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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 13.04.2000
Aktenzeichen: 2 AZR 215/99
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 17
KSchG § 18
Leitsätze:

Liegt bei einer nach §§ 17 ff. KSchG anzeigepflichtigen Massenentlassung im vorgesehenen Entlassungszeitpunkt nicht die erforderliche Zustimmung der Arbeitsverwaltung vor, so darf der Arbeitgeber trotz privatrechtlich wirksamer Kündigung den Arbeitnehmer so lange nicht entlassen, bis die Zustimmung erteilt ist. Ist die Zustimmung weder vor noch nach dem vorgesehenen Entlassungszeitpunkt beantragt worden, steht damit fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die entsprechende Kündigung nicht aufgelöst worden ist.

Aktenzeichen: 2 AZR 215/99 Bundesarbeitsgericht 2. Senat Urteil vom 13. April 2000 - 2 AZR 215/99 -

I. Arbeitsgericht Pforzheim - 1 Ca 671/96 - Urteil vom 21. November 1997

II. Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 18 Sa 2/98 - Urteil vom 25. Februar 1999


2 AZR 215/99 18 Sa 2/98

BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

Verkündet am 13. April 2000

Anderl, der Geschäftsstelle

In Sachen

Beklagter, Berufungskläger und Revisionskläger,

pp.

Kläger, Berufungsbeklagter und Revisionsbeklagter,

hat der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13. April 2000 durch den Richter am Bundesarbeitsgericht Bröhl als Vorsitzenden, die Richter am Bundesarbeitsgericht Hauck und Dr. Fischermeier sowie die ehrenamtlichen Richter Lenz und Beckerle für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 25. Februar 1999 - 18 Sa 2/98 - wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen !

Tatbestand

Die Gemeinschuldnerin war Teil eines Konzerns mit einer Muttergesellschaft in den USA. Am 1. April 1996 wurde über das Vermögen der Gemeinschuldnerin der Konkurs eröffnet und der Beklagte zum Konkursverwalter bestellt. Der 1952 geborene Kläger (verheiratet, zwei Kinder) ist Mechanikermeister und staatlich geprüfter Betriebswirt. Er war bei der Gemeinschuldnerin seit 26 Jahren tätig, zuletzt seit 1993 als nur der Geschäftsleitung unterstellter Leiter der Abteilung Arbeitsvorbereitung. Zur Zeit der Konkurseröffnung beschäftigte die Gemeinschuldnerin 196 Arbeitnehmer, überwiegend in ihrem Hauptbetrieb in N.; daneben setzte sie ein zweiköpfiges Montageteam bei einem in H. ansässigen Kunden ein und beschäftigte in O. etwa 13 Arbeitnehmer.

Nach einem Beschluß der Gläubigerversammlung vom 13. Mai 1996 sollte ursprünglich bis zum 31. Dezember 1996, später geändert auf den 31. März 1997, eine Betriebseinstellung erfolgen. Ein entsprechender Interessenausgleich und Sozialplan wurde am 29. April 1996 abgeschlossen. Im Laufe des Jahres 1996 führte der Beklagte Verkaufsverhandlungen mit verschiedenen Interessenten. Unabhängig vom Ausgang der Verhandlungen sollten nach einem Beschluß des Gläubigerausschusses die Arbeitsverhältnisse aller Arbeitnehmer per 30. September 1996, längstens zum 31. März 1997 gekündigt werden. Der Beklagte kündigte daraufhin dem Kläger mit Schreiben vom 27. Dezember 1996 zum 31. März 1997. Die Wirksamkeit dieser Kündigung ist nicht Gegenstand des vorliegenden Revisionsverfahrens. Die gegen die Kündigung vom 27. September 1996 gerichtete Klage ist noch beim Arbeitsgericht anhängig.

Am 10. Oktober 1996 schloß der Beklagte mit einem weiteren Konzernunternehmen, der Firma H. B. (im folgenden H. B.), einen Kaufvertrag, wonach sich die H. B. verpflichtete, den Betrieb ohne Unterbrechung ab 2. Januar 1997 in eigener Regie fortzuführen. Die H. B. beabsichtigte, lediglich 70 Arbeitnehmer zu übernehmen. So sollten in der Arbeitsvorbereitung statt ursprünglich fünf nur noch zwei Arbeitnehmer beschäftigt werden. Der Beklagte schloß mit dem Betriebsrat in der Folgezeit einen weiteren Interessenausgleich und Sozialplan ab, der die ursprüngliche Vereinbarung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage aufhob. Die dem Interessenausgleich als Anlage beigefügte, nicht unterschriebene Liste mit den Namen der zu kündigenden Arbeitnehmer enthält ua. den Namen des Klägers sowie der beiden in H. eingesetzten Monteure und den des in O. tätigen Arbeitnehmers W. Am 12. Dezember 1996 wurde auf der Urkunde des Interessenausgleichs und Sozialplans das Datum "24. Oktober 1996" eingetragen. Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger erneut mit Schreiben vom 29. Oktober 1996, diesmal zum 31. Januar 1997. Gleichzeitig kündigte er weitere 21 der zu diesem Zeitpunkt noch bestehenden 130 bis 160 Arbeitsverhältnisse. Zum 31. Januar 1997 entlassen wurden außer dem Kläger noch sechs der in N. beschäftigten Arbeitnehmer, die beiden in H. eingesetzten Monteure und der in O. eingesetzte Arbeitnehmer Weßling. Dem Arbeitsamt wurden die Entlassungen nicht angezeigt. Gegen eine Kündigung der H. B. leitete der Kläger ein gesondertes Kündigungsschutzverfahren ein.

