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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 16.08.2000
Aktenzeichen: 10 AZR 526/99
Rechtsgebiete: BAT-O, Änderungstarifvertrag Nr. 1 zum BAT-O, SR 2 l I BAT-O, GG, BBesG, Vorbemerkung, BBesO, Verordnung über d. Ausbildung f. Lehrämter, Landesbesoldungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern


Vorschriften:

BAT-O § 11
BAT-O § 70
Änderungstarifvertrag Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 § 2
Sonderregelungen für Angestellte als Lehrkräfte (SR 2 l I BAT-O) Nr. 1
Sonderregelungen für Angestellte als Lehrkräfte (SR 2 l I BAT-O) Nr. 3 a
GG Art. 72
GG Art. 74 a
BBesG § 1
BBesG § 20
Vorbemerkung Nr. 16 b zu Anlage I zum BBesG
BBesO Besoldungsgruppe A 13
Verordnung über die Ausbildung für Lehrämter vom 18. September 1990 § 10
Verordnung über d. Ausbildung von Lehrern f. d. öffentlichen Schulen d. Landes Mecklenburg-Vorpommern - Lehrerausbildungsverordnung - vom 9. Juli 1991 § 3
Verordnung über d. Ausbildung von Lehrern f. d. öffentlichen Schulen d. Landes Mecklenburg-Vorpommern - Lehrerausbildungsverordnung - vom 9. Juli 1991 § 22
Verordnung über d. Ausbildung von Lehrern f. d. öffentlichen Schulen d. Landes Mecklenburg-Vorpommern - Lehrerausbildungsverordnung - vom 9. Juli 1991 § 23
Landesbesoldungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern § 1
Landesbesoldungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern § 2
Leitsätze:

Eine Lehrkraft, die während der Geltungsdauer der Verordnung über die Ausbildung für Lehrämter vom 18. September 1990 im Lande Mecklenburg-Vorpommern den Abschluß als Diplomlehrer mit der Lehrbefähigung in zwei Fächern der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule erworben und anschließend nach Absolvierung eines Vorbereitungsdienstes die Zweite Staatsprüfung abgelegt und damit die Lehrbefähigung in zwei Unterrichtsfächern für das Lehramt an Haupt- und Realschulen erworben hat, erfüllt die Voraussetzungen für eine Eingruppierung in die VergGr. II a BAT-O iVm. § 11 Satz 2 BAT-O, Besoldungsgruppe A 13 der Bundesbesoldungsordnung A.

Aktenzeichen: 10 AZR 526/99 Bundesarbeitsgericht 10. Senat Urteil vom 16. August 2000 - 10 AZR 526/99 -

I. Arbeitsgericht Rostock - 3 Ca 328/97 - Urteil vom 27. Januar 1998

II. Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern - 1 Sa 361/98 - Urteil vom 1. Juli 1999


BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

10 AZR 526/99 1 Sa 361/98

Verkündet am 16. August 2000

Klapp, Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In Sachen

beklagtes, berufungsbeklagtes und revisionsklagendes Land,

pp.

Klägerin, Berufungsklägerin und Revisionsbeklagte,

hat der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der Beratung vom 16. August 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Freitag, den Richter am Bundesarbeitsgericht Böck, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Marquardt und die ehrenamtlichen Richter Bacher und Dr. Schmidt für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 1. Juli 1999 - 1 Sa 361/98 - wird zurückgewiesen.

2. Das beklagte Land hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen !

Tatbestand

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.

Die Klägerin ist als Lehrerin im Angestelltenverhältnis beim beklagten Land beschäftigt. Am 28. Juni 1991 hatte sie ihr Studium an der Brandenburgischen Landeshochschule Potsdam in der Fächerkombination Mathematik/Geographie mit dem Hochschulabschluß als Diplomlehrerin abgeschlossen. Ihr Zeugnis enthält folgenden Zusatz: "Sie erhält damit die Lehrbefähigung zur Erteilung des Fachunterrichtes in Mathematik und Geographie der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschulen der DDR". In der Zeit vom 1. August 1991 bis 31. Juli 1992 absolvierte die Klägerin ihren Vorbereitungsdienst, den sie mit der Zweiten Staatsprüfung für das Lehramt an Haupt- und Realschulen abschloß. Ihr Zeugnis vom 9. Juli 1992 enthält folgende Bestätigungen:

"Sie hat die Zweite Staatsprüfung gemäß VOVoP vom 16. Januar 1992 ... abgelegt und bestanden" sowie

"Sie hat in den Unterrichtsfächern Mathematik und Geographie die Lehrbefähigung für das Lehramt an Haupt- und Realschulen erworben."

