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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 23.01.2001
Aktenzeichen: 3 AZR 287/00
Rechtsgebiete: BetrAVG


Vorschriften:

BetrAVG § 16
BetrAVG § 30 c
Der Arbeitgeber darf jedenfalls dann von einer Anpassung der Betriebsrenten nach § 16 BetrAVG absehen, wenn das Eigenkapital unter das Stammkapital der Gesellschaft sank, daraufhin die Gesellschafter durch zusätzliche Einlagen eine Kapitalrücklage bildeten, die anschließend erzielten Gewinne nicht ausgeschüttet, sondern zur Verbesserung der Eigenkapitalausstattung verwandt wurden und trotzdem das Stammkapital bis zum nächsten Anpassungsstichtag ohne die Kapitalrücklage voraussichtlich nicht wieder erreicht wird.
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

3 AZR 287/00

Verkündet am 23. Januar 2001

In Sachen

hat der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 23. Januar 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Reinecke, die Richter am Bundesarbeitsgericht Kremhelmer und Bepler, die ehrenamtlichen Richter Reissner und Lohre

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 18. November 1999 - 11 Sa 1203/99 - aufgehoben.

2. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 1. Juni 1999 - 3 Ca 1866/98 - wird zurückgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten über eine Anpassung der Hinterbliebenenrente der Klägerin zum 1. Juli 1997.

Der verstorbene Ehemann der Klägerin war als leitender Angestellter bei der Beklagten beschäftigt. Die Klägerin erhielt seit dem Tode ihres Ehemannes von der Beklagten eine Hinterbliebenenrente, die bis einschließlich 1. Juli 1991 alle drei Jahre den zwischenzeitlichen Preissteigerungen voll angepaßt wurde. Seit dem 1. Juli 1991 belief sich die Hinterbliebenenrente auf 2.640,00 DM. Die Lebenshaltungskosten eines Vier-Personen-Arbeitnehmer-Haushalts mit mittlerem Einkommen stiegen vom 1. Juli 1991 bis 30. Juni 1994 um 9,6 % und vom 1. Juli 1994 bis 30. Juni 1997 um weitere 4,6 %. Die Klägerin erreichte als einzige Betriebsrentnerin eine Anpassung ihrer Hinterbliebenenrente zum 1. Juli 1994 um 4 %. Seither gewährt ihr die Beklagte eine monatliche Betriebsrente in Höhe von 2.746,00 DM. Die Beklagte lehnte jedoch eine weitere Anpassung zum 1. Juli 1997 wegen der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens ab.