Der Kläger hält die Kündigung vom 29. Oktober 1996 mangels ordnungsgemäßer Betriebsratsanhörung, mangels Massenentlassungsanzeige sowie wegen fehlender sozialer Rechtfertigung für unwirksam. Er hat behauptet, der Betriebsratsvorsitzende habe erst am 29. Oktober 1996 davon erfahren, daß auch ihm - dem Kläger - gegenüber eine Kündigung erklärt werden solle.

Eine Massenentlassungsanzeige sei erforderlich gewesen. Am 31. Januar 1997 seien bei der H. B. 88 Arbeitnehmer beschäftigt gewesen. Aufgrund von wenigen Neueinstellungen habe die Belegschaftsstärke geringfügig geschwankt. Neben den am 2. Januar von der H. B. übernommenen 70 Arbeitnehmern seien bei der Beurteilung der Anzeigepflichtigkeit der Maßnahme 13 zum 31. Januar 1997, zwei zum 28. Februar 1997 und drei zum 31. März 1997 entlassene Arbeitnehmer zu berücksichtigen. Neben den vom Beklagten eingeräumten Entlassungen seien zum Januar 1997 die Arbeitnehmer T., Mi. und M. und zum 28. Februar die Arbeitnehmer A. und G. ausgeschieden. In O. bestehe kein eigenständiger Betrieb. Es würden dort keine Warenrechnungen gefertigt.

Die H. B. habe auch nach dem 31. Januar 1997 die Möglichkeit gehabt, ihn weiter zu beschäftigen. Aufgrund der Fortführung der Produktion sei seine Arbeit nicht entfallen. Sie sei lediglich auf andere Mitarbeiter verteilt worden. Zudem würden seit seinem Ausscheiden in der Abteilung Arbeitsvorbereitung ständig Überstunden gefahren. Der Beklagte habe auch soziale Gesichtspunkte nicht ausreichend berücksichtigt. Er sei fachlich in der Lage, die Arbeit von Herrn H. und weiterer Mitarbeiter zu übernehmen. Der Interessenausgleich und Sozialplan sei erst nach dem 29. Oktober 1996 unterzeichnet worden. Die Namensliste sei bis zum Kündigungszugang nicht Bestandteil des Interessenausgleichs gewesen.

Der Kläger hat, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, beantragt

festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung vom 29. Oktober 1996 aufgelöst wurde.

Der Beklagte hat zur Begründung seines Klageabweisungsantrags geltend gemacht, der Betriebsrat habe der beabsichtigten Kündigung noch am 23. Oktober 1996 nach ordnungsgemäßer Unterrichtung zugestimmt. Eine Massenentlassungsanzeige sei nicht erforderlich gewesen. Die H. B. habe am 2. Januar 1997 84 Arbeitnehmer übernommen. Er selbst habe neben den 10 zum 31. Januar 1997 entlassenen Arbeitnehmern nur weitere drei zum 31. März 1997 entlassen. Bei den Standorten H. und O. habe es sich um eigenständige Betriebe gehandelt. Der Auszubildende A. sei am 28. Februar 1997 aufgrund einer Eigenkündigung bei der H. B. ausgeschieden. Herr G. sei nicht zum 28. Februar 1997 entlassen, sondern von der H. B. übernommen worden. Kündigungsgrund sei, daß die Stelle des Abteilungsleiters in der Arbeitsvorbereitung gestrichen worden sei. Eine Sozialauswahl sei mangels vergleichbarer Arbeitnehmer nicht erforderlich gewesen. Der Kläger sei fachlich nicht in der Lage gewesen, die Arbeit der von ihm benannten Arbeitnehmer zu übernehmen. Der Interessenausgleich mit Namensliste sei ordnungsgemäß am 24. Oktober 1996 zustande gekommen. An diesem Tag seien alle Exemplare des Interessenausgleichs und Sozialplans einschließlich Namensliste unterschrieben worden. Ein original unterschriebenes Exemplar sei bereits bei Unterzeichnung mit der Namensliste zusammengeheftet gewesen.

Das Arbeitsgericht hat nach dem Klageantrag erkannt. Die Berufung des Beklagten blieb erfolglos. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Die Kündigung des Beklagten vom 29. Oktober 1996 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst.