Nach unbestritten gebliebenem Sachvortrag der Klägerin wurden ihr sechs Monate Praktikum als Referendarzeit angerechnet.

Seit dem Schuljahr 1992/93 ist die Klägerin im Schuldienst des beklagten Landes als Lehrerin tätig. Nachdem sie zunächst im Bereich des Schulamtes B. am Gymnasium eingesetzt wurde, ist sie seit dem 1. August 1996 an der Realschule G. tätig. Sie erhält Vergütung nach der VergGr. III BAT-O.

Mit Schreiben vom 3. März 1996 begehrte die Klägerin Vergütung nach der VergGr. II a BAT-O. Dies hat das beklagte Land mit Schreiben vom 7. März 1996 abgelehnt.

Beide Parteien sind tarifgebunden.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, sie sei im tarifrechtlichen Sinne Lehrerin mit fachwissenschaftlicher Ausbildung in zwei Fächern, wobei sich die Lehrbefähigung auf Haupt- und Realschulen erstrecke und sie entsprechend verwendet werde. Demgemäß habe sie Anspruch auf eine Vergütung nach der VergGr. II a BAT-O. Ihre Lehrbefähigung habe sie nicht nach dem Recht der ehemaligen DDR, sondern erst durch ihre Zweite Staatsprüfung nach neuem Recht erlangt. Im übrigen habe sie sich aber über zwei Jahre in der gymnasialen Oberstufe bewährt, da sie vor ihrer zum 1. August 1996 erfolgten Versetzung an die Realschule G. vier Jahre lang an einem Gymnasium tätig gewesen sei und dort zu mehr als 50 % in der Oberstufe unterrichtet habe.

Die Klägerin hat beantragt

festzustellen, daß ihr ab 1. August 1996 Vergütung nach der VergGr. II a BAT-O zusteht.

Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt.

Es vertritt die Auffassung, die Klägerin würde nicht die Voraussetzungen für eine Besoldung nach der Besoldungsgruppe A 13 der Bundesbesoldungsordnung erfüllen, wenn sie im Beamtenverhältnis stünde. Damit habe sie auch keinen Anspruch auf Vergütung nach der VergGr. II a BAT-O. Ein solcher würde voraussetzen, daß sie ihr Studium gemäß § 20 Lehrerausbildungsverordnung verlängert und mit der Ersten Staatsprüfung abgeschlossen hätte. Die Klägerin verfüge daher nicht über die Befähigung für ein Lehramt gemäß § 3 Lehrerausbildungsverordnung, weil diese eine Erste und Zweite Staatsprüfung voraussetze. Durch ihre Zweite Staatsprüfung wandele sich ihr Studienabschluß als Diplomlehrerin nicht in eine Erste Staatsprüfung um. Schließlich habe die Klägerin auch ein Wahlrecht dahingehend gehabt, ein verlängertes Studium zu absolvieren und die Erste Staatsprüfung abzulegen. Sie verfüge somit über eine Qualifikation, welche eine Lehrbefähigung nach dem Recht der ehemaligen DDR darstelle, so daß das Landesbesoldungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern für ihre Einstufung einschlägig wäre, wenn sie Beamtin wäre. Auch durch den Einsatz der Klägerin am Gymnasium könne diese die Voraussetzungen für eine Eingruppierung in die VergGr. II a BAT-O nicht erfüllen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt das beklagte Land seinen Klageabweisungsantrag weiter, während die Klägerin die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

Die Revision des beklagten Landes ist unbegründet. Die Klägerin hat Anspruch auf die begehrte Vergütung nach der VergGr. II a BAT-O ab dem 1. August 1996.

