebe und selbständige Betriebsabteilungen von Arbeitgebern mit Sitz im Inland oder Ausland, die unter einen der im Anhang abgedruckten fachlichen Geltungsbereiche der am 1. Juli 1999 (Stichtag) geltenden Tarifverträge der holz- und kunststoffverarbeitenden Industrie, der Sägeindustrie und übriger Holzbearbeitung, der Steine- und Erden-Industrie, der Mörtelindustrie, der Transportbetonindustrie, der chemischen oder kunststoffverarbeitenden Industrie oder der Metall-und Elektroindustrie fallen.
2. Für Betriebe und selbständige Betriebsabteilungen von Arbeitgebern mit Sitz im Inland gilt Abs. 1 nur dann, wenn sie
a) bereits am Stichtag unmittelbar oder mittelbar ordentliches Mitglied des Hauptverbandes der Holz und Kunststoffe verarbeitenden Industrie und verwandter Industriezweige e. V., der Vereinigung Deutscher Sägewerksverbände e. V., der Sozialpolitischen Arbeitsgemeinschaft Steine und Erden e.V., des Bundesverbandes der Deutschen Mörtelindustrie e. V., des Bundesverbandes der Deutschen Transportbetonindustrie e. V., des Bundesarbeitgeberverbandes Chemie e. V., der Verbände der kunststoffverarbeitenden Industrie oder eines Arbeitgeberverbandes im Gesamtverband der metallindustriellen Arbeitgeberverbände (Gesamtmetall) waren. In diesem Fall wird unwiderlegbar vermutet, dass die Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllt sind."
1. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass die LM GmbH als Arbeitgeberin mit Sitz im Inland am Stichtag 1. Juli 1999 mittelbar ordentliches Mitglied des in Abschn. I Abs. 2 Buchst. a Satz 1 der Einschränkungsklauseln ausdrücklich genannten Hauptverbandes der Holz und Kunststoffe verarbeitenden Industrie und verwandter Industriezweige e. V. war. Diese mittelbare Mitgliedschaft bewirkte nach Abschn. I Abs. 2 Buchst. a Satz 2 der Einschränkungsklauseln die unwiderlegbare Vermutung, dass die Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllt waren und sich damit die AVE nicht auf die LM GmbH erstreckt hat.
a) Die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, die zur Einschränkung der AVE führen, oblag der Beklagten (BAG 23. Februar 2005 - 10 AZR 382/04 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 270 = EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 117; 25. Januar 2005 - 9 AZR 44/04 - BAGE 113, 247, 263). Bei der AVE handelt es sich um einen Akt der Rechtssetzung eigener Art zwischen autonomer Regelung und staatlicher Rechtssetzung, der seine eigenständige Grundlage in Art. 9 Abs. 3 GG findet (vgl. BVerfG 15. Juli 1980 - 1 BvR 24/74, 1 BvR 439/79 - BVerfGE 55, 7; BAG 21. November 2007 - 10 AZR 782/06 - AP TVG § 1 Nr. 297 = EzA AEntG § 1 Nr. 11; 20. Juni 2007 - 10 AZR 302/06 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Holz Nr. 26 = EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 135; BVerwG 3. November 1988 - 7 C 115.86 - BVerwGE 80, 355). Ebenso wie bei sonstigen Rechtsnormen trägt für Ausnahmeregelungen deshalb derjenige die Darlegungs- und Beweislast, der sich darauf beruft. Dies gilt nach der Rechtsprechung auch hinsichtlich der im VTV selbst vorgesehenen Ausnahmen vom betrieblichen Geltungsbereich (BAG 13. Mai 2004 - 10 AZR 120/03 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 265; 25. Juli 2001 - 10 AZR 483/00 - BAGE 98, 250, 256 f.).
b) Die Beklagte hat den ihr obliegenden Nachweis der Einschränkung der AVE geführt. Darüber, dass der BDF am Stichtag ordentliches Mitglied des HDH war, besteht kein Streit. Umstritten ist nur, ob die LM GmbH dem BDF angehörte und angehören durfte.
