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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 30.05.2006
Aktenzeichen: 3 AZR 205/05
Rechtsgebiete: BetrAVG


Vorschriften:

BetrAVG § 2 Abs. 1
BetrAVG § 2 Abs. 2
BetrAVG § 2 Abs. 5
BetrAVG § 7 Abs. 1
BetrAVG § 7 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

3 AZR 205/05

Verkündet am 30. Mai 2006

In Sachen

hat der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 30. Mai 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Reinecke, die Richter am Bundesarbeitsgericht Kremhelmer und Breinlinger sowie den ehrenamtlichen Richter Schoden und die ehrenamtliche Richterin Dr. Möller für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 28. Februar 2005 - 2 Sa 1016/04 - aufgehoben.

2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 23. März 2004 - 16 Ca 13463/03 - wird zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger zustehenden Insolvenzsicherung.

Der am 27. Mai 1939 geborene Kläger war vom 1. Juli 1970 bis einschließlich 31. Januar 1995 bei der K AG beschäftigt. Am 1. Oktober 1978 schlossen die Parteien einen Pensionsvertrag. Er lautete auszugsweise wie folgt:

"§ 3 Unverfallbare Anwartschaften bei vorzeitigem Ausscheiden

... 3.

Die Höhe der Versorgungsleistungen wird aus dem Betrag errechnet, der Ihnen bzw. Ihren Hinterbliebenen im Versorgungsfall zustände, wenn Sie nicht vorzeitig ausgeschieden wären. Von diesem Betrag wird der Teil gezahlt, der dem Verhältnis der Dauer der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit zu der Zeit vom Beginn Ihrer Betriebszugehörigkeit bis zur Vollendung Ihres 65. Lebensjahres entspricht. Für die Bestimmung der Dauer der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit wird nur die Zeit berücksichtigt, die Sie nach Ihrem letzten Eintritt ununterbrochen in den Diensten der Firma gestanden haben.

...

1.

§ 6

Höhe der Renten

Die Höhe der Renten richtet sich nach der anrechnungsfähigen Dienstzeit (§ 4) und dem rentenfähigen Einkommen (§ 5).

2. Die monatlichen Renten setzen sich zusammen aus einem Grundbetrag und aus Steigerungsbeträgen. Es betragen

der Grundbetrag 25 v. H.

der Steigerungsbetrag für jedes nach einer anrechnungsfähigen Dienstzeit von 15 Jahren zurückgelegte weitere anrechnungsfähige Dienstjahr 0,5 v. H.

des rentenfähigen Einkommens. Die Höchstgrenze beträgt 32,5 v. H. Ihres rentenfähigen Einkommens.

...

§ 7

Altersrente

1. Altersrente wird Ihnen gewährt, wenn Sie das 65. Lebensjahr (Altersgrenze) vollendet haben und aus der Firma ausgeschieden sind.

2. Sollten Sie vor Erreichen der Altersgrenze durch Vorlage des Rentenbescheides eines Sozialversicherungsträgers nachweisen, daß Sie flexibles Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, haben Sie Anspruch auf vorgezogene Altersrente.

Für die Berechnung der Höhe der vorgezogenen Altersrente werden anrechnungsfähige Dienstjahre nur bis zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme der vorgezogenen Altersrente berücksichtigt. ..."

Für die Zeit ab 1. Januar 1983 vereinbarte die K AG mit ihrem Betriebsrat eine Neuregelung der betrieblichen Altersversorgung "für AT-Mitarbeiter mit bisherigem Pensionsvertrag" (VersO 83). Die Berechnung der Höhe unverfallbarer Anwartschaften bei vorzeitigem Ausscheiden (§ 4 Nr. 3 VersO 83) und die Höhe des versicherungsmathematischen Abschlags bei Inanspruchnahme der vorgezogenen Altersrente (§ 11 Nr. 3 VersO 83) blieben unverändert. Nach § 11 Nr. 1 VersO 83 betrugen die Altersrente, vorgezogene Altersrente, Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente für jedes anrechnungsfähige Dienstjahr 0,5 vH, höchstens jedoch 20 vH des rentenfähigen Einkommens nach insgesamt 40 anrechnungsfähigen Dienstjahren. § 21 VersO 83 enthielt Regelungen zur Besitzstandswahrung.