I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet. Im Falle der Klägerin führe die tarifvertragliche Verweisung in den Sonderregelungen für Angestellte als Lehrkräfte nicht zur Anwendung der Landesbesoldungsordnung, sondern der Bundesbesoldungsordnung. Nach der Vorbemerkung Nr. 16 b der Anlage I zum Bundesbesoldungsgesetz stehe den Ländern die Gesetzgebungskompetenz für Lehrer mit Lehrbefähigung nach dem Recht der ehemaligen DDR zu. Zu diesen gehöre die Klägerin jedoch nicht, da sie über eine nach neuem Recht erworbene Lehrbefähigung verfüge. Dies folge aus §§ 3, 22 Lehrerausbildungsverordnung iVm. § 10 Abs. 4 Nr. 1 der Verordnung über die Ausbildung für Lehrämter vom 18. September 1990. Der im Jahre 1991 erworbene Studienabschluß der Klägerin werde danach als Erste Staatsprüfung anerkannt. Die Klägerin erfülle somit die Voraussetzungen der Besoldungsgruppe A 13 der Bundesbesoldungsordnung "Lehrer - mit fachwissenschaftlicher Ausbildung in zwei Fächern, wenn sich die Lehrbefähigung auf Haupt- und Realschulen oder Gymnasien erstreckt, bei einer dieser Befähigung entsprechenden Verwendung" (Besoldungsgruppe A 13 erster Spiegelstrich). Demnach stehe ihr Vergütung nach der VergGr. II a BAT-O zu, da diese Vergütungsgruppe nach § 11 BAT-O der Besoldungsgruppe A 13 entspreche.

II. Dem Landesarbeitsgericht ist sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zu folgen.

1. Auf Grund beiderseitiger Tarifgebundenheit findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der BAT-O Anwendung. Damit gelten für die Eingruppierung der Klägerin im Klagezeitraum folgende Bestimmungen:

"Änderungstarifvertrag Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991

§ 2

Übernahme der Vergütungsordnung des BAT

...

3. Die Anlage 1 a ist, soweit sie keine besonderen Tätigkeitsmerkmale enthält, nicht auf Angestellte anzuwenden, die

...

als Lehrkräfte, auch wenn sie nicht unter die SR 2 l I fallen,

beschäftigt sind. Diese Angestellten sind - gegebenenfalls nach näherer Maßgabe von Richtlinien - in der Vergütungsgruppe eingruppiert, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in welcher der Angestellte eingestuft wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde.

Sonderregelungen für Angestellte als Lehrkräfte (SR 2 l IBAT-O)

Nr. 1

Zu §§ 1 und 2 - Geltungsbereichž-ž

Diese Sonderregelungen gelten für Angestellte als Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen und berufsbildenden Schulen (Berufs-, Berufsfach- und Fachschulen).

...

Protokollnotiz:

Lehrkräfte im Sinne dieser Sonderregelungen sind Personen, bei denen die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Rahmen eines Schulbetriebes der Tätigkeit das Gepräge gibt.

...

Nr. 3 a

Zu §§ 22 bis 25 - Eingruppierungž-ž

Die Lehrkräfte werden nach § 11 Satz 2 in die Vergütungsgruppen eingruppiert, die sich bei Anwendung der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung ergeben."

2. Die Klägerin ist Lehrkraft im Sinne der tariflichen Bestimmungen, da sie an einer Realschule und somit an einer allgemeinbildenden Schule des beklagten Landes Kenntnisse und Fertigkeiten im Rahmen eines Schulbetriebes vermittelt. Somit ist für ihre Eingruppierung nach § 2 Nr. 3 Satz 1 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 die Anlage 1 a zum BAT-O nicht anzuwenden. Die Klägerin ist gemäß § 2 Nr. 3 Satz 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 vielmehr in der Vergütungsgruppe eingruppiert, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in welcher sie eingruppiert wäre, wenn sie im Beamtenverhältnis stünde.

3. Für die Eingruppierung der Klägerin ist ihre fiktive Einstufung nach der Bundesbesoldungsordnung A und nicht nach der Besoldungsordnung des beklagten Landes maßgeblich.

Nach Art. 74 a Abs. 1 GG unterliegt die Besoldung der Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen, der konkurrierenden Gesetzgebung. Damit fällt die Besoldung der Beamten unter die konkurrierende Gesetzgebung. Gemäß Art. 72 Abs. 1 GG haben die Länder im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung nur dann die Befugnis zur eigenen Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seinem Gesetzgebungsrecht keinen Gebrauch gemacht hat. Diese vorrangige Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes besteht nach Art. 72 Abs. 2 GG aber nicht uneingeschränkt, sondern nur, soweit für diese ein Bedürfnis besteht. Ein solches ist nach Art. 72 Abs. 2 Nr. 3 GG ua. dann gegeben, wenn die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit, insbesondere die Wahrung der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse über das Gebiet eines Landes hinaus eine bundesgesetzliche Regelung erfordert.