A. Das Landesarbeitsgericht hat - kurz zusammengefaßt - angenommen, die Kündigung vom 29. Oktober 1996 sei wegen fehlender Massenentlassungsanzeige unwirksam. Der Beklagte sei zur Anzeige verpflichtet gewesen, weil er in einem Betrieb mit mehr als 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern 10% der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer innerhalb von 30 Kalendertagen entlassen habe. Die auf die H. B. übergegangenen Arbeitsverhältnisse seien mitzuberücksichtigen, ebenso die beiden in H. beschäftigten Arbeitnehmer. Damit hätten am 31. Januar 1997 maximal 87 regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmern zumindest 9 Entlassungen gegenübergestanden. Der Beklagte bzw. die H. B. seien deshalb zur Massenentlassungsanzeige verpflichtet gewesen. Die gleiche Verpflichtung ergebe sich, wenn man die Arbeitnehmer aus O. dem Betrieb N. zurechne: Dann stünden maximal 96 regelmäßig Beschäftigten 10 Entlassungen gegenüber.

B. Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten zumindest im Ergebnis den Angriffen der Revision stand.

I. Ein Anlaß zur Aussetzung des vorliegenden Verfahrens bis zur Erledigung des Verfahrens hinsichtlich der Kündigung vom 27. September 1996 besteht nicht, da die Entscheidung über die Wirksamkeit dieser Kündigung nicht vorgreiflich iSv. § 148 ZPO ist. Zwar wurde diese Kündigung früher ausgesprochen; sie soll aber erst zum 31. März 1997 wirken, während die Kündigung vom 29. Oktober 1996 mit der Frist des § 113 Abs. 1 Satz 2 InsO das Arbeitsverhältnis schon zum 31. Januar 1997 auflösen soll. Der Streitgegenstand des Revisionsverfahrens erfaßt nur die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Januar 1997 und folglich nicht die Wirksamkeit der Kündigung vom 27. September 1996. Nach dem punktuellen Streitgegenstandsbegriff ist Streitgegenstand einer Kündigungsschutzklage nur die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine konkrete, mit dieser Klage angegriffene Kündigung zu dem mit ihr vorgesehenen Termin, nicht aber der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über diesen Termin hinaus (Senat 27. Januar 1994 - 2 AZR 484/93 - AP KSchG 1969 § 4 Nr. 28 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 48 zu B II 2 b (1) der Gründe; 13. März 1997 - 2 AZR 512/96 - BAGE 85, 262). Die Wirksamkeit der Kündigung vom 27. September 1996 ist daher gegenüber dem im Revisionsverfahren anhängigen Streitgegenstand nicht vorgreiflich.

II. Der Beklagte ist auch dann passiv legitimiert, wenn mit dem Landesarbeitsgericht und dem Kläger davon auszugehen ist, daß das Arbeitsverhältnis zum 2. Januar 1997 gem. § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die H. B. übergegangen ist. Die Passivlegitimation des Arbeitgebers, der die Kündigung ausgesprochen hat, wird durch einen nach Kündigungsausspruch während des Kündigungsschutzprozesses eingetretenen Betriebsübergangs nicht beseitigt (ständige Rechtsprechung, etwa BAG 14. Februar 1978 - 1 AZR 154/76 - BAGE 30, 86; 26. Mai 1983 - 2 AZR 477/81 - BAGE 43, 1). Auf einen Betriebsübergang während des Prozesses sind die §§ 265, 325 ZPO entsprechend anzuwenden (Senatsurteil 4. März 1993 - 2 AZR 507/92 - AP BGB § 613 a Nr. 101 = EzA BGB § 613 a Nr. 107 zu A 1 b aa der Gründe).

III. Die Revision rügt zu Unrecht eine Verletzung der §§ 17, 18 KSchG durch die angegriffene Entscheidung.

1. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 KSchG ist der Arbeitgeber verpflichtet, dem Arbeitsamt Anzeige zu erstatten, bevor er in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern mehr als fünf Arbeitnehmer und in Betrieben mit in der Regel mehr als 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern 10 % der im Betrieb regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder mehr als 25 Arbeitnehmer innerhalb von 30 Kalendertagen entläßt. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, daß hinsichtlich der Entlassungen zum 31. Januar 1997 eine Anzeigeobliegenheit nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KSchG bestand.

a) Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Senats ist "Entlassung" iSd. §§ 17, 18 KSchG nicht schon die Kündigung, sondern die mit ihr beabsichtigte tatsächliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Maßgeblich für die Anzeigepflicht ist deshalb nicht der Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs, sondern der der tatsächlichen Vollziehung der Entlassung (so etwa Senatsurteile vom 6. Dezember 1973 - 2 AZR 10/73 - BAGE 25, 430; vom 31. Juli 1986 - 2 AZR 594/85 - AP KSchG 1969 § 17 Nr. 5 = EzA KSchG § 17 Nr. 3 zu B II 1, 2 der Gründe; vom 8. Juni 1989 - 2 AZR 624/88 - AP KSchG 1969 § 17 Nr. 6 = EzA KSchG § 17 Nr. 4 zu III 1, 2 der Gründe; vom 24. Oktober 1996 - 2 AZR 895/95 - BAGE 84, 267).