Bis einschließlich 1994 verzeichnete die Beklagte Verluste. Die Fehlbeträge beliefen sich im Jahre 1991 auf 18.326.000,00 DM, im Jahre 1992 auf 4.118.000,00 DM, im Jahre 1993 auf 22.394.000,00 DM und im Jahre 1994 auf 6.319.000,00 DM. Die Beklagte sah sich durch diese Entwicklung veranlaßt, Grundstücke zu veräußern, Personal abzubauen und das Unternehmen zu modernisieren. Die Gesellschafter der Beklagten leisteten 1992 Einlagen zur Einstellung in die Kapitalrücklage in Höhe von 31.863.000,00 DM. Die Anzahl der Beschäftigten im Werk Mühlheim sank von 633 im Jahre 1991 auf 510 im Jahre 1992, auf 448 im Jahre 1993 und auf 358 im Jahre 1994. Seither veränderte sich die Anzahl der Beschäftigten nur noch unwesentlich. Das bilanzierte Eigenkapital betrug im Jahre 1991 24.624.000,00 DM. Durch die zusätzliche Einlage von 31.863.000,00 DM erhöhte es sich im Jahre 1992 auf 52.369.000,00 DM. Im Jahre 1993 verringerte es sich auf 29.975.000,00 DM und im Jahre 1994 auf 23.656.000,00 DM. Seit 1995 erzielte die Beklagte Gewinne, und zwar 3.518.000,00 DM im Jahre 1995, 7.049.000,00 DM im Jahre 1996 und 7.842.000,00 DM im Jahre 1997. Auch in den Jahren 1998 und 1999 erwirtschaftete die Beklagte Gewinne. Auf Grund der Gewinne stieg das bilanzierte Eigenkapital der Beklagten im Jahre 1995 auf 27.174.000,00 DM, im Jahre 1996 auf 34.223.000,00 DM und im Jahre 1997 auf 42.065.000,00 DM. Die außerordentlichen Erträge aus der Veräußerung von Anlagevermögen, insbesondere von Grundstücken betrugen 30.000,00 DM im Jahre 1991, 16.000,00 DM im Jahre 1992, 9.737.000,00 DM im Jahre 1993, 8.464.000,00 DM im Jahre 1994, 82.000,00 DM im Jahre 1995, 77.000,00 DM im Jahre 1996 und 86.000,00 DM im Jahre 1997.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, entsprechend der Entwicklung der Lebenshaltungskosten sei ihre Hinterbliebenenrente mit Wirkung zum 1. Juli 1997 von 2.746,00 DM auf 3.026,09 DM zu erhöhen. Die Beklagte könne auch die nachholende Anpassung aus den Erträgen und dem Wertzuwachs ihres Unternehmens aufbringen. Die Verlustvorträge seien bei der Anpassungsprüfung nach § 16 BetrAVG nicht zu berücksichtigen. Entscheidend sei die durch eine Prognose zu ermittelnde künftige Unternehmensentwicklung. Deshalb komme es darauf an, welche Erträge das Unternehmen voraussichtlich erziele und ob nach dem Anpassungsstichtag mit weiteren Substanzverlusten oder mit Wertzuwächsen zu rechnen sei. Durch die seit 1994 erzielten und auch künftig zu erwartenden Gewinne werde das Eigenkapital der Beklagten angemessen verzinst. Die am Anpassungsstichtag vorhandenen Bilanzverluste beruhten ausschließlich auf Verlustvorträgen. Sie beeinträchtigten die Wirtschaftskraft der Beklagten nicht. Die Verluste aus der Umstrukturierung des Unternehmens dürften nicht auf die Betriebsrentner abgewälzt werden. Die von der Beklagten vertretene Betrachtung der wirtschaftlichen Lage ihres Unternehmens führe zu dem absurden Ergebnis, daß die Betriebsrente der Klägerin auch bei Fortbestehen der guten Ertragslage erst in 40 Jahren wieder angepaßt werden müsse.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 7.562,43 DM für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis 30. September 1999 nebst 4 % Zinsen aus 3.921,26 DM seit Rechtshängigkeit und weitere 4 % Zinsen aus 3.641,17 DM seit Zustellung der Berufungsbegründung zu zahlen,

2. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin beginnend mit dem 1. Oktober 1999 eine Betriebsrente in Höhe von monatlich 3.026,09 DM zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, die wirtschaftliche Lage ihres Unternehmens habe zum 1. Juli 1997 keine Anpassung der Betriebsrenten zugelassen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht dem Anpassungsbegehren stattgegeben und die Klage lediglich insoweit abgewiesen, als Zinsen aus dem Bruttobetrag und nicht nur aus dem sich daraus ergebenden Nettobetrag geltend gemacht worden sind. Die Beklagte möchte mit Ihrer Revision die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erreichen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der Beklagten ist begründet. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist die Anpassungsentscheidung der Beklagten nach § 16 BetrAVG nicht zu beanstanden.

1. Die Belange des Versorgungsempfängers werden durch den Anpassungsbedarf bestimmt. Die Klägerin hat ihn richtig ermittelt. Sie hat die Veränderung des Preisindex zugrunde gelegt, den das Statistische Bundesamt für die Lebenshaltung eines Vier-Personen-Arbeitnehmer-Haushalts mit mittlerem Einkommen ermittelt hat (ständige Rechtsprechung des Senats seit dem Urteil vom 16. Dezember 1976 - 3 AZR 795/75 - BAGE 28, 279, 291). Die maßgebliche Preissteigerungsrate belief sich vom 1. Juli 1991 bis 30. Juni 1997 auf 14,2 %. Davon hat die Klägerin die ihr zum 1. Juli 1994 gewährte Anpassung von 4 % abgezogen. Die verbleibenden 10,2 % bilden den noch offenen Anpassungsbedarf der Klägerin.

