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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 07.05.1998
Aktenzeichen: 2 AZR 55/98
Rechtsgebiete: KSchG n.F., BGB, BetrVG
Vorschriften:
KSchG § 1 Abs. 5 n.F. | |
KSchG § 1 Abs. 2 | |
BGB § 126 | |
BetrVG § 111 | |
BetrVG § 77 Abs. 2 Satz 3 |
Die Rechtswirkungen des § 1 Abs. 5 KSchG n.F. treten auch dann ein, wenn der zu kündigende Arbeitnehmer in einer nicht unterschriebenen Namensliste benannt ist, die mit dem Interessenausgleich, der auf die Namensliste als Anlage ausdrücklich Bezug nimmt, mittels Heftmaschine fest verbunden ist.
Es liegt im unternehmerischen Ermessen des Arbeitgebers, ob er bei einem Wegfall von Beschäftigungsmöglichkeiten in seinem Betrieb im Verhältnis zu dem fehlenden Arbeitskräftebedarf Personal abbaut oder nur einen Teil der überzähligen Arbeitnehmer entläßt und die übrigen z. B. als Personalreserve behält.
Aktenzeichen: 2 AZR 55/98 Bundesarbeitsgericht 2. Senat Urteil vom 07. Mai 1998 - 2 AZR 55/98 -
I. Arbeitsgericht Ludwigshafen - 1 Ca 3067/96 - Urteil vom 11. März 1997
II. Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz - 9 Sa 401/97 - Urteil vom 17. Oktober 1997
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Entscheidungsstichworte: Interessenausgleich, Namensliste
Gesetz: KSchG § 1 Abs. 5 n.F.; § 1 Abs. 2; BGB § 126; BetrVG § 111, § 77 Abs. 2 Satz 3
2 AZR 55/98 9 Sa 401/97 Rheinland-Pfalz
Im Namen des Volkes! Urteil
Verkündet am 07. Mai 1998
Backes Reg.-Hauptsekretärin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
In Sachen
pp.
hat der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der Sitzung vom 7. Mai 1998 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Etzel, die Richter Bitter und Bröhl sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Fischer und Walter für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 17. Oktober 1997 - 9 Sa 401/97 - aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand:
Der 26 Jahre alte Kläger ist seit April 1994 bei der Beklagten als Arbeiter in der Kaminrohrfertigung (Verladung) mit einem Bruttoeinkommen von zuletzt 3.000,00 DM beschäftigt. Er ist verheiratet und hat drei Kinder. Die Beklagte stellt Schamotteprodukte für die Stahl-, Zement- und petrochemische Industrie her. Bis September 1996 liefen für die Herstellung der Schamotteprodukte zwei Öfen. Wegen der schlechten Auftragslage legte die Beklagte Ende September 1996 einen dieser Öfen still. Am 15. Oktober 1996 schloß sie mit dem im Betrieb bestehenden Betriebsrat einen Interessenausgleich ab, der u.a. lautet:
"5. Die Reduzierung auf einen 1 Ofenbetrieb (1.800 moto) bedingt eine Reduzierung der Mitarbeiter um 40. Die Mitarbeiter sind in der Anlage namentlich aufgeführt. Auswahl und Kündigung von Mitarbeitern erfolgte unter Beachtung der Rechte des Betriebsrates gemäß § 102 BetrVG sowie der gesetzlichen, tariflichen oder einzelvertraglichen Fristen.
..."
Die Parteien streiten darüber, ob die von der Beklagten im vorliegenden Verfahren vorgelegte, nicht unterschriebene Namensliste, die die Überschrift "Geplante Personalreduzierungen" trägt und auf der auch der Kläger namentlich aufgeführt ist, mit dem Interessenausgleich durch eine Heftklammer fest verbunden war. Am 21. Oktober 1996 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der tariflichen Kündigungsfrist zum 6. November 1996. Der Betriebsrat hat der Kündigung zugestimmt.
