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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 23.11.2000
Aktenzeichen: 2 AZR 547/99
Rechtsgebiete: KSchG, MT Arb, LPVG NW


Vorschriften:

KSchG § 2
KSchG § 1 Abs. 2
MT Arb § 30 Abs. 6
MT Arb § 4 Abs. 2
LPVG NW § 72 a Abs. 3
LPVG NW § 66 Abs. 3 Satz 4
Leitsatz:

Entschließt sich der Arbeitgeber, Mehrarbeit verstärkt durch Freizeitausgleich abzugelten, so kann dies je nach den Umständen eine Änderungskündigung mit dem Ziel sozial rechtfertigen, von der vereinbarten pauschalierten Mehrarbeitsvergütung zur "Spitzabrechnung" der tatsächlich geleisteten Mehrarbeit überzugehen.

Aktenzeichen: 2 AZR 547/99 Bundesarbeitsgericht 2. Senat Urteil vom 23. November 2000 - 2 AZR 547/99 -

I. Arbeitsgericht Köln - 15 Ca 3974/98 - Urteil vom 21. Oktober 1998

II. Landesarbeitsgericht Köln - 7 Sa 286/99 - Urteil vom 7. Juli 1999


BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

2 AZR 547/99 7 Sa 286/99

Verkündet am 23. November 2000

Anderl, der Geschäftsstelle

In Sachen

Kläger, Berufungskläger und Revisionskläger,

pp.

beklagtes, berufungsbeklagtes und revisionsbeklagtes Land,

hat der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 23. November 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Rost, die Richter am Bundesarbeitsgericht Bröhl und Dr. Fischermeier, die ehrenamtlichen Richterinnen Nipperdey und Kuemmel-Pleißner

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 7. Juli 1999 - 7 Sa 286/99 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Änderungskündigung.

Der 1939 geborene Kläger ist seit 25. Januar 1990 bei dem beklagten Land als Munitionsräumarbeiter beschäftigt. Nachdem er am 1. Juli 1991 einen Unimog-Bagger als Kraftfahrer/Bediener übernommen hatte und die für die Putz- und Wartungsarbeiten an dem Kraftfahrzeug erforderlichen Mehrarbeitsstunden zunächst einzeln abgerechnet worden waren, vereinbarten die Parteien durch Zusatzarbeitsvertrag vom 29. August 1991 die Abgeltung dieser Mehrarbeit durch eine Überstundenpauschale von 25 Stunden monatlich.

1997 entschloß sich das beklagte Land, beim Kläger und zahlreichen anderen Arbeitnehmern mit Kraftfahreraufgaben die Überstunden für die Fahrzeugpflege und -wartung nicht länger pauschal zu vergüten, sondern zunächst "spitz" abzurechnen. Dabei war beabsichtigt, Überstunden nur bis zu einer Jahresobergrenze (für Fahrer/Munitionsräumarbeiter 210 Stunden jährlich) zu bezahlen und die darüber hinaus für die Pflege der Fahr- und Werkzeuge außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit erforderlichen Überstunden möglichst durch Freizeit auszugleichen. Bei den übrigen Arbeitnehmern, mit denen die Pauschalierung der Überstunden nur widerruflich vereinbart war, machte das beklagte Land von seinem Widerrufsvorbehalt Gebrauch. Da der Zusatzarbeitsvertrag des Klägers keinen entsprechenden Widerrufsvorbehalt enthielt, bat das beklagte Land den Personalrat um Zustimmung zu einer Änderungskündigung mit dem Ziel des Wegfalls der Überstundenpauschale. Der Personalrat lehnte die Zustimmung im wesentlichen mit der Begründung ab, eine Reduzierung der Pflegearbeiten an den Räumfahrzeugen führe zu einem Sicherheitsrisiko. Dem widersprach die Dienststelle und machte geltend, es sei nicht beabsichtigt, die erforderlichen Pflegearbeiten zu reduzieren, es solle nur das Abrechnungssystem geändert und der Anteil der durch Freizeit abgegoltenen Mehrarbeit erhöht werden.

