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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 17.03.2005
Aktenzeichen: 2 ABR 2/04
Rechtsgebiete: KSchG
Vorschriften:
KSchG § 15 |
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! BESCHLUSS
Verkündet am 17. März 2005
In dem Beschlussverfahren
hat der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Anhörung vom 17. März 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Prof. Dr. Rost, die Richter am Bundesarbeitsgericht Bröhl und Dr. Eylert sowie die ehrenamtlichen Richter Thelen und Dr. Sieg beschlossen:
Tenor:
Die Rechtsbeschwerde der beteiligten Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 25. September 2003 - 4 TaBV 675/03 - wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Gründe:
A. Die Beteiligten streiten über die Ersetzung der vom Betriebsrat (Beteiligter zu
2) verweigerten Zustimmung zur betriebsbedingten außerordentlichen Änderungskündigung des Betriebsratsmitglieds R. (Beteiligter zu 3) sowie zu dessen Umgruppierung und Versetzung.
Die antragstellende Arbeitgeberin betreibt ein Textileinzelhandelsunternehmen mit bundesweit zahlreichen Filialen, ua. in Trier mit ca. 100 Arbeitnehmern. Der seit 1. März 1968 bei der Arbeitgeberin bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigte Beteiligte zu 3) ist Mitglied des in Trier gewählten Betriebsrats. Er ist am 22. November 1949 geboren, verheiratet und gegenüber drei Personen zum Unterhalt verpflichtet. Er war zuletzt als Verkaufsassistent (Substitut) in der Herrenmodeabteilung beschäftigt und in Gehaltsgruppe G IV des auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Gehaltstarifvertrages für die Angestellten im Einzelhandel Rheinland-Pfalz eingruppiert. Sein Bruttogehalt betrug zuletzt 2.495,00 Euro.
Am 23. Januar 2002 beschloss der Vorstand der Arbeitgeberin eine Umstrukturierung durch Wegfall der Hierarchiestufe des Verkaufsassistenten in allen Filialen; hiervon betroffen waren ca. 280 Vollzeitkräfte. Am 20. März 2002 wurde mit dem Gesamtbetriebsrat ein Interessenausgleich abgeschlossen. Darin ist geregelt, der Personalabbau solle möglichst unter Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen durch Angebote auf freiwilliges Ausscheiden, Versetzung auf freie Stellen gegebenenfalls nach Abgruppierung und Angebote auf Eintritt in die betriebsorganisatorisch eigenständige Einheit (Hausinspektion) erreicht werden. Mitarbeitern, die entsprechende Angebote nicht fristgerecht bis 22. April 2004 annähmen, würde ab 23. April 2002 betriebsbedingt unter Einhaltung der jeweiligen Kündigungsfrist gekündigt. In dem Interessenausgleich ist auch Bezug genommen auf eine Gesamtbetriebsvereinbarung Rahmensozialplan. Danach soll nach Möglichkeit jedem Mitarbeiter ein gleichwertiger und zumutbarer Arbeitsplatz innerhalb der S-Gruppe oder des K-Konzerns ohne Entgeltminderung angeboten werden, wobei die persönlichen Belange der Mitarbeiter nach Möglichkeit zu berücksichtigen sind. Die Zumutbarkeit eines neuen Arbeitsplatzes muss in funktioneller, materieller, regionaler und sozialer Hinsicht gegeben sein. Materiell zumutbar ist danach stets die nächstniedrigere Tarifgruppe. Eine Versetzung auf einen Arbeitsplatz, der nicht alle Kriterien der Zumutbarkeit erfüllt, ist allerdings nur mit Zustimmung des Arbeitnehmers möglich. Die Gehaltsdifferenz bei einer Versetzung auf einen geringer bezahlten Arbeitsplatz wird nach dem Rahmensozialplan durch eine Teilabfindung ausgeglichen, die aus der Differenz der Grundbezüge für 36 Monate besteht. Kündigungen aus Anlass von Betriebsänderungen können nur ausgesprochen werden, wenn zumutbare Arbeitsplätze im Unternehmen nicht zur Verfügung stehen oder ein Arbeitnehmer mit einem zumutbaren Versetzungsangebot nicht einverstanden ist.
