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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 21.10.2009
Aktenzeichen: 10 AZR 673/08
Rechtsgebiete: VTV, BBergG
Vorschriften:
VTV § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 6 | |
BBergG § 2 | |
BBergG § 3 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 | |
BBergG § 4 Abs. 2 Nr. 1 |
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL
Hinweise des Senats: Fortführung von BAG 21. Januar 2009 - 10 AZR 67/08 -
Verkündet am 21. Oktober 2009
In Sachen
hat der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21. Oktober 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Freitag, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Marquardt, den Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Brühler sowie die ehrenamtlichen Richter Schlegel und Effenberger für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 18. April 2008 - 10 Sa 557/07 - wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand:
Die Parteien streiten über Beitragsansprüche für den Zeitraum Januar 2006 bis Juni 2006, über Auskunftsansprüche bezüglich der Angestellten für den Zeitraum September 2005 bis Juni 2006 sowie über die Kostentragungspflicht hinsichtlich der übereinstimmend für erledigt erklärten Auskunftsansprüche für den Zeitraum September 2005 bis Dezember 2005 bezüglich der gewerblichen Arbeitnehmer.
Die Klägerin ist die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes. Sie ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes.
Die Beklagte unterhält einen Betrieb, in welchem arbeitszeitlich zu 90 % Kernbohrungen für Baugrund- und Bodenuntersuchungen zur Erstellung von Gutachten und zu arbeitszeitlich 10 % geophysikalische Untersuchungen und Grundwassererschließungen ausgeführt werden. Die Beklagte ist in der Handwerksrolle als Brunnenbauer, beschränkt auf Bohrarbeiten für Baugrund- und Bodenuntersuchungen, sowie für Grundwassererschließung eingetragen. Gewerberechtlich ist die Beklagte mit den Tätigkeiten Baugrundbohrungen, Grundwassererschließung, Erdtiefensonden und Erdbohrarbeiten jeglicher Art angemeldet. Die Beklagte ist Mitglied der Tiefbau-Berufsgenossenschaft in München. Das Arbeitsamt M kam in seiner Prüfungsniederschrift vom 6. Oktober 2004 zu dem Ergebnis, dass im Betrieb der Beklagten baufremde Leistungen verrichtet werden.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass der Betrieb der Beklagten im Klagezeitraum dem Geltungsbereich des allgemeinverbindlichen Verfahrenstarifvertrags unterfallen sei. Sie hat behauptet, im Betrieb der Beklagten seien von den Arbeitnehmern arbeitszeitlich gesehen überwiegend, dh. zu mehr als 50 % ihrer persönlichen Arbeitszeit, die zusammengerechnet auch mehr als 50 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit ausgemacht habe, Bohrarbeiten (Kernbohrungen) für Baugrund- und Bodenuntersuchungen zur Erstellung von Gutachten und Baugrundbohrungen ausgeführt worden. Auch bei den von der Beklagten behaupteten Bohrungen für Erdwärmetiefensonden handele es sich um eine baugewerbliche Tätigkeit. Eine Aufrechnung mit Erstattungsansprüchen sei gem. § 18 Abs. 5 VTV ausgeschlossen. Etwaige Erstattungsansprüche müsse die Beklagte gegenüber der Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft (ULAK) geltend machen.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 20.572,69 Euro zu zahlen,
2. die Beklagte weiterhin zu verurteilen, ihr auf dem von ihr zur Verfügung gestellten Formular darüber Auskunft zu erteilen, wie viele Angestellte, die nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) versicherungspflichtige Tätigkeiten in den Monaten September 2005 bis Juni 2006 ausübten, in dem Betrieb der Beklagtenseite beschäftigt wurden und welche Zusatzversorgungsbeiträge in den genannten Monaten angefallen sind,
3. für den Fall, dass diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung nicht innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung erfüllt wird, an sie folgende Entschädigung zu zahlen: 300,00 Euro.
Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Ansicht vertreten, nicht auskunfts- und beitragspflichtig zu sein, da Bohrungen auch von angelernten Kräften und nicht nur von Brunnenbauern und Tiefbaufacharbeitern durchgeführt werden könnten. Sie hat behauptet, 98 % der von ihr verrichteten Betriebstätigkeit bestehe ausschließlich im Bereich der Erdwärmegewinnung. Sie tätige Bohrungen für das geologische Modell, die Erkundung der Hydrogeologie und der Geothermie. Die Bohrungen dienten dabei der Auswertung und Beurteilung der hydrogeologischen Daten und der Ermittlung der Temperaturverteilungen im tiefen Untergrund, so dass mit diesen Erkenntnissen seitens eines Gutachters die Voraussetzungen für die Ausführung einer geothermischen Anlage festgestellt werden könnten und die Planung einer entsprechenden geothermischen Anlage möglich sei. Diese Form der Erkundungsbohrungen für Gutachten mache 5 % - 7 % der Arbeitszeit aus. Schwerpunktmäßig führe die Beklagte die Bohrungen für die Tiefensonden und deren Einbau aus, was sodann der Gewinnung der Erdwärme diene. Dabei erstelle die Beklagte weder die Heizungsanlage an sich, noch schließe sie die Anlage an. Das werde vielmehr von einem Fachmann des Heizungs- und Installationsgewerbes bzw. der weitere Anschluss durch einen Elektriker ausgeführt. Die Erschließung von Erdwärme sei dem Bereich der Urproduktion zuzuordnen.
