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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 04.04.2000
Aktenzeichen: 3 AZR 729/98
Rechtsgebiete: BetrAVG, GG, TV Ang. aöS


Vorschriften:

BetrAVG § 1
GG Art. 3 Abs. 1
TV Ang aöS § 12
Leitsätze:

1. Der Senat hält an seiner ständigen Rechtsprechung fest, wonach die Tarifvertragsparteien unmittelbar an den Gleichheitssatz der Verfassung gebunden sind (vgl. nur BAG 7. März 1995 - 3 AZR 282/94 - BAGE 79, 236, 242 = AP BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 26; 13. Mai 1997 - 3 AZR 66/96 - AP BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 36 = EzA BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 12).

2. Der Ausschluß von Angestellten im Geltungsbereich des Tarifvertrages über die Regelung der Rechtsverhältnisse der amtlichen Tierärzte und Fleischkontrolleure außerhalb öffentlicher Schlachthöfe (TV Ang aöS) aus der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst ist nicht gleichheitswidrig. Etwas anderes gilt nur dann, wenn Angestellte im Geltungsbereich dieses Tarifvertrages auf Dauer ausschließlich oder im Wesentlichen Tätigkeiten gegen Stundenvergütung verrichten (Bestätigung und Fortführung von BAG 17. Oktober 1995 - 3 AZR 882/94 - AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 132 = EzA GG Art. 3 Nr. 49).

Aktenzeichen: 3 AZR 729/98 Bundesarbeitsgericht 3. Senat Urteil vom 4. April 2000 - 3 AZR 729/98 -

I. Arbeitsgericht Urteil vom 9. September 1997 Trier - 2 Ca 751/97 -

II. Landesarbeitsgericht Urteil vom 7. Mai 1998 Rheinland-Pfalz - 5 Sa 1169/97 -


BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

3 AZR 729/98 5 Sa 1169/97

Verkündet am 4. April 2000

Kaufhold, der Geschäftsstelle

In Sachen

Kläger, Berufungskläger und Revisionskläger, pp.

Beklagter, Berufungsbeklagter und Revisionsbeklagter,

hat der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 4. April 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Reinecke, die Richter am Bundesarbeitsgericht Kremhelmer und Bepler sowie die ehrenamtlichen Richter Reissner und Hauschild für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 7. Mai 1998 - 5 Sa 1169/97 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen !

Tatbestand

Die Parteien streiten darum, ob der Kläger vom beklagten Landkreis Leistungen der betrieblichen Altersversorgung verlangen kann.

Der Kläger ist am 6. März 1933 geboren. Er ist seit dem 1. Januar 1975 für den Beklagten als angestellter Fleischbeschautierarzt teilzeitbeschäftigt. Nach dem Arbeitsvertrag vom 31. Januar 1975 richtet sich sein Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag über die Regelung der Rechtsverhältnisse der amtlichen Tierärzte und Fleischkontrolleure außerhalb öffentlicher Schlachthöfe (TV Ang aöS). Dieser Tarifvertrag sieht eine Zusatzversorgung nicht vor. Nach § 12 TV Ang aöS ist für die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallenden Angestellten grundsätzlich Stückvergütung vorgesehen. Nach Absatz 5 der Vorschrift werden jedoch Tätigkeiten in der Trichinenschau nach der sogenannten Digestionsmethode durch Stundenvergütung abgegolten.

Der Kläger ist seit 1981 als Schwerbehinderter anerkannt. Er betreibt jedenfalls seither keine selbständige Tierarztpraxis mehr. Im Arbeitsverhältnis mit dem beklagten Landkreis erhielt der Kläger zunächst ausschließlich Stückvergütung. Seit dem 1. März 1985 erhält er jedoch wegen der von ihm nach der Digestionsmethode durchgeführten Untersuchungen auf Trichinen auch Stundenvergütung.