Auf dieser verfassungsrechtlichen Grundlage regelt das Bundesbesoldungsgesetz auch die Besoldung der Beamten der Länder, § 1 Abs. 1 Nr. 1 BBesG. Die Länder dürfen besoldungsrechtliche Vorschriften nur erlassen, soweit dies bundesgesetzlich ausdrücklich geregelt ist, § 1 Abs. 4 BBesG. § 20 Abs. 3 BBesG erlaubt die Aufnahme von Ämtern in Landesbesoldungsordnungen nur, soweit dies im Bundesbesoldungsgesetz ausdrücklich vorgesehen ist oder wenn sie sich von den Ämtern in den Bundesbesoldungsordnungen nach dem Inhalt der zugeordneten Funktionen wesentlich unterscheiden.

a) Stünde die Klägerin im Beamtenverhältnis, so müßte sich ihre Besoldung wegen Fehlens einer ausdrücklichen bundesgesetzlichen Erlaubnis zur landesrechtlichen Regelung nach dem Bundesbesoldungsgesetz und der Bundesbesoldungsordnung A richten, da sie über eine Lehrbefähigung nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland verfügt. Unbeachtlich ist dabei, ob die Klägerin darüber hinaus auch eine Lehrbefähigung nach dem Recht der ehemaligen DDR besitzt.

Durch das Gesetz zur Änderung von Vorschriften der Lehrerbesoldung vom 23. August 1994 wurde die Vorbemerkung Nr. 16 b zur Anlage I zum Bundesbesoldungsgesetz eingefügt. Diese Vorbemerkung bestimmt, daß Lehrer mit einer Lehrbefähigung nach dem Recht der ehemaligen DDR landesrechtlich unter Berücksichtigung der Ämter für Lehrer, die in der Bundesbesoldungsordnung A und in den Landesbesoldungsordnungen A ausgewiesen sind, eingestuft werden.

Diesbezüglich ist eine landesgesetzliche Regelung für das beklagte Land durch das Landesbesoldungsgesetz vom 28. Juni 1993 (für den Lehramtsbereich idF des Zweiten Änderungsgesetzes vom 14. Oktober 1994, in Kraft seit dem 22. Oktober 1994) erfolgt.

b) Die Klägerin verfügt über eine Lehrbefähigung nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland. Demnach fällt sie nicht unter den Personenkreis, für welchen die Vorbemerkung Nr. 16 b zur Anlage I zum Bundesbesoldungsgesetz die Einstufung nach landesrechtlichen Besoldungsregelungen erlaubt.

Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht erkannt, daß die Klägerin mit dem erfolgreichen Abschluß der Zweiten Staatsprüfung für das Lehramt an Haupt- und Realschulen am 9. Juli 1992 eine Lehrbefähigung nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland erworben hat.

Gemäß § 3 der Verordnung über die Ausbildung von Lehrern für die öffentlichen Schulen des Landes Mecklenburg-Vorpommern - Lehrerausbildungsverordnung - vom 9. Juli 1991 wird die Befähigung für ein Lehramt an öffentlichen Schulen durch eine abgeschlossene wissenschaftliche oder künstlerische Ausbildung an einer staatlichen wissenschaftlichen Hochschule oder Kunsthochschule (Erste Phase) und durch einen abgeschlossenen staatlichen Vorbereitungsdienst (Zweite Phase) erworben und durch das Bestehen der Ersten und Zweiten Staatsprüfung nachgewiesen.

Die Klägerin erfüllt diese Voraussetzungen. Der Abschluß ihres Studiums als Diplomlehrerin für Mathematik/Geographie am 28. Juni 1991 wird als Erste Staatsprüfung anerkannt. Dies ergibt sich aus § 10 Abs. 4 Nr. 1 der Verordnung über die Ausbildung für Lehrämter vom 18. September 1990, der wie folgt lautet:

"(4) Für Studierende an Universitäten und Hochschulen gilt:

1. Studierende, die 1991 das Studium abschließen, legen die Prüfung nach den bisherigen Regelungen ab. Der erfolgreiche Abschluß des Studiums wird als Erste Staatsprüfung anerkannt. Die Lehramtsanwärter absolvieren ab September 1991 einen einjährigen Vorbereitungsdienst, der mit der Zweiten Staatsprüfung abschließt."