Bei der Anpassungsprüfung zum 1. Juli 1997 war nicht nur auf den Anpassungsbedarf der letzten drei Jahre, sondern auf den Kaufkraftverlust seit Rentenbeginn abzustellen. Wurde in der Vergangenheit kein voller Geldwertausgleich gewährt, so war nach der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung des § 16 BetrAVG dieser noch offene Anpassungsbedarf bei den späteren Anpassungsprüfungen zu berücksichtigen (ständige Rechtsprechung des Senats seit dem Urteil vom 28. April 1992 - 3 AZR 142/91 - BAGE 70, 137, 141 ff.; vgl. ua. 17. April 1996 - 3 AZR 56/95 - BAGE 83, 1, 6 f.). Eine Verpflichtung zu dieser sogenannten nachholenden Anpassung entfiel erst durch den am 1. Januar 1999 in Kraft getretenen § 16 Abs. 4 BetrAVG. Diese Regelung gilt jedoch nicht für die vor dem 1. Januar 1999 zu Recht unterbliebenen Anpassungen (§ 30c BetrAVG). Insoweit kommt eine nachholende Anpassung auch nach dem 1. Januar 1999 in Betracht. Ob der Anpassungsbedarf aus der Zeit vor dem 1. Januar 1999 nur bei der ersten nach dem 31. Dezember 1998 vorzunehmenden Anpassungsprüfung (so Bepler BetrAV 2000, 19, 25) oder auch bei späteren Anpassungsprüfungen zu berücksichtigen ist (so Höfer BetrAVG Stand: Juli 2000 § 16 Rn. 3665.86 ff.), kann hier offenbleiben. Ebenso kann dahingestellt bleiben, ob und gegebenenfalls wie sich der Wegfall der nachholenden Anpassung auf die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens auswirkt. Im vorliegenden Fall gelten die zum bisherigen Betriebsrentengesetz entwickelten Bewertungsmaßstäbe.

2. Die Beklagte hat sich zu Recht auf die wirtschaftliche Lage ihres Unternehmens berufen. Der Arbeitgeber darf eine Betriebsrentenanpassung ablehnen, wenn dadurch sein Unternehmen übermäßig belastet würde. Dies ist der Fall, wenn es dem Arbeitgeber nach der am Anpassungsstichtag zu erstellenden Prognose voraussichtlich nicht möglich sein wird, den Teuerungsausgleich aus dem Wertzuwachs des Unternehmens und dessen Erträgen in der Zeit nach dem Anpassungsstichtag aufzubringen (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. ua. 17. April 1996 - 3 AZR 56/95 - BAGE 83, 1, 4; 23. Oktober 1996 - 3 AZR 514/95 - BAGE 84, 246, 250 jeweils mwN). Die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens darf nicht gefährdet werden. Sie wird nicht nur beeinträchtigt, wenn keine angemessene Eigenkapitalverzinsung erwirtschaftet wird, sondern auch wenn das Unternehmen nicht über genügend Eigenkapital verfügt. Die Anpassung muß nicht aus der Unternehmenssubstanz finanziert werden. Die wirtschaftliche Lage der Beklagten hatte sich zum Anpassungsstichtag 1. Juli 1997 noch nicht ausreichend stabilisiert.

a) Das Landesarbeitsgericht hat sich zwar zutreffend gegen eine retrospektive Betrachtung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens gewandt, daraus aber nicht die richtigen Schlüsse gezogen.

