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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 26.08.1997
Aktenzeichen: 3 AZR 213/96
Rechtsgebiete: BetrAVG, BGB
Vorschriften:
BetrAVG § 1 Besitzstand | |
BetrAVG § 2 Abs. 1 und 5 | |
Leistungsordnung des Bochumer Verbandes vom 1. August 1959 in der bis zum 31. Dezember 1972 geltenden Fassung § 4 | |
Leistungsordnung des Bochumer Verbandes vom 1. August 1959 in der bis zum 31. Dezember 1972 geltenden Fassung § 10 | |
Leistungsordnung des Bochumer Verbandes vom 1. August 1959 in der seit dem 1. Januar 1973 geltenden Fassung § 10 | |
BGB § 315 | |
BGB § 317 | |
BGB § 319 |
1. Bei einem Eingriff in Versorgungsanwartschaften ist das vom Senat entwickelte Dreistufenmodell zu beachten (ständige Rechtsprechung seit dem Urteil vom 17. April 1985, BAGE 49, 57, 66 ff. = AP Nr. 4 zu § 1 BetrAVG Unterstützungskassen, zu B II 3 c der Gründe). Ob ein Eingriff in den bereits erdienten Teilbetrag vorliegt, ist nach § 2 BetrAVG zu ermitteln. Veränderungen der Bemessungsgrundlagen nach dem Ablösungszeitpunkt bleiben entsprechend § 2 Abs. 5 BetrAVG unberücksichtigt. Diese Grundsätze gelten auch bei einer Änderung der Leistungsordnung des Bochumer Verbandes. § 4 der Leistungsordnung in der bis zum 31. Dezember 1972 geltenden Fassung ändert daran nichts. Diese Vorschrift soll die Nachteile mildern, die älteren Arbeitnehmern bei einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber entstehen.
2. Nach § 10 der seit dem 1. Januar 1973 geltenden Leistungsordnung des Bochumer Verbandes sind bei der Anrechnung befreiender Lebensversicherungen auch Ausfall- und Ersatzzeiten im Sinne des Rentenversicherungsrechts zu berücksichtigen. Für die Einführung der erweiterten Anrechnung genügen sachlich-proportionale Gründe. Sie ergeben sich daraus, daß eine bisher bestehende Ungleichbehandlung beseitigt wird. Die Versorgungsempfänger, die eine befreiende Lebensversicherung abgeschlossen haben, sollen nicht besser gestellt werden als die Versorgungsempfänger, die sozialversichert waren.
Aktenzeichen: 3 AZR 213/96 Bundesarbeitsgericht 3. Senat Urteil vom 26. August 1997 - 3 AZR 213/96 -
I. Arbeitsgericht Essen Urteil vom 09. März 1995 - 3 Ca 4877/94 -
II. Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil vom 11. Januar 1996 - 5 Sa 763/95 -
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Entscheidungsstichworte: Änderung der Anrechnung befreiender Lebensversicherungen
Gesetz: BetrAVG § 1 Besitzstand, § 2 Abs. 1 und 5; Leistungsordnung des Bochumer Verbandes vom 1. August 1959 in der bis zum 31. Dezember 1972 geltenden Fassung §§ 4 und 10 sowie in der seit dem 1. Januar 1973 geltenden Fassung § 10; BGB §§ 315, 317, 319
3 AZR 213/96 ------------ 5 Sa 763/95 Düsseldorf
Im Namen des Volkes! Verkündet am 26. August 1997
U r t e i l
Bittner, Amtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
In Sachen
pp.
hat der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26. August 1997 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Heither, die Richter Kremhelmer und Bepler sowie die ehrenamtlichen Richter Hauschild und Fasbender für Recht erkannt:
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 11. Januar 1996 - 5 Sa 763/95 - wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen !
T a t b e s t a n d :
Die Parteien streiten darum, inwieweit Leistungen aus einer befreienden Lebensversicherung auf die Betriebsrente anzurechnen sind.
