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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 22.02.2000
Aktenzeichen: 3 AZR 39/99
Rechtsgebiete: BetrAV, BeamtVG, BeamtVÄndG 1993, BGB, GG, ZPO


Vorschriften:

BetrAVG § 1 Beamtenversorgung
BeamtVG § 55 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3
BeamtVÄndG 1993 Art. 1 Nr. 16
BGB § 242 Wegfall der Geschäftsgrundlage
BGB § 315
GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 14
GG Art. 20 Abs. 3
GG Art. 33 Abs. 5
ZPO § 256 Abs. 1
Leitsätze:

1. Verweist ein mit einem Arbeitgeber außerhalb des öffentlichen Dienstes geschlossener Versorgungsvertrag auf das jeweils geltende Beamtenversorgungsrecht und übernahm dieser Arbeitgeber die Hälfte der Pflichtbeiträge zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, so ist die Anrechnungsvorschrift des § 55 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BeamtVG entsprechend anzuwenden.

2. Für die Anrechnung spielt es keine Rolle, ob der Arbeitgeber die Beitragszuschüsse freiwillig leistete oder arbeitsrechtlich dazu verpflichtet war.

3. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die am 1. Oktober 1994 in Kraft getretene Erweiterung der Anrechnung auf Leistungen aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung und gegen das Fehlen einer Übergangsregelung bestanden jedenfalls in dem vom Senat entschiedenen Rechtsstreit nicht.

Aktenzeichen: 3 AZR 39/99 Bundesarbeitsgericht 3. Senat Urteil vom 22. Februar 2000 - 3 AZR 39/99 -

I. Arbeitsgericht Bremen - 2 Ca 2031/97 - Urteil vom 22. Oktober 1997

II. Landesarbeitsgericht Bremen - 4 Sa 40/98 - Urteil vom 19. November 1998


BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

3 AZR 39/99 4 Sa 40/98

Verkündet am 22. Februar 2000

Freitag, der Geschäftsstelle

In Sachen

Kläger, Berufungskläger und Revisionskläger,

pp.

Beklagte, Berufungsbeklagte und Revisionsbeklagte,

hat der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung am 22. Februar 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Reinecke, die Richter am Bundesarbeitsgericht Kremhelmer und Bepler, die ehrenamtlichen Richter Platow und Stemmer für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Bremen vom 19. November 1998 - 4 Sa 40/98 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Revision hat der Kläger zu tragen.

Von Rechts wegen !

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte auf die von ihr zu gewährende Altersversorgung die von der Ärzteversorgung Westfalen-Lippe gezahlte Rente anrechnen darf.

Der am 15. März 1931 geborene Kläger schied Ende Februar 1972 aus einem Beamtenverhältnis aus und wurde bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte nachversichert. Vom 1. März 1972 bis 31. März 1996 war er als leitender Arzt der chirurgischen Abteilung eines Krankenhauses bei der Beklagten beschäftigt. Im Dienstvertrag vom 10. April 1973 hatten die Parteien vereinbart, daß der Kläger "für seine Tätigkeit im Rahmen seines dienstlichen Aufgabenbereiches im R -Krankenhaus eine Vergütung in Höhe der jeweiligen Bezüge eines bremischen Beamten der Besoldungsgruppe A 14 mit einem BDA vom 15. März 1952" erhalte. Außerdem hatte er das Recht der Liquidation in der Privatabteilung in der 1., 2. und Separat-Klasse, sowie bei Selbstzahlern der 3. Klasse. Er war zu einer freiberuflichen Nebentätigkeit befugt, auch als Durchgangsarzt, in der Sprechstundenpraxis und als Konsiliarius.

Seine Altersversorgung war in § 9 des Dienstvertrages vom 10. April 1973 wie folgt geregelt:

"Gewährleistung von Versorgungsansprüchen nach Beamtenrecht

(1) Bei Beendigung des Vertragsverhältnisses

a) durch Erreichung der Altersgrenze,

b) infolge Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit,

c) durch Tod

wird eine Versorgung nach den für die bremischen Beamten und deren Hinterbliebenen jeweils geltenden beamtenrechtlichen Bestimmungen gewährleistet. Dabei ist für die Festsetzung der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge von der Besoldungsgruppe 14 der Bremischen Besoldungsordnung A auszugehen. Die sonstigen für die bremischen Beamten und deren Hinterbliebenen jeweils geltenden versorgungsrechtlichen Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

..."

Während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses war der Kläger Mitglied der Ärzteversorgung Westfalen-Lippe. Die Beklagte übernahm mit Ausnahme der Jahre 1972, 1973 und 1994 die Hälfte der von ihm gezahlten Beiträge. Nach Vollendung des 65. Lebensjahres trat er am 1. April 1996 in den Ruhestand. Er erhielt von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte eine auf der Nachversicherung beruhende Rente von monatlich 1.104,44 DM. Die Ärzteversorgung Westfalen-Lippe gewährte ihm eine monatliche Altersrente in Höhe von 4.161,44 DM. Von der Beklagten erhielt er eine monatliche Altersversorgung in Höhe von 489,36 DM und seit dem 1. Juli 1997 in Höhe von 443,60 DM. Die Beklagte rechnete unter Berufung auf § 55 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 des Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG) in der seit dem 1. Oktober 1994 geltenden Fassung sowohl die Rentenleistungen der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte als auch die der Ärzteversorgung Westfalen-Lippe an. § 55 Abs. 1 BeamtVG lautet wie folgt:

"Versorgungsbezüge werden neben Renten nur bis zum Erreichen der in Absatz 2 bezeichneten Höchstgrenze gezahlt. Als Renten gelten

1. Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen,

2. Renten aus einer zusätzlichen Alters- oder Hinterbliebenenversorgung für Angehörige des öffentlichen Dienstes,

3. Leistungen aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung oder aus einer befreienden Lebensversicherung, zu denen der Arbeitgeber auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses im öffentlichen Dienst mindestens die Hälfte der Beiträge oder Zuschüsse in dieser Höhe geleistet hat.

