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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 07.10.2004
Aktenzeichen: 2 AZR 84/04
Rechtsgebiete: KSchG
Vorschriften:
KSchG § 15 |
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL
Verkündet am 7. Oktober 2004
In Sachen
hat der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der Beratung am 7. Oktober 2004 durch den Richter am Bundesarbeitsgericht Bröhl als Vorsitzenden, die Richter am Bundesarbeitsgericht Eylert und Schmitz-Scholemann sowie den ehrenamtlichen Richter Beckerle und die ehrenamtliche Richterin Pitsch
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 12. Dezember 2003 - 8 Sa 1051/03 - wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Änderungskündigung.
Die Klägerin ist seit August 1986 bei der Beklagten als Hilfskraft beschäftigt. Ihr durchschnittliches Bruttoeinkommen betrug zuletzt 1.946,11 Euro. Die Beklagte beschäftigt ca. 175 Arbeitnehmer. Die Klägerin ist Ersatzmitglied des bei der Beklagten gewählten Betriebsrats und nahm in der Vergangenheit an Betriebsratssitzungen teil.
Die Beklagte nahm die aus ihrer Sicht negative wirtschaftliche Entwicklung ihres Betriebes zum Anlass, ein Sanierungskonzept zu erarbeiten, das im Wesentlichen in der Ausweitung der Produktionskapazitäten auf alle Wochenarbeitstage, in der Erweiterung der Produktionskapazitäten zu gleichen Vergütungsbedingungen, wie sie an Werktagen bestanden, in der Reduzierung anteiliger Personalkosten, in der Absenkung der Gesamtkosten pro Fertigungsstunde und der Erreichung einer Kostenstellenüberdeckung durch Ausweitung der Produktion über die geplante Kapazität hinaus bestand. Zur Durchsetzung dieses Konzepts bot sie allen Mitarbeitern an, zu geänderten Arbeitsbedingungen, dh. vor allem zu einer geringeren Vergütung tätig zu werden. Dieses Angebot nahm die Mehrzahl der Mitarbeiter in der Produktion an. 27 Mitarbeiter, darunter mehrere Betriebsratsmitglieder, lehnten es ab.
Daraufhin sprach die Beklagte gegenüber den Mitarbeitern, die die neuen Vertragsbedingungen abgelehnt hatten, entsprechende Änderungskündigungen aus. Der Klägerin kündigte sie mit Schreiben vom 28. Februar 2003 ordentlich zum 31. August 2003; das der Änderungskündigung beigefügte Vertragsangebot sieht ua. eine Änderung der Arbeitszeit und den Wegfall verschiedener Zulagen und Sonderzahlungen vor. Eine Zustimmung des Betriebsrats zu dieser Änderungskündigung lag nicht vor.
Die Klägerin wendet sich gegen die Kündigung und macht geltend, die Kündigung sei schon deshalb unwirksam, weil nach § 15 KSchG eine ordentliche Änderungskündigung zur Entgeltabsenkung gegenüber den Funktionsträgern des § 15 KSchG unzulässig sei und die Beklagte daher nur eine außerordentliche Kündigung hätte aussprechen dürfen.
Die Klägerin hat beantragt
festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Kündigung der Beklagten vom 28. Februar 2003 sozial ungerechtfertigt ist.
Die Beklagte hat zur Stützung ihres Klageabweisungsantrags die Auffassung vertreten, der Sonderkündigungsschutz nach § 15 KSchG greife im vorliegenden Fall nicht ein. Eine Massenänderungskündigung wie die vorliegende unterliege nicht dem Schutz nach § 15 Abs. 1 Satz 2 KSchG. Die Anwendung dieser Vorschrift führe zu einem Wertungswiderspruch zu § 15 Abs. 4 und 5 KSchG; außerdem laufe sie auf eine nach § 78 BetrVG unzulässige Begünstigung von Funktionsträgern hinaus. Die Änderungskündigung sei sozial gerechtfertigt; zur Vermeidung einer gänzlichen Schließung des Betriebes habe sie ein umfassendes Sanierungskonzept umsetzen müssen. Ursprünglich habe der Gesellschafter beschlossen gehabt, den Betrieb stillzulegen. Dieser Stilllegungsabsicht habe man allein dadurch entgegentreten können, dass versucht worden sei, durch das umfassende Sanierungskonzept die eingetretenen wirtschaftlichen Verluste aufzufangen. Die Sanierung sei gefährdet, wenn einzelne Mitarbeiter den Änderungsvertrag ablehnten. Die Sanierung des Betriebes setze die Absenkung der Vergütung aller Mitarbeiter voraus.