Der Kläger hat den Standpunkt eingenommen, der beklagte Landkreis sei verpflichtet, ihm für die Beschäftigungszeit seit dem 1. März 1985 eine betriebliche Altersversorgung zu gewähren. Der Ausschluß der amtlichen Tierärzte und Fleischkontrolleure außerhalb öffentlicher Schlachthöfe von der Gewährung der im öffentlichen Dienst üblichen Zusatzversorgung sei zumindest bei ihm sachlich nicht gerechtfertigt. Er sei ausschließlich in der amtlichen Fleischbeschau tätig; eine Tierarztpraxis könne er nicht betreiben. Er habe seit 1985 auch insgesamt mehr Stundenvergütung als Stückvergütung erhalten. Auf Stundenvergütung entfalle in der Zeit von März 1985 bis zum Jahre 1996 ein Gesamtbetrag von 277.065,29 DM, während die Stückvergütung im gleichen Zeitraum lediglich 242.024,72 DM betragen habe. Bei seiner Tätigkeit sei er an bestimmte Zeiten gebunden. Durch Verwaltungsvorschriften werde die Dauer der einzelnen Untersuchungen je Probe festgelegt. Auf Grund fehlender Flexibilität beim Einsatz könne er keine höhere anderweitige Vergütung erzielen, die in eine Eigenvorsorge einfließen könnte. Anläßlich vieler Dienstbesprechungen sei mehrfach ausdrücklich darauf hingewiesen worden, daß der Dienst im Interesse des Landkreises vorzugehen habe.

Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt

festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, ihm mit Eintritt eines Versorgungsfalles die Rente zu verschaffen, die er erhielte, wenn er seit dem 1. März 1985 bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) versichert gewesen wäre.

Der beklagte Landkreis hat beantragt, die Klage abzuweisen. Nach seiner Auffassung ist der Ausschluß der Fleischbeschautierärzte, die außerhalb öffentlicher Schlachthöfe tätig werden, aus der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst sachlich gerechtfertigt. Es komme nicht darauf an, inwieweit die betreffenden Angestellten Stückvergütung und inwieweit sie Stundenvergütung erzielten. Darüber hinaus habe der Kläger bei richtiger Betrachtung überwiegend Stückvergütung erhalten. Darauf, ob der Kläger tatsächlich die Möglichkeit gehabt habe, weitere Verdienstmöglichkeiten auszuschöpfen, komme es nicht an. Die im Bereich der Fleischbeschau Beschäftigten übten typischerweise neben ihrer Tätigkeit für den beklagten Landkreis einen Hauptberuf als Tierarzt, Landwirt oder Winzer aus und könnten mit gewissen Einschränkungen durchaus einen dienstplanmäßig vorgesehenen Einsatz ablehnen, wenn dieser mit der Haupttätigkeit kollidiere. Mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen müßten sie nicht rechnen. Es bestehe auch die Möglichkeit, mit anderen Fleischkontrolleuren und Tierärzten Dienste zu tauschen.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seinen Sachantrag weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat seine Klage zu Recht abgewiesen. Der beklagte Landkreis war nicht verpflichtet, den Kläger seit dem Jahre 1985 bei der VBL zu versichern.

I. Ein unmittelbar vertraglicher Anspruch auf Verschaffung von Zusatzversorgung besteht nicht. Der Arbeitsvertrag des Klägers sieht eine entsprechende Verpflichtung nicht vor.

II. Ein solcher Anspruch ergibt sich auch nicht aus dem im Arbeitsvertrag in Bezug genommenen TV Ang aöS.

Im Bereich der Fleischbeschau gibt es für die nach seinem § 3 r vom Geltungsbereich des BAT und des Versorgungsvertrages ausgeschlossenen Arbeitnehmer traditionell zwei eigenständige Tarifverträge: den Tarifvertrag über die Regelung der nicht vollbeschäftigten Fleischbeschautierärzte, Fleischbeschauer und Trichinenschauer in öffentlichen Schlachthöfen und in Einfuhruntersuchungsstellen (TV Ang iöS) und den von den Parteien in Bezug genommenen Tarifvertrag für die Angestellten außerhalb öffentlicher Schlachthöfe. Beide Tarifverträge sind von denselben Tarifvertragsparteien abgeschlossen worden. Sie unterscheiden sich jedoch wesentlich voneinander:

Für Tätigkeiten in öffentlichen Schlachthöfen ist ausschließlich Stundenvergütung vorgesehen. Außerdem ist der öffentliche Arbeitgeber hier seit dem Jahre 1979 verpflichtet, die Angestellten nach Maßgabe des Versorgungstarifvertrages zu versichern. Die Verpflichtung zur Zusatzversorgung war allerdings auch im TV Ang iöS bis zum 31. Dezember 1996 auf die Fälle beschränkt, in welchen der Angestellte im jeweils vorangegangenen Kalenderjahr Stundenvergütungen für mindestens 1.000 Stunden erhalten hatte (vgl. hierzu BAG 13. Mai 1997 - 3 AZR 66/96 - AP BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 36 = EzA BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 12). Diese Begrenzung ist seit dem 1. Januar 1997 aufgehoben. Nach dem TV Ang aöS erfolgte die Bezahlung demgegenüber ursprünglich ausschließlich durch Stückvergütung. Stundenvergütung sieht der Tarifvertrag erst seit dem Jahre 1982 vor und auch dies nur für die Trichinenschau nach der Digestionsmethode. Einen Anspruch auf Zusatzversorgung gibt der TV Ang aöS nicht.

