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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 26.01.1999
Aktenzeichen: 3 AZR 381/97
Rechtsgebiete: BetrAVG, BAT, Satzung Versorgungsanstalt, GG, HRG, EG-Vertrag, BGB, ZPO


Vorschriften:

BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen
BetrAVG § 1 Gleichbehandlung
BAT § 3 Buchst. g
BAT § 46
BAT § 70
Versorgungstarifvertrag § 2 Abs. 1
Versorgungstarifvertrag § 5 Abs. 1
Satzung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder § 26 Abs. 1 Buchst. c
Satzung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder § 38 Abs. 1
GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 9 Abs. 3
HRG § 57 b Abs. 3
EG-Vertrag Art. 48 Abs. 2
BGB § 195
BGB § 196 Abs. 1 Nr. 8
BGB § 198 Satz 1
ZPO § 256 Abs. 1
Leitsatz:

Die Ausschlußvorschrift des § 2 Abs. 1 Versorgungstarifvertrag i.V.m. § 3 Buchst. g BAT ist eng auszulegen. Von der Zusatzversorgung sind nur die Arbeitnehmer ausgenommen, die als Lektoren i.S.d. § 57 b Abs. 3 HRG in einem wirksam befristeten Arbeitsverhältnis beschäftigt werden.

Aktenzeichen: 3 AZR 381/97 Bundesarbeitsgericht 3. Senat Urteil vom 26. Januar 1999 - 3 AZR 381/97 -

I. Arbeitsgericht Trier - 3 Ca 1291/96 - Urteil vom 17. Dezember 1996

II. Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz - 5 Sa 134/97 - Urteil vom 15. Mai 1997


---------------------------------------------------------------------- Für die Amtliche Sammlung: Ja Für die Fachpresse : Ja Für das Bundesarchiv : Nein ----------------------------------------------------------------------

Entscheidungsstichworte: Ausschluß der Lektoren von der Zusatzversorgung

Gesetz: BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen, § 1 Gleichbehandlung; BAT § 3 Buchst. g, §§ 46, 70; Versorgungstarifvertrag § 2 Abs. 1, § 5 Abs. 1; Satzung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder § 26 Abs. 1 Buchst. c, § 38 Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 9 Abs. 3; HRG § 57 b Abs. 3; EG-Vertrag Art. 48 Abs. 2; BGB § 195, § 196 Abs. 1 Nr. 8, § 198 Satz 1; ZPO § 256 Abs. 1

3 AZR 381/97 5 Sa 134/97 Rheinland-Pfalz

Im Namen des Volkes! Urteil

Verkündet am 26. Januar 1999

Kaufhold, Regierungssekretärin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In Sachen

pp.

hat der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26. Januar 1999 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Heither, die Richter Kremhelmer und Bepler sowie die ehrenamtlichen Richter Born und Ludwig für Recht erkannt:

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 15. Mai 1997 - 5 Sa 134/97 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Trier vom 17. Dezember 1996 - 3 Ca 1291/96 - abgeändert:

Es wird festgestellt, daß das beklagte Land verpflichtet ist, der Klägerin die Versorgungsleistungen zu verschaffen, die ihr zustünden, wenn sie für die Zeit vom 13. Oktober 1986 bis zum 31. Juli 1996 bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder versichert worden wäre.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 1/10 und das beklagte Land 9/10 zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin einen Anspruch auf Zusatzversorgung erworben hat.