Auf diese Bestimmung nimmt auch § 22 Abs. 1 Lehrerausbildungsverordnung ausdrücklich Bezug. Dieser lautet - soweit hier von Interesse:

"Übergangsregelungen für Absolventen

(1) Hochschulabsolventen im Sinne des § 10 Abs. 4 der Verordnung über die Ausbildung für Lehrämter vom 18. September 1990 können unter der Voraussetzung, daß sie ihre Prüfung in zwei der folgenden Fächer ... Mathematik, ... Geographie, ... abgelegt haben, zum 1. August 1991 in den Vorbereitungsdienst für ein Lehramt an Haupt- und Realschulen eintreten, der für die von § 10 Abs. 4 Satz 1 Betroffenen in der Regel 18 Monate beträgt, auf die das Große Praktikum im fünften Studienjahr mit sechs Monaten angerechnet werden kann."

Gemäß § 23 Lehrerausbildungsverordnung trat diese Verordnung am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft, während die Verordnung über die Ausbildung für Lehrämter vom 18. September 1990 gleichzeitig außer Kraft trat. Verkündungstermin der Lehrerausbildungsverordnung war der Termin der Veröffentlichung im Gesetz- und Verordnungsblatt für Mecklenburg-Vorpommern am 13. August 1991. Die Klägerin hatte damit ihr Diplom innerhalb der Geltungsdauer der Verordnung vom 18. September 1990 erworben.

Sie hat auch einen Vorbereitungsdienst von zwölf Monaten absolviert. Da sie ausweislich ihres Zeugnisses vom 9. Juli 1992 die Zweite Staatsprüfung auf der Grundlage der vorläufigen Ordnung des Vorbereitungsdienstes und der Zweiten Staatsprüfung für Lehrämter an den Schulen im Lande Mecklenburg-Vorpommern (VOVoP) vom 16. Januar 1992 abgelegt und bestanden hat, ist davon auszugehen, daß sie einen Vorbereitungsdienst von insgesamt 18 Monaten unter Anrechnung des sog. Großen Praktikums nach § 22 Abs. 1 Lehrerausbildungsverordnung absolviert hat. Zudem hat die Klägerin bereits im Schriftsatz vom 14. August 1997 unwidersprochen behauptet, daß ihr ein sechsmonatiges Schulpraktikum auf die Referendarzeit angerechnet worden sei.

Unerheblich ist demnach, ob die Klägerin ihr Studium und ihren Vorbereitungsdienst hätte verlängern können und dürfen. Jedenfalls mußte sie dieses nicht.

c) Landesbesoldungsrechtliche Regelungen können auch nicht deshalb maßgeblich für die Eingruppierung der Klägerin sein, weil sich etwa, wenn sie im Beamtenverhältnis stünde, das von ihr wahrgenommene Amt nach dem Inhalt der zugeordneten Funktion wesentlich von den Ämtern in der Bundesbesoldungsordnung A unterscheiden würde.

Nach § 20 Abs. 3 BBesG dürfen in Landesbesoldungsordnungen Ämter ua. dann aufgenommen werden, wenn sie sich von den Ämtern in den Bundesbesoldungsordnungen nach dem Inhalt der zugeordneten Funktionen wesentlich unterscheiden. Entsprechend regelt das Landesbesoldungsgesetz des beklagten Landes in § 1, daß dieses Gesetz die Besoldung nur regelt, soweit nicht bundesrechtliche Vorschriften gelten. § 2 des Landesbesoldungsgesetzes erklärt konkretisierend, daß es sich im Landesbesoldungsgesetz um die Zuordnung der bundesrechtlich nicht geregelten Ämter handelt.

Durch § 20 Abs. 3 BBesG bleibt den Ländern hinreichend Raum, im Zuge von Reformen und strukturellen Änderungen ihrer Organisation Ämter mit neuem Arbeitsinhalt zu schaffen und sachgerecht in die Landesbesoldungsordnungen einzufügen (vgl. Degenhart in Sachs GG Art. 74 a Rn. 11; Pieroth in Jarass/Pieroth GG 4. Aufl. Art. 74 a Rn. 2). "Neu" ist ein Amt dann, wenn es dieses Amt bisher überhaupt nicht gegeben hat oder wenn ein bestehendes bundesgesetzlich geregeltes Amt hinsichtlich der Aufgabenzuteilung neu gestaltet, insbesondere mit mehr Aufgaben und Verantwortung ausgestattet wird (BVerfG 26. Juli 1972 - 2 BvF 1/71 - BVerfGE 34, 9).

Ein diesbezüglicher "neuer" Zuschnitt des von der Klägerin im Angestelltenverhältnis ausgeübten Lehramtes an einer Realschule ist von den Parteien weder behauptet worden noch irgendwie ersichtlich.