Der Kläger hält die Kündigung für unwirksam. Er hat geltend gemacht, es sei nicht nachvollziehbar, inwiefern die Stillegung des Ofens eine Reduzierung der Belegschaft um 40 Mitarbeiter erforderlich gemacht habe. Wie sich der geltend gemachte Umsatzrückgang auf seine Abteilung und seinen Arbeitsplatz ausgewirkt habe, habe die Beklagte nicht dargelegt. Die vorgelegte Liste lasse zwar die Abteilungen der gekündigten Arbeitnehmer erkennen, es fehle jedoch die Relation zur Gesamtzahl der ursprünglich in der Abteilung beschäftigten Arbeitnehmer. Als ungelernter Arbeiter sei er zudem überall bei der Beklagten einsetzbar und habe z.B. auch schon in der Presserei gearbeitet. Er bestreite, daß die Namensliste im Original mit dem Interessenausgleich bei dessen Abschluß durch eine Heftklammer fest verbunden gewesen sei. Bei der Betriebsratsanhörung seien dem Betriebsratsvorsitzenden die wesentlichen Sozialdaten nicht mitgeteilt worden und es treffe auch nicht zu, daß dem Betriebsrat die Sozialdaten aus eigener Kenntnis zur Verfügung gestanden hätten.
Der Kläger hat beantragt,
1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis nicht durch die ordentliche beklagtenseitige Kündigung mit Schreiben vom 21. Oktober 1996 beendet worden ist,
2. für den Obsiegensfall mit dem Klageantrag zu 1 die Beklagte zu verurteilen, ihn zu unveränderten Arbeitsbedingungen als gewerblichen Arbeitnehmer über den 6. November 1996 hinaus weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat vorgetragen, aufgrund des Rückgangs der deutschen Rohstahlerzeugung und des Preisdrucks sei die Stillegung des zweiten Ofens dringend erforderlich gewesen. Die bei einem Zwei-Ofen-Betrieb üblicherweise mit 3.000 t zu beziffernde Kapazität sei um 1.300 bis 1.500 t, d.h. um 50 % zurückgegangen. Dies habe zwangsläufig eine Reduzierung der Belegschaft um 40 Mitarbeiter bedingt.
Im Rahmen der Gespräche mit dem Betriebsrat über den Interessenausgleich sei eine ordnungsgemäße Sozialauswahl durchgeführt und das Ergebnis, u.a. die Kündigung des Klägers, in der Namensliste niedergelegt worden. Diese Kündigungsliste sei dem Interessenausgleich sozusagen angeheftet, d.h. durch eine Heftklammer mit ihm verbunden gewesen. Damit sei der tatsächliche, aber auch der rechtliche Zusammenhang zwischen Interessenausgleich und Namensliste unzweifelhaft hergestellt gewesen.
Die getroffene Sozialauswahl sei jedenfalls zutreffend. Der Kläger sei lediglich in der Verladung der Kaminrohrfertigung beschäftigt gewesen. Dieser stark eingeschränkte Einsatz habe vor allem auf der Tatsache beruht, daß der Kläger keine selbständigen Arbeiten habe ausführen können, sondern nur auf Anweisung gearbeitet habe. Gerade wegen dieses engen Einsatzgebietes und der Tatsache, daß alle verbleibenden Mitarbeiter aufgrund ihrer handwerklichen Fähigkeiten und ihrer multifunktionalen Einsetzbarkeit mit dem Kläger nicht vergleichbar seien, sei nicht zuletzt aufgrund des Alters und der kurzen Betriebszugehörigkeit des Klägers die Entscheidung gefallen, ihm zu kündigen. Alle anderen Mitarbeiter seien im Gegensatz zum Kläger in der Lage, kleinere Störungen an den Maschinen sofort selbst zu beheben und würden wegen ihrer besseren fachlichen Kompetenz auch in anderen Abteilungen eingesetzt. Mitentscheidend sei auch die höhere Leistungsbereitschaft der übrigen Mitarbeiter gewesen.