Die am 22. Juli 1931 im Split geborene Klägerin ist seit 1964 deutsche Staatsangehörige. Sie ist nicht tarifgebunden. Vom 13. Oktober 1986 bis einschließlich 30. September 1996 war sie an einer Universität des beklagten Landes tätig. Zunächst schlossen die Parteien zwei befristete Arbeitsverträge. Der Arbeitsvertrag vom 4. November 1986 war bis zum 30. September 1989 befristet. Die Klägerin wurde mit der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit einer vollbeschäftigten Angestellten als Lektorin "für die Ausbildung in der Fremdsprache Serbokroatisch" beschäftigt. Dieses Angestelltenverhältnis wurde mit Arbeitsvertrag vom 3. Juli 1989 bis zum 30. September 1991 verlängert. Beide Arbeitsverträge verwiesen auf die "Verwaltungsvorschrift über die Beschäftigung von Lektoren an den rheinland-pfälzischen Hochschulen (Lektorenvorschrift) vom 9. September 1981". Nach Nr. 5 der Lektorenvorschrift waren §§ 6 bis 14, 18 bis 21, 26, 27 Abschnitt A Abs. 1, 2, 5 und 6, §§ 29, 34, 36 bis 38, 40 bis 42, 47 bis 52, 57 bis 59, 61 und 70 BAT entsprechend anzuwenden.

Ab 1. Oktober 1991 wurde die Klägerin als "Fachlehrerin für Serbokroatisch (Lehrkraft für besondere Aufgaben gemäß § 55 HochSchG)" in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis halbtags weiterbeschäftigt. In § 2 des Arbeitsvertrages vom 25. Juli 1991 vereinbarten die Parteien, daß sich "das Arbeitsverhältnis nach dem BAT und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung" bestimmen solle. Das beklagte Land versuchte nunmehr, die Klägerin bei der VBL anzumelden. Die VBL lehnte es nach § 26 Abs. 1 Buchst. c ihrer Satzung ab, die Klägerin zu versichern, weil bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres die Wartezeit von 60 Umlagemonaten nicht mehr erfüllt werden konnte. Nach § 60 Abs. 1 BAT hätte das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats geendet, in dem die Klägerin das 65. Lebensjahr vollendete (31. Juli 1996). Am 26. Januar 1996 schlossen die Parteien einen befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit bis zum 30. September 1996. Das Arbeitsverhältnis wurde "zur Abwicklung der Nachbereitung des laufenden Sommersemesters" verlängert.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie müsse so gestellt werden, als wäre sie bei der VBL für die gesamte Dauer der Beschäftigung versichert gewesen. Die Lektoren dürften nicht von den Leistungen der Zusatzversorgung ausgeschlossen werden. § 3 Buchst. g BAT verstoße gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Zudem habe zwischen den Parteien von Anfang an ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden. Die in den Arbeitsverträgen vom 4. November 1986 und 3. Juli 1989 vereinbarten Befristungen seien unwirksam gewesen.

Die Klägerin hat, soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung, beantragt,

es wird festgestellt, daß das beklagte Land verpflichtet ist, der Klägerin ab 1. Oktober 1996 eine Versorgungsrente in der Höhe zu zahlen, wie sie die Klägerin erhalten würde, wenn das beklagte Land für die Beschäftigungszeit vom 13. Oktober 1986 bis zum 31. Juli 1996 Umlagebeiträge zur Zusatzversorgungskasse (VBL) entrichtet hätte,

hilfsweise: es wird festgestellt, daß das beklagte Land verpflichtet ist, die Klägerin so zu stellen, als wäre sie mit Wirkung vom 13. Oktober 1986 bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder versichert.