Im Zuge der Umsetzung des neuen Konzeptes bot die Arbeitgeberin dem Betriebsratsmitglied R. seine Weiterbeschäftigung als Verkäufer unter Abgruppierung in die Gehaltsgruppe G II zuzüglich einer übertariflichen Zulage von 300,00 Euro monatlich an. Dies lehnte das Betriebsratsmitglied R. ab. Unter dem 15. April 2002 beantragte die Arbeitgeberin daraufhin die Zustimmung des Betriebsrats zu einer außerordentlichen Beendigungskündigung gegenüber dem Betriebsratsmitglied R. unter Einhaltung einer Auslauffrist zum 30. November 2002. Der Betriebsrat verweigerte mit Schreiben vom 17. April 2002 seine Zustimmung ua. unter Hinweis darauf, dem Betriebsratsmitglied R. hätte eine Herabstufung entsprechend den Vorschriften des Rahmensozialplans angeboten werden müssen. Mit Schreiben vom 23. Mai 2002 beantragte die Arbeitgeberin nunmehr die Zustimmung des Betriebsrats zu einer außerordentlichen Änderungskündigung, Umgruppierung und Versetzung aus wichtigem Grund unter Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist entsprechenden Auslauffrist. Als geänderte Tätigkeit wird die eines Modeberaters, Verkäufers mit neuer tariflicher Eingruppierung in Gehaltsgruppe G II 6 mit einem Gehalt von 1.857,00 Euro bezeichnet. Der Betriebsrat verweigerte mit Beschluss vom 24. Mai 2002 erneut seine Zustimmung.
Am 17. Juni 2002 beantragte die Arbeitgeberin im vorliegenden Verfahren die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats durch das Arbeitsgericht. Sie macht geltend, die Änderungskündigung sei erforderlich, weil das Betriebsratsmitglied R. in seiner bisherigen Position nicht weiterbeschäftigt werden könne. Ihre unternehmerische Entscheidung, wegen des negativen Geschäftsergebnisses generell die Funktionen der Verkaufsassistenten und Substituten einzusparen und deren bisherige qualifizierende Tätigkeiten von den Verkaufsmanagern wahrnehmen zu lassen, sei nicht zu beanstanden, erst recht nicht als willkürlich anzusehen. Damit sei die bisherige Tätigkeit des Beteiligten R. entfallen und es könne auch nicht im Hinblick auf dessen Funktion als Betriebsratsmitglied von ihr verlangt werden, ihre grundsätzliche unternehmerische Entscheidung dadurch gefährden zu lassen, dass an einem Standort ein Mitarbeiter weiterhin in der Funktion des Substituten belassen werde. Im Hinblick auf die sich aus der Rahmenbetriebsvereinbarung ergebende Teilabfindung sei dem Betriebsratsmitglied R. die Abgruppierung auch zumutbar. Er habe keinen Anspruch darauf, dass ihm trotz des Wegfalls seiner Tätigkeit seine bisherige Vergütung unverändert belassen werde. Die Zwei-Wochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB sei gewahrt, da es sich vorliegend um einen Dauertatbestand handele.
Da dem Betriebsratsmitglied R. auf Grund seines Lebensalters und seiner Betriebszugehörigkeit nach dem einschlägigen Manteltarifvertrag des Einzelhandels in Rheinland-Pfalz nur noch mit Zustimmung des Betriebsrats gekündigt werden könne, habe sich - wie die Arbeitgeberin erstmals in der Beschwerdeinstanz geltend gemacht hat - die uneingeschränkt beantragte Zustimmung auch hierauf zu erstrecken.