III. Diese Ungleichbehandlung der Angestellten innerhalb und außerhalb öffentlicher Schlachthöfe durch die Tarifvertragsparteien im Hinblick auf den Anspruch auf Zusatzversorgung verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Der Kläger kann die von ihm geltend gemachte Zusatzversorgung deshalb auch nicht unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt verlangen.

1. Der geltend gemachte Anspruch kann sich für den Kläger nur aus Tarifvertrag ergeben, nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Der beklagte Arbeitgeber wendet auch im Verhältnis zum Kläger nur tarifliche Bestimmungen an. Er hat den Inhalt des Arbeitsverhältnisses nicht eigenständig gestaltet. Damit hat er auch keine eigene Ordnung geschaffen, an der er sich nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz festhalten lassen müßte. Dies gilt unabhängig davon, ob der Tarifvertrag kraft beiderseitiger Tarifbindung oder wegen einzelvertraglicher Inbezugnahme anzuwenden ist. Mit der Einbeziehung der nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer verändert der Arbeitgeber nicht den Regelungsinhalt, er hält sich vielmehr an die vorgegebene Ordnung, die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelt wurde (vgl. BAG 7. März 1995 - 3 AZR 282/94 - BAGE 79, 236, 241 f., zu B II 1 der Gründe; 17. Oktober 1995 - 3 AZR 882/94 - AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 132 = EzA GG Art. 3 Nr. 49, zu II 2 a der Gründe).

2. Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, wonach die Tarifvertragsparteien unmittelbar an den Gleichheitssatz der Verfassung gebunden sind (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. nur BAG 7. März 1995 - 3 AZR 282/94 - BAGE 79, 236, 242, zu B II 2 a der Gründe; 27. Februar 1996 - 3 AZR 886/94 - BAGE 82, 193, 198, zu B III 3 b der Gründe; 13. Mai 1997 - 3 AZR 66/96 - AP BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 36 = EzA BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 12, zu B II 2 a der Gründe, jeweils mwN; offen gelassen zuletzt durch BAG 5. Oktober 1999 - 4 AZR 668/98 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Einzelhandel Nr. 70; ähnlich Schliemann ZTR 2000, 198, 202).

Es spricht zwar einiges dafür, daß die Tarifvertragsparteien nicht unmittelbar an Individualgrundrechte wie Art. 12 GG gebunden sind, die vor staatlichen Eingriffen in individuelle Freiheitsrechte schützen sollen (Art. 1 Abs. 3 GG). Tarifnormen, die von den Tarifvertragsparteien in Ausübung ihres Grundrechts aus Art. 9 Abs. 3 GG geschaffen worden sind, beruhen auf kollektiv ausgeübter Privatautonomie, auf dem privatautonomen Verbandsbeitritt ihrer Mitglieder, die sich mit der Wahrnehmung ihres individuellen Grundrechts aus Art. 9 Abs. 3 GG bestehendem und künftigem Tarifrecht unterwerfen. Die normative Rechtssetzung durch die Tarifvertragsparteien ist unter diesen Umständen nicht mit einer Fremdeinwirkung durch den staatlichen Normgeber vergleichbar, so daß eine unmittelbare Bindung der Tarifvertragsparteien an die Abwehrrechte des Grundgesetzes ausscheiden könnte. Die Tarifunterworfenen bleiben allerdings auch in diesem Fall nach Maßgabe der Wertentscheidungen der Grundrechte mittelbar geschützt. Die staatlichen Grundrechtsadressaten, insbesondere die Gerichte, sind gehalten, einzelne Grundrechtsträger vor einer unverhältnismäßigen Beschränkung ihrer Grundrechte durch privatautonome Regelungen zu bewahren (vgl. zuletzt BAG 25. Februar 1998 - 7 AZR 641/96 - BAGE 88, 118, 123 f.; Söllner NZA 1996, 897, 902; Dieterich in FS Schaub S 117 ff., jeweils mwN).