Das nach Ablehnung der Zustimmung zunächst eingeleitete Stufenverfahren brach das beklagte Land nach einer ministeriellen Stellungnahme mit der Begründung ab, die Zustimmung des Personalrats gelte als erteilt, da seine Zustimmungsverweigerung nicht sachgerecht begründet worden sei. Der Personalrat leitete daraufhin beim zuständigen Verwaltungsgericht ein Beschlußverfahren ein mit dem Antrag festzustellen, daß das beklagte Land durch den Abbruch des Beteiligungsverfahrens bezüglich der Überstundenregelung für den Fahrer D. das Mitbestimmungsrecht des Personalrats verletzt habe. Dieser Antrag blieb in zwei Instanzen erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen schloß sich in seinem rechtskräftigen Beschluß vom 5. April 2000 (- 1 L A 5152/98 PVL -) im wesentlichen der Begründung des beklagten Landes an, die Änderungskündigung gelte nach § 66 Abs. 3 Satz 4 LPVG NW als gebilligt, weil der Personalrat für seine Zustimmungsverweigerung keine Gründe angegeben habe, die möglicherweise noch innerhalb der eingeräumten Mitbestimmung lägen.

Mit Schreiben vom 24. April 1998 kündigte das beklagte Land dem Kläger zum 15. Mai 1998 und bot ihm gleichzeitig an, das bisherige Arbeitsverhältnis ohne die monatliche Überstundenpauschale von 25 Stunden fortzuführen.

Der Kläger, der das Änderungsangebot unter Vorbehalt angenommen hat, hält die Änderungskündigung wegen fehlender Zustimmung des Personalrats nach § 72 a LPVG NW für rechtsunwirksam und die Änderung seiner Arbeitsbedingungen darüber hinaus für sozialwidrig. Er hat geltend gemacht, die vereinbarte Pauschale von zuletzt monatlich ca. 650,00 DM stelle ein individuell ausgehandeltes Entgelt dar. Ausreichende betriebsbedingte Gründe für eine Reduzierung dieser übertariflichen Vergütung lägen nicht vor. Es könne zwar sein, daß eine Absenkung der Jahresobergrenze für bezahlte Überstunden zu einer Kostensenkung führen würde und daß die Pauschalierungsvereinbarung ursprünglich der Vereinfachung der Abrechnung der Überstunden gedient habe. Der Grundsatz der sparsamen Haushaltsführung, der auch schon bei Vereinbarung der Überstundenpauschale gegolten habe, könne jedoch die Änderung seiner Arbeitsbedingungen nicht rechtfertigen. Es sei ihm nicht zuzumuten, auf einen beachtlichen Teil seines Lohns, den die Pauschale mit ca. 15 % seines Nettotariflohns dargestellt habe, zu verzichten. Für die Monate Mai bis Juli 1998 habe die geänderte Abrechnungsweise zu einer Minderung seines Lohns in Höhe von insgesamt 1.033,89 DM geführt.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, daß die Änderungen der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der Änderungskündigung vom 24. April 1998 - zugestellt am 28. April 1998 - unwirksam sind,

2. das beklagte Land zu verurteilen, an ihn DM 1.033,89 nebst 4 % Zinsen seit Zustellung zu zahlen.

Das beklagte Land hat zur Begründung seines Klageabweisungsantrags geltend gemacht, die Vereinbarung von 29. August 1991 habe lediglich das bis dahin geltende langwierige Abrechnungsverfahren im Interesse beider Vertragspartner durch eine auf den Erfahrungswerten der Vergangenheit beruhende Pauschalregelung ersetzt. Die mit der Änderungskündigung angestrebte Umstellung auf eine Einzelabrechnung der tatsächlich geleisteten Überstunden sei Ausfluß des Direktionsrechts des Arbeitgebers. Es gehe bei der Umstellung von Pauschalabrechnung zu Spitzabrechnung nicht um die Reduzierung von Überstunden, sondern nur um die Reduzierung bezahlter Überstunden. Dies entspreche der einschlägigen tariflichen Regelung, etwa anfallende Überstunden zunächst in Freizeit und nur hilfsweise durch Vergütung abzugelten. Für den Fall, daß tatsächlich nur geringere als die bei Vereinbarung der Pauschalierung vorausgesetzten durchschnittlichen Überstunden anfielen, müsse der Arbeitgeber die Möglichkeit haben, sich an die veränderten Umstände anzupassen. Eine Überstundenpauschale von 25 Stunden im Monat setze nicht zwangsläufig voraus, daß diese Stundenzahl auch durchgängig tatsächlich geleistet werden müsse. Die neu eingeführte Jahresobergrenze von 210 bezahlten Mehrarbeitsstunden sei ausreichend für die tatsächlich abzuleistenden Pflege- und Wartungsarbeiten. Dies bestätige die weitere Entwicklung. Im Jahr 1998 lägen von den 17 Mitarbeitern der beiden Räumgruppen Köln und Aachen lediglich 2 erwähnenswert über der Jahresobergrenze und zwar mit einmal 19 und zum anderen 26 Stunden monatlich. Das Abfeiern etwa über der Jahresobergrenze liegender Mehrarbeitsstunden sei ohne Auswirkungen auf die Sicherheitsstandards im Kampfmittelräumdienst problemlos in weniger arbeitsanfälligen Jahresabschnitten möglich. Ein Sicherheitsrisiko entstehe dadurch nicht.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Die Änderung der Arbeitsbedingungen des Klägers durch die Änderungskündigung ist nicht sozial ungerechtfertigt. Die Änderungskündigung ist auch nicht wegen fehlender Zustimmung des Personalrats rechtsunwirksam.

