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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 21.02.2002
Aktenzeichen: 2 AZN 909/01
Rechtsgebiete: ArbGG
Vorschriften:
ArbGG § 72 | |
ArbGG § 72 a |
BUNDESARBEITSGERICHT BESCHLUSS
In Sachen
hat der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts am 21. Februar 2002 beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landesarbeitsgerichts Saarland vom 31. Oktober 2001 - 2 Sa 46/01 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Streitwert: unverändert
Gründe:
I. Der Kläger hat sich mit seiner Klage gegen eine Kündigung der Beklagten vom 19. April 2000 zum 31. Dezember 2000 gewandt. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, ohne die Revision zuzulassen. Mit seiner auf Divergenz gestützten Nichtzulassungsbeschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts. Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Beschwerde.
II. Die form- und fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet. Eine Nichtzulassungsbeschwerde wegen Divergenz ist nur dann begründet, wenn die von dem Beschwerdeführer dargelegten abstrakten Rechtssätze von dem anzufechtenden sowie von dem angezogenen Urteil tatsächlich aufgestellt wurden und voneinander abweichen und das anzufechtende Urteil auf dem abweichenden Rechtssatz beruht (vgl. ArbGG § 72 Abs. 2 Nr. 2; BAG 15. Oktober 1979 - 7 AZN 7/79 - BAGE 32, 136). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben.
Das angezogene Urteil des Landesarbeitsgerichts Saarland vom 8. Februar 1995 - 2 Sa 210/94 - ist schon deswegen nicht divergenzfähig, weil es von derselben Kammer erlassen worden ist wie die anzufechtende Entscheidung. Nur Entscheidungen einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts können divergenzfähig sein (§ 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG). Das Gesetz stellt (wie zB in § 45 Abs. 2 ArbGG) auf den Spruchkörper ab, der die jeweilige Entscheidung getroffen hat. Es kommt damit nicht, wie die Beschwerde geltend macht, darauf an, ob in der Zwischenzeit zwischen beiden Entscheidungen der Kammervorsitzende gewechselt hat. Die Aufzählung der divergenzfähigen Gerichte in § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG ist abschließend. Sie ist auch nicht, wie vereinzelt vertreten worden ist (Philippsen/Schmidt/Schäfer/Busch Die Beschleunigungsnovelle zum ArbGG § 72 Rn. 4), nach Sinn und Zweck des Gesetzes dahingehend zu ergänzen, daß die Revision auch dann zuzulassen ist, wenn eine Divergenz zu einer früheren Entscheidung der gleichen Kammer des Landesarbeitsgerichts besteht. Ein Meinungswandel innerhalb desselben Spruchkörpers gefährdet die Rechtseinheit nicht in gleicher Weise wie eine Divergenz zwischen verschiedenen Spruchkörpern (so im Ergebnis schon BAG 25. November 1980 - 7 AZN 359/80 nv.; Bichler DB 1981 694). Ob dieselbe oder eine andere Kammer entschieden hat, wenn ohne weitere Änderung des Geschäftsverteilungsplans, etwa, weil eine bestimmte Kammer nicht neu besetzt worden ist, lediglich die Ordnungsnummer einer anderen, sonst gleichbleibenden Kammer geändert worden ist, hat der Senat nicht zu entscheiden (vgl. dazu Bichler aaO).
Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, das anzufechtende Urteil habe den Rechtsgrundsatz aufgestellt:
"Die fehlende Angabe der Sozialdaten im Anhörungsschreiben vom 17. April 2000 ist auch und gerade wegen der Eigenkenntnis des Personalrates einerseits wie auch aufgrund der Tatsache, daß eine verhaltensbedingte Kündigung, bei der es keine Vergleichsmöglichkeiten zu anderen auszuwählenden Arbeitnehmern des Unternehmens gibt, unschädlich."
Damit sei es von einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Brandenburg abgewichen.