Im Jahre 1994 stimmte der Kläger als Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat erfolglos gegen eine Verlängerung des Dienstvertrages seines Vorgesetzten, der Vorstandsmitglied bei der K AG war. Daraufhin stellte die K AG den Kläger zunächst von seiner Arbeitsleistung frei und bot ihm sodann einen Aufhebungsvertrag an. Der beklagte Pensions-Sicherungs-Verein bestreitet mit Nichtwissen, dass die K AG die Absicht gehabt habe, den Kläger aus dem Arbeitsverhältnis herauszudrängen. Am 10./13. Januar 1995 schlossen die Parteien einen Aufhebungsvertrag. Darin vereinbarten sie:

"§ 1 Beendigung

Die Parteien sind sich darüber einig, daß das Arbeitsverhältnis ... mit Ablauf des 31.01.1995 auf Veranlassung der Firma ... zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung einvernehmlich aufgehoben wird.

§ 2 Abfindung

Die Firma ... verpflichtet sich, zum Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes ... eine Abfindung gem. §§ 9, 10 Kündigungsschutzgesetz in Verbindung mit §§ 3 Nr. 9, 24, 34 Einkommnessteuergesetz in Höhe von DM 650.000,--(in Worten: sechshundertfünfzigtausend Deutsche Mark) zu zahlen.

...

§ 4 Betriebliche Altersversorgung

Die Parteien sind sich darüber einig, daß Herr P aus der betrieblichen Altersversorgung der Firma ... eine unverfallbare Anwartschaft auf Leistung erworben hat.

Die Firma ... verpflichtet sich weiterhin, diese betriebliche Altersversorgung zugunsten Herrn P bis zum Eintritt der Fälligkeit, d.h. spätestens zum Zeitpunkt des Erreichens des 65. Lebensjahres, vertragsgerecht zu bedienen. Dies bedeutet, daß die Firma ... für den Zeitraum 01.01.1995 bis zum Fälligkeitszeitpunkt 0,5 % pro Jahr bezogen auf das zuletzt gezahlte Gehalt (Jahresgehalt) in die betriebliche Rentenversicherung zugunsten Herrn P einstellt. Im Ergebnis führt dies dazu, daß auf die bisher erworbenen Anwartschaften in Höhe von 25 % bezogenen auf das Jahreseinkommen (1983) weitere 9 % des letzten Jahreseinkommens (1994) als Rentenanwartschaft hinzukommen.

§ 10 Salvatorische Klausel

Sollte eine Bestimmung dieses Vertrages unwirksam sein, so wird die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen hiervon nicht berührt.

Die Parteien verpflichten sich, an Stelle der unwirksamen Bestimmungen eine Bestimmung zu treffen, die dem von den Parteien wirtschaftlich Gewollten am nächsten kommt, dies gilt auch im Falle einer Lücke.

Beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis bei der K AG belief sich das Jahreseinkommen des Klägers auf 155.000,00 DM brutto. In der nach § 2 Abs. 6 BetrAVG erteilten Auskunft der Arbeitgeberin vom 4. September 1995 wurde die Gesamtrente aus Besitzstands- und Zuwachsrente mit 2.218,27 DM angegeben, wobei vorausgesetzt wurde, dass der Kläger die Betriebsrente mit Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch nehme. Er wurde auf den versicherungsmathematischen Abschlag bei Inanspruchnahme vorgezogener Betriebsrente hingewiesen.

Dem Kläger gelang es, bei einem anderen Arbeitgeber ein neues Arbeitsverhältnis einzugehen. Am 1. März 2002 wurde über das Vermögen der K AG das Insolvenzverfahren eröffnet. Seit dem 1. Januar 2003 bezieht der Kläger Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

Seither zahlt ihm der beklagte Pensions-Sicherungs-Verein monatlich 752,50 Euro. Im Leistungsbescheid vom 28. Mai 2003 wurde die von der früheren Arbeitgeberin errechnete Gesamtrente von 2.218,27 DM zu Grunde gelegt, ein versicherungsmathematischer Abschlag für die vorgezogene Inanspruchnahme der Betriebsrente von 8,5 % (17 x 0,5 %) vorgenommen und der sich daraus ergebende Betrag von 2.029,72 DM = 1.037,78 Euro im Verhältnis der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit (1. Juli 1970 bis 31. Januar 1995) zur möglichen Betriebszugehörigkeit (1. Juli 1970 bis zum 27. Mai 2004) gekürzt. Auf Grund des Zeitwertfaktors von 0,725053 gelangte der Pensions-Sicherungs-Verein zu einem Insolvenzsicherungsanspruch in Höhe von monatlich 752,50 Euro.