Die Arbeitgeberin hat zuletzt beantragt,
1. die Zustimmung des Antragsgegners zur beabsichtigten außerordentlichen Änderungskündigung des Beteiligten zu 3) zu ersetzen,
2. die Zustimmung des Antragsgegners zur Umgruppierung des Beteiligten zu 3) in die Gehaltsgruppe G II Gehaltstarifvertrag für die Angestellten im Einzelhandel Rheinland-Pfalz vom 27. Juni 2002 ab Wirksamwerden der außerordentlichen Änderungskündigung zu ersetzen,
3. die Zustimmung des Antragsgegners zur Versetzung des Beteiligten zu 3) als Verkäufer in den Verkauf ab Wirksamwerden der außerordentlichen Änderungskündigung zu ersetzen.
Der Betriebsrat und das Betriebsratsmitglied R. haben zur Stützung ihres Antrags auf Zurückweisung der Anträge der Arbeitgeberin vorgetragen, der Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts führe nicht zu einer unzumutbaren Belastung der Arbeitgeberin. Das Aufgabengebiet des Betriebsratsmitglieds R. habe sich ganz überwiegend nicht verändert. Die Sachdarstellung der Arbeitgeberin bezüglich der Umverteilung von Überwachungsfunktionen auf die Verkaufsmanager und das Entfallen wesentlicher Arbeitsschritte sei nicht zutreffend. Jedenfalls seien die in Aussicht genommenen Arbeitsbedingungen dem Betriebsratsmitglied R. aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht zumutbar. Er sei auf Grund seines weit überdurchschnittlichen Einsatzes und seiner Vorbildfunktion in die Gehaltsgruppe IV eingestuft worden. Deshalb sei die Arbeitgeberin verpflichtet, ihn auf einem gleichwertigen Arbeitsplatz einzusetzen. Allenfalls sei eine Tätigkeit als Verkäufer zu seinem bisherigen Gehalt in Betracht gekommen. Die Abgruppierung um zwei Vergütungsgruppen sei jedenfalls nach dem Rahmensozialplan unzulässig. Darüber hinaus habe die Arbeitgeberin die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht gewahrt, weil bereits am 23. Januar 2002, spätestens aber am 20. März 2002 festgestanden habe, dass sämtliche Verkaufsassistenten von der unternehmerischen Entscheidung betroffen seien. Der Zustimmungsantrag an den Betriebsrat sei auch zu unbestimmt und trenne nicht klar genug zwischen den einzelnen Mitbestimmungstatbeständen.
Das Arbeitsgericht hat die Anträge der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Beschwerde der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Arbeitgeberin ihre Zustimmungsersetzungsanträge weiter.
B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Die Zustimmung des Betriebsrats zur Kündigung, Versetzung und Umgruppierung des Betriebsratsmitglieds R. ist nicht zu ersetzen.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, zwar sei auf Grund einer nicht zu beanstandenden unternehmerischen Entscheidung der Arbeitgeberin die frühere Position und die damit verbundene Tätigkeit des beteiligten Betriebsratsmitglieds weggefallen. Daraus habe sich auch die Notwendigkeit ergeben, dessen Arbeitspflichten notfalls durch Änderungskündigung zu ändern. Die angebotenen Arbeitsbedingungen seien dem Betriebsratsmitglied R. jedoch nicht zumutbar. Auch bei einer tariflichen Vergütungsautomatik sei es nicht zwingend notwendig, einem Betriebsratsmitglied, das vertraglich eine bestimmte Vergütung beziehe, allein auf Grund des Wechsels seiner Tätigkeit eine niedrigere Vergütung auszukehren. Zwingende betriebliche Erfordernisse im Sinne eines wichtigen Grundes, sämtlichen Mitarbeitern eine einheitliche Vergütung zu zahlen und keinen Mitarbeiter mit einer übertariflichen Vergütung zu versehen, seien nicht ersichtlich. Dagegen spreche auch, dass die Arbeitgeberin dem beteiligten Betriebsratsmitglied vorprozessual eine übertarifliche Zulage angeboten habe. Ein Verstoß gegen § 78 Satz 2 BetrVG sei in einer solchen Bevorzugung eines Betriebsratsmitglieds nicht zu sehen. Es bestehe auch nicht die Gefahr, dass sich mit Rücksicht auf die Herausnahme lediglich der Betriebsratsmitglieder aus dem beabsichtigten unternehmerischen Konzept andere Arbeitnehmer auf den Gleichbehandlungsgrundsatz