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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 17.10.2000
Aktenzeichen: 3 AZR 359/99
Rechtsgebiete: 1. RGG Hamburg, SGB V, SGB X, GG


Vorschriften:

Erstes Hamburger Ruhegeldgesetz (1. RGG) § 1 Abs. 1
Erstes Hamburger Ruhegeldgesetz (1. RGG) § 12 Abs. 1
SGB V § 50 Abs. 1
SGB X § 103 Abs. 1 und 2
GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 20 Abs. 3
Leitsätze:

Solange der Versorgungsberechtigte Krankengeld erhält, ruht nach § 12 Abs. 1 Satz 5 des Ersten Hamburger Ruhegeldgesetzes sein Betriebsrentenanspruch wegen Erwerbsunfähigkeit. Unerheblich ist es, daß der Rentenversicherungsträger die von ihm rückwirkend bewilligte Erwerbsunfähigkeitsrente mit dem für denselben Zeitraum gezahlten Krankengeld verrechnet (§ 107 Abs. 1 iVm. § 103 Abs. 1 und 2 SGB X). Da dem Versorgungsberechtigten nach § 50 Abs. 1 Satz 2 SGB V auch der überschießende Betrag des Krankengeldes verbleibt, fehlt der Versorgungsbedarf.

Hinweise des Senats:

Die Ruhensregelung des § 12 Abs. 1 Satz 5 des 1. RGG ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Aktenzeichen: 3 AZR 359/99

Bundesarbeitsgericht 3. Senat Urteil vom 17. Oktober 2000 - 3 AZR 359/99 -

I. Arbeitsgericht Hamburg Urteil vom 16. September 1998 - 9 Ca 255/98 -

II. Landesarbeitsgericht Hamburg Urteil vom 5. Mai 1999 - 4 Sa 87/98 -


BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

3 AZR 359/99 4 Sa 87/98

Verkündet am 17. Oktober 2000

der Geschäftsstelle

In Sachen

Beklagte, Berufungsbeklagte und Revisionsklägerin,

pp.

Klägerin, Berufungsklägerin und Revisionsbeklagte,

hat der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 17. Oktober 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Reinecke, die Richter am Bundesarbeitsgericht Kremhelmer und Bepler, die ehrenamtliche Richterin Frehse und den ehrenamtlichen Richter Dr. Kaiser für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 5. Mai 1999 - 4 Sa 87/98 - aufgehoben.

2. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 16. September 1998 - 9 Ca 255/98 - wird zurückgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung und Revision zu tragen.

Von Rechts wegen !

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ab wann die Beklagte der Klägerin Ruhegeld zu zahlen hat.

Die am 14. Mai 1948 geborene Klägerin war bis zum Eintritt des Versorgungsfalles bei der Beklagten, einer Anstalt des öffentlichen Rechts, beschäftigt. Die Parteien vereinbarten, daß der Klägerin eine Versorgung nach den Bestimmungen des Ersten Hamburger Ruhegeldgesetzes (1. RGG) zustehe. § 12 Abs. 1 des 1. RGG regelt den Beginn der Ruhegeldzahlungen wie folgt:

"Die Zahlung des Ruhegeldes beginnt bei Arbeitnehmern, die wegen Erreichens einer Altersgrenze (§ 2 Absatz 1) ausscheiden, mit dem Tag nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses. Im Falle der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit (§ 5) beginnt die Zahlung mit dem Zeitpunkt des Beginns der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. In den Fällen des § 5 Absatz 2 Satz 2 beginnt die Ruhegeldzahlung mit dem im ärztlichen Gutachten angegebenen Tag der abschließenden Untersuchung. ... Sind über den in den Sätzen 2 und 3 bestimmten Zeitpunkt hinaus Bezüge (Arbeitsentgelt, Krankenlohn, Urlaubslohn oder Urlaubsvergütung) oder im Anschluß daran Krankengeld oder Übergangsgeld gezahlt worden, beginnt die Zahlung des Ruhegeldes mit dem Tag nach Ablauf dieser Zahlung."