Das Arbeitsgericht hat nach dem Klageantrag erkannt. Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist unbegründet. Die Kündigung der Beklagten ist nach § 15 Abs. 1 Satz 2 KSchG, § 134 BGB rechtsunwirksam.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Schutz der Mandatsträger sei nach § 15 KSchG für sogenannte Massenänderungskündigungen nicht eingeschränkt. Eine Änderungskündigung zur Entgeltsenkung sei, auch wenn gegenüber allen Arbeitnehmern des Betriebes eine entsprechende Änderungskündigung ausgesprochen werde, gegenüber den Mandatsträgern nach § 15 KSchG nicht als ordentliche Kündigung zulässig. Der Arbeitgeber habe allenfalls die Möglichkeit, nach § 15 Abs. 1 KSchG, erforderlichenfalls nach Zustimmung des Betriebsrats bzw. deren Ersetzung nach § 103 BetrVG, eine außerordentliche Änderungskündigung aus wichtigem Grund auszusprechen.
II. Dem folgt der Senat. Die ordentliche Änderungskündigung der Beklagten gegenüber der Klägerin als tätig gewordenem Ersatzmitglied des Betriebsrats hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst.
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist eine ordentliche Kündigung gegenüber den durch § 15 KSchG besonders geschützten Funktionsträgern nur in den gesetzlich geregelten Ausnahmefällen des § 15 Abs. 4 KSchG und 15 Abs. 5 KSchG zulässig (Senat 27. September 2001 - 2 AZR 487/00 - EzA KSchG § 15 nF Nr. 54, zu II 2 der Gründe; 18. September 1997 - 2 ABR 15/97 - BAGE 86, 298, 303 ff.; 21. Juni 1995 - 2 ABR 28/94 - BAGE 80, 185; 2. April 1992 - 2 AZR 481/91 - RzK II 1 c Nr. 2; 9. April 1987 - 2 AZR 279/86 - AP KSchG 1969 § 15 Nr. 28 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 37; 6. März 1986 - 2 ABR 15/85 - BAGE 51, 200; 29. Januar 1981 - 2 AZR 778/78 - BAGE 35, 17; zustimmend GK-BetrVG/Kreutz 7. Aufl. § 78 Rn. 51; HK-KSchG/Dorndorf 4. Aufl. § 15 Rn. 70; Backmeister/Trittin/Mayer KSchG 3. Aufl. § 15 Rn. 82; Kittner in Kittner/Däubler/Zwanziger KSchR 6. Aufl. § 15 KSchG Rn. 32; MünchArbR-Berkowsky 2. Aufl. § 157 Rn. 34; KR-Etzel 7. Aufl. § 15 KSchG Rn. 18; von Hoyningen-Huene/Linck KSchG 13. Aufl. § 15 Rn. 61; APS/Linck 2. Aufl. § 15 Rn. 10; Knorr/Bichlmeier/Kremhelmer Handbuch des Kündigungsrechts 4. Aufl. Kap. 21 Rn. 5). Lediglich den Fall, dass ein Betriebsratsmitglied dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses mit der Abteilung, in der es beschäftigt war, auf einen anderen Unternehmer nach § 613a BGB widerspricht und in dem Restbetrieb gewissermaßen als "frei schwebendes Betriebsratsmitglied" nicht weiterbeschäftigt werden kann, hat der Senat vom Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung her der Betriebsstilllegung und der Stilllegung einer Betriebsabteilung ohne Weiterbeschäftigungsmöglichkeit im Restbetrieb als gleich geachtet und deshalb § 15 Abs. 5 KSchG entsprechend angewandt (Senat 18. September 1997 - 2 ABR 15/97 - BAGE 86, 298).