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Änderungskündigung sei durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt. Bei der Entscheidung des beklagten Landes, im Arbeitsbereich des Klägers die Überstunden generell zu reduzieren, handele es sich um eine kündigungsschutzrechtlich generell hinzunehmende unternehmerische Entscheidung. Mit ihr sei die Grundlage für die Pauschalierungsvereinbarung entfallen, denn diese habe auf der Annahme beruht, daß nach den Erfahrungswerten der Vergangenheit 25 Überstunden im Monat anfielen. Ein übertarifliches Entgelt hätten die Parteien mit der Pauschalierung der Überstunden nicht vereinbart. Die Änderungskündigung sei auch nicht nach § 72 a Abs. 3 LPVG NW rechtsunwirksam.

II. Dem folgt der Senat im Ergebnis und auch in Teilen der Begründung.

1. Nach der ständigen Senatsrechtsprechung (zuletzt 18. November 1999 - 2 AZR 77/99 - AP KSchG 1969 § 2 Nr. 55 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 104 und 1. Juli 1999 - 2 AZR 826/98 - AP aaO Nr. 53 = EzA KSchG § 2 Nr. 35) ist bei einer betriebsbedingten Änderungskündigung zunächst das Änderungsangebot des Arbeitgebers daran zu messen, ob dringende betriebliche Erfordernisse gemäß § 1 Abs. 2 KSchG das Änderungsangebot bedingen und ob der Arbeitgeber sich bei einem an sich anerkennenswerten Grund zur Änderungskündigung darauf beschränkt hat, nur solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muß.

a) Ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Änderung der Arbeitsbedingungen kann in Betracht kommen, wenn die Parteien eine Nebenabrede zum Arbeitsvertrag vereinbart haben, die an Umstände anknüpft, die erkennbar nicht während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses gleichbleiben müssen. Möchte sich der Arbeitgeber wegen veränderter Umstände von einer solchen Nebenabrede lösen, so kann dies eine Änderungskündigung erforderlich machen, wenn die Parteien nicht von vornherein in der Nebenabrede einen Widerrufsvorbehalt vereinbart haben.

So liegt der Fall hier. Der einschlägige Manteltarifvertrag für Arbeiterinnen und Arbeiter des Bundes und der Länder (MT Arb) vom 6. Dezember 1995 sieht in § 30 - ebenso wie der vom Landesarbeitsgericht herangezogene BMT-G II in § 25 - ua. vor, daß zur pauschalen Zahlung des Überstundenlohns im Einzelfall durch Einzelarbeitsvertrag ein Pauschalzuschlag festgesetzt werden kann. Die Pauschale dient dabei vor allem der Vereinfachung der Abrechnung. Sie muß den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen und darf insbesondere nicht zu einer untertariflichen Entlohnung führen (BAG 12. Februar 1987 - 6 AZR 129/84 - Ez BAT § 35 BAT Nr. 3; Scheuring/Steingen/Banse/Thivessen/Jeske/Scheuring MT Arb Stand September 2000 § 30 Rn. 6). Damit setzt schon die Tarifregelung, die Grundlage der Vereinbarung der Nebenabrede durch die Parteien war, voraus, daß sich die der Pauschalierung des Überstundenlohns zugrundeliegenden tatsächlichen Umstände während des Laufs des Arbeitsverhältnisses ändern können. So kann sich das zeitaufwendige Verfahren der Erfassung und Abrechnung individueller Überstunden etwa durch die elektronische Datenverarbeitung so vereinfachen und abkürzen, daß eine Pauschalierung kaum mehr Sinn macht. Außerdem kann sich die Anzahl der erforderlichen Überstunden so wesentlich erhöhen oder verringern, daß die Weiterzahlung des Pauschalzuschlags zu einer untertariflichen bzw. übertariflichen Vergütung führen würde, was - von anderen Bedenken abgesehen - schon dem Sinn und Zweck der lediglich einer Abrechnungsvereinfachung dienenden Pauschalabrede nicht entsprechen würde. Schließlich kann auch der Fall eintreten, daß Überstunden außerhalb der vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit zwar nach wie vor in gleichem Umfang anfallen, aber nunmehr entgegen der tatsächlichen Situation bei Vereinbarung der Nebenabrede verstärkt das Abfeiern der Überstunden während der regelmäßigen Arbeitszeit möglich wird.

