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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 16.06.1978
Aktenzeichen: 3 AZR 783/76
Rechtsgebiete: KO, VerglO, BGB


Vorschriften:

KO § 50
KO § 29
KO § 59
KO § 61
KO § 69
VerglO § 107
BGB § 134
BGB § 138
BGB § 242
Überträgt ein Arbeitgeber die Rechte aus einer Rückdeckungsversicherung, die zur Finanzierung einer Versorgungszusage geschlossen wurde, dem begünstigten Arbeitnehmer unter der aufschiebenden Bedingung, daß ein Vergleichs- oder Konkursantrag gestellt wird, so ist eine solche Forderungsabtretung in der Regel als Gläubigerbenachteiligung anfechtbar (§§ 29 ff. KO). Ob sie sogar als Gesetzesumgehung nichtig ist, bleibt unentschieden.
Im Namen des Volkes! Urteil

3 AZR 783/76

Verkündet am 16. Juni 1978

In Sachen

hat der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. Mai 1978 durch den Vizepräsidenten Professor Dr. Stumpf, die Richter Dr. Thomas und Dr. Dieterich sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Paetsch und Kynast für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 20. August 1976 - 2 Sa 60/76 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ulm vom 27. Januar 1976

a) Der Beklagte wird verurteilt, die Rechte aus der bei der G Lebensversicherung, G , Nr. 8008 - 180234 - 1 E, 6, 10, abgeschlossenen Rückdeckungsversicherung an den Kläger zurückabzutreten.

b) Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

3. Im übrigen werden Berufung und Revision des Beklagten zurückgewiesen.

4. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Der Kläger ist Konkursverwalter der Firma W GmbH in G . Bei dieser war der Beklagte von 1948 bis zum 30. September 1974 als Leitender Angestellter beschäftigt. Die Firma W erteilte ihren Mitarbeitern unter bestimmten Voraussetzungen Versorgungszusagen, die durch Rückdeckungsversicherungen bei verschiedenen Versicherungsunternehmen finanziert werden sollten. Als Leitender Angestellter erhielt der Beklagte im Jahre 1954 eine darüber hinausgehende individuelle Versorgungszusage, die mehrfach ergänzt wurde und Alters-, Invaliden- und Witwenversorgung vorsah. Auch für diese Versorgungszusage wurden Rückdeckungsversicherungen abgeschlossen, und zwar die Versicherungsverträge Nr. 8008 - 180234 - 1 E, 6, 10. Alle Versorgungszusagen der Firma W wurden ursprünglich von der Bedingung abhängig gemacht, daß der Versorgungsfall in den Diensten der Firma W erreicht werden müsse. Mit einer "Bekanntmachung Nr. 6" vom 19. März 1953 gab die Firma W folgende Zusage:

"Wir geben hiermit bekannt, daß die im Rahmen einer bestehenden Gruppenversicherung abgeschlossenen Altersversorgungs-Verträge bei Austritt aus unserem Unternehmen mitgegeben werden, sofern der/die Ausscheidende das 40. Lebensjahr vollendet hat und mindestens 10 volle Jahre unserem Unternehmen angehört hat."

Im Jahre 1974 geriet die Firma W in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Deshalb wurde im Juni 1974 das Vergleichsverfahren eröffnet und der Kläger zum Vergleichsverwalter bestellt. Die Firma W wurde mit Beschluß des Amtsgerichts Heidenheim/Brenz vom 25. Juni 1974 verboten, Verbindlichkeiten ohne Zustimmung des Verwalters bzw. gegen dessen Widerspruch einzugehen. Am 17. Juli 1974 trat die Firma W ihre Rechte aus den Rückdeckungsversicherungen bei der G Lebensversicherung mit schriftlichen Abtretungserklärungen an den Beklagten und die übrigen Leitenden Angestellten ab. Diese Abtretungen sollten aufschiebend bedingt sein und erst wirksam werden, wenn

