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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 19.05.2005
Aktenzeichen: 3 AZR 31/04
Rechtsgebiete: BetrAVG, TVG, TV für die Arbeiter der Deutschen Bundespost, Versorgungstarifvertrag der Deutschen Bundespost, GG, BGB, BeschFG 1996, ZPO


Vorschriften:

BetrAVG § 1 Auslegung
TVG § 1 Rückwirkung
TV für die Arbeiter der Deutschen Bundespost in der bis zum 30. November 1969 und in der seit dem 1. Dezember 1969 geltenden Fassung
Versorgungstarifvertrag der Deutschen Bundespost in der seit dem 1. Dezember 1969 und in der seit dem 1. Januar 1985 geltenden Fassung § 4
GG Art. 3 Abs. 1
BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag
BeschFG 1996 § 1 Abs. 5
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 256 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

3 AZR 31/04

Verkündet am 19. Mai 2005

In Sachen

hat der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 19. Mai 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Reinecke, die Richter am Bundesarbeitsgericht Kremhelmer und Dr. Zwanziger sowie den ehrenamtlichen Richter Furchtbar und die ehrenamtliche Richterin Perreng für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 18. September 2003 - 11 Sa 240/02 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin eine höhere Zusatzversorgung verschaffen muss.

Die Klägerin wurde von der Beklagten am 6. Oktober 1969 "bis zum Wiedereintritt der beurlaubten Arbn G R, längstens bis 28.12.1969" eingestellt. Diese Arbeitnehmerin war seit dem 6. Oktober 1969 in Mutterschaftsurlaub. Sie entband später als prognostiziert. Dadurch verschob sich das Ende der Mutterschutzfrist vom 28. Dezember 1969 auf den 16. Januar 1970. Frau R kündigte ihr Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 15. Dezember 1969 zum 16. Januar 1970. In ihrer Personalakte wurde am 13. Januar 1970 vermerkt, dass sie zum 16. Januar 1970 freiwillig ausscheide und die Klägerin ab 17. Januar 1970 ständige Kraft werde. Ab 17. Januar 1970 wurde die Klägerin in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen und ab 12. Januar 1970 bei der Versorgungsanstalt der Deutschen Bundespost (VAP) versichert.

Beide Parteien sind tarifgebunden. Bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages galt § 24 des Tarifvertrages für die Arbeiter der Deutschen Bundespost (TVArb) vom 6. Januar 1955. Nach dieser Vorschrift musste "der Arbeiter Mitglied der Versorgungsanstalt der Deutschen Bundespost nach Maßgabe der jeweils geltenden Satzung werden". Die Verpflichtung zur Mitgliedschaft konnte nach § 17 Abs. 2 der Satzung der Versorgungsanstalt der Deutschen Post (VAP-Satzung) vom 21. April 1949 (AmtsblVf. Nr. 280/1949) für bestimmte Gruppen von Beschäftigten durch die oberste Verwaltung der Deutschen Post ausgeschlossen werden. Von dieser Möglichkeit hat der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen Gebrauch gemacht. Seine Verfügung (AmtsblVf. Nr. 630/1959 idF der AmtsblVf. Nr. 172/1966) lautete auszugsweise:

"...

Auf Grund des § 17 Abs. 2 der VAP-Satzung schließe ich ... nur für kurzfristige Beschäftigung eingestellten Personen von der Pflichtversicherung bei der Versorgungsanstalt der Deutschen Bundespost aus.

Im einzelnen wird hierzu bestimmt:

1. Eine kurzfristige Beschäftigung liegt vor, wenn die Beschäftigung im Laufe eines Jahres seit ihrem Beginn auf nicht mehr als drei Monate oder insgesamt 75 Arbeitstage nach der Natur der Sache beschränkt zu sein pflegt oder im voraus durch Arbeitsvertrag beschränkt ist.

2. Wird das Arbeitsverhältnis einer für kurzfristige Beschäftigung eingestellten Person über die unter 1. angegebene Zeitdauer hinaus fortgesetzt, tritt von der Überschreitung an Versicherungspflicht ein. ..."