Der Kläger hat ausgehend von einem Zeitwertfaktor von 0,931644 eine Insolvenzsicherung von monatlich 966,84 Euro verlangt. Er hat die Auffassung vertreten, als erbrachte Betriebszugehörigkeit sei die Zeit bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens (1. Juli 1970 bis 1. März 2002) zu Grunde zu legen. Der Aufhebungsvertrag enthalte eine Nachdienstzeitenvereinbarung. Sie sei auch für den Beklagten bindend. Das ergebe sich aus dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 10. März 1992 (- 3 AZR 140/91 -), das auf den vorliegenden Fall übertragbar sei. Unerheblich sei es, dass er wider Erwarten einen neuen Arbeitsplatz gefunden habe.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 2.357,74 Euro für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis einschließlich 30. November 2003 nebst 5 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger beginnend ab dem 1. Dezember 2003 über den unstreitigen Betrag in Höhe von 752,50 Euro hinaus weitere 214,34 Euro monatlich zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat seine Berechnung der Insolvenzsicherung für richtig gehalten. Sie entspreche den Vorgaben des § 7 Abs. 2 iVm. § 2 Abs. 1 BetrAVG.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht der Klage stattgegeben. Der Beklagte will mit seiner Revision die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erreichen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des beklagten Pensions-Sicherungs-Vereins ist begründet. Er ist nicht verpflichtet, dem Kläger eine höhere Insolvenzsicherung zu gewähren. In seinem Leistungsbescheid vom 28. Mai 2003 hat er den Zeitwertfaktor richtig berechnet.

A. Nicht nur der Leistungsantrag, sondern auch der Feststellungsantrag ist zulässig. Der Kläger hat das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse.

Die Möglichkeit, eine Klage auf künftige Leistung nach § 258 ZPO zu erheben, beseitigt das Feststellungsinteresse nicht. Die Feststellungsklage führt zu einer endgültigen Bereinigung der zwischen den Parteien bestehenden Meinungsverschiedenheiten. Der Kläger benötigt auch keinen Vollstreckungstitel, um seine Ansprüche gegen den Pensions-Sicherungs-Verein durchzusetzen. Bei diesem mit hoheitlichen Aufgaben beliehenen Unternehmen ist zu erwarten, dass es einem Feststellungsurteil nachkommt (BAG 23. April 2002 - 3 AZR 268/01 - AP BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 54 = EzA BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 24, zu A 2 der Gründe mwN).

B. Die Klage ist jedoch unbegründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf eine höhere Insolvenzsicherung nicht zu. Der beklagte Pensions-Sicherungs-Verein hat die gesetzlichen Berechnungsvorschriften richtig angewandt.