aa) Bei der Anpassungsprüfung nach § 16 BetrAVG kommt es nicht auf die frühere, sondern auf die voraussichtliche künftige Leistungsfähigkeit des Unternehmens an. Die zurückliegende Entwicklung liefert lediglich die benötigten Anhaltspunkte für die langfristig zu erstellende Prognose. Die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens in der Zeit vor dem Anpassungsstichtag ist nur insoweit von Bedeutung, als daraus Schlüsse für die weitere Entwicklung des Unternehmens gezogen werden können (BAG 23. April 1985 - 3 AZR 156/83 - BAGE 48, 272, 281; 17. April 1996 - 3 AZR 56/95 - BAGE 83, 1, 4). Besondere Entwicklungen, die nicht fortwirken und sich voraussichtlich nicht wiederholen werden, eignen sich nicht als Prognosegrundlage.

bb) Dies führt dazu, daß bei den Verlustvorträgen zwischen den zu erwartenden Betriebsergebnissen und der zu erwartenden Eigenkapitalausstattung zu unterscheiden ist. Trotz positiver Betriebsergebnisse kann die Eigenkapitalausstattung wegen früher eingetretener Substanzeinbußen unzureichend sein und deshalb die erforderliche Belastbarkeit des Unternehmens vorerst fehlen. Der Arbeitgeber kann die Anpassung der Betriebsrenten ablehnen, wenn er davon ausgehen darf, daß der Eigenkapitalmangel jedenfalls bis zum nächsten Anpassungsstichtag fortbesteht.

b) Die Beklagte hat nicht zwischen der Wiedererlangung des verlorenen Eigenkapitals und einer angemessenen Eigenkapitalverzinsung unterschieden. Sie macht eine Verzinsung für nicht mehr vorhandenes Eigenkapital geltend und meint, eine angemessene Eigenkapitalverzinsung komme erst in Betracht, wenn die Eigenkapitaleinbußen ausgeglichen seien. Diese Auffassung ist unrichtig. Sie würde dazu führen, daß die unternehmerischen Risiken einseitig auf die Versorgungsberechtigten verlagert würden. Von einer "angemessenen Eigenkapitalverzinsung" ließe sich nicht mehr sprechen, zumal dem Arbeitgeber für die unternehmerischen Risiken zusätzlich zum Basiszins ein Risikozuschlag zugebilligt wird.

c) Die in den Jahren 1995 bis 1997 erzielten Gewinne ermöglichten der Beklagten eine angemessene Eigenkapitalverzinsung. Ob mit derartigen Gewinnen auch in Zukunft zu rechnen war, kann dahinstehen, weil die Beklagte bis zum nächsten Anpassungsstichtag von einer unzureichenden Eigenkapitalausstattung ausgehen durfte.

aa) Bei der Berechnung der Eigenkapitalverzinsung ist einerseits auf die Höhe des Eigenkapitals, andererseits auf das erzielte Betriebsergebnis abzustellen. Beide Bemessungsgrundlagen sind ausgehend von den handelsrechtlichen Jahresabschlüssen nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu bestimmen (vgl. BAG 17. April 1996 - 3 AZR 56/95 - BAGE 83, 1, 10).

(1) Für die angemessene Eigenkapitalverzinsung kommt es auf das tatsächlich vorhandene Eigenkapital im Sinne des § 266 Abs. 3 Buchst. A HGB an. Dazu zählen nicht nur das gezeichnete Kapital (Stammkapital) und die Kapitalrücklage, sondern auch Gewinnrücklagen, Gewinn-/Verlustvorträge und Jahresüberschuß/Jahresfehlbetrag. Der handelsrechtliche Eigenkapitalbegriff trägt betriebswirtschaftlichen Überlegungen Rechnung. Die in den Verlustvorträgen festgehaltenen früheren Fehlbeträge mindern das Eigenkapital. Das unternehmerische Verlustrisiko wird bei der Eigenkapitalverzinsung durch den Risikozuschlag ausreichend berücksichtigt. Dem Arbeitgeber können nicht darüber hinaus zu Lasten der Betriebsrentner Zinsen für verlorenes Eigenkapital zugebilligt werden.