Am 1. Dezember 1969 traten geänderte Versorgungsregelungen in Kraft. § 24 TVArb wurde wie folgt gefasst:

"Der Arbeiter ist bei der Versorgungsanstalt der Deutschen Bundespost nach Maßgabe des Versorgungstarifvertrags der DBP in seiner jeweiligen Fassung zu versichern."

Ausnahmen von der Pflicht zur Versicherung waren in § 4 Abs. 1 des Versorgungstarifvertrages (VersTV) wie folgt geregelt:

"Ein Arbeitnehmer kann nicht versichert werden, wenn sein Arbeitsverhältnis voraussichtlich nicht länger als sechs Monate dauert. Wird das Arbeitsverhältnis über diesen Zeitraum hinaus mit einer arbeitsvertraglichen Wochenarbeitszeit mit mindestens der Hälfte der jeweils geltenden regelmäßigen Wochenarbeitszeit fortgesetzt, beginnt die Pflicht zur Versicherung nach Ablauf von sechs Kalendermonaten, in denen die arbeitsvertragliche Wochenarbeitszeit den vorbezeichneten Mindestumfang ohne Unterbrechung erreicht oder überschritten hat. ..."

Durch den am 1. Januar 1985 in Kraft getretenen Tarifvertrag Nr. 376 vom 10. August 1984 wurde § 4 Abs. 1 Satz 2 VersTV wie folgt gefasst:

"Wird das Arbeitsverhältnis über diesen Zeitraum hinaus verlängert oder fortgesetzt, ist der Arbeitnehmer bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen vom Beginn des Arbeitsverhältnisses an zu versichern."

Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 13. September 1989 mit, dass der Beginn sowohl ihrer Dienstzeit als auch ihrer Postdienstzeit auf den 6. Oktober 1969 festgesetzt worden sei und demzufolge ihr Arbeitsverhältnis am 6. Oktober 1989 unkündbar sei.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass sie von der Beklagten so gestellt werden müsse, als wäre sie bereits seit dem 6. Oktober 1969 bei der VAP versichert. Die Voraussetzungen der eng auszulegenden Ausnahmevorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 1 VersTV (aF) seien nicht erfüllt. Bereits bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages sei absehbar gewesen, dass die Stelle der vertretenen Arbeitnehmerin nach Ablauf der Mutterschaftsfrist frei werde und dementsprechend das Arbeitsverhältnis voraussichtlich länger als sechs Monate dauern werde. Zumindest ergebe sich ihr Verschaffungsanspruch aus dem am 1. Januar 1985 in Kraft getretenen § 4 Abs. 1 Satz 2 VersTV (nF). Sie sei nach dieser Vorschrift rückwirkend vom Beginn der arbeitsvertraglichen Beziehungen an zu versichern. Die Nachversicherungspflicht gelte für alle Arbeitsverhältnisse, die am 1. Januar 1985 bestanden hätten. Die Neuregelung enthalte keine Einschränkung der Nachversicherungspflicht. Beginne die Versicherungspflicht wie geltend gemacht nicht nach dem 30. November 1969, sondern bereits am 6. Oktober 1969, so belaufe sich die erreichbare Gesamtversorgung auf 1.441,84 Euro statt auf 1.114,62 Euro.

Die Klägerin hat beantragt

festzustellen, dass sie von der Beklagten hinsichtlich der Versorgung nach dem Versorgungstarifvertrag der Deutschen Bundespost (VAP) so zu stellen ist, als sei sie seit dem 6. Oktober 1969 ununterbrochen bei der Beklagten beschäftigt gewesen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Klägerin stehe der geltend gemachte Verschaffungsanspruch nicht zu. Aus § 4 Abs. 1 Satz 1 VersTV (aF) ergebe sich nur dann eine Versicherungspflicht, wenn der Arbeitgeber mit hoher Wahrscheinlichkeit, wenn nicht sogar mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsse, das Arbeitsverhältnis werde länger als sechs Monate dauern. Dies sei nicht der Fall gewesen. § 4 Abs. 1 Satz 2 VersTV (nF) sei nicht anwendbar. Die Nachversicherungspflicht gelte erst seit dem 1. Januar 1985. Eine Rückwirkung dieser Nachversicherungspflicht sei nicht vorgesehen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr bisheriges Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Voorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Der Klägerin steht der geltend gemachte Verschaffungsanspruch nicht zu.