Mit dem Betriebsrat seien im Vorfeld der Gespräche über die Kündigungsliste die Sozialdaten aller Arbeitnehmer und deren unterschiedliche Qualifikation und Einsetzbarkeit ausführlich diskutiert worden. Außerdem seien die Sozialdaten sämtlicher Arbeitnehmer dem Betriebsrat bekannt.
Die im Verhältnis zur gesetzlichen Kündigungsfrist kürzere tarifliche Kündigungsfrist sei als konstitutive Tarifregelung nicht zu beanstanden, weil wegen der starken Fluktuation in ihrer Branche durch die Tarifvertragsparteien bewußt kürzere Kündigungsfristen beibehalten worden seien, um so auch auf wirtschaftliche Engpässe reagieren zu können.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung und Zurückverweisung (§ 565 Abs. 1 ZPO).
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Kündigung der Beklagten sei sozialwidrig, § 1 Abs. 2 KSchG. Zwar habe der Kläger die unternehmerische Entscheidung der Beklagten, aufgrund des erheblichen Umsatzrückgangs einen Ofen mit einer Kapazität von 1.500 t pro Jahr zu schließen, nicht substantiiert bestritten. Es lasse sich jedoch nicht nachvollziehen, wie sich die Stillegung des Ofens auf die Beschäftigungsmöglichkeiten für die Arbeitnehmer der einzelnen Abteilungen ausgewirkt habe. Es sei auch nicht nach § 1 Abs. 5 KSchG zu vermuten, daß die Kündigung des Klägers durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt gewesen sei. Der Kläger sei im Interessenausgleich selbst nicht namentlich bezeichnet. Die vorgelegte Namensliste sei insoweit unbeachtlich, weil sie weder in ihrer Überschrift als Anlage zum Interessenausgleich vom 15. Oktober bezeichnet, noch mit Ort und Datum versehen bzw. von den Beteiligten unterzeichnet sei. Die Verwendung einer Heftklammer reiche nicht zur festen Verbindung zwischen der Liste und dem Interessenausgleich aus.
II. Dem folgt der Senat weder im Ergebnis noch in der Begründung. Ob die Kündigung der Beklagten das Arbeitsverhältnis zum 6. November 1996 aufgelöst hat, läßt sich noch nicht abschließend beurteilen.
1. Die Revision rügt zu Recht, das Landesarbeitsgericht habe bei der Prüfung, ob die Kündigung der Beklagten durch dringende betriebliche Erfordernisse i.S. des § 1 Abs. 2 KSchG bedingt war und die getroffene soziale Auswahl den gesetzlichen Anforderungen entsprach (§ 1 Abs. 3 KSchG), den gesetzlichen Prüfungsmaßstab verkannt. War die Namensliste z. B. mittels Heftmaschine mit dem Interessenausgleich fest verbunden, wie das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung zugunsten der Beklagten unterstellt hat, so liegen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 5 KSchG in der Fassung des Gesetzes vom 25. September 1996 (BGBl. I S. 1476) vor. Für die Betriebsbedingtheit der Kündigung sprach dann die Vermutung des § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG und bei der Sozialauswahl reduzierte sich der Prüfungsmaßstab auf grobe Fehlerhaftigkeit.