Diese Bewertungen rechtfertigen aber nicht die Annahme, die Tarifvertragsparteien seien auch nicht unmittelbar an die Gleichbehandlungsgebote und Diskriminierungsverbote aus Art. 3 GG gebunden. Dem stehen Besonderheiten dieser Grundrechte entgegen. Es geht hier nicht um individuelle Freiheitsrechte, sondern um Individualrechtspositionen im Vergleich der Rechtsunterworfenen zueinander. Ziel des Grundrechtsschutzes nach Art. 3 GG ist die Sicherstellung einer gerechten Ordnung, die Gewährleistung von Verteilungsgerechtigkeit in der Gruppe. Die Gleichbehandlungsgebote der Verfassung sind damit fundamentale Handlungsanleitungen an jeden Normgeber. Sie haften der Normsetzung als solcher an, die unabhängig von ihrer gebündelt privatautonomen Herleitung wesentlicher Teil der Gestaltungsaufgabe der Koalitionen ist. Der privatautonome Verbandsbeitritt kann von ihrer Einhaltung nicht dispensieren, sondern er verstärkt die sich aus ihnen ergebenden Verhaltenspflichten. Es ist gerade Sinn und Zweck der tarifvertraglichen Regelungen, um derentwillen der Verbandsbeitritt erfolgt, daß allgemein geltende Bestimmungen geschaffen werden, die auf Grund der Umstände ihrer Entstehung, insbesondere der Verteilung von Verhandlungsmacht, besser als individuelle Vertragsverhandlungen geeignet sind, Verteilungsgerechtigkeit zu erreichen. Im Verbandsbeitritt kann daher auch immer nur die Unterwerfung unter eine dieser Ordnungsaufgabe gerecht werdende tarifvertragliche Gestaltung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen liegen (im Ergebnis ebenso Dieterich, aaO S 128 f.; Wiedemann TVG 6. Aufl. Einleitung Rn. 214; Gamillscheg Kollektives Arbeitsrecht Bd. I S 671 ff.; Däubler Tarifvertragsrecht 3. Aufl. Rn. 433 ff.; MünchArbR/Löwisch § 252 Rn. 49 ff.[S 257 ff.]).

3. Die unterschiedliche Regelung der Zusatzversorgung für Angestellte innerhalb und außerhalb öffentlicher Schlachthöfe ist anhand des Gleichheitssatzes zu überprüfen, obwohl diese Regelungen in verschiedenen Tarifverträgen enthalten sind. Denn diese Tarifverträge sind von denselben Tarifvertragsparteien vereinbart worden. Diese sind bei ihrer rechtssetzenden Tätigkeit insgesamt an den Gleichheitssatz der Verfassung gebunden. Sie müssen den sich daraus ergebenden Verhaltenspflichten unabhängig von der von ihnen gewählten Regelungstechnik genügen. Die unterschiedliche Behandlung der als Fleischbeschautierärzte tätigen Arbeitnehmer bedarf also im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG eines sachlichen Grundes (BAG 17. Oktober 1995 - 3 AZR 882/94 - AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 132 = EzA GG Art. 3 Nr. 49, zu II 2 b, c der Gründe im Anschluß an EuGH 27. Oktober 1993 - Rs. C-127/92 - AP EWG-Vertrag Art. 119 Nr. 50).

4. Die Überprüfung der Tarifverträge für die Fleischbeschautierärzte innerhalb und außerhalb öffentlicher Schlachthöfe anhand des Art. 3 Abs. 1 GG im Hinblick auf die unterschiedlichen Regelungen zum Anspruch auf Zusatzversorgung führt für den Kläger jedoch nicht zum Erfolg.

a) Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 17. Oktober 1995 (- 3 AZR 882/94 - AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 132 = EzA GG Art. 3 Nr. 49) entschieden hat, ist die Herausnahme der nach dem TV Ang aöS beschäftigten Angestellten aus der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst im Vergleich zu den nach Maßgabe des TV Ang iöS Beschäftigten nicht gleichheitswidrig. Die für die Angestellten außerhalb öffentlicher Schlachthöfe grundsätzlich vorgesehene Stückvergütung rechtfertigt die unterschiedliche Behandlung in Fragen der Altersversorgung. Tierärzte, die außerhalb öffentlicher Schlachthöfe tätig werden, können wegen der vereinbarten Stückvergütung ihr Entgelt für die geleistete Arbeitsstunde in nicht unerheblichem Umfang selbst bestimmen, dh. ihre Stundenvergütung steigern. Hinzu kommt, daß sie sich dadurch freie Zeit für ihre Tierarztpraxis verschaffen können, die sie typischerweise betreiben. Deshalb besteht ein grundsätzlicher struktureller Unterschied bei der Regelung der Vergütung im Vergleich zu den Mitarbeitern, die innerhalb öffentlicher Schlachthöfe eingesetzt werden. Die Möglichkeit, höhere Verdienste je Arbeitsstunde erzielen zu können, ist ein Ausgleich für die fehlende Versorgungszusage. Beides gehört zum Entgelt und ist in einen Gesamtvergleich einzubeziehen.

Daß die Tarifvertragsparteien im TV Ang aöS von der vom Senat zugrundegelegten typischen Beschäftigungssituation eines Fleischbeschautierarztes außerhalb öffentlicher Schlachthöfe ausgegangen sind, zeigt sich etwa in § 9 TV Ang aöS: Hiernach ist gegenüber den allgemein im öffentlichen Dienst geltenden Regelungen die Möglichkeit zur Ausübung anderweitiger beruflicher Tätigkeiten nicht nur erheblich erweitert, sondern ohne jede Einschränkung eröffnet.

Der Kläger hat auch nicht in Frage gestellt, daß diese typisierende Betrachtung der Tarifvertragsparteien in der Sache zutreffend ist. Daß die berufliche Situation bei ihm eine andere war, weil er im Streitzeitraum keine freie Tierarztpraxis betrieben hat und deshalb durch die Gestaltung seiner Arbeit auch keine Freiräume für dortige Berufstätigkeit schaffen konnte, ändert an der Sachgerechtigkeit der tariflichen Regelung des TV Ang aöS nichts. Die Tarifvertragsparteien müssen typisieren. Ein Arbeitgeber, der eine solche Regelung durch vertragliche Inbezugnahme übernimmt, muß die übernommene tarifliche Ordnung nicht korrigieren, wenn ein einzelnes Vertragsverhältnis auf Grund besonderer Umstände den zugrunde gelegten Typus teilweise verfehlt.

Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber sich bei seiner Gestaltung des Vertragsverhältnisses innerhalb des vom übernommenen Tarifvertrag Vorgezeichneten bewegt. So verhält es sich auch im vorliegenden Fall. Da der Kläger außerhalb öffentlicher Schlachthöfe tätig geworden ist, ist der einschlägige Tarifvertrag in Bezug genommen worden. Soweit der Kläger darauf hinweist, sein tatsächlicher wöchentlicher Einsatz bei dem beklagten Landkreis habe bei etwa bei 40 bis 45 Stunden gelegen, so handelt es sich hier nicht nur um in der Revisionsinstanz unbeachtlichen neuen Sachvortrag; in der Klageschrift hatte der Kläger noch angegeben, er sei beim Beklagten als teilzeitbeschäftigter Tierarzt im Durchschnitt zwischen 16 und 18 Stunden wöchentlich tätig gewesen. Dieser Vortrag ist auch unerheblich. Aus ihm ergibt sich nicht, daß der Kläger verpflichtet war, in diesem Umfang für den Beklagten tätig zu sein. Ein derartiger Einsatz kann auch damit zusammenhängen, daß der Kläger auf Grund seiner besonderen persönlichen Situation hierzu bereit und in der Lage war.

Der Kläger rügt darüber hinaus, das Landesarbeitsgericht sei nicht seinem Vortrag nachgegangen, wonach er keine Möglichkeit gehabt habe, letztendlich selbst seinen Dienstplan vorzugeben und ohne jegliche Schwierigkeiten Dienste zu tauschen. Einem solchen Vortrag konnte das Landesarbeitsgericht nicht nachgehen, weil der Kläger in den Tatsacheninstanzen so nicht vorgetragen hatte. In dem von ihm mit der Revision in Bezug genommenen Schriftsatz vom 23. April 1998 hatte er lediglich geltend gemacht, er sei als gewissenhafter Mitarbeiter tätig gewesen und habe die Anweisungen seines Dienstvorgesetzten stets befolgt. Die ausdrückliche Anweisung habe gelautet, daß selbstverständlich der Dienst beim Landkreis privaten Tätigkeiten vorzugehen habe. Dieser Vortrag ist unerheblich. Denn eine solche Anweisung würde die betroffenen Arbeitnehmer nicht daran hindern, sich im Rahmen ihrer Tätigkeit nach Stückvergütung durch Arbeitsverdichtung Freiräume zu erarbeiten. Daß beim Kläger kein Bedarf an solchen Freiräumen bestand und deshalb für ihn die Arbeit entsprechend der ihm gegebenen Anweisungen unproblematisch war, beruhte auf den in seiner Sphäre liegenden Besonderheiten seiner Beschäftigung. Es bestand für den beklagten Landkreis keine Verpflichtung, im Hinblick darauf von der allgemein gewählten tariflichen Ordnung für den Einzelfall abzuweichen.