berufen könnten. Jedenfalls sei die beabsichtigte außerordentliche Änderungskündigung nach § 626 Abs. 2 BGB verfristet. Auch bei einem Dauertatbestand könne der Arbeitgeber nicht beliebig lange mit einem Zustimmungsersetzungsantrag warten. Die Frist zwischen der Einleitung der unternehmerischen Maßnahme am 1. Mai 2002 und der Einleitung des vorliegenden Beschlussverfahrens sei zu lang. Jedenfalls sei das außerordentliche Kündigungsrecht als verwirkt anzusehen. Gerade gegenüber Betriebsratsmitgliedern könne der Arbeitgeber nicht einen Kündigungsgrund quasi in der Hinterhand halten und dadurch möglicherweise die Tätigkeit des Betriebsrats nachhaltig beeinflussen.
II. Dem folgt der Senat, wenn auch nicht in allen Teilen der Begründung, so doch im Ergebnis. Die Arbeitgeberin hat mit der beabsichtigten Änderungskündigung jedenfalls nicht das mildeste, ihr zumutbare Mittel gewählt, die Arbeitsbedingungen des Betriebsratsmitglieds R. an die geänderte unternehmerische Situation anzupassen.
1. Nach § 103 Abs. 2 Satz 1 BetrVG ist die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur Kündigung eines Betriebsratsmitglieds zu ersetzen, wenn die außerordentliche Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt ist. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG ist die Kündigung eines Betriebsratsmitglieds nur zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen. Die Voraussetzungen zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist regelt § 626 BGB. Die in § 626 BGB enthaltenen und daraus abgeleiteten Regeln zur Zulässigkeit einer außerordentlichen Kündigung sind deshalb auch im Rahmen des § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG anzuwenden (BAG 21. Juni 1995 - 2 ABR 28/94 - BAGE 80, 185 mwN).
Der in § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG und § 626 Abs. 1 BGB verwandte Begriff des wichtigen Grundes ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Seine Anwendung durch die Tatsachengerichte kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur daraufhin überprüft werden, ob das Beschwerdegericht den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnormen von § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG, § 626 Abs. 1 BGB Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat und ob es alle vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände, die für oder gegen die außerordentliche Kündigung sprechen, widerspruchsfrei beachtet hat (st. Rspr., etwa BAG 6. August 1987 - 2 AZR 226/87 - AP BGB § 626 Nr. 97 = EzA BGB § 626 nF Nr. 109). Dieser eingeschränkten Überprüfung hält der angefochtene Beschluss zumindest im Ergebnis stand.
2. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass eine Angleichung der Arbeitsbedingungen des nach § 15 KSchG geschützten Arbeitnehmers an die der übrigen Mitglieder einer bestimmten Gruppe von Arbeitnehmern grundsätzlich eine außerordentliche Änderungskündigung rechtfertigen kann, wenn hierfür ein wichtiger Grund nach § 626 Abs. 1 BGB vorliegt. Ein solches, auf betrieblichen Gründen beruhendes außerordentliches Kündigungsrecht ist auch gegenüber einem Amtsträger nicht von vornherein ausgeschlossen (BAG 7. Oktober 2004 - 2 AZR 81/04 - BB 2005, 334; 6. März 1986 - 2 ABR 15/85 - BAGE 51, 200). Nach § 15 Abs. 1 KSchG ist allerdings für eine solche außerordentliche Änderungskündigung neben einem wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB erforderlich, dass der Betriebsrat zuvor zugestimmt hat oder die Zustimmung durch das Arbeitsgericht ersetzt worden ist. Handelt es sich um ein betriebliches Erfordernis, das bei vergleichbaren Arbeitnehmern ohne den Sonderkündigungsschutz des § 15 KSchG lediglich eine ordentliche Kündigung rechtfertigen kann, hat der Arbeitgeber bei dem Funktionsträger des § 15 KSchG jedenfalls eine notwendige Auslauffrist entsprechend der "fiktiven" Kündigungsfrist einzuhalten, damit sich der Sonderschutz nicht systemwidrig zu Lasten des besonders Geschützten auswirkt.