Der am 31. Mai 1925 geborene Kläger war bis zum 31. Dezember 1988 bei der Beklagten beschäftigt. Seit dem 1. Juni 1990 bezieht er betriebliches Altersruhegeld. Im Jahr 1955 hatte er eine Versorgungszusage erhalten. Sie verwies auf die "jeweils gültige Fassung der Leistungsordnung des Bochumer Verbandes". Der Bochumer Verband ist ein nichtrechtsfähiger Verein, dem vor allem Bergwerksgesellschaften angehören. Er stellt einheitliche Leistungsbestimmungen auf, nach denen die Mitgliedsunternehmen ihren außertariflichen Angestellten eine betriebliche Altersversorgung gewähren. Die Höhe der Versorgungsleistungen richtet sich nach der Einstufung des Arbeitnehmers in eine Gruppe von A bis S, der Anzahl der Dienstjahre und der Anrechnung anderer Leistungen. Der Kläger war zuletzt zur Gruppe P angemeldet worden. Die Höchstrente hatte er nach 25 Dienstjahren erreicht. § 10 Abs. 1 der Leistungsordnung des Bochumer Verbandes vom 1. August 1959 (LO 59) in der bis zum 31. Dezember 1972 geltenden Fassung regelte die Anrechnung anderer Leistungen wie folgt:
"Das Ruhegeld ermäßigt sich um 50 v.H. der Leistungen der knappschaftlichen Rentenversicherung und der Rentenversicherungen der Arbeiter und der Angestellten sowie aus Verträgen mit öffentlichen oder privaten Versicherungsunternehmen. Die letzteren Versicherungsleistungen werden dabei, wenn sie nicht als Renten, sondern als Kapital gezahlt werden, im Zeitpunkt der Zahlung auf Rente umgerechnet, und zwar unter Zugrundelegung der jährlichen Mehrbeträge, die sich bei Beitragszahlung in Höhe der Versicherungsprämien in den jeweiligen Jahren für das Knappschaftsruhegeld bzw. das Altersruhegeld der Rentenversicherungen der Angestellten und der Arbeiter ergeben würden; dabei werden die Versicherungsprämien nur insoweit berücksichtigt, als sie den höchsten Beitrag zu dem jeweils in Betracht kommenden Zweig der Sozialversicherung - knappschaftliche Rentenversicherung oder Rentenversicherungen der Angestellten und der Arbeiter - nicht übersteigen. ..."
Der fiktive Mehrbetrag nach § 10 Abs. 1 Satz 2 LO 59 wurde nach der Rentenformel der gesetzlichen Rentenversicherung ermittelt. Bei dieser Berechnung blieben beitragslose Zeiten unberücksichtigt. Mit Wirkung zum 1. Januar 1973 ist die Leistungsordnung geändert worden. Die LO 73 enthält in § 10 folgende neu gefaßte Anrechnungsregelung:
"(1) Das Ruhegeld ermäßigt sich bei 25 anrechnungsfähigen Dienstjahren um 50 v.H. der Leistungen der knappschaftlichen Rentenversicherung und der Rentenversicherungen der Arbeiter und der Angestellten (nachstehend "gesetzliche Rentenversicherungen"). ...
...
(3) Absätze 1 und 2 Satz 2 gelten sinngemäß auch für Leistungen aus Verträgen mit öffentlichen oder privaten Versicherungsunternehmen, oder sonstigen Versorgungseinrichtungen, soweit dem Angestellten für derartige Verträge Zuschüsse gezahlt worden sind. Das Ruhegeld ermäßigt sich in diesen Fällen um den entsprechenden Anteil derjenigen Sozialversicherungsrente, die sich ergeben hätte, wenn die Zuschüsse als Arbeitgeberanteil zusammen mit Beitragsleistungen des Angestellten in entsprechender Höhe zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt worden wären.
..."
Seither wurden die beitragslosen Zeiten (Ersatz- und Ausfallzeiten) in die Berechnung des rentengleichen Werts der Lebensversicherungen einbezogen. Dadurch erhöhte sich der anrechenbare Betrag.
Der Kläger war von der knappschaftlichen Rentenversicherung befreit und hat dafür eine Lebensversicherung bei der Gothaer Lebensversicherung AG abgeschlossen. Er weist sog. beitragsfreie Zeiten auf, die zu einer höheren gesetzlichen Rente geführt hätten.