Für diese Auslegung spricht bereits der Wortlaut, nämlich der Gebrauch des vom Rechtsbegriff "Kündigung" unterschiedlichen Begriffs "Entlassung". Außerdem dient die Regelung jedenfalls in erster Linie arbeitsmarktpolitischen Zwecken. Der Arbeitsverwaltung soll die Möglichkeit erhalten bleiben, rechtzeitig Maßnahmen zur Vermeidung oder wenigstens zur Verzögerung von Belastungen des Arbeitsmarktes einzuleiten und für die anderweitige Beschäftigung der Entlassenen zu sorgen (Senatsurteile vom 6. Dezember 1973 aaO; vom 14. August 1986 - 2 AZR 683/85 - RzK I 8 b Nr. 8 zu I 2 a der Gründe; entsprechend zu der Vorgängerregelung von § 15 KSchG [1951] Senat 6. November 1958 - 2 AZR 354/55 - BAGE 7, 4). Dieser arbeitsmarktpolitische Zweck wurde bereits in der Gesetzesbegründung zu den §§ 15, 16 KSchG 1951 betont (Verhandlungen des Deutschen Bundestages 1. Wahlperiode Nr. 2090 S 6; zitiert in RdA 1951, 61, 65). Diese Funktion knüpft an die tatsächliche Entlassung und nicht an den Ausspruch der Kündigung an. Diese Rechtsprechung ist auf breite Zustimmung gestoßen (KR-Weigand 5. Aufl. § 17 KSchG Rn. 32, 53; Hueck/von Hoyningen-Huene KSchG 12. Aufl. § 17 Rn. 15; ErfK-Ascheid § 17 KSchG Rn. 12; Stahl-hacke/Preis/Vossen Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis 7. Aufl. Rn. 953, 956; Kittner/Däubler/Zwanziger KSchR 4. Aufl. § 17 KSchG Rn. 13).

Aufgrund der Maßgeblichkeit des Entlassungszeitpunktes kann im Kündigungszeitpunkt die Anzeigepflichtigkeit der Vollziehung der Kündigung nicht abschließend beurteilt werden; auch für Kündigungen, deren Anzahl zunächst nicht die Grenzwerte von § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG erreichen, kann sich nachträglich die Anzeigepflicht ergeben, wenn ihre Vollziehung gemeinsam mit anderen, später eingeleiteten Beendigungsmaßnahmen die gesetzlichen Grenzen übersteigt (Senatsurteil vom 24. Oktober 1996 - 2 AZR 895/95 - BAGE 84, 267; KR-Weigand aaO § 17 Rn. 54; Stahlhacke/Preis/Vossen aaO Rn. 956).

b) Wie dem Tatbestandsmerkmal "in der Regel" zu entnehmen ist, kommt es für den betrieblichen Geltungsbereich nicht auf die Anzahl der im konkreten Zeitpunkt der Entlassung beschäftigten Arbeitnehmer an. Es ist - wie etwa auch bei den Regelungen von § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG, § 111 Satz 1 BetrVG - auf die Regelanzahl abzustellen. Dies ist nicht die durchschnittliche Beschäftigtenzahl in einem bestimmten Zeitraum, sondern die normale Beschäftigtenzahl des Betriebes, d. h. diejenige Personalstärke, die für den Betrieb im allgemeinen, also bei regelmäßigem Gang des Betriebes kennzeichnend ist. Erforderlich ist ein Rückblick auf die bisherige personelle Stärke des Betriebes und eine Einschätzung der zukünftigen Entwicklung, wobei Zeiten außergewöhnlich hohen oder niedrigen Geschäftsanfalls nicht zu berücksichtigen sind (Senat 31. Juli 1986 aaO zu B II 2 b der Gründe; 8. Juni 1989 aaO zu III 3 der Gründe).