..."

Die Nummer 3 des § 55 Abs. 1 Satz 2 BeamtVG war durch Art. 1 Nr. 16 Buchst. a BeamtVGÄndG 1993 eingefügt worden.

Gegen die Anrechnung der Sozialversicherungsrente wendet sich der Kläger nicht mehr. Er verlangt jedoch von der Beklagten, daß sie ihm die zugesagte Betriebsrente ohne Abzug der von der Altersversorgung Westfalen-Lippe gewährten Leistungen zahle. Nach seiner Auffassung ist die Anrechnungsvorschrift des § 55 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BeamtVG auf die vorliegende Fallgestaltung nicht anwendbar.

Der Kläger hat, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, sinngemäß beantragt,

festzustellen, daß auf den Pensionsanspruch des Klägers gegen die Beklagte die von der Ärzteversorgung Westfalen-Lippe gezahlte Altersrente nicht angerechnet werden dürfe.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Vorinstanzen haben auch den noch anhängigen Klageantrag abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Landesarbeitsgericht zugelassene Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben den noch anhängigen Klageantrag zu Recht abgewiesen. Die Beklagte darf die von der Ärzteversorgung Westfalen-Lippe gewährten Leistungen auf die dem Kläger zustehende Betriebsrente anrechnen.

A. Die Feststellungsklage ist nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Der Kläger will die Höhe seines Betriebsrentenanspruchs für die Vergangenheit und die Zukunft klären lassen. Wegen des bestehenden Streits hat er ein rechtliches Interesse an der beantragten Feststellung. Die Möglichkeit, eine Klage auf künftige Leistungen nach § 259 ZPO zu erheben, beseitigt das Feststellungsinteresse nicht (vgl. ua. BAG 11. Oktober 1998 - 3 AZR 804/97 - BAGE 60, 38, 41; 15. Juli 1992 - 7 AZR 491/91 - AP BPersVG § 46 Nr. 19, zu A 2 der Gründe mwN). Dem Kläger stand insoweit ein Wahlrecht zu (vgl. ua. BAG 29. Oktober 1997 - 5 AZR 573/96 - AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 51 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 19, zu I der Gründe; BGH 7. Februar 1986 - V ZR 201/84 - NJW 1986, 2507). Auch die bereits fälligen Betriebsrentenansprüche mußte er nicht mit einer Leistungsklage geltend machen. Der Prozeßökonomie entspricht es, daß er die Gesamtforderung im Wege der Feststellungsklage verfolgt. Einer Aufspaltung in einen Leistungs- und einen Feststellungsantrag bedurfte es nicht (vgl. ua. BAG 3. April 1990 - 3 AZR 273/88 - BAGE 64, 276, 280; 7. November 1995 - 3 AZR 952/94 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bühnen Nr. 1, zu A 2 der Gründe). Im vorliegenden Fall bereinigt ein Feststellungsurteil den Streit der Parteien endgültig.

B. Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte hat die Betriebsrente des Klägers zu Recht gekürzt. Soweit die Höchstgrenze nach § 9 des Dienstvertrages iVm. § 55 BeamtVG überschritten ist, ruht der Betriebsrentenanspruch des Klägers. Die von der Ärzteversorgung Westfalen-Lippe gezahlte Rente zählt zu der maßgeblichen Gesamtversorgung. Die Arbeitsvertragsparteien haben diese Rente nicht von der Anrechnung ausgenommen. Weder die beamtenrechtliche Anrechnungsregelung noch deren arbeitsvertragliche Übernahme sind zu beanstanden.

I. Die Beklagte hatte das Beamtenversorgungsgesetz in der bei Eintritt des Versorgungsfalles geltenden Fassung anzuwenden. Die Parteien haben nach dem eindeutigen Wortlaut des Dienstvertrages eine dynamische Verweisung auf das Beamtenrecht vereinbart. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 des Dienstvertrages richtet sich die Altersversorgung des Klägers "nach den für die bremischen Beamten jeweils geltenden beamtenrechtlichen Bestimmungen". Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 des Dienstvertrages sind die "für die bremischen Beamten jeweils geltenden versorgungsrechtlichen Vorschriften entsprechend anzuwenden". Diese dynamische Verweisung ist sachgerecht und entspricht am besten den Interessen beider Vertragsparteien (vgl. ua. BAG 16. August 1988 - 3 AZR 61/87 - AP BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 8, zu 2 b der Gründe). Statische Verweisungen und die damit verbundene Zementierung bestimmter Versorgungsregelungen müssen deutlich zum Ausdruck gebracht werden (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. ua. Urteil vom 23. September 1997 - 3 AZR 529/96 - AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 23 = EzA BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 14, zu I 2 der Gründe mwN).

II. Der entsprechend anwendbare § 55 BeamtVG begrenzt die Gesamtversorgung des Klägers auf die gesetzliche Höchstgrenze. Die Voraussetzungen der Kürzungsvorschrift sind im vorliegenden Fall erfüllt. Die Rentenzahlung der Ärzteversorgung Westfalen-Lippe führten zu einer Überschreitung der Höchstgrenze.