I. Die Einstandspflicht des Pensions-Sicherungs-Vereins richtet sich im vorliegenden Fall nach § 7 Abs. 2 BetrAVG. Als das Insolvenzverfahren über das Vermögen der K AG eröffnet wurde, bezog der Kläger noch keine Rente, sondern war noch Versorgungsanwärter. Der Insolvenzschutz für Versorgungsempfänger und Versorgungsanwärter ist unterschiedlich ausgestaltet. Die Versorgungsempfänger genießen einen weitergehenden Insolvenzschutz als die Versorgungsanwärter (vgl. ua. BAG 21. Januar 2003 - 3 AZR 121/02 - BAGE 104, 256, zu I der Gründe). Bei den Versorgungsempfängern kommt es nach § 7 Abs. 1 BetrAVG ohne Einschränkung - abgesehen von den Fällen des Versicherungsmissbrauchs iSd. § 7 Abs. 5 BetrAVG - auf die getroffenen Versorgungsvereinbarungen an. Dagegen verlangt § 7 Abs. 2 BetrAVG für den Insolvenzschutz der Versorgungsanwärter, dass deren Versorgungsanwartschaft nach den gesetzlichen Vorschriften unverfallbar ist. Eine lediglich arbeitsvertragliche Unverfallbarkeit reicht nicht aus (BAG 22. Februar 2000 - 3 AZR 4/99 - AP BetrAVG § 1 Unverfallbarkeit Nr. 9 = EzA BetrAVG § 1 Nr. 72, zu I der Gründe mwN). Nach § 7 Abs. 2 Satz 3 BetrAVG richtet sich der Umfang der Insolvenzsicherung nach der Höhe der Leistungen gem. § 2 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 und Abs. 5 BetrAVG. Diese Berechnungsgrundsätze stehen nicht zur Disposition der Vertrags-, Betriebs- und Tarifpartner (BAG 4. April 2000 - 3 AZR 458/98 - AP BetrAVG § 2 Nr. 32 = EzA BetrAVG § 7 Nr. 65, zu II 1 a bb der Gründe). Die Insolvenzsicherung ist auf den gesetzlichen Mindestschutz unverfallbarer Versorgungsanwartschaften beschränkt. § 7 Abs. 2 BetrAVG enthält keine Öffnungsklausel für günstigere Versorgungsvereinbarungen (BAG 21. Januar 2003 - 3 AZR 121/02 - BAGE 104, 256, zu I der Gründe). Dieser begrenzte Insolvenzschutz für Versorgungsanwärter ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BAG 4. April 2000 - 3 AZR 458/98 - AP BetrAVG § 2 Nr. 32 = EzA BetrAVG § 7 Nr. 65, zu III der Gründe; 20. Juni 2000 - 3 AZR 872/98 - KTS 2002, 163, zu 2 der Gründe).

II. Der gesetzliche Mindestschutz unverfallbarer Versorgungsanwartschaften und der darauf aufbauende Insolvenzschutz für Versorgungsanwärter errechnen sich nach § 7 Abs. 2 Satz 3 iVm. § 2 Abs. 1 und 5 BetrAVG in zwei Schritten. Zunächst ist durch Hochrechnen die ohne das vorzeitige Ausscheiden anfallende sog. Vollrente zu ermitteln, wobei die Veränderungssperre des § 2 Abs. 5 BetrAVG zu beachten ist. Die für die (fiktive) Vollrente maßgeblichen Versorgungsregelungen und Bemessungsgrundlagen ergeben sich aus den getroffenen Vereinbarungen. Insoweit ist der Pensions-Sicherungs-Verein an die Vertragsgestaltung gebunden und die Insolvenzsicherung "akzessorisch". Der nächste Rechenschritt besteht in einer Kürzung der sog. Vollrente um den Zeitwert-/Unverfallbarkeitsfaktor, der in § 2 Abs. 1 iVm. § 7 Abs. 2 Satz 3 BetrAVG losgelöst von der konkreten Versorgungszusage eigenständig geregelt ist. Der gesetzlich bestimmte Zeitwertfaktor entspricht "dem Verhältnis der Dauer der Betriebszugehörigkeit zu der Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres" bzw. einer niedrigeren festen Altersgrenze. Der Begriff der Betriebszugehörigkeit ist gesetzlich vorgegeben und unterliegt nicht der Parteidisposition. Die Betriebszugehörigkeit ist von der versorgungsfähigen Beschäftigungszeit zu unterscheiden. Wenn Versorgungsregelungen die versorgungsfähige Beschäftigungszeit beschränken, kann hierdurch nicht der gesetzliche Mindestschutz verringert werden (vgl. BAG 20. November 2001 - 3 AZR 28/01 - AP BetrAVG § 3 Nr. 12 = EzA BetrAVG § 3 Nr. 8, zu II 2 e der Gründe; 19. November 2002 - 3 AZR 167/02 - BAGE 104, 1, zu B I 3 b aa (1) der Gründe). Umgekehrt bindet den Pensions-Sicherungs-Verein nicht eine Versorgungsvereinbarung, die über die Berechnungsgrundsätze des § 7 Abs. 2 Satz 3 iVm. § 2 Abs. 1 BetrAVG hinausgeht (BAG 14. Dezember 1999 - 3 AZR 684/98 - AP BetrAVG § 7 Nr. 97 = EzA BetrAVG § 7 Nr. 63, zu I der Gründe; 20. Juni 2000 - 3 AZR 872/98 - KTS 2002, 163, zu 1 der Gründe). Dies gilt grundsätzlich sowohl für den vereinbarten vollständigen Verzicht auf eine zeitratierliche Kürzung (vgl. BAG 14. Dezember 1999 - 3 AZR 684/98 - aaO, zu III der Gründe) als auch für eine Erhöhung des Zeitwertfaktors durch eine den Versorgungsanwärter begünstigende Anrechungsvereinbarung. Dementsprechend führt die in § 4 des Aufhebungsvertrages enthaltene Abrede zur betrieblichen Altersversorgung nicht dazu, dass beim Zeitwertfaktor neben der bis zum Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis erreichten Betriebszugehörigkeit noch weitere Beschäftigungszeiten zu berücksichtigen sind. Besonderheiten des vorliegenden Falles rechtfertigen keine großzügigere Beurteilung.