Im Fall einer Betriebsstillegung ist dagegen eine Zukunftsprognose nicht möglich; dann kommt nur ein Rückblick auf die bisherige Belegschaftsstärke in Betracht. Im Stillegungsfall ist auch bei einem sukzessiven Vorgehen des Arbeitgebers mit mehreren Entlassungswellen der Zeitpunkt maßgeblich, in dem zuletzt noch eine normale Betriebstätigkeit entfaltet wurde. Die durch die Entlassungen jeweils reduzierten Belegschaftsstärken können aufgrund der vorherigen Stillegungsentscheidung nicht mehr kennzeichnend für die regelmäßige Beschäftigtenzahl sein. Sie sind nur noch Stufen der Auflösung des Betriebes. Etwas anderes gilt jedoch, wenn mehreren aufeinanderfolgenden Personalreduzierungsmaßnahmen kein einheitlicher Stillegungsentschluß zugrunde liegt, sondern wenn der endgültigen Stillegung zunächst eine oder mehrere Betriebseinschränkungen voraus gingen. Wird der Betrieb zunächst mit entsprechend verminderter Belegschaftsstärke fortgeführt, wird diese zu der normalen, den Betrieb kennzeichnenden. Dafür ist kein bestimmter Mindestzeitraum erforderlich (Senat 31. Juli 1986 aaO zu B II 3 c der Gründe; 8. Juni 1989 aaO zu III 3, 4 a, b der Gründe; vgl. die entsprechende Rechtsprechung des Ersten Senats zu § 111 BetrVG, etwa 9. Mai 1995 - 1 ABR 51/94 - AP BetrVG 1972 § 111 Nr. 33 = EzA BetrVG 1972 § 111 Nr. 30 zu B II 1 der Gründe; vom 8. Juni 1999 - 1 AZR 695/98 - nv. zu II 2 c der Gründe).

Nach diesem auch von der Revision nicht in Zweifel gezogenen Maßstab käme es nur dann auf die Beschäftigtenzahl spätestens zum Zeitpunkt der Kündigung an, wenn die Übertragung auf die H. B. am 2. Januar 1997 nur einen Betriebsteil betroffen hätte. Nur in diesem Fall würde es sich bei den Entlassungen im ersten Quartal 1997 nicht um eine Belegschaftsreduzierung mit dem Ziel handeln, eine Betriebsfortführung mit reduzierter Belegschaft zu ermöglichen, und die Entlassungen hätten der Stillegung der seit 2. Januar 1997 einen selbständigen Betrieb bildenden nicht übertragenen Betriebsteile gedient; die nachfolgend gestaffelt reduzierten Belegschaftsstärken wären dann wegen der vorhergehenden Entscheidung zur Stillegung des verbliebenen Restbetriebes nicht relevant.

Hier kam es jedoch nicht nur zu einem Teilbetriebsübergang. Vielmehr ging der gesamte verbliebene Restbetrieb am 2. Januar 1997 gem. § 613 a Abs. 1 BGB auf die H. B. über. Dies hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision beruhen auf einem unzutreffenden Verständnis des Rechtsbegriffs Teilbetrieb.

aa) Betriebsteile sind Teileinheiten oder Teilorganisationen eines Betriebes, mit denen innerhalb des betrieblichen Gesamtzweckes ein bestimmter Teilzweck verfolgt wird. Zwar steht der Annahme eines Teilbetriebsübergangs nicht entgegen, wenn der verbleibende Betriebsteil selbständig nicht fortgesetzt werden kann (BAG 11. März 1997 - 8 AZR 375/96 - BAGE 87, 120). Voraussetzung für die Annahme eines Betriebsteils ist jedoch, daß es sich um eine organisatorische Untergliederung des gesamten Betriebes handelt, die schon beim früheren Betriebsinhaber die Qualität eines Betriebsteils hatte (BAG 11. September 1997 - 8 AZR 555/95 - BAGE 86, 271; vom 18. März 1997 - 3 AZR 729/95 - BAGE 85, 291; vom 26. August 1999 - 8 AZR 718/98 - zur Veröffentlichung vorgesehen zu B I der Gründe).

bb) Danach ist nicht nur ein Betriebsteil, sondern der ganze Betrieb der Gemeinschuldnerin auf die H. B. übergegangen. Ein Betriebsübergang setzt die Wahrung der Identität der betreffenden wirtschaftlichen Einheit voraus.

Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts verpflichtete sich die H. B., den verbliebenen Betrieb, also die gesamte organisatorische Einheit, unter Wahrung ihrer Identität fortzuführen. Dies wurde gemäß den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts auch so durchgeführt. Im Schreiben vom 11. Oktober 1996 teilte der Beklagte selbst mit, die H. B. habe das Anlagevermögen - dem Wortlaut nach uneingeschränkt - erworben. Demgegenüber hat der Beklagte nicht geltend gemacht, daß wesentliche Teile der Betriebsmittel - sei es Anlagevermögen, Kunden- oder Lieferantenbeziehungen oder know how - nicht übernommen wurden oder daß wesentliche Änderungen der Betriebsorganisation durchgeführt wurden. Daß der Beklagte mit den nach seinem Vorbringen von ihm im ersten Quartal 1997 beschäftigten 13 Arbeitnehmern im Rahmen einer neuen, gegenüber der auf die H. B. übertragenen selbständigen Organisation eigene wirtschaftliche Zwecke verfolgt hat, wird aus den Feststellungen nicht deutlich und auch von der Revision nicht geltend gemacht. Die bloße Personalreduzierung aus Rationalisierungsgründen im zeitlichen Zusammenhang mit der Übertragung der wesentlichen Betriebsmittel steht jedenfalls bei einem Produktionsbetrieb der Annahme eines Betriebsübergangs so lange nicht entgegen, wie nicht gleichzeitig andere Umstände hinzukommen, die zu einer wesentlichen Änderung der Betriebsidentität führen.

cc) Damit ist das Landesarbeitsgericht zu Recht von der Beschäftigtenzahl ausgegangen, die ab Januar 1997 aufgrund der bis dahin durchgeführten Personalreduzierungen für den insgesamt übergegangenen Betrieb der Gemeinschuldnerin kennzeichnend war. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich eine neue Belegschaftsstärke auf einem niedrigeren Niveau stabilisiert.