aa) Ohne Erfolg rügt die ZVK, die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die LM GmbH sei ab dem 1. Januar 1995 ordentliches Mitglied des BDF gewesen, beruhe darauf, dass das Landesarbeitsgericht Tatsachen nicht prozessordnungsgemäß festgestellt, widersprüchlichen Vortrag der Beklagten berücksichtigt, ihr Vorbringen dagegen teilweise übergangen habe und ihr vom Landesarbeitsgericht unter Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör keine Gelegenheit gegeben worden sei, zu neuem Tatsachenvortrag der Beklagten Stellung zu nehmen. Das Landesarbeitsgericht hat bei seiner Beweiswürdigung § 286 ZPO nicht verletzt.
bb) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die LM GmbH sei am Stichtag Mitglied im BDF gewesen, beruht nicht auf Verfahrensfehlern und ist deshalb revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Landesarbeitsgericht hat das Verfahren zum Erwerb der Mitgliedschaft im BDF nicht nur im Tatbestand des Urteils ausführlich dargestellt. Es hat auch den Inhalt der während des Aufnahmeverfahrens und der danach gewechselten Schreiben in den Entscheidungsgründen eingehend und widerspruchsfrei gewürdigt. Es hat rechtsfehlerfrei insbesondere auf den Inhalt des Schreibens des BDF vom 10. Januar 1995 abgestellt, in dem der BDF ua. mitgeteilt hat, dass in seinem Mitgliederverzeichnis aus Marketinggründen üblicherweise die gegenüber dem Endkunden gebrauchte Firmenbezeichnung Verwendung findet, deshalb die Mitgliedschaft unter dem Namen L-H GmbH geführt wird, dessen ungeachtet die BDF-Mitgliedschaft selbstverständlich sämtliche Unternehmensteile einschließt und deshalb sowohl die Fertigung (Z GmbH) als auch die Montage (L M GmbH) betrifft. Von Bedeutung ist, dass das Schreiben des BDF vom 10. Januar 1995 seinem Wortlaut nach und nach seinem Sinn und Zweck der Bestätigung der Mitgliedschaft im BDF diente. Wäre entsprechend der Auffassung der ZVK nur die LH GmbH und nicht auch die LM GmbH Mitglied geworden, wäre der Hinweis, dass die Mitgliedschaft aus Marketinggründen unter dem Namen "L-H GmbH" geführt wird, überflüssig gewesen. Entscheidend kommt hinzu, dass die LM GmbH im Schreiben vom 10. Januar 1995 als in die BDF-Mitgliedschaft einbezogener "Unternehmensteil" ausdrücklich genannt ist.
cc) Wenn das Landesarbeitsgericht eine Stellungnahme der ZVK zur Frage, ob die LM GmbH nach der Satzung des BDF Mitglied werden durfte, nicht für erforderlich gehalten hat, hat es dadurch den Anspruch der ZVK auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Das Landesarbeitsgericht hat unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 25. Juli 2001 (- 10 AZR 599/00 - BAGE 98, 263, 273) mit Recht angenommen, dass es für die Frage der Einschränkung der AVE nicht darauf ankommt, ob die LM GmbH als Montagebetrieb zum Kreis der Firmen gehörte, die nach der Satzung des BDF in diesem Verband ordentliches Mitglied werden konnten. Es hat zutreffend erkannt, dass die Mitgliedschaft der LM GmbH auch dann begründet worden wäre, wenn diese unter Verstoß gegen die Satzung des BDF zustande gekommen wäre.
dd) Auch die übrigen Rügen von Verfahrensmängeln erachtet der Senat für nicht durchgreifend und sieht deshalb gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 564 Satz 1 ZPO insoweit von einer Begründung ab.
c) Entgegen der Auffassung der ZVK hat das Landesarbeitsgericht die Einschränkung der AVE in Abschn. I Abs. 2 Buchst. a Satz 1 der Einschränkungsklauseln auch mit Recht nicht an die Voraussetzung geknüpft, dass die Organisation, die die mittelbare Mitgliedschaft in einem der in der Vorschrift genannten Verbände vermittelt, selbst tariffähig ist.