a) Sind bei einer Kündigung aufgrund einer Betriebsänderung nach § 111 des BetrVG die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird nach § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG vermutet, daß die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse i.S. von § 1 Abs. 2 KSchG bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann dann nach § 1 Abs. 5 Satz 2 KSchG nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Vermutungsbasis, daß eine Betriebsänderung nach § 111 BetrVG vorlag und für die Kündigung des Arbeitnehmers kausal war und der Arbeitnehmer ordnungsgemäß in einem Interessenausgleich benannt ist, hat dabei der Arbeitgeber substantiiert darzulegen und ggf. zu beweisen (Senatsurteil vom 7. Mai 1998 - 2 AZR 536/97 - zur Veröffentlichung bestimmt; ebenso Kothe BB 1998, 946, 949). Diese Voraussetzungen liegen nach dem vom Berufungsgericht unterstellten Sachverhalt vor. Die Kündigung des Klägers ist aufgrund einer Betriebsänderung nach § 111 des BetrVG, nämlich einer Stillegung praktisch der Hälfte der Produktionsanlagen für die Schamotteherstellung erfolgt. Der Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung mit der namentlichen Benennung der zu kündigenden Arbeitnehmer war nach § 112 Abs. 1 Satz 1 BetrVG schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; diese gesetzliche Schriftform, auf die die §§ 125, 126 BGB anwendbar sind, ist jedenfalls dann gewahrt, wenn die nicht unterschriebene Namensliste mit dem unterschriebenen Interessenausgleich mittels Heftmaschine fest verbunden war.
b) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß die Anwendbarkeit des § 1 Abs. 5 KSchG im vorliegenden Fall nicht schon daran scheitert, daß die Namensliste nicht im Interessenausgleich selbst, sondern in einer Anlage hierzu enthalten war. Zwar muß das formbedürftige Rechtsgeschäft in einer Urkunde enthalten sein (RG JW 1924, 796; BGH Urteil vom 24. September 1997 - XII ZR 234/95 -NJW 1998, 58, m.w.N.; Palandt/Heinrichs, BGB, 57. Aufl., § 126 Rz. 4). Eine Urkunde kann aber aus mehreren Blättern bestehen. Auch Anlagen können Teil der Erklärung sein, wie dies insbesondere bei Verträgen oft der Fall ist (Flume, Das Rechtsgeschäft, 4. Aufl., § 15 II 1 b, S. 252, m.w.N.). Die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 24. September 1997, aaO), der sich der Senat anschließt, hat insoweit sogar das Erfordernis einer festen körperlichen Verbindung der verschiedenen Bestandteile der einheitlichen Urkunde aufgegeben. Schließt die Namensunterschrift eine aus mehreren Bestandteilen bestehende Urkunde räumlich ab, so erfordert die Schriftform des § 126 BGB danach nicht einmal die körperliche Verbindung der einzelnen Blätter der Urkunde, wenn sich deren Einheit aus fortlaufender Paginierung, fortlaufender Numerierung der einzelnen Bestimmungen, einheitlicher grafischer Gestaltung, inhaltlichem Zusammenhang des Textes oder vergleichbaren Merkmalen zweifelsfrei ergibt. Wo der Text einer aus mehreren Blättern bestehenden Urkunde endet und folglich durch Unterzeichnung abzuschließen ist, läßt sich auch ohne körperliche Verbindung der einzelnen Blätter in aller Regel anhand derartiger Merkmale zweifelsfrei feststellen. Andernfalls könnte selbst eine handschriftliche, sich über mehrere nicht miteinander verbundene Blätter erstreckende Erklärung die Schriftform nur wahren, wenn jede einzelne Seite unterschrieben wäre. Dies wäre eine unnötige Erschwerung des Rechtsverkehrs.