I. Die Feststellungsklage ist zulässig.

1. Der Klageantrag ist zwar missverständlich formuliert, aber auslegungsfähig.

Die Klägerin hat begehrt, versorgungsrechtlich so gestellt zu werden, "als sei sie seit dem 6. Oktober 1969 ununterbrochen bei der Beklagten beschäftigt gewesen". Die Parteien sind sich darüber einig, dass zwischen ihnen seit dem 6. Oktober 1969 ununterbrochen arbeitsvertragliche Beziehungen bestehen. Sie streiten darüber, ob der am 6. Oktober 1969 abgeschlossene befristete Arbeitsvertrag eine Verpflichtung der Beklagten begründete, die Klägerin ab 6. Oktober 1969 bei der VAP zu versichern. Die Klägerin möchte, wie sich ihrem Vorbringen zweifelsfrei entnehmen lässt, gerichtlich klären lassen, dass sie bei der Beklagten seit dem 6. Oktober 1969 in einem versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis stand und ihr die Beklagte eine entsprechend höhere Betriebsrente nach den tarifvertraglichen Versorgungsregelungen zu verschaffen hat.

2. Der Feststellungsantrag genügt den prozessrechtlichen Anforderungen. Er ist hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Verschaffungsanspruch soll dem Grunde nach geklärt werden. Der Zeitraum, für den die Verschaffung begehrt wird, ist genau bezeichnet.

Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben, obwohl der Versorgungsfall noch nicht eingetreten ist. Für die Versorgungsanwärter ist es wichtig, dass die Ausgestaltung ihrer Versorgungsrechte möglichst vor Eintritt des Versorgungsfalles gerichtlich geklärt wird (vgl. ua. BAG 18. September 2001 - 3 AZR 689/00 - BAGE 99, 92, 95 f.). Sie benötigen eine gesicherte Grundlage für die Prüfung, ob und in welchem Umfang mit Versorgungslücken zu rechnen ist, und für die sich daran anschließende Entscheidung, welche Vorsorge für den Ruhestand in ihrer Lage sinnvoll und geboten ist.

3. Gegenstand der Feststellungsklage ist ein Verschaffungsanspruch, der sich aus einer am 6. Oktober 1969 beginnenden Versicherungspflicht ergeben soll. Auf später einsetzende Versicherungspflichten ist die Klageforderung nicht gestützt. Folgerichtig hat das Arbeitsgericht die Klage in vollem Umfang abgewiesen, obwohl es in den Entscheidungsgründen eine Versicherungspflicht ab dem 16. Dezember 1969 bejaht hat. Dies hat die Klägerin im Berufungsverfahren nicht gerügt. Sie hat vielmehr bei der Ablehnung eines Vergleichsvorschlags der Beklagten darauf hingewiesen, dass es sich auf ihre Versorgung nicht auswirke, wenn die Versicherungspflicht auf einen Zeitpunkt nach dem 30. November 1969 vorverlegt werde. Nur eine bis zu diesem Stichtag einsetzende Pflichtversicherung sei für die Klägerin von Interesse.

II. Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, der Klägerin die Zusatzversorgung zu verschaffen, die ihr zustünde, wenn sie bereits ab dem 6. Oktober 1969 bei der VAP versichert worden wäre. Ab diesem Zeitpunkt und jedenfalls für die Zeit bis zum 30. November 1969 bestand keine Versicherungspflicht.