2. Demgegenüber möchte ein großer Teil der Literatur (ErfK/Ascheid 4. Aufl. § 15 KSchG Rn. 20; Kiel/Koch Die betriebsbedingte Kündigung Rn. 206; Löwisch/ Spinner KSchG 9. Aufl. § 15 KSchG Rn. 59; Richardi/Thüsing BetrVG 9. Aufl. § 78 Rn. 27; Stahlhacke/Preis/Vossen Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis 8. Aufl. Rn. 1625; Stahlhacke FS Hanau S. 281, 285 ff.; KPK-Bengelsdorf 3. Aufl. § 15 Rn. 17; Fitting BetrVG 22. Aufl. § 103 Rn. 12; Galperin/Löwisch BetrVG 6. Aufl. § 103 Rn. 49; HaKo/Fiebig 2. Aufl. § 15 KSchG Rn. 58; Hilbrandt NZA 1997, 465, 468; NZA 1998, 1258, 1260; Hess/Schlochauer/Worzalla/Glock BetrVG 6. Aufl. § 103 Rn. 20; Stege/Weinspach/Schiefer BetrVG 9. Aufl. § 103 Rn. 4; Matthes DB 1980, 1165, 1166; Oetker Anm. EzA KSchG § 15 nF Nr. 43; Preis Anm. AP KSchG 1969 § 15 Nr. 36) die sogenannte "Massenänderungskündigung" aus dem Anwendungsbereich des § 15 KSchG ausschließen im Wesentlichen mit der Begründung, die Anwendung des § 15 KSchG auf derartige Fälle führe zu einer nach § 78 BetrVG unzulässigen Bevorzugung der Amtsträger und überdehne den Schutzzweck des § 15 KSchG.
3. Für eine solche einschränkende Auslegung des Anwendungsbereichs des § 15 KSchG findet sich im Gesetz kein hinreichender Anhaltspunkt (Senat 29. Januar 1981 - 2 AZR 778/78 - BAGE 35, 17, 23 f.; APS/Linck 2. Aufl. § 15 KSchG Rn. 10; KR-Etzel 7. Aufl. § 15 KSchG Rn. 18). Der Gesetzeswortlaut ist eindeutig. Er lässt die ordentliche Arbeitgeberkündigung, also auch die ordentliche Änderungskündigung nur in den Ausnahmefällen des § 15 Abs. 4 und 15 Abs. 5 KSchG zu. Es ist auch nicht anzunehmen, der Gesetzgeber könnte das Erfordernis der Regelung von Massentatbeständen wie der unternehmensweiten Abschaffung einer bestimmten Tätigkeit mit dem Erfordernis einer Herabgruppierung aller bisher mit derartigen Arbeiten beschäftigten Arbeitnehmer oder die Änderungskündigung zur Entgeltreduzierung gegenüber allen Arbeitnehmern übersehen haben. Dagegen spricht schon, dass bei zahlreichen Novellierungen des Kündigungsschutzgesetzes trotz vorauszusetzender Kenntnis des Gesetzgebers von der Diskussion in der Literatur der Wortlaut des § 15 Abs. 1 KSchG insoweit nicht geändert worden ist (Senat 29. Januar 1981 - 2 AZR 778/78 - BAGE 35, 17, 23 f.). Dies gilt insbesondere mit Rücksicht darauf, dass § 15 KSchG erst kürzlich durch das Gesetz vom 23. Juli 2001 (BGBl. I S. 1852) geändert worden ist, ohne dass in die gesetzliche Neufassung Einschränkungen des Kündigungsschutzes für sog. Massenänderungskündigungen aufgenommen worden sind. Entsprechende Gesetzesänderungen waren vorgeschlagen. So war etwa im Entwurf eines Arbeitsvertragsgesetzes des Freistaates Sachsen (BR-Drucks. 293/95) in § 114 Abs. 6 ein entsprechender Vorschlag zur Sonderbehandlung der Massenänderungskündigung enthalten.
Würde man § 15 Abs. 1 KSchG auf Massentatbestände wie den vorliegenden nicht anwenden, so würde dies dazu führen, dass der Arbeitgeber ordentlich kündigen könnte. Außerdem würde der besondere Schutz von § 15 KSchG, § 103 BetrVG durch das Erfordernis der Zustimmung des Mitbestimmungsorgans bzw. deren Ersetzung bei Kündigungen während der Amtsperiode damit ausgeschaltet, ohne dass sich für eine solche Lösung in § 15 Abs. 1 KSchG ein hinreichender Anhaltspunkt erkennen ließe. Zudem wäre die Rechtssicherheit gefährdet, denn es ließe sich kaum sicher abgrenzen, wann eine "Massenänderungskündigung" anzunehmen wäre. In einem kleineren Betrieb kann schon eine ganze Hierarchieebene, die der Arbeitgeber abschaffen will, aus wenigen Arbeitnehmern bestehen, ohne dass in einer der Rechtssicherheit Rechnung tragenden Weise abgegrenzt werden könnte, ob ein solcher Fall eine "Massenänderungskündigung" darstellt.