§ 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG erfordert keine strengere Handhabung und verbietet insbesondere nicht, daß die Liste mit den zu kündigenden Arbeitnehmern als Anlage zum Interessenausgleich genommen wird, soweit aufgrund der oben bezeichneten Merkmale zweifelsfrei feststeht, daß Namensliste und Interessenausgleich eine Urkunde bilden (ebenso KPK-Meisel, Teil H, § 1 KSchG Rz 561). § 1 Abs. 5 KSchG spricht zwar davon, die namentliche Bezeichnung müsse "in dem Interessenausgleich" erfolgen. Dieses Erfordernis ist aber erfüllt, wenn Interessenausgleich und Namensliste eine Urkunde bilden. Der Schutz der betroffenen Arbeitnehmer ist damit hinreichend gewahrt, zudem wird man den Arbeitgeber unabhängig davon, ob man einen Interessenausgleich mit einer Namensliste nach § 1 Abs. 5 KSchG als Betriebsvereinbarung ansieht oder einer solchen gleichstellt oder nicht, jedenfalls entsprechend § 77 Abs. 2 Satz 3 BetrVG als verpflichtet ansehen müssen, einen derartigen Interessenausgleich an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen, so daß die betroffenen Arbeitnehmer über dessen Inhalt informiert werden. Auch das vom Berufungsgericht befürchtete Vertauschen einzelner Blätter der endgültigen Fassung des Interessenausgleichs mit in den Verhandlungen überholten Textfassungen ist angesichts der Bedeutung eines derartigen Interessenausgleichs für die Betriebspartner nicht derart naheliegend, daß eine Abweichung von den allgemeinen Regeln über die Schriftform in § 126 BGB gerechtfertigt wäre. Einen absoluten Schutz etwa gegen nachträgliche Manipulationen kann, worauf das Berufungsgericht selbst hinweist, nicht einmal eine feste Verbindung aller Bestandteile der Urkunde mittels einer Heftmaschine leisten.
c) Zutreffend geht das Berufungsgericht auch davon aus, daß die Namensliste nicht allein deshalb unbeachtlich ist, weil sie von den Betriebspartnern im allein maßgeblichen Zeitpunkt des Kündigungszugangs nicht unterschrieben war. Zwar bedeutet die Unterzeichnung einer Urkunde regelmäßig, daß der Text der Urkunde der Unterzeichnung räumlich vorangeht, die Unterschrift also die Erklärung räumlich abschließt (RGZ 52, 277, 280; 110, 166,168; BGHZ 113, 48, 51; Palandt/Heinrichs, BGB, 57. Aufl., § 126 Rz 5; MünchKomm-Förschler, 3. Aufl., § 126 BGB Rz 17; vgl. Köhler, Festschrift Schippel, S. 219). Nachträge auf einer Urkunde, die räumlich der Unterschrift nachfolgen, werden durch die Unterzeichnung normalerweise nicht gedeckt. Besteht eine einheitliche Erklärung aus mehreren Teilen, sind insbesondere der Haupturkunde Anlagen beigefügt, so kann jedoch auch in anderer Weise klargestellt werden, daß die Unterschrift alle Teile der Erklärung decken soll. Es ist zwar wünschenswert, daß die einzelnen Teile, also auch die dem Interessenausgleich beigefügte Namensliste, unterschrieben werden. Notwendig ist dies jedoch nicht. Es ist jedenfalls ausreichend, was die Beklagte hier behauptet und das Berufungsgericht bei seiner Entscheidungsfindung unterstellt hat, daß die Haupturkunde unterschrieben ist, in ihr auf die nicht unterschriebene Anlage ausdrücklich Bezug genommen ist und Haupturkunde und Anlage mittels Heftmaschine körperlich derart zu einer einheitlichen Urkunde verbunden sind, daß eine Lösung nur durch Gewaltanwendung (Lösen der Heftklammer) möglich gewesen wäre (BAGE 47, 125 = AP Nr. 46 zu § 74 HGB; BAG Urteil vom 6. August 1985 - 3 AZR 117/84 - n.v.; BGHZ 40, 255, m.w.N; Flume, aaO, § 15 II 1 b, S. 252; Kohte BB 1998, 946, 949).
d) Zu Unrecht fordert das Landesarbeitsgericht, daß die Namensliste, wenn sie nicht unterzeichnet ist, darüber hinaus in der Überschrift ausdrücklich als Anlage zum Interessenausgleich bezeichnet und mit Ort und Datum versehen wird. Die Revision rügt zu Recht, daß sich ein solches Erfordernis weder aus § 1 Abs. 5 KSchG, noch aus § 112 Abs. 1 BetrVG oder § 126 BGB ergibt. Auch mit der Bedeutung der Regelung für die betroffenen Arbeitnehmer und unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit lassen sich derartige gegenüber der Schriftform des § 126 BGB verschärfte Anforderungen nicht begründen (a.A. Berscheid, ZAP, Entscheidungsreport Wirtschaftsrecht 1997, 111). Es ist im übrigen fraglich, ob es - wie das Berufungsgericht meint - der Rechtssicherheit dienen kann, wenn die Rechtsprechung zusätzliche Formerfordernisse aufstellt (bestimmte Überschrift, Angabe von Ort und Datum), die die Betroffenen aus der gesetzlichen Regelung nicht ablesen können.