Die Beklagte zahlte dem Kläger ein monatliches Ruhegeld in Höhe von 5.765,13 DM. Sie legte die LO 73 zugrunde. Auf das höchstmögliche Ruhegeld der Gruppe P in Höhe von 7.260,00 DM hat sie 50 % der fiktiven Sozialversicherungsrente angerechnet. Wenn die beitragsfreien Zeiten berücksichtigt werden, beläuft sich die fiktive Sozialversicherungsrente auf 2.989,74 DM und damit der anzurechnende Betrag auf 1.494,87 DM.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, bis zum 31. Dezember 1972 hätten die beitragslosen Zeiten den rentengleichen Wert der befreienden Lebensversicherung nicht erhöht. Die Änderung der Anrechnungsregelung auch für bereits zurückgelegte Beschäftigungszeiten sei unwirksam. Sie habe in den bereits erdienten Teil der Anwartschaft eingegriffen. Die dafür nötigen zwingenden Gründe hätten nicht vorgelegen. Der erdiente Teilbetrag sei nicht nach § 2 Abs. 1 BetrAVG zu errechnen. Diese Vorschrift sei erst nach der strittigen Änderung der Leistungsordnung in Kraft getreten. Sie sei auch deshalb nicht anwendbar, weil § 4 LO 59 eine Sonderregelung enthalte. Aus ihr ergebe sich, daß dem Arbeitnehmer der erworbene Anwartschaftsgrad ohne zeitanteilige Kürzung erhalten bleibe und die bei Eintritt des Versorgungsfalles geltenden Gruppenbeträge zugrunde zu legen seien. Zumindest sei in die erdiente Dynamik eingegriffen worden. Die dafür erforderlichen triftigen Gründe fehlten. Bis zum Inkrafttreten der LO 73 habe der Kläger aufgrund seiner 18 anrechnungsfähigen Dienstjahre 86 % der Betriebsrente erdient gehabt. Ohne die beitragslosen Zeiten belaufe sich die anrechenbare Sozialversicherungsrente nicht auf 2.989,74 DM, sondern auf 2.693,55 DM. Von dem Unterschiedsbetrag in Höhe von 296,19 DM seien 86 % (= 254,72 DM) bestandsgeschützt. Um 50 % dieses Betrages (= 127,40 DM) vermindere sich die Anrechnung und erhöhe sich das Ruhegeld. Bei einer Anwendung des § 2 Abs. 1 BetrAVG seien 52,9 % des Unterschiedsbetrags (= 156,68 DM) bestandsgeschützt. Die Beklagte müsse deshalb zumindest ein um 78,30 DM (50 % aus 156,68 DM) höheres Ruhegeld zahlen.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1992 1.528,80 DM nebst 4 % Zinsen seit 9. Januar 1995, hilfsweise 939,60 DM nebst 4 % Zinsen seit 9. Januar 1995 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Neuregelung des § 10 LO 73 für rechtswirksam gehalten. Die beitragsfreien Zeiten hätten schon nach § 10 LO 59 in die Berechnung des rentengleichen Werts befreiender Lebensversicherungen einbezogen werden können. Die Neufassung des § 10 LO 73 habe insoweit nur klarstellende Bedeutung gehabt. Wenn es sich um eine Änderung der Anrechnungsvorschriften gehandelt habe, sei sie rechtlich nicht zu beanstanden. Die arbeitsvertraglich vereinbarte Jeweiligkeitsklausel habe Änderungen der Leistungsordnung ermöglicht. Die erweiterte Anrechnung sei nicht unverhältnismäßig gewesen. Sie habe weder in den erdienten Teilbetrag der Versorgungsanwartschaft noch in die erdiente Dynamik eingegriffen. Lediglich künftige Steigerungsraten seien betroffen. Die dafür nötigen sachlichen Gründe lägen vor. Die Änderung habe dazu gedient, die Ungleichbehandlung zwischen den Betriebsrentnern mit einer Sozialversicherungsrente und den Betriebsrentnern mit einer befreienden Lebensversicherung zu beseitigen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger möchte mit seiner Revision die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erreichen, soweit er die Klage im Berufungsverfahren nicht zurückgenommen hat.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht kein höheres Ruhegeld zu. Die Beklagte durfte die befreiende Lebensversicherung nach den Regelungen des § 10 LO 73 anrechnen und die beitragslosen Zeiten (Ersatz- und Ausfallzeiten) mitberücksichtigen.
I. Es kann offenbleiben, ob die LO 73 die Regelungen der LO 59 zur Anrechenbarkeit von Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung geändert hat.