4. Das Landesarbeitsgericht hat weiterhin zu Recht angenommen, daß die Einstufung der Klägerin, wenn sie Beamtin wäre, ab dem 1. August 1996 in die Besoldungsgruppe A 13 der Bundesbesoldungsordnung A zu erfolgen hätte. Diese Besoldungsgruppe lautet - soweit einschlägig:

"Besoldungsgruppe A 13

Lehrer

- mit fachwissenschaftlicher Ausbildung in zwei Fächern, wenn sich die Lehrbefähigung auf Haupt- und Realschulen oder Gymnasien erstreckt, bei einer dieser Befähigung entsprechenden Verwendung -10)

10) Als Eingangsamt"

Die Klägerin ist Lehrerin mit fachwissenschaftlicher Ausbildung in zwei Fächern. Ihre Lehrbefähigung erstreckt sich auf Haupt- und Realschulen, wobei sie auch entsprechend dieser Befähigung verwendet wird. Deshalb würde sie die Einstufungsvoraussetzungen dieser Besoldungsgruppe erfüllen. Da dieser Besoldungsgruppe nach § 11 Satz 2 BAT-O die VergGr. II a BAT-O entspricht, hat die Klägerin Anspruch auf Vergütung nach dieser Vergütungsgruppe.

5. Diesem Ergebnis steht die Entstehungsgeschichte des Bundesbesoldungsgesetzes und der Bundesbesoldungsordnung A nicht entgegen. Das beklagte Land ist der Auffassung, das Amt der Besoldungsgruppe A 13 erster Spiegelstrich stehe für Lehrer mit einer Befähigung für das Lehramt an Haupt- und Realschulen des Landes Mecklenburg-Vorpommern nicht zur Verfügung, da diese Regelung nur einen eng begrenzten Anwendungsbereich habe. Sie beruhe auf einer Rechtsverordnung der Bundesregierung, die mit Zustimmung des Bundesrates erlassen worden sei und auf einer Ermächtigung in Art. IX des Zweiten BesVNG beruhe. In das Amt der Funktionsbezeichnung "wissenschaftliche Ausbildung in zwei Fächern" im Sinne der Besoldungsgruppe A 13 erster Spiegelstrich seien bestimmte Lehrergruppen übergeleitet worden, und zwar Gymnasiallehrer aus den Ländern Baden-Württemberg, Niedersachsen und dem Saarland sowie Lehrer mit der Befähigung für das Lehramt an Grundschulen oder für das Lehramt an Haupt- und Realschulen in Hessen, jedoch nur bei entsprechender Verwendung und Befähigung. Diese Überleitungen seien abschließend. Für andere Lehrergruppen stünden die neuen Ämter nicht zur Verfügung. Nach der Herstellung der Einheit Deutschlands sei versucht worden, die nach dem Gesetzeswortlaut nicht eindeutig bestimmten besonderen Lehrämter durch eine Fußnote zu konkretisieren. Mit der Fußnote hätte klargestellt werden sollen, daß diese Ämter nicht für die Lehrer in den neuen Ländern zur Verfügung stehen. Diese Bemühungen seien jedoch bisher ohne Erfolg geblieben.

Dem kann nicht gefolgt werden. Wegen des verfassungsrechtlichen Auftrages der Vereinheitlichung der Beamtenbesoldung müssen die besoldungsrechtlichen Bestimmungen bei Vorliegen ihrer Voraussetzungen einheitlich für alle Bereiche des öffentlichen Dienstes angewendet werden. Gerade der Umstand, daß die vom beklagten Land erwähnte "klarstellende" Fußnote zur Besoldungsgruppe A 13 nicht Inhalt der Bundesbesoldungsordnung A geworden ist, spricht dafür, daß der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber keinen dem Wortlaut der Besoldungsgruppe A 13 widersprechenden eingeschränkten Anwendungsbereich dieser Besoldungsgruppe will.

6. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist die Geltendmachung der Forderung der Klägerin rechtzeitig iSd. § 70 BAT-O erfolgt. Das Geltendmachungsschreiben der Klägerin vom 3. März 1996 muß dem beklagten Land vor dem 7. März 1996 zugegangen sein, weil dieses den Anspruch der Klägerin mit Schreiben von diesem Tag abgelehnt hat. Die Forderung der Klägerin bezieht sich auf den Zeitraum ab dem 1. August 1996 und damit auf einen Zeitraum nach dem Geltendmachungsdatum.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.



Ende der Entscheidung

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