Die weitergehenden Klageanträge hat sie im Revisionsverfahren zurückgenommen.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Auffassung vertreten, der Klägerin stehe nach § 2 Abs. 1 VersorgungsTV i. V. m. § 3 Buchst. g BAT keine Zusatzversorgung zu. Die Tarifvertragsparteien könnten aufgrund ihrer Tarifautonomie den persönlichen Geltungsbereich der tariflichen Regelungen frei bestimmen. Ihre Entscheidung unterliege keiner arbeitsgerichtlichen Überprüfung. Abgesehen davon gebe es für den Ausschluß der Lektoren bei der gebotenen typisierenden Betrachtung einleuchtende Gründe. Zwischen den Parteien habe erst seit dem 1. Oktober 1991 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden. Die in den Arbeitsverträgen vom 4. November 1986 und 3. Juli 1989 vereinbarten Befristungen seien wirksam gewesen. § 57 b Abs. 3 HRG sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden und insoweit anwendbar, als EG-Recht nicht entgegenstehe. Der Verstoß des § 57 b Abs. 3 Hochschulrahmengesetz (HRG) gegen Art. 48 Abs. 2 EG-Vertrag betreffe nur die Arbeitsverhältnisse mit ausländischen Arbeitnehmern aus EG-Staaten. Für die Arbeitsverhältnisse mit fremdsprachigen Lektoren deutscher Staatsangehörigkeit gelte ausschließlich das nationale Recht.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der Klägerin ist begründet. Das beklagte Land ist verpflichtet, der Klägerin die Versorgungsleistungen zu verschaffen, die ihr zustünden, wenn sie für die Zeit vom 13. Oktober 1986 bis 31. Juli 1996 bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) versichert gewesen wäre.

A. Die noch anhängige Feststellungsklage ist zulässig.

1. Der Antrag ist im Sinne der klarstellenden Urteilsformel auszulegen. Die Klägerin hat von Anfang an zum Ausdruck gebracht, daß es ihr nicht darauf ankommt, wer die Rente bezahlt und wie das beklagte Land seiner Verschaffungspflicht nachkommt.

2. Die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO sind erfüllt. Der Verschaffungsanspruch ist ein Rechtsverhältnis, zumal der Versorgungsfall bereits eingetreten ist. Das erforderliche Feststellungsinteresse besteht, obwohl eine Leistungsklage möglich gewesen wäre (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. u. a. Urteil vom 7. März 1995 - 3 AZR 282/94 - BAGE 79, 236, 239 f. = AP Nr. 26 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung, zu A III 2 b der Gründe und Urteil vom 26. August 1997 - 3 AZR 183/96 - AP Nr. 20 zu § 611 BGB Fleischbeschauer - Dienstverhältnis, zu I der Gründe). Mit der Feststellungsklage wird eine einfache, prozeßwirtschaftlich sinnvolle Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte erreicht. Vor der Klärung der Verschaffungspflicht wird keiner der beiden Parteien zugemutet, die komplizierten Berechnungen durchzuführen. Wenn die Verschaffungspflicht feststeht, hat die Klägerin einen Auskunftsanspruch über die Höhe der ihr zustehenden Zusatzversorgung (BAG Urteil vom 27. Januar 1998 - 3 AZR 415/96 - AP Nr. 45 zu § 1 BetrAVG Zusatzversorgung, zu A III 2 der Gründe).

B. Der Feststellungsantrag ist auch begründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte Versorgungsanspruch zu.

I. Die Versorgungspflicht des beklagten Landes ergibt sich nicht aus den von den Parteien geschlossenen Arbeitsverträgen.

1. Nach den Arbeitsverträgen vom 4. November 1986 und vom 3. Juli 1989 stand der Klägerin für die Beschäftigungszeit vom 13. Oktober 1986 bis einschließlich 30. September 1991 keine Zusatzversorgung zu. Diese Verträge verwiesen auf die Lektorenvorschrift. Sie hatte nur bestimmte tarifvertragliche Regelungen übernommen. § 46 BAT und der Versorgungstarifvertrag waren bewußt ausgeklammert.

2. Nach dem Arbeitsvertrag vom 25. Juli 1991 waren zwar alle Vorschriften des BAT und der Versorgungstarifvertrag anzuwenden. Zu diesem Zeitpunkt konnte aber die Klägerin keinen Versorgungsanspruch mehr erwerben. Nach § 5 Abs. 1 Buchst. b VersorgungsTV ist der Arbeitnehmer nur dann bei der VBL zu versichern, wenn er bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres noch die Wartezeit nach der VBL-Satzung erfüllen kann. Sie beträgt 60 Umlagemonate (§ 38 Abs. 1 VBL-Satzung). Diese Voraussetzungen erfüllte die Klägerin nicht, weil sie bereits das 60. Lebensjahr vollendet hatte. Da es nur auf die bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres erreichbaren Umlagemonate ankommt, ist es unerheblich, ob die Parteien von Anfang an mit einer Weiterbeschäftigung über das 65. Lebensjahr hinaus gerechnet hatten.