3. Ebenfalls zu Recht ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass das von der beteiligten Arbeitgeberin geltend gemachte betriebliche Erfordernis (unternehmerische Entscheidung, die Führungsebene der Substituten unternehmensweit abzuschaffen), an sich geeignet ist, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Änderungskündigung mit notwendiger Auslauffrist nach § 15 Abs. 1 KSchG gegenüber einem Betriebsratsmitglied darzustellen. Wie der Senat in seinem Beschluss vom 21. Juni 1995 (- 2 ABR 28/94 - BAGE 80, 185) ausführlich dargelegt hat, würde die Herausnahme von einzelnen Arbeitnehmern, auch von Betriebsratsmitgliedern aus einem derartigen unternehmerischen Konzept dem durch eine solche Entscheidung gerade intendierten einheitlichen Vorgehen des Arbeitgebers zuwider laufen und damit Präzedenzfälle schaffen, auf die sich andere Arbeitnehmer unter Verweis auf den Gleichbehandlungsgrundsatz berufen könnten mit der Begründung, es fehle im Hinblick auf § 78 BetrVG für die Sonderbehandlung eines Betriebsratsmitglieds am sachlichen Grund. Wenn der Arbeitgeber ein einheitliches Umstrukturierungskonzept einführen will, können davon auch Organvertreter trotz ihres Sonderkündigungsschutzes betroffen werden (BAG 7. Oktober 2004 - 2 AZR 81/04 - EzA KSchG nF § 15 Nr. 57).
Danach tragen die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts dessen Wertung, der Beklagten sei es nicht zumutbar gewesen, den Beteiligten R. über den Ablauf der als Auslauffrist zu gewährenden fiktiven Kündigungsfrist hinaus als Substituten weiterzubeschäftigen und zu bezahlen. Würde man dies der beteiligten Arbeitgeberin zumuten, so würde dies eine erhebliche Störung ihres unternehmerischen Konzepts darstellen, das unbestritten zum Ziel hatte, in keiner vergleichbaren Filiale mehr einen Substituten zu beschäftigen. Eine solche Bevorzugung von Betriebsratsmitgliedern würde eine durch den Schutzzweck des § 15 KSchG nicht mehr sachlich zu rechtfertigende Bevorzugung des betreffenden Betriebsratsmitglieds (vgl. § 78 BetrVG) darstellen und die sonst nicht zu beanstandende unternehmerische Entscheidung der beteiligten Arbeitgeberin unangemessen einschränken.
4. Die Kündigung ist allerdings deshalb unwirksam, weil die beteiligte Arbeitgeberin beim Vorliegen eines an sich eine Kündigung rechtfertigenden wichtigen Grundes nicht das ihr zumutbare mildeste Mittel gewählt hat, die Arbeitsbedingungen des Beteiligten R. an das neue unternehmerische Konzept anzupassen. Eine außerordentliche Änderungskündigung ist nur begründet, wenn neben der für den Arbeitgeber unabweisbar notwendigen alsbaldigen Änderung der Arbeitsbedingungen diese dem Gekündigten auch zumutbar sind. Stehen mehrere Möglichkeiten der Änderung der Arbeitsbedingungen zur Verfügung, so fordert es der für das gesamte Kündigungsrecht maßgebliche Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer diejenige auch ihm zumutbare Änderung anbietet, die den Gekündigten am wenigsten belastet.