1. Der als Arbeitnehmer beschäftigte Kläger sollte versorgungsrechtlich wie ein bremischer Beamter behandelt werden, der Dienstbezüge nach Besoldungsgruppe A 14 erhielt. Der Kläger sollte nicht schlechter, aber auch nicht besser gestellt werden. Dementsprechend gilt auch für seine Altersversorgung die Höchstgrenze des § 55 BeamtVG.

a) Die Parteien haben im Dienstvertrag nicht vereinbart, daß der Kläger unabhängig von späteren Änderungen des Beamtenversorgungsrechts die Rente der Ärzteversorgung Westfalen-Lippe zusätzlich zu der beamtenförmigen betrieblichen Altersversorgung erhalten solle. Eine Sonderregelung für die bei der Ärzteversorgung Westfalen-Lippe erworbene Rente fehlt im Dienstvertrag.

b) Auch durch eine spätere Vertragsänderung ist die umfassende dynamische Verweisung auf das Beamtenversorgungsrecht nicht eingeschränkt worden. Ein derartiger Änderungsvertrag ist nicht dadurch zustande gekommen, daß die Beklagte dem Kläger die Hälfte seiner Pflichtbeiträge zur Ärzteversorgung Westfalen-Lippe erstattete. Anlaß und Umfang der Beitragsübernahme sprechen gegen eine Erweiterung der Versorgungszusage.

aa) Der Kläger war als Angestellter rentenversicherungspflichtig (§ 3 Abs. 1 Angestelltenversicherungsgesetz - AVG - bzw. § 1 Nr. 1 des am 1. Januar 1992 in Kraft getretenen SGB VI). Er konnte sich jedoch als Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung nach § 7 Abs. 2 AVG (nunmehr § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI) von der Versicherungspflicht befreien lassen. Von dieser Möglichkeit hat er Gebrauch gemacht.

Nach dem seit dem 1. Januar 1992 geltenden § 172 Abs. 2 SGB VI haben die Arbeitgeber die Hälfte des Beitrages zu der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu tragen, höchstens aber die Hälfte des Beitrages, der zu zahlen wäre, wenn die Beschäftigten nicht von der Versicherungspflicht befreit worden wären. Da eine derartige Vorschrift im Angestelltenversicherungsgesetz fehlte, traf den Arbeitgeber bis zum 31. Dezember 1991 nicht ohne weiteres eine Erstattungspflicht. Nach § 113 Abs. 1 AVG hatte der Arbeitgeber nur für Versicherte, die nach § 7 Abs. 1 AVG von der Beitragspflicht befreit waren, den Betragsteil zu entrichten, den er ohne die Befreiung hätte tragen müssen. Diese sozialversicherungsrechtliche Pflicht bestand nicht gegenüber dem Kläger, weil er nach § 7 Abs. 2 AVG von der Versicherungspflicht befreit war. Dies stellte nach der sozialgerichtlichen Rechtsprechung keine planwidrige Gesetzeslücke dar (BSG 22. Mai 1985 - 1 RS 1/84 - BSGE 58, 110 ff. für die wegen einer privaten Lebensversicherung von der Rentenversicherungspflicht Befreiten und darauf aufbauend SG Berlin 19. November 1987 - S 75 Kr 230/86 - nv., auch für die von der Rentenversicherungspflicht befreiten Mitglieder berufsständischer Versorgungseinrichtungen).

Von den sozialversicherungsrechtlichen Pflichten des Arbeitgebers sind jedoch die arbeitsvertaglichen zu unterscheiden. Darauf haben sowohl das Bundessozialgericht im Urteil vom 22. Mai 1985 (aaO) als auch das Sozialgericht Berlin im Urteil vom 19. November 1987 (aaO) hingewiesen. Dem Arbeitgeber blieb es unbenommen, sich zu Betragszuschüssen arbeitsvertraglich zu verpflichten oder sie freiwillig zu leisten. Das Sozialgericht Berlin hat einen den Arbeitgeber zu Beitragszuschüssen verpflichtenden Vertrauenstatbestand verneint, wenn der Arbeitnehmer die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht beantragte, obwohl er wußte oder hätte wissen müssen, daß kein gesetzlicher oder vertraglicher Anspruch auf einen Beitragszuschuß bestand. Im vorliegenden Fall hatte der Kläger den Befreiungsantrag mehr als zehn Jahre vor den Entscheidungen des Bundessozialgerichts und des Sozialgerichts Berlin gestellt. Die Beklagte erstattete seit Beginn des Arbeitsverhältnisses im Jahre 1972 die Hälfte der Pflichtbeiträge zur Ärzteversorgung Westfalen-Lippe.