(2) Außerordentliche Erträge, die durch die Auflösung stiller Reserven bei der Veräußerung von Anlagevermögen entstehen, erhöhen das bilanzierte Eigenkapital und sind insoweit zu berücksichtigen. Nach dem Niederstwertprinzip sind Vermögensgegenstände höchstens mit den Anschaffungs- und Herstellungskosten anzusetzen (§ 253 Abs. 1 Satz 1 HGB). Bei Vermögensgegenständen des Anlagevermögens sind außerplanmäßige Abschreibungen vorzunehmen, wenn eine voraussichtlich dauernde Wertminderung eintritt (§ 253 Abs. 2 Satz 1 HGB). Diese Regelung entspricht kaufmännischer Vorsicht, begrenzt den ausschüttungsfähigen Gewinn und dient unter anderem dem Gläubigerschutz. Solange der Vermögensgegenstand nicht veräußert ist, sind Werte über die Anschaffungs- und Herstellungskosten spekulativ. Selbst bei Grundstücken kann bis zu ihrer Veräußerung nicht unterstellt werden, daß Wertsteigerungen erhalten bleiben. Die letzten Jahre haben eindrucksvoll gezeigt, daß der Immobilienmarkt von Wertschwankungen nicht verschont bleibt. Mit der Veräußerung werden jedoch die Wertsteigerungen realisiert und stehen nunmehr als Eigenkapital dauerhaft zur Verfügung.

(3) Da sich das Eigenkapital während des Geschäftsjahres ständig verändert, kann weder das zu Beginn des Geschäftsjahres vorhandene noch das am Ende des Geschäftsjahres erreichte Eigenkapital zugrunde gelegt werden. Vielmehr ist von einem Durchschnittswert auszugehen (BAG 23. Mai 2000 - 3 AZR 146/99 - zur Veröffentlichung vorgesehen). Das Eigenkapital zu Beginn und Ende des Geschäftsjahres ist zu addieren und anschließend zu halbieren.

(4) Soweit es auf den Unternehmenserfolg und damit auf die Betriebsergebnisse ankommt, ist von den in den handelsrechtlichen Jahresabschlüssen ausgewiesenen Überschüssen und Fehlbeträgen auszugehen (BAG 14. April 1996 - 3 AZR 56/95 - BAGE 83, 1, 10). Allerdings sind die betriebswirtschaftlich gebotenen Korrekturen vorzunehmen. Dies gilt nicht nur für die in den Bilanzen enthaltenen Scheingewinne (vgl. BAG 23. April 1985 - 3 AZR 548/82 - BAGE 48, 284, 293; 17. April 1996 - 3 AZR 56/95 - aaO), sondern beispielsweise auch für betriebswirtschaftlich überhöhte Abschreibungen. Der Sachvortrag der Parteien enthält jedoch keine Anhaltspunkte für die Notwendigkeit derartiger Korrekturen.

Außerordentliche Erträge sind zwar keine Scheingewinne. Ihr Ausnahmecharakter kann aber bei der Beurteilung der künftigen Ertragsentwicklung nicht außer acht gelassen werden. In der Regel sind außerordentliche Erträge oder Verluste aus den der Prognose zugrunde gelegten früheren Jahresabschlüssen herauszurechnen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn außerordentliche Erträge oder Verluste auch der Höhe nach eine ausreichende Kontinuität aufweisen.

(5) Die angemessene Eigenkapitalverzinsung besteht aus dem Basiszins und einem Zuschlag für das Risiko, dem das im Unternehmen investierte Kapital ausgesetzt ist (BAG 17. April 1996 - 3 AZR 56/95 - BAGE 83, 1, 11). Als Basiszins ist die Umlaufrendite öffentlicher Anleihen heranzuziehen, die den Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes entnommen werden kann und deshalb leicht nachprüfbar ist (BAG 23. Mai 2000 - 3 AZR 146/99 - zur Veröffentlichung vorgesehen). Der Risikozuschlag beträgt einheitlich 2 % (BAG 23. Mai 2000 - 3 AZR 146/99 - zur Veröffentlichung vorgesehen).