aa) Bei dieser Annahme des Landesarbeitsgerichts handelt es sich entgegen der Auffassung der ZVK nicht um eine Überraschungsentscheidung unter Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Allerdings hat das Landesarbeitsgericht bei den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung vom 8. Dezember 2006 zunächst angenommen, der Erwerb der mittelbaren Mitgliedschaft iSd. Abschn. I Abs. 2 Buchst. a Satz 1 der Einschränkungsklauseln setze voraus, dass der Arbeitgeber als Verbandsmitglied gemäß § 3 Abs. 1 TVG tarifgebunden ist. Jedoch hat das Landesarbeitsgericht am Schluss der Sitzung den Beschluss verkündet, dass den Parteien nachgelassen wird, zu den Erörterungen, insbesondere zur Geltung der Einschränkung der AVE und zur mittelbaren Mitgliedschaft bis zum 5. Februar 2007 Stellung zu nehmen. Ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter musste deshalb damit rechnen, dass das Landesarbeitsgericht bei Berücksichtigung der den Parteien nachgelassenen Stellungnahmen an seiner bisherigen Rechtsauffassung zur Frage der notwendigen Tarifbindung nicht festhalten könnte.
bb) Für die Ansicht der ZVK, nur die Mitgliedschaft in einer tariffähigen Vereinigung könne die mittelbare Mitgliedschaft in einem in Abschn. I Abs. 2 Buchst. a Satz 1 der Einschränkungsklauseln aufgeführten Verband wirksam vermitteln, spricht, dass die Einschränkung der AVE Tarifkonkurrenzen vermeiden will (vgl. BAG 18. Oktober 2006 - 10 AZR 301/06 - EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 130; 28. Juli 2004 - 10 AZR 582/03 -; 23. Juni 2004 - 10 AZR 470/03 -). Ein Wille des Normgebers der AVE, die Einschränkung der AVE des VTV an die Mitgliedschaft in einer tariffähigen Vereinigung am Stichtag 1. Juli 1999 zu binden, hat jedoch im Wortlaut des Abschn. I Abs. 2 Buchst. a Satz 1 der Einschränkungsklauseln, auf den es zunächst ankommt, keinen Niederschlag gefunden. Die Einschränkungsklausel unterscheidet bei den die mittelbare Mitgliedschaft vermittelnden Vereinigungen nicht zwischen tariffähigen und nicht tariffähigen. Vielmehr reicht dem Wortlaut nach bereits die mittelbare ordentliche Mitgliedschaft in einem in der Vorschrift aufgeführten Verband am Stichtag aus, um die unwiderlegbare Vermutung des Abschn. I Abs. 2 Buchst. a Satz 2 der Einschränkungsklauseln und damit die Rechtsfolge auszulösen, dass sich die AVE des VTV nicht auf den Betrieb oder die selbständige Betriebsabteilung erstreckt.
cc) Eine den Wortlaut des Abschn. I Abs. 2 Buchst. a Satz 1 der Einschränkungsklauseln einschränkende Auslegung der Art, dass die Einschränkung voraussetzt, dass die die mittelbare Mitgliedschaft vermittelnde Vereinigung tariffähig sein muss, ist nicht geboten. Der systematische Gesamtzusammenhang spricht vielmehr gegen eine solche einschränkende Auslegung.