Unter welchen Voraussetzungen der Arbeitgeber auch ohne rechtsgeschäftlichen Verpflichtungstatbestand zu einer Zuschußzahlung verpflichtet war, kann im vorliegenden Fall dahinstehen. Das Arbeitsgericht Augsburg hatte im Urteil vom 23. Juli 1981 (- 1 Sa 1956/80 - nv.) entschieden, daß der Arbeitgeber seinen in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung versicherten und deshalb in der gesetzlichen Rentenversicherung befreiten Arbeitnehmer jedenfalls nach Treu und Glauben zur Erstattung der halben Beiträge verpflichtet sei. Inwieweit dieses Urteil mit der sozialversicherungsrechtlichen Rechtsprechung zu vereinbaren ist, kann ebenso offen bleiben wie die Frage, ob sich die Beklagte durch stillschweigende Erklärung oder betriebliche Übung zu Beitragserstattungen verpflichtet hatte. Tarifvertragliche Zuschußpflichten des Arbeitgebers waren üblich (vgl. Gesetzesbegründung zu § 172 Abs. 2 SGB VI, BT-Drucksache 12/405 S 119). § 64 Abs. 2 des Tarifvertrages über die Arbeitsbedingungen für Angestellte, Arbeiter und Auszubildende des D enthielt zwar ebenfalls eine Zuschußpflicht, galt aber nicht für leitenden Ärzte, weil sie nicht unter den persönlichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrages fielen. Trotzdem war es naheliegend, die tarifvertragliche Zuschußregelung auf die leitenden Ärzte einzelvertraglich zu übertragen. Selbst wenn die Beklagte nicht aufgrund einer arbeitsvertraglichen Verpflichtung, sondern freiwillig die Beitragszuschüsse leistete, ändert dies an den sozialversicherungsrechtlichen Zusammenhängen nichts. Die Beklagte wollte keine Vorteile daraus ziehen, daß sich der Kläger wegen seiner Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreien ließ. Der Kläger hat nicht substantiiert vorgetragen, daß die Beitragserstattung einem weitergehenden Zweck diente.

bb) Der Kläger war mit der hauptberuflichen Beschäftigung im Krankenhaus und der dafür gezahlten laufenden Vergütung bei der Ärzteversorgung Westfalen-Lippe pflichtversichert. Die Pflichtversicherung bei der Ärzteversorgung Westfalen-Lippe bezog sich nicht auf die freiberufliche Nebentätigkeit und die Privatliquidationen des Klägers. Insoweit leistete die Beklagte auch keine Beitragszuschüsse. Sie erstattete dem Kläger nur die Hälfte der Pflichtbeiträge. An einer Höherversicherung oder freiwilligen zusätzlichen Versorgungsabgaben beteiligte sie sich nicht. Damit fehlen ausreichende Anhaltspunkte dafür, daß die Beklagte mit ihren Zuschüssen dazu beitragen wollte, den durch die Nebentätigkeit und die Privatliquidationen erzielten Lebensstandard des Klägers im Ruhestand abzusichern.

2. Nach der seit dem 1. Oktober 1994 geltenden Fassung des § 55 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BeamtVG zählen zu den anrechenbaren Renten auch die Leistungen aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen, zu denen der Arbeitgeber auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses im öffentlichen Dienst mindestens die Hälfte der Beiträge oder Zuschüsse in dieser Höhe geleistet hat. Die von der Ärzteversorgung Westfalen-Lippe gezahlte Altersrente stellt eine derartige Leistung dar.

a) Bei der Ärzteversorgung Westfalen-Lippe handelt es sich um eine berufsständische Versorgungseinrichtung. Sie ist nach § 1 Abs. 1 ihrer Satzung eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Ihre Aufgabe ist es, den Angehörigen und ihren Hinterbliebenen die in der Satzung vorgesehene Versorgung zu gewähren. Diese Versorgung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, umfaßt Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenrenten (§ 8 Abs. 1 der Satzung).

b) Den Rentenanspruch gegen die Ärzteversorgung Westfalen-Lippe hat der Kläger auf Grund seiner Beschäftigung bei der Beklagten erworben. Die entsprechende Anwendung des Beamtenrechts führt dazu, daß die Tätigkeit bei der Beklagten einem Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst gleich steht. Für die Anrechnung reicht es aus, daß die beamtenähnliche Versorgung und die Rentenzahlung der berufsständischen Versorgungseinrichtung auf derselben Tätigkeit beruhen.

aa) Entgegen der Ansicht des Klägers regelt § 55 BeamtVG nicht nur die Anrechnung der bereits vor Beginn des Beamtenverhältnisses erdienten Versorgungsbezüge. Der Geltungsbereich des § 55 BeamtVG erstreckt sich auch auf die während des Beamtenverhältnisses erworbenen Versorgungsbezüge. Wie das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 28. Januar 1993 (BVerwG - 2 C 20.91 - BVerwGE 92, 41, 43 f.) entschieden hat, ist eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung auf die Beamtenversorgung auch insoweit anzurechnen, als sie auf einer zulässigen Nebentätigkeit beruht. In § 55 Abs. 3 und 4 BeamtVG ist abschließend festgelegt, inwieweit die in § 55 Abs. 1 BeamtVG aufgeführten Versorgungsleistungen keiner Anrechnung unterliegen sollen. Für weitere Einschränkungen der Anrechenbarkeit gibt das Gesetz keinerlei Anhaltspunkte.

bb) Sinn und Zweck des § 55 BeamtVG sprechen im vorliegenden Fall nicht gegen, sondern für die Anrechnung. Die Beamtenversorgung sichert dem Versorgungsberechtigten eine Alimentation ausgehend von dem zuletzt wahrgenommenen Amt und der entsprechenden Besoldungsgruppe. Gesetzliche Rentenansprüche und Leistungen aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung können zu einer - gemessen an diesem Versorgungsziel - überhöhten Gesamtversorgung führen. Hiergegen richtet sich § 55 BeamtVG.