a) Dem Arbeitgeber ist es in Fällen der sogenannten Tarifautomatik regelmäßig nicht zumutbar, lediglich die Tätigkeit des betreffenden Funktionsträgers den neuen Gegebenheiten anzupassen und es - übertariflich - bei der bisherigen Bezahlung zu belassen (BAG 21. Juni 1995 - 2 ABR 28/94 - BAGE 80, 185). Schon der Vergleich des bisherigen Gehalts des Klägers mit dem ihm angebotenen Verkäufergehalt zeigt, dass eine solche Verpflichtung des Arbeitgebers eine aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigende Bevorzugung der Betriebsratsmitglieder gegenüber den übrigen Arbeitnehmern darstellen würde.
b) Die Rechtsbeschwerde rügt auch zu Recht, dass bei der Beurteilung der Zumutbarkeit iSv. § 626 BGB nicht allein auf die Verhandlungen abgestellt werden darf, die die beteiligte Arbeitgeberin mit dem Betriebsratsmitglied R. geführt hat, um eine einverständliche Lösung zu finden. Das während dieser Verhandlungen gemachte Angebot einer übertariflichen Zulage hat der Beteiligte R. abgelehnt und es ist nicht ohne Weiteres möglich, das Entgegenkommen der beteiligten Arbeitgeberin bei der Abwägung iSv. § 626 Abs. 1 BGB nunmehr zu ihren Lasten zu berücksichtigen.
c) Es kann auch dahinstehen, ob die Bedenken des Beschwerdegerichts gegen die Senatsrechtsprechung, die bei einer sogenannten Tarifautomatik grundsätzlich eine unbegrenzte Gehaltsanpassung nach unten zulässt (21. Juni 1995 - 2 ABR 28/94 -BAGE 80, 185), durchgreifen und ob etwa unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit eine Pflicht des Arbeitgebers zu einer den Umständen angepassten Übergangsregelung in Betracht kommt, wenn die Gehaltsdifferenz so hoch ist, dass das Betriebsratsmitglied unter normalen Umständen veranlasst wird, Arbeitsplatz und Betriebsratsamt aufzugeben.
d) Die Wirksamkeit der Kündigung scheitert hier, wie der beteiligte Betriebsrat von Anfang an geltend gemacht hat, schon daran, dass die Arbeitgeberin mit der beabsichtigten Änderungskündigung nicht nur den Wegfall der Beschäftigung des Beteiligten R. als Substitut mit entsprechenden Konsequenzen für dessen Vergütung erzielen will. Das Änderungsangebot der Beklagten betrifft hinsichtlich Beschäftigung und Vergütung eine Abgruppierung um zwei Vergütungsgruppen. Die Erforderlichkeit eines solch massiven Eingriffs in den Besitzstand des Betriebsratsmitglieds R. ist nicht erkennbar.
aa) Nach dem einschlägigen Gehaltstarifvertrag für die Angestellten im Einzelhandel Rheinland-Pfalz werden die Angestellten entsprechend ihrer Tätigkeit eingruppiert. Die Gehaltsgruppe II umfasst dabei Angestellte mit einfacher kaufmännischer und/oder technischer Tätigkeit, zB Verkaufen. Die Gehaltsgruppe III baut darauf auf und umfasst Angestellte mit einer Tätigkeit, die erweiterte Fachkenntnisse und größere Verantwortung erfordert, zB 1. Verkäufer/in ..., selbstständige Sachbearbeiter/in in den Bereichen: Einkauf, Rechnungsprüfung, Warenannahme, Lager, Kalkulation, Versand, Buchhaltung, Lohnbuchhaltung, Kreditbüro, Statistik. Darauf aufbauend sind in Gehaltsgruppe IV als Angestellte mit selbstständiger Tätigkeit im Rahmen allgemeiner Anweisung und mit entsprechender Verantwortung für deren Tätigkeitsbereich zB Substituten eingruppiert.