1. Bis zum 30. November 1969 galt § 24 TVArb vom 6. Januar 1955 iVm. der VAP-Satzung vom 21. April 1949 (AmtsblVf. Nr. 280/1949). Nach § 24 TVArb mussten die Arbeiter "nach Maßgabe der jeweils geltenden Satzung" Mitglieder der VAP werden. Diese Tarifvorschrift sorgte dafür, dass die satzungsrechtliche und die tarifvertragliche Versicherungspflicht übereinstimmen. Die Voraussetzungen der Versicherungspflicht waren der VAP-Satzung zu entnehmen. Nach § 17 Abs. 2 der VAP-Satzung konnte die oberste Verwaltung der Deutschen Post für bestimmte Gruppen von Beschäftigten die Verpflichtung zur Mitgliedschaft bei der VAP ausschließen. Auf Grund dieser Regelung verfügte der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen, dass er die "nur für kurzfristige Beschäftigung eingestellten Personen" von der Pflichtversicherung bei der VAP ausschließe. Hierzu bestimmte er, dass eine kurzfristige Beschäftigung vorliegt, wenn die Beschäftigung im Laufe eines Jahres seit ihrem Beginn auf nicht mehr als drei Monate oder insgesamt 75 Arbeitstage nach der Natur der Sache beschränkt zu sein pflegt oder im Voraus durch Arbeitsvertrag beschränkt ist. Die zweite Alternative stellt auf die im Arbeitsvertrag getroffenen Vereinbarungen ab. Darunter fallen befristete Arbeitsverträge mit einer Laufzeit bis zu drei Monaten oder insgesamt 75 Arbeitstagen im Jahr. Dieser Ausnahmetatbestand begegnet keinen rechtlichen Bedenken (vgl. dazu BAG 27. Januar 1998 - 3 AZR 415/96 - AP BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 45 = EzA BetrAVG § 1 Zusatzversorgung Nr. 7, zu B I 4 der Gründe). Seine Voraussetzungen waren erfüllt.

a) Die Klägerin war zur Vertretung einer in Mutterschaftsurlaub befindlichen Arbeitnehmerin für die Zeit vom 6. Oktober 1969 bis längstens 28. Dezember 1969, also für nicht mehr als drei Monate oder 75 Arbeitstage befristet eingestellt worden. Ein wirksam befristetes Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf des vereinbarten Endtermins automatisch ohne Kündigung, so dass die Dauer der Beschäftigung durch Arbeitsvertrag im Voraus beschränkt ist.

Die Befristung des Arbeitsverhältnisses war wirksam. Im vorliegenden Fall kann offen bleiben, ob die dreiwöchige Klagefrist des § 1 Abs. 5 BeschFG idF des Arbeitsrechtlichen BeschFG vom 25. September 1996 (BGBl. I S. 1476) am 21. Oktober 1996 auch für die Klägerin abgelaufen war (vgl. dazu BAG 20. Januar 1999 - 7 AZR 93/98 - BB 1999, 322 f., zu II 2 der Gründe) und deshalb nach § 7 KSchG iVm. § 1 Abs. 5 BeschFG 1996 die Wirksamkeit der Befristung fingiert wird. Ebenso kann dahinstehen, ob die Klägerin ihr Recht verwirkt hat, eine Unwirksamkeit der Befristung gerichtlich geltend zu machen. Bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages am 6. Oktober 1969 und bis zum vereinbarten Ende des Arbeitsverhältnisses hing die Wirksamkeit der Befristung davon ab, ob die kündigungsrechtlichen Schutzvorschriften objektiv umgangen werden konnten (BAG 12. Oktober 1960 - GS 1/59 - BAGE 10, 65, 70 ff., zu C der Gründe; seither ständige Rechtsprechung). Die Befristung war nur dann unzulässig, wenn der durch zwingende Kündigungsschutzbestimmungen gewährleistete Bestandsschutz des Arbeitsverhältnisses vereitelt wurde und dafür kein sachlich gerechtfertigter Grund vorlag. Eine Befristungskontrolle kam jedoch nicht in Betracht, wenn zwingende Bestandsschutzvorschriften nicht berührt wurden (BAG 11. November 1982 - 2 AZR 552/81 - AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 71 = EzA BGB § 620 Nr. 61, zu B II 1 der Gründe). Im vorliegenden Fall konnte der allgemeine Kündigungsschutz durch den befristeten Arbeitsvertrag vom 6. Oktober 1969 nicht umgangen werden, weil die Befristungsdauer sechs Monate nicht überschritt und die Klägerin bei Ablauf des Arbeitsvertrages die Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG noch nicht erreichte. Für die Umgehung anderer Kündigungsschutzbestimmungen gibt es keine Anhaltspunkte.

b) Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den vereinbarten Beendigungszeitpunkt hinaus löste nach der Verfügung des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen (AmtsblVf. Nr. 630/1959 idF der AmtsblVf. Nr. 172/1966) keine Nachversicherungspflicht aus. Erst mit der Überschreitung des für eine kurzfristige Beschäftigung vorgesehenen Zeitraums trat die Versicherungspflicht ein.

2. § 24 TVArb idF des Tarifvertrages Nr. 263b vom 16. Oktober 1969 iVm. dem Versorgungstarifvertrag vom 16. Oktober 1969 verpflichtet die Beklagte nicht dazu, die Klägerin vor dem 1. Dezember 1969 bei der VAP zu versichern. Der Versorgungstarifvertrag und die damit verbundene Änderung des § 24 TVArb sind am 1. Dezember 1969 in Kraft getreten (§ 14 VersTV und § 4 des Tarifvertrages Nr. 263b). Die Pflicht zur Versicherung ergab sich bis einschließlich 30. November 1969 aus den bis dahin geltenden Regelungen des § 24 TVArb iVm. der VAP-Satzung. Eine rückwirkende Versicherungspflicht sahen weder der VersTV vom 16. Oktober 1969 noch die VAP-Satzung vom 20. November 1969 vor.

Da eine nach dem 30. November 1969 eingetretene Versicherungspflicht nicht vom Streitgegenstand der vorliegenden Klage umfasst wird, kommt es nicht darauf an, wie die Ausnahmevorschrift des § 4 Abs. 1 VersTV vom 16. Oktober 1969 auszulegen ist.

3. Auch § 4 Abs. 1 Satz 2 VersTV in der seit dem 1. Januar 1985 geltenden Fassung führt nicht zu einer Nachversicherungspflicht für die Zeit vor dem 1. Dezember 1969.

a) § 4 Abs. 1 Satz 2 VersTV in der bis zum 31. Dezember 1984 geltenden Fassung schrieb vor, dass bei einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses die Pflichtversicherung nach Ablauf von sechs Kalendermonaten beginnt. Durch Tarifvertrag Nr. 376 vom 10. August 1984 (Amtsbl. Nr. 130/1984 S. 1588) ist die in § 4 Abs. 1 Satz 2 VersTV geregelte Rechtsfolge geändert worden. Der Arbeitnehmer ist nunmehr "bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen vom Beginn des Arbeitsverhältnisses an zu versichern". Der Änderungstarifvertrag vom 10. August 1984 ist jedoch nach seinem § 2 erst am 1. Januar 1985 in Kraft getreten. Die Neuregelung sieht zwar eine Nachversicherung vor. Dies ändert aber nichts daran, dass die für die Nachversicherung maßgeblichen Tatbestandsmerkmale nach dem In-Kraft-Treten der Neuregelung erfüllt sein müssen. Maßgebliches Ereignis für die Rechtsfolge des § 4 Abs. 1 Satz 2 VersTV war sowohl nach der alten wie nach der neuen Fassung die Verlängerung oder Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Dieses Ereignis fand im vorliegenden Fall bereits im Jahre 1969 statt. Ob und ab wann es eine Versicherungspflicht auslöste, ist nach den damals geltenden Versorgungsregelungen zu beurteilen.

b) Der Änderungstarifvertrag vom 10. August 1984 schreibt nicht vor, dass sich die Änderung der Versicherungspflicht auch auf die in der Vergangenheit liegenden Tatbestände erstrecken soll. Eine rückwirkende Schaffung von Versicherungspflichten ist nicht die Regel, sondern die Ausnahme. Wenn die Tarifvertragsparteien atypische Regelungen schaffen wollen, müssen sie dies deutlich zum Ausdruck bringen. Dies ist nicht geschehen.