Den Anstoß für diese Ruhensregelung gab zwar die erweiterte Berücksichtigung von Beschäftigungszeiten in privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen als ruhegehaltsfähige Dienstzeit. Anlaß und Regelungsziel sind aber voneinander zu unterscheiden. § 55 BeamtVG soll durch eine umfassende Anrechnungsvorschrift sogenannte Doppelversorgungen verhindern. Ob die Beamtenversorgung und die anzurechnenden Renten nacheinander oder nebeneinander erworben wurden, spielt dabei keine Rolle. Im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 55 BeamtVG reicht es aus, daß die zusätzlichen Renten entweder bei einem anderen Dienstherren in einem früheren Arbeitsverhältnis oder durch Nebentätigkeit erworben wurden. Eine Doppelversorgung liegt erst recht vor, wenn der zur Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen verpflichtete Arbeitgeber auch die zusätzliche Rentenleistung finanziert hat und beide Versorgungsbezüge auf derselben Tätigkeit beruhen.

3. Nach § 55 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BeamtVG genügt es für die Anrechnung der Leistungen aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, daß der Dienstherr mindestens die Hälfte der Beiträge oder Zuschüsse in dieser Höhe geleistet hat. Die Beklagte hat sich in diesem Umfang an den Beitragszahlungen beteiligt. Dabei ist zu unterscheiden zwischen einerseits den Pflichtabgaben nach § 21 Abs. 1 der Satzung der Westfälisch-Lippischen Ärzteversorgung und andererseits den zusätzlichen Versorgungsabgaben und der freiwilligen Höherversicherung (§ 21 Abs. 5 und § 24 der Satzung der Westfälisch-Lippischen Ärzteversorgung).

aa) Die Beklagte erstattete dem Kläger mit Ausnahme der Jahre 1972, 1973 und 1994 50 % der von ihm entrichteten Versorgungsabgaben zur Ärzteversorgung Westfalen-Lippe. Nach dem Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 14. Juli 1997 sanken die Zuschüsse der Beklagten in diesen drei Jahren deshalb unter 50 %, weil der Kläger freiwillig höhere Beiträge eingezahlt hatte und sich die Beklagte daran nicht beteiligte. Der Kläger hat dies in den Tatsacheninstanzen nicht substantiiert bestritten. Damit ist nach § 138 Abs. 3 ZPO davon auszugehen, daß die Beklagte alle Pflichtbeiträge zur Ärzteversorgung Westfalen-Lippe zur Hälfte übernahm.

bb) Die Anrechenbarkeit der Leistungen aus der berufsständischen Pflichtversicherung entfällt nicht dadurch, daß der Kläger ohne Beteiligung der Beklagten zusätzlich freiwillige Beiträge entrichtete. Die auf freiwilligen Beiträgen oder einer Höherversicherung beruhenden Rentenleistungen bilden abtrennbare, eigenständig bewertbare Rententeile. Dies hat die Beklagte berücksichtigt und insoweit von einer Anrechnung abgesehen (§ 55 Abs. 4 BeamtVG).

cc) Die Anrechnung setzt nicht voraus, daß der Arbeitgeber mit seiner Beitragsbeteiligung einer gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtung nachkam. Freiwillige Zuschüsse genügen.

III. Soweit zwingende Vorschriften des Betriebsrentengesetzes nicht entgegenstehen, steht es den Arbeitsvertragsparteien frei, für alle Einzelheiten der zugesagten betrieblichen Altersversorgung auf das jeweils geltende Beamtenversorgungsrecht zu verweisen. Diese dynamische Verweisung enthält Chancen und Risiken. Verfassungsgemäße Änderungen des Beamtenversorgungsrechts sind grundsätzlich anzuwenden. Die arbeitsvertragliche Übernahme dieser Bestimmungen führt nicht zu einer zusätzlichen Kontrolle der Neuregelung nach § 315 BGB.

1. Der Arbeitgeber darf Widerrufs- und Leistungsbestimmungsrechte nur nach billigem Ermessen im Sinne des § 315 BGB ausüben. Betriebsvereinbarungen müssen nach § 75 Abs. 1 BetrVG die Grundsätze von Recht und Billigkeit beachten. Dementsprechend bedürfen Änderungen der Versorgungsordnung durch den Arbeitgeber oder die Betriebspartner eines gemessen an Eingriffsintensität und Regelungsziel billigenswerten Grundes. Für Eingriffe in Versorgungsanwartschaften hat der Senat ein dreiteiliges Prüfungsschema entwickelt, das den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes Rechnung trägt (ständige Rechtsprechung des BAG seit dem Urteil vom 17. April 1985 - 3 AZR 72/83 - BAGE 49, 57, 66 ff.). Im vorliegenden Fall hat sich der Arbeitgeber keine Gestaltungsmöglichkeiten vorbehalten, sondern sich den Vorschriften des Gesetzgebers im Beamtenversorgungsrecht unterworfen. Die vom Kläger angegriffene Anrechnung ist Folge der Dynamisierungsvereinbarung.

2. Gesetzliche Regelungen müssen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) beachten. Es umfaßt bereits den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das Gebot des Vertrauensschutzes. Verfassungsgemäße Regelungen des Beamtenversorgungsrechts tragen den Interessen der Versorgungsberechtigten in der Regel ausreichend Rechnung. In Ausnahmefällen kommt eine Anpassung des Versorgungsvertrages wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 242 BGB) in Betracht.

IV. Weder der am 1. Oktober 1994 in Kraft getretene § 55 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BeamtVG noch seine arbeitsvertragliche Übernahme sind verfassungsrechtlich zu beanstanden. Der Versorgungsvertrag muß auch nicht wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage angepaßt werden.