Da die Parteien bei der Vereinbarung einer derartigen Überstundenpauschale stets damit rechnen müssen, daß sich die tatsächlichen Grundlagen der Vereinbarung der Nebenabrede während der Dauer des Arbeitsverhältnisses ändern, ist es sinnvoll, in eine derartige Vereinbarung einen Widerrufsvorbehalt aufzunehmen, schon um nicht durch eine sonst erforderlich werdende Änderungskündigung den Bestand des Arbeitsverhältnisses zu gefährden (vgl. BAG 12. Februar 1987 - 6 AZR 129/84 - aaO). Ist ein solcher Widerrufsvorbehalt aber nicht vereinbart, so kann die Veränderung der der Vereinbarung der Nebenabrede zugrundeliegenden tatsächlichen Verhältnissen je nach den Umständen eine betriebsbedingte Änderungskündigung rechtfertigen.

b) Das Berufungsgericht ist danach zu Recht davon ausgegangen, das Änderungsangebot, das Arbeitsverhältnis ohne die Überstundenpauschale zu sonst gleichen Arbeitsbedingungen fortzusetzen, sei durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt, § 2, § 1 Abs. 2 KSchG. Die vereinbarte Überstundenpauschale diente, wie sich aus dem vorgelegten Schriftwechsel ergibt, lediglich der vereinfachten Abrechnung der Überstunden, die der Kläger für Putz- und Wartungsarbeiten als Kraftfahrer unstreitig außerhalb seiner regelmäßigen Arbeitszeit zu leisten hatte. Es muß davon ausgegangen werden, daß die Pauschalierung ursprünglich dem Umfang nach den tatsächlich abzuleistenden Überstunden entsprach, denn die Parteien hatten zunächst eine gewisse Zeit lang die tatsächlich abgeleisteten Überstunden erfaßt und abgerechnet, ehe sie durch den Zusatz zum Arbeitsvertrag die Pauschalierung vereinbarten. Ob der Zusatzarbeitsvertrag nicht sogar dahingehend auszulegen ist, daß er angesichts der für beide Vertragsparteien erkennbaren Umstände einen stillschweigenden Widerrufsvorbehalt enthielt, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Die Organisationsentscheidung des beklagten Landes, nunmehr bei allen Kraftfahrern, die eine vergleichbare Überstundenpauschale erhielten, zur "Spitzabrechnung" der Überstunden überzugehen ua. um sicherzustellen, daß die Anzahl der bezahlten Überstunden auch der der tatsächlich geleisteten Überstunden entsprach, kann jedenfalls nicht als willkürlich angesehen werden, sie war vielmehr aus Sachgründen gerechtfertigt. Bei derartigen, vor langer Zeit vereinbarten Kraftfahrerpauschalen bestand allgemein die Befürchtung, daß sich die tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung nicht mehr mit der durch die Pauschale abgedeckten Arbeitsleistung deckte (vgl. Senat 16. Januar 1997 - 2 AZR 240/96 - RzK I 7 a Nr. 37). Wenn der Kläger selbst davon ausgeht, die Überstundenpauschale habe bei ihm eine übertarifliche Vergütung dargestellt, so kann dies wohl nur dahingehend verstanden werden, daß sich inzwischen der tatsächliche Pflegeaufwand für das Kraftfahrzeug nicht mehr mit den durch die Pauschale abgegoltenen Überstunden deckte.