(6) Bei der Prognose der künftigen Entwicklung war die Eigenkapitalverzinsung heranzuziehen, die das Unternehmen nach Abschluß der Umstrukturierung bis zum Anpassungsstichtag erzielte. In dieser Zeit erreichte die Beklagte nach den vom Senat entwickelten Berechnungsgrundsätzen eine angemessene Eigenkapitalverzinsung.

 1995maßgebliches Eigenkapital25.415.000,00(= 23.656.000,00 + 27.174.000,00 / 2)
 bilanzierter Jahresüberschuß berichtigt um außerordentliche Erträge3.436.000,00(= 3.518.000,00 - 82.000,00)
 der Prognose zugrunde zu legende Eigenkapitalverzinsung13,52 % 
1996maßgebliches Eigenkapital30.698.500,00(= 27.174.000,00 + 34.223.000,00 / 2)
 bilanzierter Jahresüberschuß berichtigt um außerordentliche Erträge6.972.000,00(= 7.049.000,00 - 77.000,00)
 der Prognose zugrunde zu legende Eigenkapitalverzinsung22,71 % 
1997maßgebliches Eigenkapital38.144.000,00(= 34.223.000,00 + 42.065.000,00 / 2)
 bilanzierter Jahresüberschuß berichtigt um außerordentliche Erträge7.756.000,00(= 7.842.000,00 - 86.000,00)
 der Prognose zugrunde zu legende Eigenkapitalverzinsung20,42%

Die Umlaufrenditen öffentlicher Anleihen beliefen sich im Jahre 1995 auf 6,5 %, im Jahre 1996 auf 5,6 % und im Jahre 1997 auf 5,1 %. Unter Berücksichtigung des Risikozuschlags von 2 % betrug die angemessene Eigenkapitalverzinsung 8,5 % im Jahre 1995, 7,6 % im Jahre 1996 und 7,1 % im Jahre 1997. In diesen drei Jahren erwirtschaftete die Beklagte eine deutlich höhere Eigenkapitalverzinsung.

bb) Das Landesarbeitsgericht hat auf die in den Jahren 1995 bis 1997 erwirtschafteten Erträge abgestellt, ohne näher zu prüfen, ob mit derartigen Betriebsergebnissen auch in Zukunft gerechnet werden konnte. Eine retrospektive Betrachtung ist, wie das Landesarbeitsgericht zunächst richtig erkannt hat, abzulehnen. Entscheidend sind die bis zum nächsten Anpassungsstichtag zu erwartenden Erträge. Dementsprechend kommt es nicht ausschließlich auf die in den letzten drei Jahre vor dem Anpassungsstichtag zu verzeichnenden Gewinne an. Einerseits darf der Arbeitgeber seiner Prognose einen längeren Zeitraum zugrunde legen, wenn er aussagekräftiger ist. Andererseits sind die sich bereits abzeichnenden oder wenigstens mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Veränderungen zu berücksichtigen.

Die Beklagte hat sich auf ungünstige Ergebnisse nach dem Anpassungsstichtag berufen. Die tatsächliche wirtschaftliche Entwicklung nach dem Anpassungsstichtag kann eine frühere Prognose bestätigen oder entkräften. Insoweit sind diese wirtschaftlichen Daten bis zur letzten Tatsachenverhandlung zu berücksichtigen (BAG 17. April 1996 - 3 AZR 56/95 - BAGE 83, 1, 9 f.). Die Beklagte hat allerdings nicht näher dargelegt, mit welcher künftigen Eigenkapitalverzinsung am Anpassungsstichtag 1. Juli 1997 zu rechnen war und worauf diese Prognose beruht. Ebensowenig hat sich die Beklagte mit den Ursachen der Ergebnisverschlechterung näher auseinandergesetzt. Jedenfalls neue Rahmenbedingungen, die am Anpassungsstichtag noch nicht vorhersehbar waren, spielen keine Rolle (BAG 17. April 1996 - 3 AZR 56/95 - BAGE 83, 1, 10).