1. § 55 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BeamtVG in der Fassung des Art. 1 Nr. 16 BeamtVGÄndG 1993 verstößt nicht gegen die Eigentumsgarantie aus Art. 14 GG, die durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums, den verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz (Art. 20 Abs. 3 GG) oder den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

a) Die dem Kläger zustehenden Rentenansprüche gegen die Ärzteversorgung Westfalen-Lippe genießen zwar den Eigentumsschutz des Art. 14 GG. Sie werden aber durch die Anrechnung weder in ihrem Bestand noch in ihrer Höhe entwertet oder sonstwie berührt (vgl. hierzu BVerfG 30. September 1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256, 293 f. = AP GG Art. 33 Abs. 5 Nr. 7, zu C I 1 der Gründe).

b) Die beamtenrechtlichen Versorgungsvorschriften sind an Art. 33 Abs. 5 GG zu messen. Art. 33 Abs. 5 GG ist eine dem Art. 14 GG vorgehende verfassungsrechtliche Sonderregelung. Sie beläßt dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Beamtenversorgung einen weiten Gestaltungsspielraum (vgl. BVerfG 30. September 1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256, 295 = AP aaO, zu C II 1 der Gründe). Er muß zwar das zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums zählende Alimentationsprinzip beachten. Diese Verpflichtung bleibt aber durch die erweiterte Anrechnungsregelung unangetastet. Für eine amtsangemessene, lebenslange Alimentation des Beamten und seiner Familie ist nach wie vor gesorgt.

Der Dienstherr kann sich von seiner Alimentationspflicht dadurch entlasten, daß er den Versorgungsberechtigten auf Einkünfte aus einer anderen öffentlichen Kasse verweist, sofern diese ebenfalls der Existenzsicherung des Versorgungsberechtigten und seiner Familie zu dienen bestimmt sind. Die Sozialversicherungsrenten stellen derartige Einkünfte dar (BVerfG 30. September 1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256, 298 ff. = AP aaO, zu C II 4 der Gründe). Für die an ihre Stelle tretenden Leistungen berufsständischer Versorgungseinrichtungen gilt nichts anderes. Die entscheidenden Prinzipen und Zielsetzungen stimmen bei der Ärzteversorgung Westfalen-Lippe und bei der Rentenversicherung überein. Entgegen der Ansicht des Klägers können die Leistungen der Ärzteversorgung Westfalen-Lippe nicht dem Altersgeld nach dem Gesetz über die Altershilfe für Landwirte gleichgestellt werden. Im Gegensatz zur berufsständischen Altersversorgung weist die Altershilfe für Landwirte tiefgreifende strukturelle Unterschiede zur gesetzlichen Rentenversicherung auf (BVerwG 26. Juni 1986 - 2 C 66.85 - BVerwGE 74, 285, 287 f.). Diese Unterschiede rechtfertigen es, die Altershilfe bei der Anrechnungsregelung des § 55 BeamtVG anders zu behandeln als die gesetzliche Rentenversicherung und die berufsständische Altersversorgung.

c) Die Erweiterung der Anrechnung durch die Einfügung des § 55 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BeamtVG (Art. 1 Nr. 16 BeamtVGÄndG 1993) greift nicht nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände ein, sondern wirkt auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen ein. Damit handelt es sich um eine sogenannte unechte, retrospektive Rückwirkung. Sie ist nicht generell unwirksam. Das gesetzgeberische Anliegen und das Vertrauen des Betroffenen in den Fortbestand der bisherigen Rechtslage sind gegeneinander abzuwägen. Art. 1 Nr. 16 BeamtVGÄndG 1993 hält dieser Überprüfung stand. Eine Übergangsregelung für rentennahe Jahrgänge war nicht erforderlich.

aa) Ob und inwieweit ein schutzwürdiges Vertrauen entstand, hängt unter anderem von der Vorhersehbarkeit der Gesetzesänderung ab. Dabei kommt es nicht auf die subjektiven Vorstellungen des Betroffenen und seine individuelle Situation, sondern darauf an, ob die bisherige Regelung bei objektiver Betrachtung geeignet war, ein Vertrauen auf ihren Fortbestand zu begründen (BVerfG 30. September 1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256, 349 f. = AP aaO, zu C IV 3 a der Gründe). Der verfassungsrechtlich verbürgte Vertrauensschutz gebietet nicht, die von einer bestimmten Rechtslage Begünstigten vor jeglicher Enttäuschung ihrer Hoffnungen und Erwartungen betreffend die Dauerhaftigkeit der bestehenden Rechtslage zu bewahren (BVerfG 30. September 1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256, 350 = AP aaO).

bb) Die Anrechnungsregeln im Beamtenversorgungsrecht sind seit 1966 laufend erweitert worden. Anrechnungslücken wurden nach und nach geschlossen. Die Beamten mußten damit rechnen, daß der Gesetzgeber die systemwidrige Begünstigung der Leistungen aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen beseitigen und die Anrechnungsvorschriften des § 55 BeamtVG auf diese Versorgungsleistungen erstrecken werde.