Dem Wortlaut, dem System der Regelungen und der Entstehungsgeschichte läßt sich, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht unmißverständlich entnehmen, daß nach § 10 LO 59 in der bis zum 31. Dezember 1972 geltenden Fassung die beitragslosen Zeiten in die Berechnung des rentengleichen Werts einer befreienden Lebensversicherung einzubeziehen waren. Wenn der Inhalt einer Versorgungsordnung zweifelhaft ist, kann die tatsächliche Handhabung Bedeutung gewinnen. Wird eine Anrechnungsklausel von allen Beteiligten gleich verstanden und restriktiv angewandt, so spricht dies für eine enge Auslegung.
Im vorliegenden Fall muß die Frage, wie § 10 LO 59 auszulegen war, nicht vertieft werden. Es kann offenbleiben, ob die Neufassung des § 10 in der LO 73 nur klarstellende Bedeutung hatte oder eine inhaltliche Änderung enthält. Jedenfalls ist es nicht zu beanstanden, wenn durch eine geänderte Anrechnungsregelung die beitragslosen Zeiten des Klägers uneingeschränkt bei der Berechnung seiner fiktiven Sozialversicherungsrente berücksichtigt werden können.
II. Die Änderung der Anrechnungsregelung ist allerdings nicht schon deshalb wirksam, weil die vertragliche Versorgungszusage auf die jeweils geltende Leistungsordnung des Bochumer Verbandes verweist. Eine Jeweiligkeitsklausel berechtigt nicht dazu, Leistungsordnungen beliebig zu ändern. Eingriffe in zugesagte Versorgungsrechte unterliegen einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 1 BGB (vgl. BAGE 68, 314, 317 = AP Nr. 38 zu § 5 BetrAVG, zu II der Gründe). Dies gilt auch für die Leistungsordnung des Bochumer Verbandes, denn er ist kein Dritter im Sinne der §§ 317, 319 BGB, sondern ein Zusammenschluß der Arbeitgeber zur Koordinierung der Bedingungen ihrer Versorgungsleistungen. Er handelt für die angeschlossenen Mitglieder (BAG Urteil vom 27. August 1996 - 3 AZR 466/95 - AP Nr. 22 zu § 1 BetrAVG Ablösung, zu IV 1 der Gründe, m.w.N.).
III. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats unterliegen die abstrakt-generellen Regelungen einer Versorgungsordnung entsprechend ihrer Ordnungsfunktion einer abstrakten Billigkeitskontrolle. Den Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit muß Rechnung getragen werden (BAG Urteil vom 27. August 1996, aaO, zu IV 2 a der Gründe, m.w.N.). Je stärker der Besitzstand ist, in den eingegriffen werden soll, desto gewichtiger müssen die Gründe sein, die den Eingriff rechtfertigen sollen. Der Senat hat diese Prüfungsmaßstäbe im Laufe der Zeit durch folgende Dreiteilung verdeutlicht (ständige Rechtsprechung des Senats seit dem Urteil vom 17. April 1985, BAGE 49, 57, 66 ff. = AP Nr. 4 zu § 1 BetrAVG Unterstützungskassen, zu B II 3 c der Gründe; zuletzt Urteil vom 27. August 1996, aaO, zu IV 2 b der Gründe, m.w.N.):
- Der bereits erdiente und nach den Grundsätzen des § 2 Abs. 1 BetrAVG errechnete Teilbetrag darf nur in seltenen Ausnahmefällen gekürzt werden. Ein derartiger Eingriff setzt zwingende Gründe voraus.
- Die bereits zeitanteilig erdiente Quote eines variablen, dienstzeitunabhängigen Berechnungsfaktors (sog. erdiente Dynamik) darf nur aus triftigen Gründen verringert werden.
- Die geringsten Anforderungen sind an Eingriffe in künftige und damit noch nicht erdiente dienstzeitabhängige Zuwächse zu stellen. Dafür genügen sachliche Gründe.
Diesen Anforderungen wird der neu gefaßte § 10 LO 73 gerecht.