Durch den Betriebsübergang wurde die Anzeigepflicht nicht berührt; die H. B. trat vielmehr zum 2. Januar 1997 hinsichtlich aller Arbeitnehmer in die Stellung des Beklagten ein. Die von der Revision gesehenen Schwierigkeiten aufgrund des Betriebsübergangs bestehen tatsächlich nicht. Die Entlassungen zum 31. Januar 1997 hätte der Beklagte ohnehin zur Wahrung der Frist von § 18 Abs. 1 KSchG vor dem Betriebsübergang anzeigen müssen. Die Anzeige späterer evtl. anzeigepflichtiger Entlassungen hätte der H. B. oblegen. Die dazu notwendigen Kenntnisse hätte der Beklagte ggf. der H. B. aufgrund der durch den Kaufvertrag vermittelten vertraglichen Beziehung verschaffen müssen.

c) Ebenfalls zu Recht hat das Landesarbeitsgericht bei der Bestimmung der Betriebsgröße die im ersten Quartal 1997 aufgrund der Kündigungen des Beklagten entlassenen Arbeitnehmer berücksichtigt. § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG stellt auf den Anteil der Entlassenen an der Gesamtbelegschaft ab. Damit müssen diese bei der Bestimmung des betrieblichen Geltungsbereichs als Teil der Belegschaft behandelt werden.

d) Zu Unrecht rügt die Revision, daß das Landesarbeitsgericht auch die beiden in H. beschäftigten Arbeitnehmer einbezogen hat. Nach überwiegender Ansicht entspricht der Betriebsbegriff in § 17 Abs. 1 KSchG dem der §§ 1, 4 BetrVG; daher sind in Betriebsteilen und Nebenbetrieben beschäftigte Arbeitnehmer beim Fehlen der Voraussetzungen von § 1 BetrVG dem Hauptbetrieb zuzuordnen (KR-Weigand aaO § 17 Rn. 16 - 18; Hueck/von Hoyningen-Huene aaO § 17 Rn. 3; Löwisch KSchG 7. Aufl. § 17 Rn. 9; Kittner/Däubler/Zwanziger aaO § 17 KSchG Rn. 5, 6; Stahlhacke/Preis/Vossen aaO Rn. 951; Bader/Bram/Dörner/Wenzel KSchG Stand Juni 1999 § 17 Rn. 5, 6; entsprechend zu § 15 KSchG 1951 Senat 13. März 1969 - 2 AZR 157/68 - AP KSchG § 15 Nr. 10; soweit Ascheid (in: ErfK § 17 KSchG Rn. 8) von dem vom EuGH entwickelten Betriebsbegriff ausgehen will, führt dies jedenfalls hinsichtlich der Behandlung von Nebenbetrieben nicht zu einem anderen Ergebnis; hier hält er § 4 BetrVG für entsprechend anwendbar). Da es bei der Betriebsstätte in H. schon an der nach § 1 BetrVG erforderlichen Arbeitnehmerzahl fehlt, ist diese gem. § 4 BetrVG nicht als selbständiger Betrieb zu behandeln.

Entgegen der Auffassung der Revision gebietet der arbeitsmarktpolitische Zweck der Regelung nicht eine noch einschränkendere Auslegung. Gegen die generelle Nichtberücksichtigung der in räumlich weit entfernten Betriebsteilen beschäftigten Arbeitnehmer spricht zunächst der Wortlaut der Norm. Der Betriebsbegriff des Kündigungsschutzgesetzes umfaßt generell teilweise verselbständigte und räumlich entfernte Betriebsteile (Senat 20. August 1998 - 2 AZR 84/98 - AP KSchG 1969 § 2 Nr. 50 = EzA KSchG § 2 Nr. 31 zu II 2 a cc der Gründe; vom 21. Juni 1995 - 2 AZR 783/94 - RzK I 5 d Nr. 50 zu II 3 b aa der Gründe). Der Betriebsbegriff wird daher im Rahmen der §§ 17 ff. KSchG schon dadurch im Verhältnis zu dem sonst bei der Auslegung des Kündigungsschutzgesetzes zugrunde gelegten Betriebsbegriff einschränkend ausgelegt, daß auf den betriebsverfassungsrechtlichen Maßstab der §§ 1, 4 BetrVG abgestellt wird. Für eine noch engere Auslegung besteht kein hinreichender Anlaß. Auch wenn die Auffassung der Revision zutreffen sollte, daß der Schutzzweck der Regelung nur regionale Arbeitsmärkte erfaßt (so zu § 15 KSchG [1951] Senatsurteil 13. März 1969 aaO zu 1 c der Gründe), kann der den Hauptbetrieb umfassende regionale Arbeitsmarkt durchaus durch die Entlassung von in räumlich entfernten Betriebsteilen beschäftigten Arbeitnehmern beeinträchtigt werden. Das gilt gerade, wenn es sich wie bei der Betriebsstätte in H. nur um eine Einrichtung mit noch nicht einmal fünf Arbeitnehmern zur Betreuung eines einzelnen Kunden, also ohne nennenswert verfestigte Betriebsstruktur handelt. In so wenig verfestigten Außenstellen werden nicht selten aus dem Hauptbetrieb entsandte Arbeitnehmer beschäftigt, die nach ihrer Entlassung wieder in die Region des Hauptbetriebes zurückkehren. Ihre Einbeziehung in das Anzeigeverfahren ist daher keineswegs generell sachwidrig.