d) Ob im Zeitpunkt der Anpassungsentscheidung mit einer angemessenen Eigenkapitalverzinsung zu rechnen war, kann offenbleiben. Die Beklagte war zumindest wegen der voraussichtlichen Eigenkapitalentwicklung bis zum nächsten Anpassungsstichtag (1. Juli 2000) nicht ausreichend belastbar. Die eingetretenen Eigenkapitalverluste sind zu berücksichtigen. Sie wirken fort und beeinträchtigen auch die künftige Eigenkapitalausstattung.

aa) Das vorhandene Eigenkapital spiegelt die dem Unternehmer zuzuordnende Vermögenssubstanz wieder und zeigt, inwieweit das Unternehmen Wertzuwächse oder Wertverluste zu verzeichnen hat. Vom Versorgungsschuldner kann nicht verlangt werden, daß er zur Finanzierung einer Betriebsrentenanpassung in die Vermögenssubstanz eingreift (vgl. ua. BAG 9. November 1999 - 3 AZR 420/98 - BAGE 92, 349, 355 mwN). Der Senat hat stets betont, daß die Anpassung eine gesunde wirtschaftliche Entwicklung nicht verhindern und Arbeitsplätze nicht gefährden darf (vgl. ua. BAG 15. September 1977 - 3 AZR 654/76 - BAGE 29, 294, 316; 17. April 1996 - 3 AZR 56/95 - BAGE 83, 1, 10 mwN). Ein wettbewerbsfähiges Unternehmen benötigt genügend Eigenkapital. Zum einen beeinflußt die Eigenkapitalausstattung die Liquidität des Unternehmens und seine Fähigkeit, Krisen zu bewältigen und Verluste zu verkraften (Risikovorsorge). Zum anderen wirkt sich die Eigenkapitalausstattung auf die künftigen Betriebsergebnisse aus. Je mehr Fremdmittel benötigt werden und je höher das Zinsniveau ist, desto stärker schlägt eine Fremdmittelfinanzierung zu Buche. Das Unternehmen der Beklagten kann sich ohne Innovationen und ständige Investitionen jedenfalls kaum auf dem Markt behaupten, worauf auch das von der Beklagten vorgelegte Gutachten der Price Waterhouse GmbH Wirtschaftsprüfergesellschaft vom 14. August 1998 hinweist.

bb) Da der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens entscheidende Bedeutung zukommt, darf der Arbeitgeber nach einer Eigenkapitalauszehrung möglichst rasch für eine ausreichende Eigenkapitalausstattung sorgen und bis dahin von Betriebsrentenerhöhungen absehen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Eigenkapital unter das gezeichnete Kapital absinkt, die Gesellschafter daraufhin eine Kapitalrücklage bilden, die anschließend erzielten Gewinne nicht ausgeschüttet, sondern zur Verbesserung der Eigenkapitalausstattung verwendet werden und trotzdem das gezeichnete Kapital ohne die Kapitalrücklage bis zum nächsten Anpassungsstichtag voraussichtlich nicht erreicht wird.

(1) Unter gezeichnetem Kapital ist nach § 272 Abs. 1 Satz 1 HGB das Kapital zu verstehen, auf das die Haftung der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten einer Kapitalgesellschaft gegenüber den Gläubigern beschränkt ist. Bei einer GmbH wird das gezeichnete Kapital als Stammkapital bezeichnet (§ 42 Abs. 1 GmbHG). Kapitalrücklagen sind unter anderem Zuzahlungen der Gesellschafter in das Eigenkapital (§ 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB). Diese Zuzahlungen können auf freiwilligen Leistungen der Gesellschafter oder auf einer Nachschußpflicht gegenüber der GmbH beruhen (vgl. §§ 26 bis 28, § 42 Abs. 2 GmbHG).

Das Stammkapital ist ohne weitere Prüfung als erforderliches Eigenkapital anzusehen. Dies gilt auch für Kapitalrücklagen, die wegen der Aufzehrung von Stammkapital geschaffen werden. Wie Gewinnrücklagen zu behandeln sind, spielt in diesem Rechtsstreit keine Rolle. Ebenso kann offenbleiben, wie Kapitalrücklagen zu behandeln sind, die auf dem Ausschüttungs-Rückholverfahren ("schütt-aus-hol-zurück") beruhen. Im vorliegenden Fall kann die Kapitalrücklage nicht als ein von der Gesellschaft nicht benötigtes Eigenkapital angesehen werden.