Schon dieses Gehaltsgefüge bestätigt im Ergebnis die Wertung des Beschwerdegerichts, der beteiligten Arbeitgeberin wäre es zumutbar gewesen, den Beteiligten R. jedenfalls nur um eine Vergütungsgruppe abzustufen. Ein dringendes betriebliches Erfordernis, das als wichtiger Grund eine außerordentliche Änderungskündigung mit notwendiger Auslauffrist hätte rechtfertigen können, bestand zunächst einmal lediglich insoweit, als es erforderlich war, eine Weiterbeschäftigung des Beteiligten R. als Substitut auszuschließen. Weshalb die beteiligte Arbeitgeberin es nicht hierbei belassen und dem Beteiligten R. unter entsprechender Eingruppierung eine Tätigkeit der Gehaltsgruppe III angeboten hat, hat sie nicht begründet. Nach ihrer eigenen Darstellung hat die Arbeitgeberin lediglich die Entscheidung getroffen, die Führungsebene der Gehaltsgruppe IV (Substituten etc.) abzuschaffen. Mangels entgegenstehenden Sachvortrags muss davon ausgegangen werden, dass es der Arbeitgeberin durchaus zumutbar war, dem Beteiligten R. eine Tätigkeit der Gehaltsgruppe III zuzuweisen, also ihn beispielsweise als Verkäufer weiterzubeschäftigen, ihm aber von seinen bisherigen qualifizierten Tätigkeiten so viel zu belassen, dass eine Eingruppierung nach Gehaltsgruppe III als 1. Verkäufer gerechtfertigt blieb. Die Tätigkeiten, die eine Eingruppierung in die Gehaltsgruppe III rechtfertigen, sind nach dem einschlägigen Gehaltstarifvertrag so vielfältig, dass alles für die Möglichkeit spricht, den Kläger, wenn seine Weiterbeschäftigung als Substitut nicht mehr in Frage kam, mit irgendeiner zumutbaren Tätigkeit der Gehaltsgruppe III zu betrauen. Es ist auch nicht ansatzweise erkennbar, dass dies nicht umsetzbar gewesen wäre.
Schon bei einer ordentlichen Kündigung gegenüber einem Betriebsratsmitglied nach § 15 Abs. 5 KSchG trifft den Arbeitgeber die Pflicht, mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln (gegebenenfalls sogar Umorganisation und Freikündigung eines geeigneten Arbeitsplatzes) für eine angemessene Weiterbeschäftigung des Betriebsratsmitglieds zu sorgen. Diese Pflicht wird noch verschärft, wenn es sich, wie im vorliegenden Fall, um eine außerordentliche Kündigung nach § 15 Abs. 1 KSchG handelt. Einer Weiterbeschäftigung des Beteiligten R. in der Gehaltsgruppe III mit entsprechender Vergütung stand jedenfalls die unternehmerische Entscheidung, die als dringendes betriebliches Erfordernis die Änderungskündigung rechtfertigen soll, nicht entgegen. Diese bezog sich nur auf den Wegfall der Führungsebene der Substituten nach Gehaltsgruppe IV, nicht auf einen Wegfall von Beschäftigungsmöglichkeiten nach Gehaltsgruppe III.