1. Unter Betriebszugehörigkeit iSd. § 2 Abs. 1 BetrAVG ist der rechtliche Bestand des Arbeitsverhältnisses zu verstehen. Das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der K AG wurde nach § 1 des Aufhebungsvertrages vom 10. /13. Januar 1995 mit Ablauf des 31. Januar 1995 "aufgehoben" und damit beendet. Ein Ruhen des Arbeitsverhältnisses wurde nicht vereinbart. Dies war sowohl nach dem im Aufhebungsvertrag angegebenen Grund (betriebsbedingt) als auch nach den vom Kläger behaupteten Motiven der Arbeitgeberin (Spannungen mit dem Vorgesetzten wegen des Abstimmungsverhaltens des Klägers im Aufsichtsrat) folgerichtig. Wenn ein Arbeitsverhältnis lediglich ruht, bleibt es in seinem Bestand unberührt. Die wechselseitigen Hauptpflichten entfallen zwar, die Nebenpflichten, angepasst an die jeweiligen tatsächlichen Umstände, bestehen aber fort (vgl. ua. BAG 10. Mai 1989 - 6 AZR 660/87 - BA- - 3 AZR 205/05 GE 62, 35, zu II 1 c der Gründe). Eine derartige Gestaltung war weder nach dem Wortlaut des Aufhebungsvertrages gewollt noch entsprach sie der Interessenlage.

2. In § 4 des Aufhebungsvertrages verpflichtete sich die K AG, die betriebliche Altersversorgung des Klägers "bis zum Eintritt der Fälligkeit, d.h. spätestens zum Zeitpunkt des Erreichens des 65. Lebensjahres, vertragsgerecht zu bedienen". Nach dieser Vereinbarung wurde der Kläger bei der anrechnungsfähigen Dienstzeit so behandelt, als wäre er betriebstreu geblieben. Inhaltlich handelt es sich um eine Nachdienstzeitenvereinbarung. Für die Einordnung der Abrede ist es unerheblich, dass nicht ausdrücklich von einer Anrechnung späterer (fiktiver) Beschäftigungszeiten gesprochen wird. Entscheidend sind der Regelungsgehalt und der darin zum Ausdruck kommende Regelungswille.

Auch für die Rechtsfolgen einer Vereinbarung kommt es auf ihren konkreten Inhalt an. Die Vollrente sollte dem Kläger abweichend von § 2 Abs. 1 BetrAVG ohne m/n-Kürzung trotz des vorzeitigen Ausscheidens gezahlt werden. Daran ist der Pensions-Sicherungs-Verein nicht gebunden.

a) Das Urteil des Senats vom 10. März 1992 (- 3 AZR 140/91 - BAGE 70, 19) führt zu keinem anderen Ergebnis.