(1) Die gesetzliche Rente war bereits seit dem 1. Januar 1966 nach § 116a BBG und den entsprechenden Landesgesetzen auf eine Beamtenpension anzurechnen. Die Ärzteversorgung Westfalen-Lippe als berufsständische Versorgungseinrichtung bot eine gleichartige und gleichwertige Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung. Die angestellten Ärzte hatten deshalb die Möglichkeit, sich von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreien zu lassen. Machten sie davon Gebrauch, so hatten sie den jeweils gültigen Beitrag zur gesetzlichen Angestelltenversicherung als Versorgungsabgabe an die Ärzteversorgung Westfalen-Lippe zu leisten (§ 21 Abs. 1 Satz 1 der Satzung der Westfälisch-Lippischen Ärzteversorgung). Diesen versorgungsrechtlichen Zusammenhängen und dem Zweck der Anrechnungsregelung widersprach es, daß keine Anrechnung der Leistung aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen stattfand. Auch das Bundesverfassungsgericht hat es im Beschluß vom 30. September 1987 (- 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256, 339 f. = AP aaO, zu C III 4 der Gründe) als problematisch angesehen, ob sich die Unterscheidung zwischen den gesetzlichen Renten und den Leistungen berufsständischer Versorgungseinrichtungen mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbaren ließ. Einer Entscheidung hierüber bedurfte es in diesem Beschluß nicht.

(2) Die Beamten konnten nicht erwarten, daß ihnen die systemwidrigen Vorteile der bisherigen Anrechnungsregelung verblieben. Soweit die Renten aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung unter den seit dem 1. Oktober 1994 geltenden § 55 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BeamtVG fallen, haben die Versorgungsberechtigten auch keine im Vergleich zur gesetzlichen Rentenversicherung schutzwürdigeren Eigenleistungen erbracht. Die Anrechnung setzt voraus, daß sich der Arbeitgeber mindestens zur Hälfte an den Beiträgen beteiligt hat. Dies entspricht dem Beitragsanteil des Arbeitgebers in der gesetzlichen Rentenversicherung.

d) Gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt es nicht, daß die erweiterte Anrechnungsregelung des § 55 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BeamtVG nur für die Versorgungsberechtigten gilt, die sich bei Inkrafttreten der Neuregelung noch nicht im Ruhestand befanden. Für diese Stichtagsregelung gibt es einleuchtende Gründe. Mit Eintritt in den Ruhestand erstarkt die Versorgungsanwartschaft zum Versorgungsanspruch. Die veränderte Rechtsstellung rechtfertigt die Unterscheidung. Der Eintritt des Versorgungsfalles ist eine entscheidende Zäsur und ein sachgerechter Anknüpfungspunkt für versorgungsrechtliche Vorschriften.

2. Auch die arbeitsvertragliche Übernahme des § 55 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BeamtVG durch die dynamische Verweisung auf das Beamtenversorgungsrecht widerspricht nicht verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen, die über die Generalklauseln der §§ 138, 242 BGB zu berücksichtigen sind.

a) Betriebsrentenansprüche zählen zu den durch Art. 14 GG geschützten Rechtspositionen. Wie weit der Schutz reicht, hängt vom konkreten Vertragsinhalt ab. Bloße Chancen und Erwartungen werden nicht geschützt. Über die Ausgestaltung der betrieblichen Altersversorgung entscheiden die Arbeitsvertragsparteien, Betriebspartner oder Tarifvertragsparteien. Eine über die eingeräumten Ansprüche hinausgehende Rechtsposition gewährleistet Art. 14 GG nicht.

Der Kläger soll nach den getroffenen Vereinbarungen eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen erhalten und insoweit den Beamten gleichgestellt werden. Durch die dynamische Verweisung auf das Beamtenversorgungsrecht sind die jeweils geltenden Vorschriften des Beamtenversorgungsgesetzes integraler Bestandteil des Betriebsrentenanspruchs. Verfassungsmäßige Änderungen des Beamtenversorgungsgesetzes stellen keinen Eingriff in die Versorgungsrechte des Klägers dar, sondern legen den aktuellen Anspruchsinhalt fest.

b) Die auf der dynamischen Verweisung beruhende, lediglich entsprechende Anwendung des Beamtenversorgungsrechts und die Besonderheiten des vorliegenden Vertragsverhältnisses führen nicht zu einem verstärkten, die Anwendung des § 55 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BeamtVG ausschließenden Vertrauensschutz. Die Nichtanrechnung der berufsständischen Versorgung stellt auch im vorliegenden Fall einen Systembruch dar, mit dessen Beseitigung der Kläger rechnen mußte.

aa) Durch die dynamische Verweisung auf das Beamtenversorgungsrecht und die vertragliche Vereinbarung einer laufenden Vergütung nach Besoldungsgruppe A 14 hatten die Parteien ein durch diese Besoldungsgruppe definiertes Gesamtversorgungsniveau vereinbart. Die Einnahmen des Klägers aus der Ausübung seines Liquidationsrechts und der freiberuflichen Nebentätigkeit spielen für die ihm zugesagte Gesamtversorgung und damit auch für die Anrechnungsregelung keine Rolle. Maßgeblicher Bezugspunkt ist ausschließlich die an die Beamtenbesoldung angelehnte laufende Vergütung.