e) Damit kann die Zuordnung und die genaue Anzahl der in O. beschäftigten Arbeitnehmer dahingestellt bleiben. Gemäß der Darstellung des Beklagten wurden von der H. B. 84 Arbeitnehmer übernommen und vom Beklagten im ersten Quartal 1997 13 Arbeitnehmer entlassen. Den damit insgesamt 97 regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmern stehen bei einer alle drei Betriebsstätten umfassenden Betrachtung zehn Entlassungen zum 31. Januar 1997 gegenüber, so daß die 10 %-Grenze von § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KSchG überschritten ist.

Läßt man die Betriebsstätte O. unberücksichtigt, reduziert sich die Zahl der Entlassungen auf neun, da dann die von Herrn W. nicht zu berücksichtigen ist. Gleichzeitig verringert sich aber die Zahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer um die Anzahl der in O. beschäftigten. Deren Anzahl betrug gemäß der Feststellung des Landesarbeitsgerichts etwa 13 Arbeitnehmer. Auf der Grundlage dieser Feststellung durfte das Landesarbeitsgericht davon ausgehen, daß bei Ausklammerung der Betriebsstätte O. die Gesamtzahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer jedenfalls nicht über 90 lag, daß also auch dann die 10 %-Grenze erreicht war.

Die - wie von der Revision selbst eingeräumt - in den Tatsacheninstanzen nicht aufgestellte Behauptung, in O. sei nach dem 31. Dezember 1996 nur noch ein Arbeitnehmer, nämlich der zum 31. Januar 1997 entlassene Herr W., eingesetzt worden, ist nach § 561 ZPO unbeachtlich. Es fehlt an einer begründeten Verfahrensrüge. Jedenfalls wäre die Rechtslage aber keine andere, wenn die neue Sachdarstellung der Revision richtig sein sollte: War Herr W. der einzige in O. noch regelmäßig beschäftigte Arbeitnehmer, wären die Tatbestandsvoraussetzungen von § 4 BetrVG bereits mangels einer hinreichenden Zahl von Arbeitnehmern iSv. § 1 BetrVG nicht erfüllt. Dann müßte Herr W. bei der Berechnung der Entlassenen mitgezählt werden, so daß es bei dem Verhältnis von zehn Entlassenen gegenüber 97 regelmäßig Beschäftigten bliebe. Auch dann wären die Entlassungen zum 31. Januar 1997 anzeigepflichtig gewesen.

2. Im Ergebnis zu Recht hat das Landesarbeitsgericht auch angenommen, daß die Verletzung der Anzeigepflicht durch den Beklagten dazu geführt hat, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 29. Oktober 1996 nicht aufgelöst worden ist. Dem steht nicht, wie das Berufungsgericht offenbar meint, die neuere Rechtsprechung des Senats (24. Oktober 1996 - 2 AZR 895/95 - und 11. März 1999 - 2 AZR 461/98 - AP KSchG 1969 § 17 Nr. 12 = EzA KSchG § 17 Nr. 8) entgegen, wonach bei fehlender oder fehlerhafter Massenentlassungsanzeige nach §§ 17, 18 KSchG nur die Entlassung des betreffenden Arbeitnehmers unzulässig ist. Da der Beklagte eine Massenentlassungsanzeige vor der tatsächlichen Entlassung des Klägers nicht erstattet und auch später nicht nachgeholt hat, konnte er den Kläger aufgrund der Kündigung vom 29. Oktober 1996 nicht entlassen. Daraus folgt, daß das Arbeitsverhältnis durch diese Kündigung nicht aufgelöst worden ist.

a) § 18 Abs. 1 KSchG betrifft nach seinem klaren Wortlaut nur die Wirksamkeit der anzeigepflichtigen Entlassung, nicht die Wirksamkeit der Kündigung. Liegt im vorgesehenen Entlassungszeitpunkt nicht die erforderliche Zustimmung der Arbeitsverwaltung vor, tritt unabhängig von der privatrechtlichen Wirksamkeit der Kündigung eine Entlassungssperre ein.