II. Die Verschaffungspflicht des beklagten Landes ergibt sich aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Er löst nach § 1 Abs. 1 Satz 4 BetrAVG Versorgungsansprüche aus.

1. Der Arbeitgeber ist zwar nicht verpflichtet, ohne Allgemeinverbindlicherklärung tarifvertragliche Regelungen auf nicht tarifgebundene Arbeitnehmer anzuwenden. In den Arbeitsverträgen vom 4. November 1986 und 3. Juli 1989 wurde aber nur deshalb von der Übernahme aller tarifvertraglichen Regelungen abgesehen, weil die damaligen Beschäftigungen nach Auffassung des beklagten Landes nicht unter den Geltungsbereich des BAT fielen. Wie im öffentlichen Dienst üblich, sorgt das beklagte Land für einheitliche Arbeitsvertragsbedingungen und wendet dementsprechend die tarifvertraglichen Regelungen auf nicht tarifgebundene Arbeitnehmer an. Damit besteht eine nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz bindende allgemeine Ordnung des Arbeitgebers.

2. Die tarifvertraglichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Zusatzversorgung liegen vor. § 2 Abs. 1 VersorgungsTV knüpft an den Anwendungsbereich des BAT an. Der BAT gilt nach § 3 Buchst. g nicht für Lektoren und bestimmte andere Lehrkräfte an Hochschulen. Die Klägerin fällt nicht unter diese Ausschlußvorschrift.

a) Die Wirksamkeit des § 3 Buchst. g BAT ist umstritten. Der Vierte Senat hat sie bejaht. Er hat angenommen, aus der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ergebe sich das Recht der Tarifvertragsparteien, frei darüber zu entscheiden, ob und für welche Berufsgruppen oder Tätigkeiten die tarifvertraglichen Regelungen gelten sollten. Die Beschränkung des tarifvertraglichen Geltungsbereichs sei nicht am Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu messen (Urteil vom 24. April 1985 - 4 AZR 457/83 - AP Nr. 4 zu § 3 BAT; bestätigt durch Urteil vom 18. September 1985 - 4 AZR 75/84 - AP Nr. 20 zu § 23 a BAT und Urteil vom 11. November 1987 - 4 AZR 339/87 - AP Nr. 5 zu § 3 BAT; zustimmend der Siebte Senat im Urteil vom 15. März 1995 - 7 AZR 737/94 - AP Nr. 10 zu § 2 BAT SR 2 y, zu III der Gründe; Däubler, Tarifvertragsrecht, 3. Aufl., Rz 434; Kempen/Zachert, TVG, 3. Aufl., § 1 Rz 173; Löwisch in Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, Band 3, § 239 Rz 40). Mit beachtlichen Gründen kritisiert ein Teil des Schrifttums die Auffassung, daß die Gruppenbildung bei der Festlegung des Geltungsbereichs eines Tarifvertrags den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG nicht gerecht werden müsse (vgl. u. a. Bauschke und Wiedemann/Lembke in ihren Anmerkungen zu AP Nr. 4 zu § 3 BAT; Bauschke, ZTR 1996, 49, 51 f.; Löwisch/Rieble, TVG, § 1 Rz 187). Vor allem wird darauf hingewiesen, daß die Arbeitsbedingungen nicht nur von der inhaltlichen Ausgestaltung der Tarifvorschriften, sondern auch vom Geltungsbereich des Tarifvertrags abhingen. Der Gleichheitsverstoß sei noch krasser, wenn eine Gruppe völlig ausgeschlossen werde, als wenn sie nicht im vollen Umfang begünstigt werde. In den Urteilen vom 28. März 1996 (- 6 AZR 501/95 - BAGE 82, 344, 346 ff. = AP Nr. 49 zu § 2 BeschFG 1985, zu II 2 der Gründe, zum Ausschluß versicherungsfreier Studenten durch § 3 Buchst. n BAT) und vom 9. Oktober 1996 (- 5 AZR 338/95 - BAGE 84, 222, 230 f. = AP Nr. 50 zu § 2 BeschFG 1985, zu II 2 b der Gründe, zum Ausschluß nebenamtlich tätiger Arbeitnehmer) hat das Bundesarbeitsgericht Einschränkungen des tariflichen Geltungsbereichs anhand des Art. 3 Abs. 1 GG und seiner Ausprägungen überprüft. Dabei handelte es sich allerdings nicht um berufsgruppen- oder tätigkeitsbezogene Einschränkungen, wie sie den Entscheidungen des Vierten und Siebten Senats zugrunde lagen, sondern um arbeitszeit- oder personenbezogene Einschränkungen.