Vom 13. August 1996 bis zum 13. Januar 1997 erhielt die Klägerin von der Betriebskrankenkasse Krankengeld. Mit Bescheid vom 6. Januar 1997 bewilligte ihr die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte ab 1. September 1996 eine Erwerbsunfähigkeitsrente. Das nach Eintritt der Erwerbsunfähigkeit gezahlte Krankengeld wurde "zur Erfüllung eines eventuellen Erstattungsanspruchs der Krankenkasse nach § 103 SGB X in Verbindung mit § 50 SGB V mit der Rentennachzahlung verrechnet". Die Beklagte gewährte der Klägerin ab 14. Januar 1997 Ruhegeld wegen Erwerbsunfähigkeit.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, daß ihr nach § 12 Abs. 1 des 1. RGG bereits ab dem 1. September 1996 das Ruhegeld zustehe. Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

festzustellen, daß ihr Ruhegeld beginnend mit dem 1. September 1996 bis zum 13. Januar 1997 zu bewilligen sei.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, nach § 12 Abs. 1 Satz 5 des 1. RGG beginne die Zahlung des Ruhegelds erst nach Einstellung der Krankengeldzahlungen und deshalb ab dem 14. Januar 1997.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht der Klage stattgegeben. Die Beklagte möchte mit ihrer Revision die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erreichen.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Urteil des Arbeitsgerichts ist wiederherzustellen. Es hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, der Klägerin für die Zeit vor dem 14. Januar 1997 Ruhegeld zu zahlen. Solange die Klägerin Krankengeld erhielt, ruhte nach § 12 Abs. 1 Satz 5 des 1. RGG ihr Betriebsrentenanspruch. Unerheblich ist es, daß die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte die rückwirkend bewilligte Erwerbsunfähigkeitsrente mit dem für denselben Zeitraum gewährten Krankengeld verrechnete. Die vom Landesarbeitsgericht vertretene einschränkende Auslegung des § 12 Abs. 1 Satz 5 des 1. RGG läßt sich weder mit dem Gesetzeswortlaut und der Gesetzessystematik noch mit dem Regelungszweck vereinbaren und widerspricht auch der Entstehungsgeschichte der Vorschrift.

1. Die Anspruchsvoraussetzungen und der Zahlungsbeginn des Ruhegeldes sind auf das gesetzliche Renten- und Krankenversicherungsrecht abgestimmt. Nach § 5 Abs. 1 des 1. RGG tritt der Versorgungsfall der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit unter denselben Voraussetzungen und im selben Zeitpunkt wie in der gesetzlichen Rentenversicherung ein. Das Ruhegeld ist jedoch nicht stets ab Eintritt des Versorgungsfalles zu zahlen. Die Voraussetzungen für das Bestehen eines Ruhegeldanspruchs und der Zahlungsbeginn sind voneinander zu unterscheiden.

Die Voraussetzungen des Ruhegeldanspruchs sind in den §§ 2 bis 5 des 1. RGG, die Höhe des Ruhegeldes in §§ 6 bis 10 des 1. RGG und der Zahlungsbeginn in § 12 des 1. RGG geregelt. Nach § 12 Abs. 1 Satz 2 des 1. RGG ist zwar den Arbeitnehmern grundsätzlich ab dem Zeitpunkt Ruhegeld zu zahlen, ab dem ihnen die Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zusteht. Dieser Grundsatz gilt aber nicht uneingeschränkt. Nach § 12 Abs. 1 Satz 5 des 1. RGG setzt die Zahlung des Ruhegeldes nicht mit Eintritt der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit ein, wenn die Versorgungsberechtigten über diesen Zeitpunkt hinaus Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis (Arbeitsentgelt, Krankenlohn oder Urlaubsvergütung) oder die Lohnersatzleistungen Kranken- oder Übergangsgeld erhalten haben. Erst nach Ablauf dieser Leistungen ist Ruhegeld zu gewähren. § 12 Abs. 1 Satz 5 des 1. RGG beschränkt sich nicht darauf, eine Anrechnung des Kranken- oder Übergangsgeldes vorzuschreiben, sondern schiebt den Zahlungsbeginn hinaus.

2. Der Ruhenstatbestand des § 12 Abs. 1 Satz 5 des 1. RGG setzt voraus, daß Kranken- oder Übergangsgeld "gezahlt" worden sind. Dem Landesarbeitsgericht ist insoweit zu folgen, als es lediglich Leistungen, die der Versorgungsberechtigte nicht zurückerstatten muß, als Zahlung im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 5 des 1. RGG angesehen hat. Nur eine dem Versorgungsberechtigten verbleibende anderweitige Leistung rechtfertigt es, den Zahlungsbeginn des Ruhegeldes hinauszuschieben. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts ist diese Voraussetzung jedoch erfüllt, denn die Klägerin behielt das ihr gezahlte Krankengeld. Das Landesarbeitsgericht hat § 50 SGB V und §§ 103, 107 SGB X nicht richtig gewürdigt.

a) Auch bei einer rückwirkenden Bewilligung der Erwerbsunfähigkeitsrente endet nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB V mit dem Beginn dieser Rente der Anspruch auf Krankengeld. Der rückwirkende Ausschluß des Krankengeldanspruchs löst aber für den Überschneidungszeitraum keine Erstattungspflicht des Arbeitnehmers, sondern nach § 103 Abs. 1 SGB X lediglich eine Erstattungspflicht des Rentenversicherungsträgers gegenüber der Krankenkasse aus. Deren Höhe ist nach § 103 Abs. 2 SGB X durch das begrenzt, was der erstattungspflichtige Rentenversicherungsträger selbst hätte erbringen müssen (vgl. BSG 22. Mai 1985 - 1 RA 45/84 - BSGE 58,128, 133; 29. November 1985 - 4a RJ 84/84 - SozR 1300 § 103 Nr. 5). Insoweit galt nach § 107 Abs. 1 SGB X der Anspruch der Klägerin gegen die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte auf Erwerbsunfähigkeitsrente als erfüllt.