bb) Hinzu kommt, dass genau dieser Lösungsweg für die aufgetretenen betrieblichen Schwierigkeiten auch durch die Gesamtbetriebsvereinbarung Rahmensozialplan vom November 2001 vorgezeichnet ist. Wenn die Betriebspartner danach die Abgruppierung um eine Vergütungsgruppe für zumutbar erklären und bei einer Abgruppierung um mehr als eine Vergütungsgruppe auf die Zustimmung des Arbeitnehmers abstellen (die hier nicht vorliegt), so stellt dies eine Wertung der Betriebspartner dar, die die Möglichkeiten des Unternehmens zu einer sachgerechten Anpassung an betriebliche Schwierigkeiten kennen. Diese Wertung darf auch im Rahmen der Interessenabwägung nach § 626 Abs. 1 BGB nicht unberücksichtigt bleiben. Es mag zwar sein, dass sich aus den Zumutbarkeitskriterien des Sozialplans nicht ohne Weiteres ableiten lässt, dass eine Abgruppierung um mehr als eine Vergütungsgruppe stets unzumutbar ist. Vorliegend geht es jedoch darum, den auch im Sinne der Kontinuität der Betriebsratsarbeit gesetzlich sehr weit gehenden Sonderkündigungsschutz des § 15 KSchG möglichst vollständig zu verwirklichen. Eine außerordentliche Kündigung mit notwendiger Auslauffrist, die eine die weitere Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses gefährdende Verdienstminderung mit sich bringt und dabei nahe liegende mildere Mittel, eine derartige Änderungskündigung zu vermeiden, außer Betracht lässt, ist jedenfalls unwirksam.
5. Auf die anderen Gründe, aus denen das Landesarbeitsgericht die beabsichtigte Kündigung nach § 15 Abs. 1 KSchG, § 626 BGB für unwirksam hält, kommt es damit nicht mehr an.
Dies gilt insbesondere für die Annahme des Beschwerdegerichts, die Wirksamkeit der Kündigung scheitere an § 626 Abs. 2 BGB bzw. der Ausspruch der Kündigung sei verwirkt. Die Rechtsbeschwerde legt insoweit allerdings mit überzeugender Begründung dar, dass es sich bei der unternehmerischen Entscheidung zum Wegfall der Substituten-Arbeitsplätze um einen Dauertatbestand handelt, bei dem § 626 Abs. 2 BGB überhaupt nicht greift. Auch die Annahme einer Verwirkung des Kündigungsrechts begegnet offenbar Bedenken. Es fehlt hier sowohl am Zeit- als auch am Umstandsmoment. Gegenüber Betriebsratsmitgliedern ist der Arbeitgeber in besonderer Weise verpflichtet, alle Möglichkeiten einer zumutbaren Weiterbeschäftigung auszuschöpfen. Dass die entsprechenden Versuche während der Phase der Umsetzung der unternehmerischen Entscheidung zunächst eine gewisse Zeit in Anspruch genommen haben, kann keine Verwirkung begründen. Die Arbeitgeberin hat dem Beteiligten R. stets klar gemacht, dass er aus ihrer Sicht mit einer Weiterbeschäftigung in der Tätigkeit und mit der Vergütung eines Substituten nicht rechnen konnte.
6. Da neben dem Sonderkündigungsschutz aus § 15 KSchG der Beteiligte R. auch nach dem einschlägigen Tarifvertrag nur mit Zustimmung des Betriebsrats oder deren Ersetzung durch das Arbeitsgericht außerordentlich kündbar war, gilt der scharfe Prüfungsmaßstab des § 626 Abs. 1 BGB für eine außerordentliche Kündigung mit notwendiger Auslauffrist auch aus diesem Grund. Auf die Ausführungen zu § 15 KSchG kann insoweit Bezug genommen werden. Der mehrfach begründete Sonderkündigungsschutz verschärft noch die Anforderungen an die Bemühungen der Arbeitgeberin, durch Wahl des mildesten Mittels die erforderliche Änderung der Arbeitsbedingungen des Beteiligten zu 2) auf ein Minimum zu beschränken. Dies schließt erst recht eine Abgruppierung in die Gehaltsgruppe II aus. Auf die Frage, ob die Zustimmung des Betriebsrats insoweit überhaupt rechtzeitig beantragt ist, kommt es damit nicht mehr an.
7. Die Anträge auf Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung und Versetzung des Beteiligten R. sind, wie die Antragstellerin bei der Anhörung klargestellt hat, nur für den Fall einer Ersetzung der Zustimmung zur Änderungskündigung gestellt. Über sie war deshalb nicht zu entscheiden.
Ende der Entscheidung
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