Es stellte zudem schon ein dringendes betriebliches Erfordernis dar, daß das beklagte Land nunmehr dazu übergehen wollte, in verstärktem Maße die außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit abzuleistenden Überstunden in Zeiten geringeren Arbeitsanfalls durch Freizeit auszugleichen. Dies entspricht der tariflichen Regelung, wonach in erster Linie ein Abfeiern der Überstunden vorgesehen ist und nur die nicht abgefeierten Überstunden zu bezahlen sind. Die Prognose des beklagten Landes, daß durch diese Entscheidung eine erhebliche Reduzierung der bezahlten Überstunden für Pflege- und Wartungsarbeiten möglich war, hat sich offenbar bestätigt, wenn nach dem unbestritten gebliebenen Vorbringen des beklagten Landes nur 2 von 17 Mitarbeitern der beiden Räumgruppen im Jahr 1998 die neu eingeführte Jahresobergrenze von 210 bezahlten Überstunden überschritten haben.

Die Entscheidung des beklagten Landes, verstärkt Überstunden abfeiern zu lassen, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Sie entsprach der einschlägigen Tarifregelung und dem Grundsatz der sparsamen Haushaltsführung. Dieser war nicht bereits - wie der Kläger meint - durch die ursprüngliche Pauschalierungsabrede tangiert, denn bei Abschluß der Nebenabrede deckte sich die gezahlte Pauschale offensichtlich mit dem tatsächlichen Pflege- und Wartungsaufwand für das Kraftfahrzeug. Schließlich ist auch nicht zu verkennen, daß von ihrem Sinn und Zweck - der Verwaltungsvereinfachung - her eine solche Pauschalierungsvereinbarung für Überstunden mit ständig fortschreitender technischer Entwicklung eher überflüssig erscheint. Es stellt deshalb ebenfalls ein dringendes betriebliches Erfordernis dar, wenn der Arbeitgeber lange nach Abschluß einer derartigen Pauschalierungsvereinbarung den für eine "Spitzabrechnung" erforderlichen Verwaltungsaufwand als so gering einschätzt, daß er sich entscheidet, zu der korrekten Abrechnung des für die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden geschuldeten Tariflohns überzugehen. Diese betrieblichen Erfordernisse bedingten ein entsprechendes Änderungsangebot gegenüber dem Kläger, mit dem als einzigem Arbeitnehmer die Pauschalierungsabrede ohne ausdrücklichen Widerrufsvorbehalt vereinbart worden war.

c) Das beklagte Land hat sich auch darauf beschränkt, dem Kläger nur solche Änderungen vorzuschlagen, die dieser billigerweise hinnehmen muß. Zwar ist nicht zu verkennen, daß sich aufgrund der Änderungskündigung die Vergütung des Klägers mindert, wenn der Pflege- und Wartungsaufwand des Kraftfahrzeugs tatsächlich geringer war als durch die Pauschale abgegolten oder es möglich ist, einen Teil der geleisteten Überstunden in Zeiten geringeren Arbeitsanfalls abzufeiern. Ein berechtigtes Interesse des Klägers wird dadurch jedoch nicht erheblich tangiert. Aufgrund der Pauschalierungsabrede konnte der Kläger nicht darauf vertrauen, möglicherweise bis zu seiner Pensionierung in erheblichem Umfange Überstunden bezahlt zu bekommen, die er nicht ableistete. Da er keinen Anspruch auf die Ableistung einer bestimmten Anzahl von Überstunden hatte, konnte er auch nicht damit rechnen, daß die Nebenabrede es dem beklagten Land auf Dauer verwehrte, zumindest einen Teil der geleisteten Überstunden abfeiern zu lassen. Die dem Kläger vorgeschlagene Änderung seiner Arbeitsbedingungen beachtet das ultimaratio-Prinzip. Das beklagte Land hat gegenüber dem Kläger und der Personalvertretung klargestellt, daß es ihm nicht darum geht, den bisher geleisteten und nach wie vor für erforderlich gehaltenen Pflege- und Wartungsaufwand für das vom Kläger geführte Kraftfahrzeug in irgendeiner Weise zu verringern. Der Kläger kann deshalb nach wie vor davon ausgehen, daß bei ihm in erheblichem Umfang Überstunden, auch bezahlte Überstunden anfallen. Die Reduzierung des Umfangs der bezahlten Überstunden durch Einführung der Jahresobergrenze von 210 Stunden war maßvoll und die Prognose des beklagten Landes über den erforderlichen Aufwand an bezahlten Überstunden entsprach, wie die spätere Entwicklung gezeigt hat, offensichtlich den tatsächlichen Gegebenheiten. Das beklagte Land hat darüber hinaus klargestellt, daß auch die Jahresobergrenze nur im Regelfall strikt gehandhabt werden sollte und daß beim Vorliegen dringender Gründe auch darüber hinaus ausnahmsweise eine Abgeltung erforderlicher Überstunden stattfinden sollte. Hätte danach der für das Kraftfahrzeug erforderliche Pflege- und Wartungsaufwand tatsächlich der Pauschale entsprochen und wäre im Hinblick auf die Arbeit des Klägers als Munitionsräumarbeiter auch ein Freizeitausgleich nicht möglich, so hätte sich hinsichtlich der Überstundenbezahlung beim Kläger im Ergebnis nichts geändert.