(1) In Abschn. I Abs. 1 der Einschränkungsklauseln hat der Normgeber der AVE Betriebe und selbständige Betriebsabteilungen von Arbeitgebern mit Sitz im Inland oder Ausland von der AVE ausgenommen, die unter einen der im Anhang abgedruckten fachlichen Geltungsbereiche der am 1. Juli 1999 (Stichtag) geltenden Tarifverträge der holz- und kunststoffverarbeitenden Industrie, der Sägeindustrie und übriger Holzbearbeitung, der Steine- und ErdenIndustrie, der Mörtelindustrie, der Transportbetonindustrie, der chemischen oder kunststoffverarbeitenden Industrie oder der Metall- und Elektroindustrie fallen. Mit der Formulierung "unter einen ... fachlichen Geltungsbereich ... fallen" hat der Normgeber der AVE seinen Willen zum Ausdruck gebracht, dass für die Nichterstreckung der AVE nicht erforderlich ist, dass der Arbeitgeber tarifgebunden ist und der Betrieb oder die selbständige Betriebsabteilung von einem der im Anhang aufgeführten Tarifverträge tatsächlich erfasst wird. Demgegenüber erfordert die Einschränkung der AVE nach Abschn. III Nr. 1 der Einschränkungsklauseln, dass die in dieser Bestimmung genannten Betriebe und selbständigen Betriebsabteilungen vom Rahmentarifvertrag für das Maler- und Lackiererhandwerk oder von dessen Allgemeinverbindlichkeit erfasst werden. Aus dem Vergleich der Regelungen in Abschn. I Nr. 1 und Abschn. III Nr. 1 wird deutlich, dass der Normgeber der AVE die Nichterstreckung der AVE nicht einheitlich daran knüpfen wollte, dass der ausgenommene Betrieb oder die ausgenommene Betriebsabteilung von einem anderen Tarifvertrag tatsächlich erfasst wird. Wenn er in Abschn. I Nr. 2 Buchst. a Satz 1 der Einschränkungsklauseln anders als in Abschn. III Nr. 1 davon abgesehen hat, die Nichterstreckung der AVE daran zu binden, dass der Arbeitgeber einem tariffähigen Verband angehört, ist dieser Wille zu achten.
(2) Dem Normgeber der AVE steht es auch grundsätzlich frei, Arbeitgeber auch dann von der AVE von Tarifwerken des Baugewerbes auszunehmen, wenn ihre Betriebe nicht vom fachlichen Geltungsbereich eines anderen allgemeinverbindlichen Tarifvertrags erfasst werden oder andere Tarifverträge mangels Tarifbindung des Arbeitgebers keine Anwendung finden (vgl. für Arbeitgeber mit Sitz im Ausland, die Fertigbauarbeiten ausführen BAG 18. Oktober 2006 - 10 AZR 301/06 - = EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 130). Die AVE kann den Geltungsbereich des Tarifvertrags zwar nicht erweitern, sie muss ihn aber auch nicht ausschöpfen. Selbst einzelne Betriebe oder Unternehmen können von der AVE ausgenommen werden, wenn zB verhindert werden soll, dass die tariflichen Arbeitsbedingungen Arbeitsplätze vernichten, weil der Arbeitgeber keine Chance hat, die Last eines allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrags durch einen Sanierungstarifvertrag abzuwenden (vgl. Löwisch/Rieble TVG 2. Aufl. § 5 Rn. 30).
2. Das Landesarbeitsgericht hat auch zutreffend erkannt, das der VTV/1986 nach dem Einleitungssatz der Bekanntmachung über die AVE von Tarifwerken für das Baugewerbe vom 17. Januar 2000 mit den in den Einschränkungsklauseln festgelegten Einschränkungen zum 1. Juli 1999 für allgemeinverbindlich erklärt worden ist. Auf Grund dieser zum 1. Juli 1999 zurückwirkenden Einschränkung der AVE ist die LM GmbH entgegen der Ansicht der ZVK auch im Dezember 1999 nicht vom VTV erfasst worden.
Ende der Entscheidung
Bestellung eines bestimmten Dokumentenformates:
Sofern Sie eine Entscheidung in einem bestimmten Format benötigen, können Sie sich auch per E-Mail an info@protecting.net unter Nennung des Gerichtes, des Aktenzeichens, des Entscheidungsdatums und Ihrer Rechnungsanschrift wenden. Wir erstellen Ihnen eine Rechnung über den Bruttobetrag von € 4,- mit ausgewiesener Mehrwertsteuer und übersenden diese zusammen mit der gewünschten Entscheidung im PDF- oder einem anderen Format an Ihre E-Mail Adresse. Die Bearbeitungsdauer beträgt während der üblichen Geschäftszeiten in der Regel nur wenige Stunden.