b) Auch der Umstand, daß der Kläger seit dem Jahre 1985 einen nicht unwesentlichen Teil seines Arbeitsentgeltes als Stundenvergütung erhielt, verpflichtet die Beklagte nicht, ihn nach Maßgabe des TV Ang aöS bei der VBL zu versichern.

In seinem Urteil vom 24. Juni 1998 (- 3 AZR 4/97 - ZTR 1999, 83 = EzBAT TV Fleischbeschaupersonal außerhalb öffentlicher Schlachthöfe Zusatzversorgung Nr. 6) hat sich der Senat bereits mit der Besonderheit befaßt, daß auch im Tätigkeitsbereich außerhalb öffentlicher Schlachthöfe für bestimmte Arbeiten Stundenvergütung gezahlt wird. Danach ist die Herausnahme der außerhalb öffentlicher Schlachthöfe tätigen Angestellten aus der Zusatzversorgung dann gleichheitswidrig, wenn der grundlegende Strukturunterschied der beiden Beschäftigungsformen innerhalb und außerhalb öffentlicher Schlachthöfe gänzlich wegfällt. Dies ist dann der Fall, wenn ein außerhalb öffentlicher Schlachthöfe tätiger Mitarbeiter ausschließlich nach Stundenvergütung bezahlt wird. Allein der unterschiedliche Einsatzort bei gleicher Tätigkeit rechtfertigt eine Ungleichbehandlung bei der Altersversorgung nicht.

Dem steht es nicht ohne weiteres gleich, wenn ein außerhalb öffentlicher Schlachthöfe beschäftigter Angestellter sowohl Stückvergütung als auch Stundenvergütung erhält. Der grundsätzliche Strukturunterschied der Tätigkeit außerhalb öffentlicher Schlachthöfe gegenüber derjenigen in öffentlichen Schlachthöfen fehlt nur dann, wenn das Arbeitsverhältnis im Wesentlichen und auf Dauer durch eine Tätigkeit gegen Stundenvergütung geprägt ist. Nur für eine solche eindeutige Abweichung von der den Regelungen im TV Ang aöS zugrundegelegten typischen Vertragsgestaltung waren die Tarifvertragsparteien auf Grund ihrer Gleichbehandlungsverpflichtung aus Art. 3 Abs. 1 GG gehalten, ebenso wie für die Angestellten in öffentlichen Schlachthöfen einen Zusatzversorgungsanspruch vorzusehen, nachdem sie die Möglichkeit einer solchen Vertragsgestaltung auch außerhalb öffentlicher Schlachthöfe durch die Einführung einer Stundenvergütung für bestimmte Tätigkeiten eröffnet hatten.

Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger auch angesichts der von ihm seit 1985 verdienten Stundenvergütung keinen Anspruch auf Zusatzversorgung. Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung steht seine Tätigkeit einer ausschließlichen Beschäftigung gegen Stundenvergütung nicht im Wesentlichen gleich. Selbst wenn man von den von ihm vorgetragenen Zahlen ausgeht, machen die Stundenvergütungen im Streitzeitraum kaum mehr als die Hälfte der Gesamtvergütung aus. Dies genügt nicht. Es kommt danach nicht mehr auf die an sich zutreffenden Erwägungen des Landesarbeitsgerichts an, wonach die vom Kläger vorgetragenen Zahlen im Hinblick auf die hier zu entscheidende Frage erheblich berichtigt werden müssen, weil die von ihm zugrunde gelegte Stundenvergütung auf überhöhten Stundensätzen beruht und in ihr verkappte Stückvergütung enthalten ist.

Ende der Entscheidung

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