1. § 10 LO 73 greift entgegen der Auffassung des Klägers nicht in den am Ablösungsstichtag erdienten Teilbetrag seiner Versorgungsanwartschaft ein.
a) Der erdiente Teilbetrag ist nach § 2 Abs. 1 BetrAVG zu ermitteln (BAG Beschluß vom 8. Dezember 1981 - 3 ABR 53/80 - BAGE 36, 327, 338 = AP Nr. 1 zu § 1 BetrAVG Ablösung, zu B III 1 a der Gründe; BAG Urteil vom 23. Oktober 1990 - 3 AZR 260/89 - BAGE 66, 145, 150 = AP Nr. 13 zu § 1 BetrAVG Ablösung, zu II 1 b der Gründe). Unerheblich ist es, daß § 2 Abs. 1 BetrAVG erst nach dem Ablösungsstichtag in Kraft getreten ist. § 4 LO 59 führt im vorliegenden Fall zu keinem erweiterten Bestandsschutz.
aa) Auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Betriebsrentenge-setzes kommt es nicht an. Die in § 2 Abs. 1 BetrAVG vorgeschriebene Berechnungsmethode hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 10. März 1972 (- 3 AZR 278/71 - BAGE 24, 177, 196 f. = AP Nr. 156 zu § 242 BGB Ruhegehalt, zu B I 2 der Gründe) angewandt. Der Gesetzgeber hat die von der Rechtsprechung entwickelten Berechnungsgrundsätze in § 2 Abs. 1 BetrAVG lediglich übernommen.
bb) Aus § 4 LO 59 kann der Kläger nicht herleiten, daß der bereits erdiente Teil der Anwartschaft abweichend von § 2 BetrAVG zu berechnen ist. § 4 LO 59 enthält eine Sondervorschrift mit begrenztem Anwendungsbereich. Nur wenn der Arbeitnehmer durch eine Kündigung des Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, kommt § 4 LO 59 zum Zuge. Das nach § 4 Abs. 1 LO 59 zu zahlende Übergangsgeld erleichtert es dem Arbeitnehmer, die Zeit bis zur Aufnahme einer neuen zumutbaren Arbeit oder bis zum Eintritt in den Ruhestand zu überbrücken. Nach § 4 Abs. 2 LO 59 behält der Arbeitnehmer den Anspruch auf dynamisierte Betriebsrente, die sich nach den beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis erreichten Dienstjahren richtet. Auch § 4 Abs. 2 LO 59 soll lediglich die durch die Kündigung des Arbeitgebers entstehenden Nachteile abmildern. Eine derartige Fallgestaltung und Interessenlage liegt nicht vor, wenn die Grenzen einer ablösenden Leistungsordnung bestimmt werden sollen und in diesem Zusammenhang der erdiente Teilbetrag der Versorgungsanwartschaft zu ermitteln ist.
cc) Der Kläger möchte ein "vereinfachtes Berechnungsverfahren" anwenden und beruft sich auf ein von Blomeyer erstelltes Gutachten. Danach soll der Rentenwert der befreienden Lebensversicherung sowohl nach der LO 59 als auch nach der LO 73 berechnet und der Differenzbetrag entsprechend dem im Ablösungszeitpunkt erreichten Versorgungsgrad (im vorliegenden Fall 86 %) verringert werden. Insoweit soll die Anrechnung gekürzt und dementsprechend das nach der LO 73 berechnete Ruhegeld erhöht werden.
Blomeyer begründet dieses Verfahren damit, daß die Wertberechnung entsprechend § 2 BetrAVG im Einzelfall nicht einfach sein dürfte. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht dieses Argument nicht für stichhaltig angesehen. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, bietet § 2 BetrAVG eine interessengerechte Regelung zur Feststellung des erdienten Besitzstandes. Die erforderliche statische Berechnung läßt sich ohne größere Schwierigkeiten durchführen. Die von Blomeyer vorgeschlagene Lösung führt zu einer dem § 2 Abs. 5 BetrAVG widersprechenden Dynamisierung und einer nicht gerechtfertigten Ausweitung des Bestandsschutzes.
Der bereits erdiente Besitzstand besteht aus dem Betrag, der dem Arbeitnehmer auch dann verbliebe, wenn das Arbeitsverhältnis zur Zeit der Neuregelung durch Eigenkündigung des Arbeitnehmers enden würde oder der Arbeitgeber Konkurs anmelden müßte (vgl. BAG Urteil vom 17. April 1985 - 3 AZR 72/83 - BAGE 49, 57, 66 = AP Nr. 4 zu § 1 BetrAVG Unterstützungskassen, zu B II 3 c (1) der Gründe). Der am stärksten geschützte Teil der Versorgungsanwartschaft umfaßt den nach § 2 BetrAVG unverfallbaren und nach § 7 BetrAVG insolvenzgeschützten Betrag. Er ist zeitanteilig zu berechnen und verändert sich nach dem Berechnungsstichtag nicht mehr (§ 2 Abs. 1 und 5 BetrAVG). Berechnungsstichtag ist in der Regel der Erlaß der neuen Versorgungsordnung.