aa) Nach dieser Entscheidung muss "der gesetzliche Insolvenzschutz jedenfalls dann eingreifen, wenn der Arbeitgeber eine Nachdienstzeit anerkennt, um beim Arbeitnehmer ohne weitere Versorgungseinbußen den Versorgungsfall der vorgezogenen Altersrente in der gesetzlichen Rentenversicherung herbeizuführen". Eine Ruhensvereinbarung erschien den Parteien im damaligen Rechtsstreit nur deshalb ungeeignet, weil der Versorgungsfall und der Beginn der vorgezogenen Rente in der gesetzlichen Rentenversicherung die vorherige Arbeitslosigkeit des Klägers voraussetzten (§ 25 Abs. 2 AVG, § 1248 Abs. 2 RVO). Dazu heißt es im Urteil vom 10. März 1992 (- 3 AZR 140/91 - aaO, zu I 2 c der Gründe):

"Es wäre nicht einsichtig, den gesetzlichen Insolvenzschutz teilweise zu versagen, obwohl das Arbeitsverhältnis nur im Hinblick auf die Gesetzeslage in der gesetzlichen Rentenversicherung vorzeitig beendet werden musste. Bei einer solchen Fallgestaltung muss der PSV die Anrechnung einer fiktiven Zurechnungszeit hinnehmen".

Diese Besonderheiten rechtfertigten es, die vom Arbeitgeber angerechnete fiktive Dienstzeit nicht anders zu behandeln als ein fortbestehendes Arbeitsverhältnis. Ob und inwieweit Nachdienstzeiten eine darüber hinausgehende Bedeutung erlangen können, hat der Senat damals offen gelassen.

bb) Diese Entscheidung stieß im Schrifttum teilweise auf deutliche Kritik (vgl. Höfer BetrAVG Stand September 2004/Januar 2005 § 1b Rn. 2943). Die Frage, ob und ggf. inwieweit sie berechtigt ist, kann im vorliegenden Rechtsstreit offen bleiben. Der Pensions-Sicherungs-Verein musste im Urteil vom 10. März 1992 wegen der Besonderheiten des dort entschiedenen Falles die Anrechnung einer fiktiven Dienstzeit ausnahmsweise hinnehmen. Ausschlaggebend war damals, dass die Parteien den Arbeitnehmer so stellen wollten, wie er bei einem ruhenden Arbeitsverhältnis gestanden hätte, und dass die formale Umsetzung dieser Lösung lediglich aus sozialversicherungsrechtlichen Gründen unterblieb. Dagegen sahen die Parteien im vorliegenden Fall nicht notgedrungen von einer Ruhensvereinbarung ab. Die Beendigung der arbeitsvertraglichen Beziehung entsprach vielmehr ihrem Regelungswillen und der Interessenlage. Ziel des Aufhebungsvertrages war nicht die Überleitung in den Ruhestand, sondern in erster Linie die Trennung. Die im Aufhebungsvertrag vereinbarten Arbeitgeberleistungen waren der Preis für das Ausscheiden des Klägers. Es gibt keinen stichhaltigen Grund, die Einstandspflicht des Pensions-Sicherungs-Vereins und der von ihm repräsentierten Solidargemeinschaft wegen einer derartigen Leistung auszuweiten.

cc) Unerheblich ist es, ob eine andere, im wirtschaftlichen Ergebnis gleichwertige Vereinbarung den erhöhten Insolvenzschutz auslösen könnte. Nach § 7 Abs. 2 BetrAVG kommt es nicht auf eine denkbare Vertragsgestaltung, sondern auf die tatsächliche an. Dies gilt um so mehr, als sich die in Betracht kommenden Alternativen auf die Höhe des Insolvenzschutzes unterschiedlich auswirken, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat.

III. Die in § 10 des Aufhebungsvertrages enthaltene salvatorische Klausel ist im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Sie setzt voraus, dass eine Vertragsbestimmung unwirksam ist. Die Nachdienstzeitenvereinbarung (§ 4 des Aufhebungsvertrages) ist jedoch weder unwirksam noch lückenhaft. Sie verpflichtet die Arbeitgeberin zur Zahlung der zugesagten höheren Betriebsrente. Lediglich der Pensions-Sicherungs-Verein ist nicht daran gebunden. Der Kläger kann seine nicht insolvenzgeschützte Forderung im Insolvenzverfahren anmelden.

Ende der Entscheidung

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