4. Die Voraussetzungen für eine teleologische Reduktion des § 15 Abs. 1 KSchG (vgl. hierzu allgemein BGH 1. April 1998 - XII ZR 278/96 - NJW 98, 1857, 1858; Larenz Methodenlehre der Rechtswissenschaft 6. Aufl. S. 376) liegen nicht vor. Die teleologische Reduktion einer Norm setzt voraus, dass eine vom Gesetzgeber unterlassene Differenzierung entweder durch den Sinn und Zweck der einzuschränkenden Norm selbst oder durch den vorrangigen Zweck einer anderen Norm angezeigt ist, der sonst nicht erreicht werden kann. Dies ist jedoch nicht der Fall. Eine Gesetzeslücke in § 15 KSchG selbst ist schon deshalb nicht anzunehmen, weil § 15 Abs. 1 KSchG alle Arten von Kündigungen betrifft und sich deshalb zweifelsfrei auch auf die Änderungskündigung als Massentatbestand bezieht. Auch der Hinweis auf § 78 Satz 2 BetrVG reicht nicht aus, eine verdeckte Rechtslücke nachzuweisen. § 15 KSchG stellt eine gesetzliche Spezialregelung für den Kündigungsschutz im Rahmen der Betriebsverfassung und Personalvertretung dar, der der allgemeinen Regelung des § 78 Satz 2 BetrVG vorgeht und im Hinblick auf den Schutzzweck der Norm (Unabhängigkeit der Amtsausübung, Kontinuität der Amtsführung, Wahrnehmung der Arbeitnehmerinteressen ohne Furcht vor Entlassung) überwiegend die kündigungsrechtliche Rechtsstellung der Träger besonderer Funktionen gegenüber der Rechtsstellung der übrigen Arbeitnehmer verbessert. Der unterschiedliche Regelungsgehalt beider Normen rechtfertigt es nicht, den Geltungsbereich der Spezialnorm des § 15 KSchG ohne jeden Anhaltspunkt für einen entsprechenden Willen des Gesetzgebers unter Hinweis auf die allgemeine Norm des § 78 Satz 2 BetrVG einzuschränken.
5. Dies gilt entgegen einer in der Literatur vertretenen Meinung (KR-Etzel 7. Aufl. § 15 KSchG Rn. 18a) ebenfalls für Kündigungen im Nachwirkungszeitraum (BAG 9. April 1987 - 2 AZR 279/86 - EzA KSchG § 15 nF Nr. 37). Auch soweit etwa einem tätig gewordenen Ersatzmitglied innerhalb des Nachwirkungszeitraums nach § 15 Abs. 2 KSchG zwar ohne Zustimmung des Betriebsrats bzw. deren Ersetzung, aber nach wie vor nur außerordentlich gekündigt werden kann, enthält die gesetzliche Regelung keine verdeckte Regelungslücke.
6. Die von der Literatur befürwortete, aus dem Gesetz nicht herzuleitende Einschränkung des Sonderkündigungsschutzes der Träger besonderer betrieblicher Funktionen ist auch sachlich nicht gerechtfertigt. Wie der Senat in seinem Beschluss vom 21. Juni 1995 (- 2 ABR 28/94 - BAGE 80, 185) klargestellt hat, lässt sich eine ungerechtfertigte Bevorzugung der Mandatsträger durch den Sonderkündigungsschutz auch ohne eine einschränkende Auslegung des § 15 KSchG erreichen. Wird beispielsweise bei einer betriebsweiten Abschaffung einer bestimmten Tätigkeit allen Arbeitnehmern, die bisher diese Tätigkeit verrichtet haben, eine wirksame ordentliche Änderungskündigung zur Herabgruppierung ausgesprochen, so ist bei einem Mandatsträger nach § 15 KSchG zu prüfen, ob nicht ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung - regelmäßig mit notwendiger Auslauffrist - nach § 626 BGB vorliegt, der es rechtfertigt, ihm gegenüber eine außerordentliche Änderungskündigung auszusprechen. Dies hat der Senat in dem erwähnten Beschluss vom 21. Juni 1995 (aaO) unter den dort gegebenen tatbestandlichen Voraussetzungen bejaht. Zu Unrecht ist diese Entscheidung teilweise dahin ausgelegt worden, der Senat habe eine "fristlose" außerordentliche Änderungskündigung für wirksam gehalten (Preis Anm. AP KSchG 1969 § 15 Nr. 36). Im Ausgangsfall dieser Entscheidung ging es nicht um eine fristlose Änderungskündigung; der Arbeitgeber hatte vielmehr lediglich die Ersetzung der Zustimmung zu einer außerordentlichen Änderungskündigung mit einer der ordentlichen Kündigungsfrist entsprechenden notwendigen Auslauffrist beantragt. Prüfungsmaßstab war deshalb, wie der Senat ausdrücklich klargestellt hat, nicht die Frage, ob dem Arbeitgeber die unveränderte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der "fiktiven" Kündigungsfrist zumutbar war. Es war vielmehr auf die Zumutbarkeit bis zum Ende des Sonderkündigungsschutzes einschließlich des Nachwirkungszeitraums und der daran anschließenden Kündigungsfrist abzustellen.