Nachdem die Beklagte für den Zeitraum September 2005 bis Dezember 2005 hinsichtlich der gewerblichen Arbeitnehmer Auskunft erteilt hat, haben die Parteien den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt und beantragt, die Kosten jeweils der Gegenseite aufzuerlegen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte weiterhin die Klageabweisung, während die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist unbegründet. Die Beklagte schuldet die der Höhe nach unstreitigen Beiträge nach § 18 Abs. 2, § 22 Abs. 1 VTV in der jeweils gültigen, für allgemeinverbindlich erklärten Fassung. Die Auskunftsverpflichtung beruht auf § 21 VTV, Anspruchsgrundlage für den Entschädigungsanspruch ist § 61 Abs. 2 ArbGG.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dass der Betrieb der Beklagten unter den betrieblichen Geltungsbereich des VTV falle. Die arbeitszeitlich überwiegend ausgeführten Bohrarbeiten gehörten zu den in § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 6 VTV erfassten Arbeiten. Diese Bohrarbeiten würden auch baugewerblich geleistet, da es sich bei den Arbeiten, die der Erdwärmegewinnung dienten, nicht um Urproduktion handele. Der im Wege der Anschlussberufung vorgenommene Übergang der Klage von der Auskunfts- zur Zahlungsklage hinsichtlich der gewerblichen Arbeitnehmer sei nicht zu beanstanden. Selbst wenn es sich dabei um eine Klageänderung gem. § 264 Nr. 2 oder 3 ZPO handele, wäre diese zulässig, da sich die Beklagte widerspruchslos darauf eingelassen habe und zum anderen sachdienlich sei. Bezüglich des insoweit für erledigt erklärten Teils habe die Beklagte ebenfalls die Kosten zu tragen.
II. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision stand.
1. Soweit die Beklagte die Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör rügt, da das Landesarbeitsgericht ihr im Hinblick auf die Anschlussberufung und die geänderten Anträge sowie den Zahlungsantrag keinen rechtlichen Hinweis erteilt habe, dass dies beachtlich erscheine, noch den Sachverhalt in der mündlichen Verhandlung erörtert und zu erkennen gegeben habe, dass die Anschlussberufung insoweit doch Gegenstand einer stattgebenden Entscheidung werden sollte, greift diese Rüge nicht durch. Die Anschlussberufung der Klägerin ist mit Schriftsatz vom 9. August 2007 erhoben. In der Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht vom 14. Dezember 2007 wurden die entsprechenden Anträge gestellt und die Beklagten erklärten übereinstimmend die Hauptsache hinsichtlich der Auskunftsklage für die gewerblichen Arbeitnehmer für den Zeitraum September 2005 bis Dezember 2005 für erledigt. Mit Schriftsatz vom 20. August 2007 nahm die Beklagte Stellung zur Anschlussberufung der Klägerin. Im Fortsetzungstermin vom 18. April 2008 wurde mit denselben Anträgen wie in der Sitzung vom 14. Dezember 2007 verhandelt. Es ist daher nicht ersichtlich, inwiefern der Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs zur Anschlussberufung verletzt sein sollte.
2. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Tätigkeiten der Beklagten zu den in § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 6 VTV erfassten Bohrarbeiten gehören. In der Revision greift die Beklagte diese Würdigung auch nicht mehr an.
3. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht ebenfalls angenommen, dass diese Arbeiten gewerblich geleistet würden, da sie nicht der Urproduktion zuzurechnen sind.
Der Senat hat dies im Urteil vom 21. Januar 2009 (- 10 AZR 67/08 - DB 2009, 1660) ausführlich begründet. Danach ist Erdwärme zwar ein bergfreier Bodenschatz iSd. § 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b BBergG, jedoch wird der Geltungsbereich des Gesetzes aus § 2 im Zusammenhang mit § 3 BBergG allein nicht deutlich, sondern es sind ebenfalls die in § 4 enthaltenen Legaldefinitionen mit heranzuziehen. Dort ist geregelt, dass das Gewinnen, also das Lösen oder Freisetzen von Bodenschätzen einschließlich der damit zusammenhängenden vorbereitenden, begleitenden und nachfolgenden Tätigkeiten, zum Bergbau gehört, wovon allerdings nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 BBergG das Lösen oder Freisetzen von Bodenschätzen in einem Grundstück aus Anlass oder in Zusammenhang mit dessen baulicher oder sonstiger städtebaulicher Nutzung ausgenommen ist. Diese Ausnahme ist gerade im Hinblick auf die Erdwärmegewinnung in das Gesetz aufgenommen worden. Es sollte klargestellt werden, dass eine aus Anlass oder im Zusammenhang mit der baulichen Nutzung eines Grundstücks stehende Gewinnung von Bodenschätzen wie zB die Nutzung von Erdwärme für die Beheizung eines Gebäudes nicht unter dieses Gesetz fällt.
Die in diesem Zusammenhang ebenfalls erhobene Rüge der Beklagten auf Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör kann ebenfalls nicht durchgreifen. Das Landesarbeitsgericht hatte keine Veranlassung, darauf zu verweisen, wie es den Begriff "Urproduktion" auslegen werde. Über diesen Streitpunkt verhielt sich der gesamte Rechtsstreit, es fanden zwei Termine vor dem Landesarbeitsgericht statt. Im Übrigen hat die Beklagte nicht vorgetragen, was sie nach einem entsprechenden Hinweis vorgetragen hätte und warum dies möglicherweise zu einem anderen Ergebnis geführt hätte.
4. Die Beklagte hat nicht ausgeführt, inwieweit sie die Entscheidung über die Kosten hinsichtlich des erledigten Teils der Klageforderung für fehlerhaft hält. Hierfür sind auch keine Anhaltspunkte ersichtlich.
Ende der Entscheidung
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