Es ist zumindest begrifflich unscharf, wenn das Berufungsgericht demgegenüber aus der Verletzung der §§ 17 ff. KSchG eine Unwirksamkeit der Kündigung der Beklagten herleitet.

b) Die Wirksamkeit der Kündigung beurteilt sich nach dem Sachverhalt zur Zeit ihres Ausspruchs. Bei Ausspruch der Kündigung steht aber oft nicht einmal fest, ob eine Massenentlassungsanzeige überhaupt erforderlich ist. Jedenfalls kann der Arbeitgeber auch nach Ausspruch der Kündigung bis zur Entlassung die Massenentlassungsanzeige nachholen. Geschieht dies - etwa bei einer längeren Kündigungsfrist - rechtzeitig, so kann die Entlassung zum vorgesehenen Termin erfolgen. Die Entlassung wird zudem nur dann unwirksam, wenn sich der Arbeitnehmer auf die Entlassungssperre des § 18 KSchG beruft. Selbst nach der Entlassung kann sich nach der Rechtsprechung im Extremfall noch ergeben, daß durch spätere Entlassungen innerhalb von dreißig Kalendertagen die Quote des § 17 Abs. 1 KSchG erreicht wird; dann wird nachträglich die bereits vollzogene Entlassung unwirksam. All diese Besonderheiten sind mit der Konstruktion der Unwirksamkeit einer einseitigen Willenserklärung kaum sinnvoll zu vereinbaren.

c) Ob die Kündigung als privatrechtliches Rechtsgeschäft wirksam oder unwirksam ist, regelt sich nach anderen Vorschriften, etwa § 1 KSchG. Die §§ 17 ff. KSchG bestimmen nur - vor allem im öffentlichen Interesse, nicht im Interesse des einzelnen Arbeitnehmers -, daß die Kündigungsfrist auch einer sonst privatrechtlich wirksamen Kündigung durch privatrechtsgestaltenden Verwaltungsakt der Arbeitsverwaltung festgelegt wird. Ein rechtskräftiger Verwaltungsakt bindet die Arbeitsgerichte - von dem seltenen Fall der Nichtigkeit abgesehen - ebenso wie ein Negativattest der Arbeitsverwaltung. Die Nachprüfung dieses Verwaltungsakts geschieht auch nicht durch die Arbeitsgerichte, sondern durch die Sozialgerichte. Steht aufgrund des Bescheids der Arbeitsverwaltung fest, daß die Entlassung des Arbeitnehmers nicht zu dem im Kündigungsschreiben ins Auge gefaßten Entlassungstermin erfolgen darf, so ist die rechtliche Situation dieselbe, wie wenn der Arbeitgeber ansonsten wirksam gekündigt, aber die Kündigungsfrist nach dem Gesetz, Tarifvertrag etc. zu kurz bemessen hat. Die Entlassung kann dann nicht zu dem vorgesehenen Termin erfolgen, der Arbeitgeber gerät, wenn er den Arbeitnehmer nicht weiter beschäftigt, in Annahmeverzug. Nichts anderes gilt, wenn bis zu dem vorgesehenen Entlassungstermin nicht einmal eine Massenentlassungsanzeige erstattet worden ist; dann fehlt es überhaupt an einer für die Kündigung gültigen Kündigungsfrist. Dann ist, da § 17 Abs. 1 KSchG die Erstattung der Massenentlassungsanzeige vor der Entlassung fordert, von Ausnahmefällen abgesehen (rechtskräftiges Negativattest, nachträgliche Verringerung der Quote etc.) aufgrund der ausgesprochenen Kündigung eine Entlassung des Arbeitnehmers überhaupt nicht mehr möglich.

d) Im vorliegenden Fall ändert es nichts am Ergebnis, wenn man bei fehlender Massenentlassungsanzeige nicht mit dem Berufungsgericht von einer Unwirksamkeit der Kündigung, sondern mit der neueren Senatsrechtsprechung von einer Zustimmungsbedürftigkeit der Entlassung ausgeht. Da der Beklagte die erforderliche Massenentlassungsanzeige nicht bis zur Entlassung des Klägers und auch bis heute nicht erstattet hat, hat die privatrechtlich wirksame Kündigungserklärung des Beklagten nicht den Erfolg gehabt, daß der Beklagte den Kläger zu dem in Aussicht genommenen Entlassungstermin bzw. zu einem späteren Termin hat entlassen können. Von dem Antrag des Klägers und der entsprechenden Feststellung des Landesarbeitsgerichts ist eine solche Rechtsfolge ebenso erfaßt wie in dem vergleichbaren Fall, daß der Arbeitnehmer neben der Unwirksamkeit der Kündigung die falsche Berechnung der Kündigungsfrist rügt.

Ende der Entscheidung

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