b) Der nach § 2 BetrAVG berechnete Teilbetrag der Versorgungsanwartschaft bleibt dem Kläger erhalten. Der Endbetrag der Gruppe P belief sich im Ablösungszeitpunkt auf 3.170,00 DM. Darauf sind 50 % des auf das 65. Lebensjahr hochgerechneten Rentenwerts der befreienden Lebensversicherung anzurechnen. Der verbleibende Betrag ist zeitanteilig zu kürzen. Das Verhältnis der am 31. Dezember 1972 erreichten Betriebszugehörigkeit zu der bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres erreichbaren Betriebszugehörigkeit beläuft sich auf 52,9 %. Sogar der volle Gruppenbetrag (3.170,00 DM) ohne zeitanteilige Kürzung und ohne jede Anrechnung des Rentenwerts der Lebensversicherung liegt deutlich unter der tatsächlich gezahlten Betriebsrente von 5.765,13 DM.
c) Selbst wenn die Annahmen des Klägers zugrunde gelegt werden, bleibt der erdiente Besitzstand erhalten. In den erdienten Besitzstand würde nicht einmal dann eingegriffen, wenn eine zeitanteilige Kürzung (§ 2 Abs. 1 BetrAVG) zu unterbleiben hätte, es auf den jeweils aktuellen Gruppenbetrag ankäme und der im Zeitpunkt der Neuregelung erreichte Versorgungsgrad erst nach Anrechnung anderer Leistungen anzuwenden wäre. Der Endbetrag der Gruppe P betrug zuletzt 7.260,00 DM. Der rentengleiche Wert der Lebensversicherung nach § 10 LO 59 beläuft sich nach dem Rechenwerk des Klägers auf 2.693,55 DM. Daraus ergibt sich ein Anrechnungsbetrag in Höhe von 1.346,77 DM (50 % aus 2.693,55 DM). Im Ablösungszeitpunkt hatte der Kläger einen Versorgungsgrad von 86 % erreicht. 86 % aus 5.913,23 DM (= 7.260,00 DM abzgl. 1.346,77 DM) ergeben 5.085,38 DM. Selbst dieser Betrag liegt erheblich unter der tatsächlich gezahlten Betriebsrente.
2. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht ebenso wie Blomeyer in seinem Gutachten einen Eingriff in die sog. erdiente Dynamik verneint. Die neu gefaßte Anrechnungsregelung veränderte die gehaltsabhängige Dynamik der Betriebsrenten nicht.
3. Die weitergehende Anrechnung anderer Leistungen nach § 10 LO 73 betraf jedenfalls im vorliegenden Fall lediglich die dienstzeitabhängigen Steigerungsraten. Dafür reichen sachliche Gründe aus. Das Landesarbeitsgericht hat sie zu Recht bejaht.
a) Die Neufassung der Anrechnungsvorschriften diente unstreitig dazu, eine bisher bestehende Ungleichbehandlung zu beseitigen. Die Versorgungsempfänger, die eine befreiende Lebensversicherung abgeschlossen hatten, sollen bei der Anrechnung anderer Leistungen nicht besser gestellt sein als Versorgungsempfänger, die sozialversichert waren. Zutreffend hat Blomeyer in seinem Gutachten ein schutzwürdiges Vertrauen auf den Fortbestand der bisherigen Regelung verneint. Jeder Arbeitnehmer muß mit Änderungen rechnen, die der Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes dienen.
b) Der Kläger wird durch die erweiterte Anrechnung seiner befreienden Lebensversicherung auch nicht unverhältnismäßig hart getroffen. Die Betriebsrente des Klägers sank um 148,10 DM. Das sind 2,57 % der nach den bisherigen Anrechnungsregeln zu zahlenden Betriebsrente. Diesen relativ geringfügigen Eingriff muß der Kläger hinnehmen, zumal das Regelungsziel, die Gleichbehandlung aller Versorgungsberechtigten, gewichtig ist.
IV. Soweit der Kläger Verfahrensrügen erhoben hat, sind sie nicht entscheidungserheblich.
V. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.
Ende der Entscheidung
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