Die Krankengeldbezieher erleiden durch die rückwirkende Bewilligung einer Erwerbsunfähigkeitsrente keine finanziellen Einbußen. Die Krankenkasse kann nach § 50 Abs. 1 Satz 2 SGB V den Betrag, um den das Krankengeld die Erwerbsunfähigkeitsrente übersteigt, nicht zurückverlangen. Der Versicherte darf das Krankengeld einschließlich des Spitzenbetrages behalten, weil er auf den regelmäßigen Bezug vertrauen und seinen Verbrauch auf das gezahlte Krankengeld einstellen durfte (vgl. BSG 8. Dezember 1992 - 1 RK 9/92 - BSGE 71, 294, 296 f.).

b) Ausgehend von dieser Rechtslage stellt der Ruhenstatbestand des § 12 Abs. 1 Satz 5 des 1. RGG nicht auf den Bestand des Krankengeldanspruchs, sondern ausdrücklich auf die Krankengeld"zahlung" ab. Ob der Krankengeldanspruch durch die rückwirkende Bewilligung der Erwerbsunfähigkeitsrente nachträglich ganz oder teilweise weggefallen ist, spielt keine Rolle. Entscheidend ist, daß dem versorgungsberechtigten Arbeitnehmer das von der Krankenkasse gewährte Krankengeld unabhängig von der Höhe der Erwerbsunfähigkeitsrente zu belassen ist. Der vom Landesarbeitsgericht geforderte "bleibende Vermögenszuwachs auf Seiten des Empfängers" trat ein.

3. Eine einschränkende Auslegung des § 12 Abs. 1 Satz 5 des 1. RGG läßt sich auch nicht mit dem Zweck dieser Regelung begründen. Der Normzweck darf nicht unterstellt werden, sondern muß sich dem Gesetzestext (Wortlaut und Systematik) entnehmen lassen. Aus den Rechtsfolgen des § 12 Abs. 1 Satz 5 des 1. RGG ergibt sich, daß diese Bestimmung nicht lediglich dazu dient, Über- oder Doppelzahlungen zu verhindern. Dafür hätte eine Anrechnungsvorschrift ausgereicht. § 12 Abs. 1 Satz 5 des 1. RGG hat sich nicht darauf beschränkt, sondern den Zahlungsbeginn hinausgeschoben und einen Ruhenstatbestand geschaffen.

Wie das Arbeitsgericht richtig erkannt hat, besteht nach der dem § 12 Abs. 1 Satz 5 des 1. RGG zugrunde liegenden Vorstellung des Gesetzgebers erst nach Ablauf der Krankengeldzahlungen ein Versorgungsbedarf, der die Gewährung von Ruhegeld geboten erscheinen läßt. Solange der Versorgungsberechtigte Krankengeld erhält und es nicht zurückerstatten muß, verbleiben ihm soziale Leistungen, mit denen sich auch ein aktiver Arbeitnehmer begnügen muß. Diese Leistungen hält der Gesetzgeber für ausreichend, wie die Entstehungsgeschichte des § 12 Abs. 1 Satz 5 des 1. RGG bestätigt. In der Gesetzesbegründung zu dieser Regelung (Bürgerschaftsdrucksache 15/366) heißt es:

"Der Ausschluß von Zeiten, für die Krankengeld oder Übergangsgeld gezahlt worden ist, rechtfertigt sich dadurch, daß Kranken- bzw. Übergangsgeld in seiner Höhe dem Nettoarbeitsentgelt annähernd entspricht, so daß für eine zusätzliche Versorgung kein Bedürfnis besteht."