Auch soweit im Betriebsverfassungsgesetz eine Schriftform vorgesehen ist, entspricht es allgemeiner Meinung, daß diese gegenüber der allgemeinen Regel des § 126 BGB jedenfalls nicht verschärften Anforderungen unterliegt. Dies gilt, wenn man nicht ohnehin mit einer Mindermeinung den Interessenausgleich mit Namensliste nach § 1 Abs. 5 KSchG als Betriebsvereinbarung ansieht, für den jedenfalls vergleichbaren Fall der für Betriebsvereinbarungen vorgesehenen Schriftform in § 77 Abs. 2 BetrVG (BAG Beschluß vom 11. November 1986 - 3 ABR 74/85 - AP Nr. 4 zu § 1 BetrAVG Gleichberechtigung; Fitting/Kaiser/Heither/Engels, BetrVG, 18. Aufl., § 77 Rz 21; Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, 5. Aufl., § 77 Rz 118 ff.; Berg in Däubler/Kittner/Klebe, BetrVG, 6. Aufl., § 77 Rz 30; LAG Hamm Beschluß vom 25. September 1985 - 12 TaBV 66/85 - DB 1986, 919) und die Rechtsprechung zu der Frage, ob bei einem Wahlvorschlag im Sinne des § 14 Abs. 5 und 6 BetrVG die Liste der Wahlbewerber und die Liste mit den Stützunterschriften auf getrennten Blättern stehen dürfen (Kreutz, GK-BetrVG, 6. Aufl., § 14 Rz 102; Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, 5. Aufl., § 14 Rz 55; Faecks/Meik, NZA 1988, 193, 195; Hessisches LAG Beschluß vom 21. Dezember 1995 - 12 TaBVGa 195/95 - NZA-RR 1996, 461; LAG Saarland Beschluß vom 30. Oktober 1995 - 2 TaBV 2/95 - LAGE § 14 BetrVG 1972 Nr.3).
Die vom Berufungsgericht geforderte strengere Formalisierung der Überschrift und der Angabe von Ort und Datum in der Namensliste nach § 1 Abs. 5 BetrVG ist zudem nicht einmal geeignet, eine erhebliche zusätzliche Sicherheit zu gewährleisten, daß die dem Interessenausgleich beigeheftete Anlage wirklich die endgültige Fassung der Liste der zu kündigenden Arbeitnehmer darstellt. Verhandeln die Betriebspartner am selben Tag über Interessenausgleich und Namensliste, so besteht die theoretische Möglichkeit, daß dem Interessenausgleich zunächst nur ein Entwurf und nicht die endgültige Liste beigeheftet wird, auch bei entsprechender Überschrift und Angabe von Ort und Datum. Derartige Irrtumsmöglichkeiten bestehen bei jeder Urkunde, die aus mehreren Blättern besteht, ohne daß es sinnvoll wäre, im Hinblick auf derartige Gefahren, die bei einem Interessenausgleich kaum praktische Bedeutung gewinnen dürften, allgemein schärfere Anforderungen an die gesetzliche Schriftform zu stellen, wenn es sich auch für die Praxis empfiehlt, daß nicht nur der Interessenausgleich, sondern auch die Namensliste von den Betriebs-partnern unterzeichnet werden. Eine Heftung mit Heftklammer bietet auch gegen Manipulationen einen gewissen Schutz. Will jemand bei einer Heftung mittels Heftmaschine Anlagen austauschen, so wird dies regelmäßig kaum möglich sein, ohne Spuren zu hinterlassen. Außerdem dürfte die Gefahr derartiger Manipulationen gerade bei einem Interessenausgleich eher gering sein, der zwischen den Betriebs-partnern ausgehandelt wird und dann wohl entsprechend § 77 Abs. 2 Satz 3 BetrVG an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen ist.