Im vorliegenden Fall kann offenbleiben, ob § 3 g BAT an Art. 3 Abs. 1 GG zu messen ist und einer derartigen Überprüfung standhielte. § 3 g BAT ist zumindest im Bereich der Zusatzversorgung eng auszulegen.

b) § 2 Abs. 1 VersorgungsTV in Verbindung mit § 3 Buchst. g BAT setzt voraus, daß der Arbeitnehmer als Lektor i. S. des § 57 b Abs. 3 HRG in einem wirksam befristeten Arbeitsverhältnis beschäftigt wird.

aa) Die Legaldefinition des § 57 b Abs. 3 HRG ist auch für den in § 3 Buchst. g BAT verwandten Begriff des Lektors maßgebend (BAG Urteil vom 15. März 1995 - 7 AZR 737/94 -, aaO, zu III 1 der Gründe). Danach sind Lektoren "fremdsprachliche Lehrkräfte für besondere Aufgaben, wenn ihre Beschäftigung überwiegend für die Ausbildung in Fremdsprachen erfolgt". Eine derartige Tätigkeit war der Klägerin in den befristeten Arbeitsverträgen vom 4. November 1986 und 3. Juli 1989 übertragen worden. Die Klägerin unterrichtete in ihrer serbokroatischen Muttersprache. Nach § 57 b Abs. 3 HRG ist es unerheblich, daß die Klägerin die deutsche Staatsangehörigkeit besaß und sich schon länger in Deutschland aufhielt (vgl. BAG Urteil vom 15. März 1995 - 7 AZR 737/94 -, aaO, zu III 1 der Gründe).

bb) Jedenfalls bei der Zusatzversorgung kommt es nicht allein auf die Art der Tätigkeit, sondern auch auf die vorgesehene Dauer der Beschäftigung an. Die Auslegung des § 3 Buchst. g BAT i. V. m. § 2 Abs. 1 VersorgungsTV muß dem versorgungsrechtlichen Sinn und Zweck des Ausschlußtatbestandes Rechnung tragen.

(1) Die Lektoren sind aus folgenden Gründen aus dem Anwendungsbereich des VersorgungsTV herausgenommen worden:

Die ausländischen Lektoren, die Kenntnisse in der praktischen Anwendung ihrer Muttersprache vermitteln, sollen nicht die Verbindung zu ihrem Heimatland verlieren, damit sie in der Lage sind, den jeweiligen Stand der sich stets verändernden Sprachen wiederzugeben. Für ihre Tätigkeit sind befristete Arbeitsverträge charakteristisch. Bei einer unbefristeten Einstellung besteht die Gefahr, daß die Verbindung zum Heimatland nicht mehr in einem für die Unterrichtszwecke ausreichenden Maße erhalten bleibt (vgl. BAG Urteil vom 24. April 1985 - 4 AZR 457/83 - BAGE 48, 307 = AP Nr. 4 zu § 3 BAT). § 57 c Abs. 2 HRG begrenzt dementsprechend die Befristungsdauer der Lektorenverträge auf höchstens fünf Jahre. Aufgrund der begrenzten Beschäftigungsdauer wird häufig die Wartezeit nicht erfüllt und es entstehen allenfalls geringfügige Versorgungsrechte.