An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Spricht der Arbeitgeber betriebsweit oder zumindest gegenüber einer größeren Anzahl von Arbeitnehmern betriebsbedingte Änderungskündigungen aus, so können die geltend gemachten betriebsbedingten Gründe für die Vertragsänderung je nach ihrem Gewicht an sich geeignet sein, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung gegenüber einem Mandatsträger nach § 15 KSchG darzustellen. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn ohne die Änderung der Arbeitsbedingungen ein sinnlos gewordenes Arbeitsverhältnis über einen erheblichen Zeitraum nur durch Gehaltszahlungen fortgesetzt werden müsste und der Arbeitgeber möglicherweise sogar seine unternehmerische Entscheidung, bestimmte Arbeitsplätze einzusparen, wegen des Beschäftigungsanspruchs des Mandatsträgers nicht vollständig umsetzen könnte. Wenn dieser Lösung entgegengehalten wird, der Mandatsträger werde entgegen § 78 BetrVG dadurch bevorzugt, dass im Fall des § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG zu seiner Kündigung die Zustimmung des Betriebsrats bzw. deren Ersetzung erforderlich sei (HaKo/Fiebig 2. Aufl. § 15 KSchG Rn. 58; Kiel/Koch Die betriebsbedingte Kündigung Rn. 602; Richardi/Thüsing BetrVG 9. Aufl. § 78 Rn. 27), so trifft dies zwar zu. Dies entspricht jedoch, wie schon erwähnt, der gesetzlichen Regelung des § 15 Abs. 1 KSchG, die lex specialis zu § 78 Satz 2 BetrVG ist und festlegt, dass bei allen Kündigungen gegenüber den Mandatsträgern des § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG während ihrer Amtszeit mit Ausnahme der Fälle des § 15 Abs. 4 und 5 KSchG die Zustimmung des Betriebsrats erforderlich ist (APS/Linck 2. Aufl. § 15 Rn. 10; KR-Etzel 7. Aufl. § 15 KSchG Rn. 18; Backmeister/Trittin/Mayer 3. Aufl. § 15 Rn. 82; GK-BetrVG/Kreutz 7. Aufl. § 78 Rn. 51). Liegen im Übrigen die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Zustimmung des Betriebsrats nach § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG, § 103 BetrVG vor, so verletzt der Betriebsrat seine Amtspflichten, wenn er trotzdem die Zustimmung verweigert, nur um durch die Erforderlichkeit eines Zustimmungsersetzungsverfahrens eine Bevorzugung der Betriebsratsmitglieder gegenüber den übrigen Arbeitnehmern des Betriebes zu erreichen.
7. Die von der Beklagten ausgesprochene ordentliche Änderungskündigung ist nach alledem gemäß §§ 15 Abs. 2 Satz 1 KSchG, 134 BGB unwirksam. Auch eine Umdeutung der Kündigung in eine außerordentliche Kündigung kommt nicht in Betracht. Auf eine solche beruft sich auch die Beklagte nicht, deren erklärtes Ziel es war, eine ordentliche Kündigung gegenüber allen Arbeitnehmern mit dem Sonderschutz des § 15 KSchG durchzusetzen.
8. Es kommt damit nicht mehr darauf an, dass auch erhebliche Bedenken bestehen, ob die von der Beklagten vorgetragenen Umstände - Sanierung des Unternehmens vornehmlich durch Sanierungsbeiträge der betroffenen Arbeitnehmer - geeignet wären, die vorgeschlagenen Änderungen der Arbeitsbedingungen nach § 2, § 1 Abs. 2 KSchG sozial zu rechtfertigen.
III. Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.
Ende der Entscheidung
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