e) Nach dem Sachverhalt, den das Berufungsgericht zugunsten der Beklagten unterstellt hat, liegt eine wirksame Liste der zu kündigenden Arbeitnehmer nach § 1 Abs. 5 KSchG vor. Danach war die Namensliste, auf die im Interessenausgleich ausdrücklich Bezug genommen ist, mit dem Interessenausgleich von vornherein mittels einer Heftklammer verbunden.
2. War aufgrund der namentlichen Bezeichnung des Klägers in dem zwischen den Betriebsparteien abgeschlossenen Interessenausgleich nach § 1 Abs. 5 KSchG n.F. zu vermuten, daß die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG bedingt war, so trägt die Begründung des Berufungsgerichts nicht das Ergebnis, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt und damit nach § 1 Abs. 1 KSchG rechtsunwirksam. Die von der Beklagten getroffene unternehmerische Entscheidung, einen Ofen stillzulegen, war - davon geht auch das angefochtene Urteil aus - weder willkürlich, noch sonst rechtlich zu beanstanden und führte zwangsläufig zu einer erheblichen Reduzierung des Personalbestandes. War § 1 Abs. 5 KSchG anwendbar, so ist zu vermuten, daß infolge der getroffenen Betriebsänderung ein dringendes betriebliches Erfordernis gerade zur Kündigung des Klägers bestand, und auch die getroffene soziale Auswahl war nur auf grobe Fehlerhaftigkeit zu überprüfen. Entsprechender Sachvortrag des Klägers, der entgegen einer derartigen Vermutung das dringende betriebliche Erfordernis zu seiner Kündigung auch nur in Zweifel ziehen und eine grobe Fehlerhaftigkeit der getroffenen Sozialauswahl darlegen könnte, ist nicht erkennbar.
3. Dies führt zur Aufhebung und Zurückverweisung (§ 565 ZPO).
a) Das Berufungsgericht wird in erster Linie aufklären müssen, ob die vom Kläger bestrittene Behauptung der Beklagten zutrifft, Interessenausgleich und Namensliste seien von vornherein körperlich miteinander verbunden gewesen. Dazu hat die Beklagte hinreichenden Zeugenbeweis angetreten. Sollte der Beklagten der Beweis nicht gelingen, daß Interessenausgleich und Namensliste mittels Heftmaschine fest miteinander verbunden waren, so wird die einschlägige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und des Bundesgerichtshofes zu beachten sein, nach der bei der gesetzlichen Schriftform nach § 126 BGB nur ganz ausnahmsweise von der Abschluß- und Deckungswirkung der Unterschrift abgesehen werden kann (BAGE 47, 125 = AP, aaO; BGHZ 40, 255; 113, 51; BGH ZIP 1997, 938; vgl. Thüringer OLG Urteil vom 13. Februar 1997 - 1 U 941/96 - OLG-NL 1997, 102).