Das beklagte Land hat außerdem darauf hingewiesen, daß Lektoren, die nach Ablauf ihrer befristeten Beschäftigung wieder in ihr Heimatland zurückkehren, nur wenig Interesse an einer niedrigen Zusatzversorgung haben, während bei Einbeziehung dieser Arbeitnehmer ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand entstünde.

(2) Der Ausschluß nur vorübergehend beschäftigter Arbeitnehmer kann sachlich gerechtfertigt sein. Die betriebliche Altersversorgung bezweckt unter anderem, die Betriebstreue des Arbeitnehmers zu fördern und zu belohnen. Bei nur vorübergehender Beschäftigung ist der Arbeitgeber nicht daran interessiert, den Arbeitnehmer an den Betrieb zu binden (BAG Urteil vom 13. Dezember 1994 - 3 AZR 367/94 - AP Nr. 23 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung, zu II 2 der Gründe).

(3) Die für den Ausschluß der Lektoren maßgeblichen Gründe treffen bei einem unbefristeten Arbeitsverhältnis nicht zu. § 2 Abs. 1 VersorgungsTV in Verbindung mit § 3 Buchst. g BAT geht von einer zeitlich begrenzten Lektorentätigkeit aus. Unbefristete Beschäftigungen werden nicht erfaßt.

c) Zwischen den Parteien bestand nicht erst seit dem 1. Oktober 1991, sondern bereits seit dem 13. Oktober 1986 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Die in den Arbeitsverträgen vom 4. November 1986 und vom 3. Juli 1989 vereinbarten Befristungen waren unwirksam. Auf § 57 b Abs. 3 HRG könnten sie nicht gestützt werden.

aa) § 57 b Abs. 3 HRG ist zwar mit Art. 9 Abs. 3 GG vereinbar (BVerfGE 94, 268 = AP Nr. 2 zu § 57 a HRG), verstößt aber gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 48 Abs. 2 EG-Vertrag (Urteil der EuGH vom 20. Oktober 1993 - RS C - 272/92 - Spotti - AP Nr. 17 zu Art. 48 EWG-Vertrag; BAG Urteile vom 24. April 1996 - 7 AZR 605/95 - AP Nr. 9 zu § 57 b HRG, zu II der Gründe; vom 12. Februar 1997 - 7 AZR 133/96 - AP Nr. 13 zu § 57 b HRG, zu I 3 c der Gründe). Die Befristung der Arbeitsverhältnisse mit Fremdsprachenlektoren aus Ländern der Europäischen Union ist nur dann wirksam, wenn hierfür im Einzelfall ein sachlicher Grund vorliegt. Die Sicherung eines aktualitätsbezogenen Unterrichts reicht nicht aus (BAG Urteil vom 25. Februar 1998 - 7 AZR 31/97 - AP Nr. 15 zu § 57 b HRG, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt, zu B I 1 der Gründe, m.w.N.). Art. 48 Abs. 2 EG-Vertrag verbietet jedoch nicht die Anwendung des § 57 b Abs. 3 HRG auf inländische Arbeitnehmer. Inwieweit Art. 3 Abs. 1 GG eine Inländerdiskriminierung verbietet, ist umstritten (vgl. u. a. VGH Mannheim Beschluß vom 7. August 1995 - 13 S 329/95 - NJW 1996, 72 f.; Weis, NJW 1983, 2721 ff.; Giegerich, JuS 1997, 426 ff.; König, AöR 118 (1993), 591 ff., jeweils m.w.N.). Im vorliegenden Fall kann diese Frage offen bleiben. Selbst wenn § 57 b Abs. 3 HRG anwendbar ist, kann sich das beklagte Land nicht auf diesen Befristungsgrund berufen.