Wenn die auf dieser Vergütung aufbauende Gesamtversorgung überschritten ist, kommt die Anrechnungsregelung des § 55 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BeamtVG zum Zuge. Ob die Überschreitung auf einer zusätzlichen Rente aus der gesetzlichen Angestelltenversicherung oder auf einer an ihre Stelle tretenden, gleichwertigen Rente aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung beruht, spielt für den vereinbarten Versorgungsgrad und die dem § 55 BeamtVG zugrunde liegende Zielsetzung keine entscheidende Rolle.

bb) Die Pflichtbeiträge zur Ärzteversorgung Westfalen-Lippe bezogen sich für den Kläger erkennbar auf die Tätigkeiten und die Vergütungen, für die er von der Beklagten eine Altersversorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen erhalten sollte. Soweit der Kläger seinen aus den Liquidationseinnahmen und der Nebentätigkeit finanzierten Lebensstandard auch im Alter sichern wollte, durfte er sich nicht auf die Entrichtung von Pflichtbeiträgen beschränken, sondern mußte eine zusätzliche Eigenvorsorge treffen. Dies war dem Kläger auch zumutbar, zumal er etwa drei Viertel seines Einkommens aus Privatliquidationen erzielte.

cc) Obwohl der Kläger bereits vor Inkrafttreten des § 55 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BeamtVG in den vorzeitigen Ruhestand treten konnte und obwohl dann die Anrechnung unterblieben wäre, muß der vorliegende Fall nicht ebenso behandelt werden. Stichtagsregelungen sind trotz der damit verbundenen Härten grundsätzlich zulässig (vgl. ua. BVerfG 8. April 1986 - 1 BvR 1186, 1574, 1704/83 und 271, 291, 334/84 - BVerfGE 71, 364, 397; 6. Dezember 1988 - 1 BvL 5, 6/85 - BVerfGE 79, 212, 219). Insoweit besteht ein weiter Gestaltungsspielraum. Es genügt, daß sich die Stichtagsregelung am gegebenen Sachverhalt orientiert und sachlich vertretbar ist (vgl. ua. BVerfG 5. Juli 1989 - 1 BvL 11/87, 1 BVR 1053/87 und 556/88 - BVerfGE 80, 297, 311; 15. Oktober 1996 - 1 BVL 44, 48/92 - BVerfGE 95, 64, 89). Diese Grenzen sind nicht überschritten worden. Der Eintritt des Versorgungsfalles ist ein sachgerechter Anknüpfungspunkt. Eine besondere Lage, die eine Übergangsvorschrift gebot, lag nicht vor.

Den Kläger trifft keine unzumutbare Härte. Mit einer Erweiterung der Anrechnungsvorschrift war zu rechnen. Die bei einer berufsständischen Versorgungseinrichtung Versicherten konnten nicht erwarten, daß ihre nicht gerechtfertigte Bevorzugung durch eine Übergangsregelung aufrecht erhalten würde. Wenn der Arbeitnehmer auf den vorzeitigen Eintritt in den Ruhestand verzichtete, war dies zwangsläufig mit einem Risiko verbunden. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, daß der Kläger durch die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht nur betriebsrentenrechtliche Nachteile erlitt, sondern durch die ihm arbeitsvertraglich ermöglichte Nebentätigkeit und das Liquidationsrecht zusätzliche Einnahmen erzielte, deren Höhe nach den eigenen Angaben des Klägers in etwa den Versorgungseinbußen entsprach. Im Gegensatz zu den Versorgungsberechtigten, die sich bei Inkrafttreten des § 55 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BeamtVG bereits in Ruhestand befanden, konnte er ohne größere Schwierigkeiten die entstandene Versorgungslücke schließen.

c) Der Kläger kann auch nicht geltend machen, er hätte die Versicherung bei der Ärzteversorgung Westfalen-Lippe allein mit eigenen Mitteln finanziert, wenn ihm die sich aus der Anrechnungsvorschrift des § 55 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BeamtVG ergebenden

Folgen damals bekannt gewesen wären. Ab wann die Beklagte arbeits- oder sozialversicherungsrechtlich verpflichtet war, 50 % der Pflichtbeiträge zur Ärzteversorgung Westfalen-Lippe zu tragen, kann dahinstehen. Der Kläger hat mehr als 20 Jahre lang die erheblichen Leistungen der Beklagten einschließlich der Zinsvorteile hingenommen, ohne damit rechnen zu können, daß die bisherige Anrechnungsregel auch künftig fortbestehen bleibt.

3. Die Versorgungsvereinbarung muß nicht wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 242 BGB angepaßt werden. Geschäftsgrundlage sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts die bei Abschluß des Vertrags zu Tage getretenen, dem anderen Teil erkennbar gewordenen und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen einer Partei oder die gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien vom Vorhandensein oder dem künftigen Wegfall gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien hierauf aufbaut (vgl. ua. BAG 13. Mai 1997 - 3 AZR 79/96 - AP BetrAVG § 1 Pensionskasse Nr. 2 = EzA BetrAVG § 1 Pensionskasse Nr. 1, zu II 3 der Gründe mwN; BGH 7. Mai 1997 - IV ZR 179/86 - BGHZ 135, 333, 338). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

a) Ein beiderseitiger Rechtsirrtum liegt nicht vor. Die Parteien haben sich bei Abschluß des Versorgungsvertrages nicht über die Rechtslage geirrt (vgl. dazu auch BAG 16. August 1988 - 3 AZR 61/87 - AP BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 8, zu 4 der Gründe). Die Anrechnungsregelung des § 55 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BeamtVG wurde erst mit Wirkung zum 1. Oktober 1994 geschaffen.

b) Zwar kann auch eine Gesetzesänderung zum Wegfall der Geschäftsgrundlage führen. Nach der zwischen den Parteien getroffenen Dynamisierungsvereinbarung war aber das jeweils geltende Beamtenversorgungsrecht anzuwenden. Dies konnte sich nach dem gemeinsamen Geschäftswillen zum Vorteil wie zum Nachteil des Klägers auswirken. Da die vertragliche Risikoverteilung Erweiterungen der Anrechnungsregelung des § 55 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BeamtVG umfaßt, ist die Geschäftsgrundlage des Versorgungsvertrages nicht weggefallen.

C. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.



Ende der Entscheidung

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