Die geltendgemachte Divergenz besteht nicht. Es kann offenbleiben, ob die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Brandenburg, die im übrigen nicht zu einer Personalratsbeteiligung bei einer Verdachtskündigung sondern bei einer Einigungsvertragskündigung ergangen ist, überhaupt divergenzfähig ist, nachdem der Senat im einzelnen entschieden hat, welche Rechtsgrundsätze bei einer Betriebsratsanhörung gelten. Das Landesarbeitsgericht hat mit den einzelfallbezogenen Ausführungen der anzufechtenden Entscheidung keinen, erst Recht keinen von der angezogenen Entscheidung abweichenden Rechtsgrundsatz aufgestellt. Nach der einschlägigen Senatsrechtsprechung führt die fehlende Angabe von Sozialdaten im Anhörungsschreiben etwa dann nicht zwingend zu Unwirksamkeit der Kündigung, wenn die Daten dem Betriebsrat im einzelnen - bei der Kündigung wegen schwerer Pflichtverletzungen eventuell auch nur annähernd - bekannt sind. Bei einer betriebsbedingten Kündigung können dabei durchaus schärfere Maßstäbe gelten, weil der Personalrat die Personaldaten nicht nur zur Nachprüfung der Interessenabwägung, sondern regelmäßig auch zur Nachprüfung der Sozialauswahl kennen muß. Hiervon ist das Landesarbeitsgericht in dem anzufechtenden Urteil ausgegangen und hat einzelfallbezogen geprüft, welche Vorkenntnisse der Personalrat besaß und wie schwer der Verdacht zu gewichten war. Ob diese materiell-rechtliche Überprüfung richtig ist und - wie die Beschwerde geltend macht - eventuell der Sachverhalt insoweit nicht hinreichend aufgeklärt worden ist, könnte erst auf eine zugelassene Revision hin überprüft werden.
Weiter macht die Beschwerde geltend, das Landesarbeitsgericht habe den Rechtsgrundsatz aufgestellt:
"Bei einer Verdachtskündigung ist die Abmahnung jedoch entbehrlich."
Es sei damit von den Rechtsgrundsätzen zahlreicher angezogener Entscheidungen abgewichen.
Diese Divergenz besteht zwar. Nur nach der inzwischen aufgegebenen Rechtsprechung des Senats, wonach bei einer Pflichtverletzung im Vertrauensbereich grundsätzlich keine Abmahnung erforderlich sein sollte, konnte der Rechtsgrundsatz gerechtfertigt sein, bei einer Verdachtskündigung sei eine Abmahnung regelmäßig entbehrlich. Nach der neueren Senatsrechtsprechung ist vor jeder Kündigung und damit auch vor einer verhaltensbedingten Kündigung, die auf einer Pflichtverletzung im Vertrauensbereich beruht, zu prüfen, ob eine Abmahnung erforderlich ist (BAG 4. Juni 1997 - 2 AZR 526/96 - BAGE 86, 95). Danach ist es nicht mehr gerechtfertigt, die Verdachtskündigung grundsätzlich aus dem Abmahnungserfordernis auszunehmen (so auch - vom Landesarbeitsgericht ausdrücklich zitiert - Kasseler Handbuch/Kleinebrink 2. Aufl. 6.2 Rn. 41, 44).
Die anzufechtende Entscheidung beruht jedoch nicht auf dieser Divergenz. Das Landesarbeitsgericht läßt nicht entsprechend dem aufgestellten Rechtsgrundsatz bei der streitigen Verdachtskündigung das Abmahnungserfordernis ungeprüft, sondern grenzt im einzelnen ab, ob es sich bei dem Fehlverhalten des Klägers noch um ein steuerbares Verhalten handelt und ob mit einer Wiederherstellung des Vertrauens seitens der Beklagten gerechnet werden kann. Beides wird im Ergebnis verneint. Dies entspricht dem Prüfschema der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.
Ob die einzelfallbezogenen Erwägungen des Landesarbeitsgerichts - wie die Beschwerde geltend macht - rechtsfehlerhaft sind, könnte erst auf eine zugelassene Revision hin überprüft werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Ende der Entscheidung
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