bb) Zweck des § 57 b Abs. 3 HRG ist es, an Hochschulen einen aktualitätsbezogenen Sprachunterricht sicherzustellen. Wenn der Lektor zu lange an einer deutschen Hochschule lehrt, besteht die Gefahr, daß er den Kontakt zur Muttersprache verliert. Dieses Ziel ist gemessen an Art. 5 Abs. 3 GG legitim. Der Aktualitätsbezug ist ein Qualitätsmerkmal, das Hochschulen für ihren Unterricht verlangen dürfen (vgl. BVerfG Beschluß vom 24. April 1996 - 1 BvR 712/86 - AP Nr. 2 zu § 57 a HRG = NJW 1997, 513, 515, zu B II 2 f der Gründe).

Die befristete Einstellung der Klägerin konnte diesem Ziel nicht dienen. Die Klägerin war bei Abschluß des befristeten Arbeitsvertrages bereits über zwanzig Jahre deutsche Staatsangehörige. Sie war in Deutschland integriert. Das beklagte Land ging selbst davon aus, daß die Klägerin auch ohne Rückkehr in ihr Herkunftsland die ihr übertragene Unterrichtstätigkeit ausüben konnte. Für eine Befristung des Arbeitsvertrages bestand kein Anlaß. § 57 b Abs. 3 HRG rechtfertigt nicht eine dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift widersprechende Befristung.

3. Da die Klägerin zu den Versorgungsberechtigten gehört, muß das beklagte Land ihr eine Altersversorgung entsprechend der VBL-Satzung verschaffen. Wenn die Klägerin nicht mehr bei der VBL versichert werden kann, hat das beklagte Land selbst die Zahlungen zu leisten.

III. Der Verschaffungsanspruch der Klägerin ist weder verfallen noch verjährt.

1. Die Klägerin hat die Ausschlußfrist des § 70 BAT nicht versäumt. Sie gilt nicht für Ansprüche der Arbeitnehmer auf Verschaffung einer Zusatzversorgung (ständige Rechtsprechung des Senats vgl. BAG Urteil vom 7. März 1995 - 3 AZR 282/94, aaO, zu B V 1 b der Gründe, m. w. N.). Es besteht kein Anlaß, diese Rechtsprechung aufzugeben.

2. Das beklagte Land kann die geforderte Leistung nicht nach § 222 BGB verweigern. Die Verjährungsfrist ist noch nicht abgelaufen.

a) Nach § 198 Satz 1 BGB beginnt die Verjährung mit dem Entstehen des Anspruchs. Nach gefestigter Rechtsprechung ist die Entstehung des Anspruchs im Sinne des § 198 BGB mit seiner Fälligkeit gleichzusetzen. Der Verschaffungsanspruch der Klägerin ist erst mit Eintritt des Versorgungsfalles fällig geworden. Die bereits vorher erhobene Klage hat nach § 209 Abs. 1 BGB die Verjährungsfrist unterbrochen (BAG Urteil vom 7. März 1995, aaO, zu B V 2 der Gründe).

b) Der Anspruch auf Verschaffung der Altersversorgung verjährt nach § 195 BGB erst nach Ablauf von 30 Jahren. Nur die einzelnen Raten der laufenden Rentenverpflichtung unterliegen der zweijährigen Verjährungsfrist nach § 196 Abs. 1 Nr. 8 BGB (BAG Urteil vom 27. Januar 1998 - 3 AZR 415/96 - AP Nr. 45 zu § 1 BetrAVG Zusatzversorgungskassen, zu B I 5 a der Gründe).

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 und § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Soweit die Klage noch anhängig ist, hat das unterlegene beklagte Land die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Soweit die Klage zurückgenommen worden ist, sind der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

Ende der Entscheidung

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