d) Anderes könnte gelten, wenn, wie der Kläger behauptet, die Nebenabrede keine Überstundenpauschale betroffen hätte, sondern die Parteien eine übertarifliche Bezahlung des Klägers vereinbart hätten. Bei der betriebsbedingten Änderungskündigung zur Entgeltsenkung ist zu berücksichtigen, daß der Arbeitgeber nachhaltig in das arbeitsvertragliche Verhältnis von Leistung und Gegenleistung eingreift, wenn er die vereinbarte Vergütung reduziert (Senat 26. Januar 1995 - 2 AZR 428/94 - BAGE 79, 169; 1. Juli 1999 - 2 AZR 826/98 - AP KSchG 1969 § 2 Nr. 53 = EzA KSchG § 2 Nr. 35). Davon kann aber nach dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt keine Rede sein. Die Vorgeschichte der Vereinbarung der Nebenabrede vom 29. August 1991 läßt eindeutig erkennen, daß es den Parteien um die Vereinbarung einer Überstundenpauschale und nicht um eine übertarifliche Bezahlung des Klägers ging. Konkreten Sachvortrag hat der Kläger insoweit auch nicht gebracht. Es kommt deshalb nicht mehr darauf an, daß die Vereinbarung einer übertariflichen Vergütung, wie sie der Kläger pauschal behauptet, schon nach § 4 Abs. 2 MT Arb im Zweifel unwirksam wäre, weil die Parteien jedenfalls weder bei Abschluß noch später eine schriftliche Nebenabrede des Inhalts vereinbart haben, der Kläger solle eine übertarifliche Vergütung in Höhe der ursprünglich vereinbarten Überstundenpauschale erhalten.

2. Die Änderungskündigung des beklagten Landes ist auch nicht nach § 72 a Abs. 3 LPVG NW wegen fehlender Zustimmung des Personalrats rechtsunwirksam.

a) Gemäß § 72 a Abs. 3 LPVG NW ist eine ohne Beteiligung des Personalrats ausgesprochene Kündigung unwirksam. Dies gilt auch für die Änderungskündigung. Daß der Kläger das Änderungsangebot unter Vorbehalt angenommen hat und somit die Wirksamkeit der Änderung der Arbeitsbedingungen im Streit steht, führt nicht dazu, daß eine unterlassene oder fehlerhafte Personalratsbeteiligung unbeachtlich wäre (vgl. BAG 28. Mai 1998 - 2 AZR 615/97 - BAGE 89, 48). Die Änderung der Arbeitsbedingungen sollte vorliegend weder durch einen bloßen Widerruf erfolgen, noch erfolgte sie bereits durch eine Änderung des Tarifvertrags. Ob die ordnungsgemäße Beteiligung des Personalrats auch dann von Bedeutung wäre, wenn sich die Arbeitsbedingungen bereits auf Grund einer Tarifvertragsänderung geändert hätten und deshalb die Änderungskündigung überflüssig gewesen wäre (vgl. dazu Fischermeier NZA 2000, 737, 740; aA Berkowsky NZA 2000, 1129, 1133 f.), braucht der Senat nicht zu entscheiden.

b) Die Änderungskündigung gilt aber nach § 66 Abs. 3 Satz 4 LPVG NW als gebilligt. Dies steht schon aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 5. April 2000 (- 1 L A 5152/98 PVL -) fest. An die Entscheidung der Verwaltungsgerichte, die Zustimmung des Personalrats zu der gegenüber dem Kläger auszusprechenden Änderungskündigung gelte als ersetzt, ist der Senat gebunden.