Für die von der Klägerin angenommene Rückwirkung gibt es keine Anhaltspunkte. Im Gegenteil: Die Rückwirkung würde dazu führen, dass die Beklagte weit zurückliegende Sachverhalte mit erheblichen Verwaltungsaufwand überprüfen müsste. Zudem hätte dies, wie der vorliegende Fall zeigt, zu erheblichen, nur schwer kalkulierbaren Mehrkosten geführt.

Die Klägerin hat gemeint, der am 10. August 1984, etwa 15 Jahre nach Beendigung des befristeten Arbeitsverhältnisses abgeschlossene Änderungstarifvertrag habe rückwirkend eine Versicherungspflicht geschaffen, die dazu führe, dass der Klägerin Besitzstandsregelungen zugute kämen, die für die bis zum 30. November 1969 pflichtversicherten Arbeitnehmer gelten. Eine rückwirkende Regelung mit diesen Folgen wäre sehr ungewöhnlich. Sie kann den Tarifvertragsparteien ohne klare Hinweise im Tarifvertrag nicht unterstellt werden.

c) Eine fehlende Rückwirkung ist entgegen der Ansicht der Klägerin nicht gleichheitswidrig.

aa) Auch die Tarifvertragsparteien haben bei ihrer tariflichen Normsetzung den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu beachten (zu den unterschiedlichen dogmatischen Begründungen der Senate vgl. ua. die Nachweise in 4. April 2000 - 3 AZR 729/98 - AP TVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 2 = EzA BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 19, zu III 2 der Gründe; 30. August 2000 - 4 AZR 563/99 - BAGE 95, 277, 283; 27. Mai 2004 - 6 AZR 129/03 - AP TVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 5 = EzA GG Art. 3 Nr. 101, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu B II 1 der Gründe). Es spricht viel dafür, dass diese Begrenzung der Tarifautonomie auf der Schutzfunktion der Grundrechte beruht (so bereits BAG 27. Mai 2004 - 6 AZR 129/03 - aaO, zu B II 2 der Gründe). Einer abschließenden Stellungnahme bedarf es jedoch im vorliegenden Fall nicht, weil die unterschiedlichen dogmatischen Ansätze nicht zu unterschiedlichen Prüfungsmaßstäben führen (BAG 27. Mai 2004 - 6 AZR 129/03 - aaO, zu B II 3 der Gründe).

bb) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist durch die fehlende Rückwirkung nicht verletzt. Es erscheint mehr als zweifelhaft, ob die Differenzierung zwischen Sachverhalten vor und nach In-Kraft-Treten einer Regelung überhaupt eine Ungleichbehandlung darstellt. Jedenfalls liegen für diese Unterscheidungen sachliche Gründe vor. Für Normen gilt die sog. Zeitkollisionsregel. Spätere Vorschriften lösen frühere mit Wirkung für die Zukunft ab. Rückwirkende Ausweitungen der Verpflichtungen bedürfen ebenso wie rückwirkende Eingriffe in Ansprüche sowohl einer klaren Regelung als auch einer Rechtfertigung. Diese Anforderungen dienen dem Vertrauensschutz und tragen den Interessen beider Vertragsparteien Rechnung. Die fehlende Rückwirkung ist dementsprechend der Regelfall. Auch wenn eine Rückwirkung zulässig wäre, ist der Normgeber hierzu nicht verpflichtet. Werden wie hier durch die Neuregelung Arbeitgeberpflichten erweitert, so stellt das In-Kraft-Treten einen nahe liegenden sachgerechten Stichtag zur Begrenzung der finanziellen Belastungen dar.

4. Auch die VAP-Satzung enthält keine Bestimmung, aus der sich eine Verpflichtung der Beklagten herleiten ließe, die Klägerin vor dem 1. Dezember 1969 rückwirkend bei der VAP zu versichern. Welche rechtliche Bedeutung einer derartigen vom Versorgungstarifvertrag abweichenden Satzungsbestimmung zukäme, kann dahinstehen.

Ende der Entscheidung

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