b) Greift die Vermutungswirkung des § 1 Abs. 5 KSchG n.F. nicht ein, so wird nach § 1 Abs. 2 KSchG zu prüfen sein, ob ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Kündigung des Klägers vorlag. Dabei steht der Wirksamkeit der Kündigung allerdings nicht, wie das Landesarbeitsgericht meint, entgegen, daß die Beklagte lediglich 40 Kündigungen ausgesprochen hat, obwohl nach den Plandaten möglicherweise sogar eine Kapazitätsreduzierung in Höhe von ca. 50 % erfolgt ist. Bei der Prüfung, ob ein dringendes betriebliches Erfordernis für die Kündigung eines Arbeitnehmers vorlag, kommt es nur darauf an, ob unter Respektierung einer bindenden Unternehmerentscheidung mit dem geringeren Arbeitsanfall auch das Bedürfnis zur Weiterbeschäftigung für den gekündigten Arbeitnehmer entfallen oder innerhalb einer Gruppe vergleichbarer Arbeitnehmer gesunken ist. Eine Kongruenz zwischen dem Umfang des Arbeitsausfalls und der Zahl der Entlassenen ist nicht erforderlich, es liegt vielmehr im unternehmerischen Ermessen des Arbeitgebers, ob er im Verhältnis zu dem fehlenden Arbeitskräftebedarf Personal abbaut oder nur einen Teil der überzähligen Arbeitnehmer entläßt und die übrigen z.B. als Personalreserve behält (Senatsurteile vom 22. Oktober 1987 - 2 AZR 147/87 - RzK I 5 c Nr. 23 und vom 18. September 1997 - 2 AZR 657/96 - EzA-SO 1998, Nr. 3, 13).
Ob die Beklagte hinreichend konkret dargelegt hat, daß die Stillegung des einen Ofens zu einer entsprechenden Reduzierung der Beschäftigungsmöglichkeiten in der Verladeabteilung geführt hat, also auf den konkreten Arbeitsplatz des Klägers bezogen ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Kündigung vorlag, wird das Berufungsgericht ggf. anhand des nach der Zurückverweisung unbeschränkt möglichen neuen Vorbringens der Parteien zu prüfen haben. Es leuchtet insoweit unmittelbar ein, daß die Stillegung fast der Hälfte der Produktionskapazität auch in der Abteilung, die sich mit der Verladung der Fertigprodukte befaßt, zu einem erheblichen Arbeitsrückgang führt. Es fehlt deshalb im bisherigen Sachvortrag der Beklagten allenfalls noch die Konkretisierung, wieviele der bisher in der Verladeabteilung beschäftigten Arbeitnehmer nach der Betriebseinschränkung nicht mehr weiterbeschäftigt werden konnten.
c) Ob die Beklagte bei der Auswahl des Klägers, wenn es nicht gemäß § 1 Abs. 5 KSchG nur auf grobe Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl ankommt und der Kläger mit dem von ihm benannten Arbeitnehmern überhaupt vergleichbar war, nach § 1 Abs. 3 KSchG die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter und die Unterhaltspflichten des Klägers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat, hat das Berufungsgericht - von seinem rechtlichen Ausgangspunkt her konsequent - bisher nicht geprüft. Dies wird anhand des schon bisher umfangreichen Parteivorbringens zu diesem Punkt und evtl. ergänzenden Vorbringens nach der Zurückverweisung ggf. nachzuholen sein.
d) Auch dem unter Umständen erheblichen streitigen Parteivorbringen zur Betriebsratsanhörung (§ 102 BetrVG) ist das Berufungsgericht bisher nicht nachgegangen.
e) Kommt das Landesarbeitsgericht nach alledem zu dem Ergebnis, die Kündigung sei nicht rechtsunwirksam, so wird es darauf ankommen, ob die gegenüber der gesetzlichen Kündigungsfrist verkürzte tarifliche Kündigungsfrist wirksam vereinbart ist. Da die Vorinstanzen auf das Vorbringen der Parteien über die tarifliche Kündigungsfrist bislang nicht eingegangen sind, auch die ggf. erforderliche Nachprüfung des statuarischen Rechts (§ 293 ZPO) nicht vorgenommen haben, beschränkt sich der Senat insoweit angesichts der Tatsache, daß nicht feststeht, ob es auf diesen Punkt ankommt, auf einen Hinweis auf die Senatsrechtsprechung zu § 622 BGB (vgl. Senatsurteil vom 16. September 1993, AP Nr. 42 zu § 622 BGB m.w.N.).
Ende der Entscheidung
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