(2) Im Jahre 1991 betrug das Eigenkapital der Beklagten nur noch 24.624.000,00 DM und unterschritt damit das Stammkapital von 37.000.000,00 DM um mehr als 1/3. Obwohl im Jahre 1992 durch zusätzliche Einlagen eine Kapitalrücklage in Höhe von 31.863.000,00 DM gebildet worden war und obwohl in den Jahren 1993 und 1994 allein durch Grundstücksverkäufe stille Reserven in Höhe von 17.613.000,00 DM aufgelöst wurden, sank das Eigenkapital 1993 auf 29.975.000,00 DM und 1994 auf 23.656.000,00 DM. Ohne die Kapitalrücklage wäre das Eigenkapital vollständig aufgezehrt gewesen. Selbst die Grundstücksverkäufe hatten nicht ausgereicht, dies zu verhindern. Trotz erheblicher Gewinne in den Folgejahren erreichte das Eigenkapital 1995 mit 27.174.000,00 DM und 1996 mit 34.223.000,00 DM immer noch nicht das gezeichnete Kapital.

(3) Ab 1997 überstieg das gesamte Eigenkapital zwar das gezeichnete Kapital aber nur wegen der Kapitalrücklage. Die Betriebsrentner können nicht verlangen, daß diese Kapitalrücklage für Betriebsrentenanpassungen eingesetzt wird. Die Gesundung des Unternehmens ist erst dann abgeschlossen, wenn der Verzehr des Stammkapitals ausgeglichen ist. Dies ist der Fall, sobald das Eigenkapital des Unternehmens mindestens ebenso hoch ist wie die Summe aus dem Stammkapital und der aus den zusätzlichen Einlagen gebildeten Kapitalrücklage.

Ob die Unternehmenssubstanz langsam über einen längeren oder schlagartig über einen kürzeren Zeitraum geschmälert wurde, ist unerheblich. Sowohl die Erhaltung als auch die Wiedererlangung der Unternehmenssubstanz sind berechtigte unternehmerische Anliegen im Interesse der Wettbewerbsfähigkeit und zum Schutz von Arbeitsplätzen. Die von der Klägerin verlangte Betriebsrentenanpassung hätte bereits vor der Konsolidierung des Unternehmens eine dauerhafte Belastung geschaffen. § 16 BetrAVG ermöglicht bei späteren Anpassungsprüfungen nur Betriebsrentenerhöhungen, nicht aber Betriebsrentenkürzungen, selbst wenn sich die wirtschaftliche Lage entgegen der früheren Prognose verschlechtert hat.

(4) Die Unternehmen können jedoch nicht zu Lasten der Betriebsrentner die Sanierung verzögern. In diesem Rechtsstreit ist nicht zu entscheiden, wie im einzelnen zu verfahren ist, wenn eine Gesellschaft trotz unzureichender Eigenkapitalausstattung Gewinnausschüttungen vornimmt, während sie die Betriebsrenten nicht anpaßt. Jedenfalls solange das Unternehmen - wie im vorliegenden Fall - auf Gewinnausschüttungen verzichtet und der Wiedererlangung des verlorenen Eigenkapitals Vorrang einräumt, können die Betriebsrentner keine Anpassungen verlangen.

(5) Werden "gleichbleibende Erträge der Beklagten auf der Basis der Jahre 1996 und 1997" und damit jährliche Gewinne von über 7 Mio. DM unterstellt, so ist spätestens nach vier Jahren, also im Jahre 2001, der Eigenkapitalverlust ausgeglichen und die Beklagte zu Betriebsrentenanpassungen verpflichtet. Es käme nicht zu dem von der Klägerin befürchteten Ergebnis, daß eine Anpassungspflicht erst in etwa 40 Jahren entstünde.

Ende der Entscheidung

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