4. Auch § 1 Abs. 1 des 1. RGG führt nicht zu einer restriktiven Auslegung des § 12 Abs. 1 Satz 5 des 1. RGG. Nach § 1 Abs. 1 des 1. RGG ist das Ruhegeld "ein Zuschuß zu ... Renten, ähnlichen Leistungen, Lohnersatzleistungen und sonstigen Bezügen aus öffentlichen Mitteln". Damit wird die Ergänzungsfunktion des Ruhegeldes klargestellt. Die Betriebsrente ist in ein Gesamtversorgungssystem eingebunden, das auf den Versorgungsbedarf abstellt. Wenn bei einer typisierenden und generalisierenden Betrachtung bereits auf andere Weise für eine ausreichende soziale Absicherung gesorgt ist, steht das Ruhen der Betriebsrente mit Sinn und Zweck der Zusatzversorgung im Einklang.

5. Wie in der Gesetzesbegründung des 1. RGG ausgeführt ist, entspricht das Krankengeld annähernd dem Nettoarbeitsentgelt. Nach § 47 Abs. 1 SGB V beträgt das Krankengeld 70 % des erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelts, darf jedoch 90 % des gemäß § 47 Abs. 2 SGB V berechneten Nettoarbeitsentgelts nicht übersteigen. Da bei erkrankten Arbeitnehmern die berufsbedingten Aufwendungen nicht anfallen, reicht das Krankengeld in der Regel aus, den bisherigen Lebensstandard in etwa aufrechtzuerhalten. Solange der Arbeitnehmer Krankengeld erhalten hat, darf er als ausreichend versorgt angesehen werden. Daran ändert es nichts, daß die im 1. RGG und im SGB V vorgesehenen Grundsätze zur Ermittlung der maßgeblichen Nettovergütung nicht voll übereinstimmen und die Nettogesamtversorgungsobergrenze nach § 10 Abs. 5 des 1. RGG bis zu 91,75 % betragen kann. Etwaige Einbußen schmälern die angestrebte Sicherung des Lebensstandards nicht in einem Umfang, daß ein Hinausschieben des Zahlungsbeginns des Ruhegeldes unangemessen wäre. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, daß vom Krankengeld weder Steuern noch Sozialversicherungsabgaben abgezogen werden (§ 3 Nr. 1 Buchst. a EStG; § 224 Abs. 1 SGB V). Bei der Gesamtversorgung sind dagegen der Ertragsanteil der gesetzlichen Rente und das volle Ruhegeld - abgesehen von Freibeträgen - zu versteuern (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2, § 22 Nr. 1 EStG). Außerdem werden sowohl die gesetzliche Rente als auch das Ruhegeld bei der Bemessung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung berücksichtigt (§ 226 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SGB V, § 57 Abs. 1 SGB XI).

6. Die Ruhensregelung des § 12 Abs. 1 Satz 5 des 1. RGG ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Weder das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) noch der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) sind verletzt.

a) Das Rechtsstaatsprinzip umfaßt das Gebot der Rechtssicherheit. Rechtsvorschriften müssen ausreichend bestimmt sein (vgl. ua. BVerfG 9. Mai 1989 - 1 BvL 35/86 - BVerfGE 80, 103; 9. August 1995 - 1 BvR 2263/94 und 229, 534/95 - BVerfGE 93, 213, 238). Für den Versorgungsberechtigten muß zu erkennen sein, ob sein Ruhegeldanspruch ruht oder nicht ruht. Diesen Anforderungen genügt § 12 Abs. 1 Satz 5 des 1. RGG.

Ob über den Eintritt der rückwirkend festgestellten Erwerbsunfähigkeit hinaus Krankengeld gezahlt wurde, ist eine dem Versorgungsberechtigten bekannte Tatsache. Die Rechtsklarheit wird nicht dadurch beeinträchtigt, daß ein ohne Schwierigkeiten erkennbares Tatbestandsmerkmal von Zufälligkeiten abhängt. Das Bestimmtheitsgebot wäre nur dann verletzt, wenn die Ruhensvoraussetzungen der Einflußnahme der Beklagten unterlägen und dadurch der Zahlungsbeginn einer willkürlichen Handhabung der Versorgungsschuldnerin ausgesetzt wäre. Wann der Rentenversicherungsträger den Rentenbescheid erläßt, liegt jedoch außerhalb der Einflußsphäre der Arbeitgeberin.

b) § 12 Abs. 1 Satz 5 des 1. RGG verstößt auch nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Für diese Ruhensregelung gibt es einleuchtende Gründe. Dem Zweck einer Zusatzversorgung entspricht es, auf den Versorgungsbedarf abzustellen. Dementsprechend ist es sachgerecht, daß die betriebliche Altersversorgung so lange nicht einsetzt, wie der Versorgungsbedarf anderweitig ausreichend gedeckt ist. Auch wenn die anderweitigen Leistungen von Zufälligkeiten abhängen, können sie den Lebensstandard des Versorgungsberechtigten in einem Umfang sichern, daß eine betriebliche Altersversorgung entbehrlich erscheint.



Ende der Entscheidung

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