Ist in einem personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahren rechtskräftig festgestellt, daß eine personelle Einzelmaßnahme, zB eine Kündigung des Arbeitgebers, nicht der Zustimmung des Personalrats bedarf, so wirkt dies zugleich gegenüber dem von der Maßnahme betroffenen Arbeitnehmer, auch wenn dieser an dem vorherigen Beschlußverfahren nicht beteiligt war. Im nachfolgenden Individualprozeß kann er sich nicht darauf berufen, die Entscheidung über die kollektivrechtliche Streitfrage, die als Vorfrage auch im Individualprozeß zu beantworten ist, sei unrichtig entschieden (Senat 3. Juli 1996 - 2 AZR 813/95 - BAGE 83, 267; vgl. auch BAG 21. September 1989 - 1 ABR 32/89 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 72 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 76). Ebenso wie der einzelne Arbeitnehmer die Zustimmung des Personalrats zu einer personellen Maßnahme des Arbeitgebers oder die Freigabe der Entscheidung des Arbeitgebers durch das Verstreichenlassen der gesetzlichen Äußerungsfristen hinnehmen muß, weil er auf die Zustimmungsverweigerung oder überhaupt die Tätigkeit des Betriebsrats keinen materiell-rechtlichen Anspruch hat, muß er auch das rechtskräftige Ergebnis eines Beschlußverfahrens über das Bestehen oder Nichtbestehen des entsprechenden Beteiligungsrechts gegen sich gelten lassen (vgl. Dütz Arbeitsgerichtliches Beschlußverfahren und Individualprozeß FS Gnade S 487, 497 ff.; Fastrich SAE 1992, 13, 18). Aufgrund der rechtskräftigen verwaltungsgerichtlichen Entscheidung hat der Senat deshalb auch im vorliegenden Änderungsschutzverfahren davon auszugehen, daß die Änderungskündigung nach § 66 Abs. 3 Satz 4 LPVG NW als gebilligt gilt, weil keine ordnungsgemäße Zustimmungsverweigerung des Personalrats vorliegt und deshalb zu Recht das Stufenverfahren nicht durchgeführt worden ist.

c) Soweit der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts in seinem Urteil vom 15. Januar 1987 (- 6 AZR 589/84 - AP BPersVG § 75 Nr. 21 = EzA TVG § 4 Rundfunk Nr. 14) bei einer betriebsweiten Kürzung von Essenszuschüssen angenommen hat, die ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats verneinende verwaltungsgerichtliche Entscheidung erzeuge keine Bindungswirkung im anschließenden Verfahren eines Arbeitnehmers auf Weiterzahlung des Zuschusses, betrifft dies eine andere personalvertretungsrechtliche Konstellation. Einer Übertragung dieser Rechtsprechung auf einen Fall wie den vorliegenden könnte der Senat aus den dargelegten Gründen nicht folgen (vgl. auch BAG 10. März 1998 - 1 AZR 658/97 - AP ArbGG 1979 § 84 Nr. 5 = EzA ArbGG 1979 § 84 Nr. 2).

Selbst bei Annahme einer insoweit bestehenden Divergenz bliebe diese im Streitfall jedenfalls ohne Auswirkung. Würde der Senat in eine materiell-rechtliche Prüfung eintreten, müßte er zu demselben Ergebnis kommen wie das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. Das beklagte Land hat im Mitbestimmungsverfahren klargestellt, daß es ihm nicht um eine Verringerung der Anzahl der für die Kraftfahrzeugwartung und -pflege notwendigen Überstunden geht und auch eine Verdichtung der Munitionsräumarbeiten nicht beabsichtigt ist. Die Zustimmungsverweigerung des Personalrats geht damit an der Sache vorbei: Werden, wie vom beklagten Land beabsichtigt, auch bei einer "Spitzabrechnung" alle Überstunden bezahlt, die unter Berücksichtigung der Möglichkeit des Abfeierns von Überstunden erforderlich sind, so ist nicht erkennbar, wie allein durch die Änderung des Abrechnungssystems ein Sicherheitsrisiko entstehen soll.

3. Da die Arbeitsbedingungen des Klägers durch die Änderungskündigung vom 24. April 1998 geändert worden sind, stehen dem Kläger auch die geltend gemachten Zahlungsansprüche nicht zu.

Ende der Entscheidung

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