"1. das Dienstverhältnis mit uns vor Eintritt des Versorgungsfalles dadurch beendet wird, daß wir Ihnen aus einem nicht von Ihnen verschuldeten Grunde kündigen;

2. wir die Versicherungen ohne Ihre Zustimmung ändern, kündigen oder zu einem späteren Zeitpunkt über den bereits bestehenden Umfang hinaus weiter beleihen, bzw. diese anderweitig zur Sicherung abtreten oder gepfändet werden;

3. ein etwaiger Rechtsnachfolger unseres Unternehmens unsere Ihnen gegenüber bestehende Versorgungsverpflichtung nicht übernimmt;

4. wir mit der Beitragszahlung länger als drei Monate im Verzuge sind;

5. wir mit der Pensionszahlung länger als einen Monat im Verzuge sind;

6. eine Zwangsvollstreckung in die auf Ihr Leben abgeschlossene Versicherung erfolgt;

7. ein Antrag auf Eröffnung eines Vergleichs- oder Konkursverfahrens über das Vermögen unseres Unternehmens gestellt wird;

8. wir von den uns in der Versorgungszusage vorbehaltenen Rechten zur Kürzung von Versorgungsleistungen Gebrauch machen ...."

Als der Vergleichsverwalter diesen Abtretungen widersprach, bat der Zeuge G alle Empfänger um die Rückgabe der übergebenen Abtretungsurkunden. Dieser Bitte entsprachen alle Leitenden Angestellten außer dem Beklagten. Dieser wollte sich zunächst rechtlich beraten lassen. Damit war der Zeuge G einverstanden. Ob dennoch eine Rückabtretung der Rechte aus dem Lebensversicherungsvertrag vereinbart wurde, ist streitig.

Am 6. August 1974 wurde über das Vermögen der Firma W das Anschlußkonkursverfahren eröffent. Der Kläger kündigte das Arbeitsverhältnis am 13. August 1974 zum 30. September 1974. Unter dem 23. Oktober 1974 schrieb er an den Beklagten, daß die Abtretung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag gegen die Verfügungsbeschränkungen der Gemeinschuldnerin verstoßen habe und deshalb unwirksam sei. Vorsorglich focht der Kläger den Abtretungsvertrag gemäß § 30 KO an.

Der Kläger hat geltend gemacht, der Beklagte sei zwar Inhaber einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft und als solcher Konkursgläubiger, er habe aber keine Rechte aus dem Rückdeckungsversicherungsvertrag erworben, den die Gemeinschuldnerin zur Finanzierung ihrer Versorgungszusage geschlossen hatte. Die Abtretungserklärung vom 17. Juli 1974 sei von vornherein unwirksam gewesen. Jedenfalls aber wirksam angefochten worden. Der Beklagte habe als Leitender Angestellter die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Gemeinschuldnerin genau gekannt und aus diesem Grunde versucht, sich eine Sicherung zu verschaffen, die ihm nicht zustand.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, daß dem Beklagten keine Ansprüche aus dem zwischen der Firma W GmbH, G , und der G Lebensversicherung auf Gegenseitigkeit abgeschlossenen Sammelversicherungsvertrag 8008 zustehen;

2. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger das Original der in Fotokopie dem Gericht überreichten Abtretungserklärung herauszugeben.

Hilfsweise

den Beklagten zu verurteilen, die Rechte aus der bei der G Lebensversicherung, G , Nr. 8008 - 180234 - 1 E, 6, 10 abgeschlossenen Rückdeckungsversicherung an den Kläger zurückabzutreten.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und erwidert, die Abtretungserklärung vom 17. Juli 1974 sei wirksam zustandegekommen und auch später nicht aufgehoben worden. Der Beschluß des Amtsgerichts Heidenheim/Brenz vom 25. Juni 1974 habe keine Verfügungsbeschränkungen vorgesehen. Ebensowenig seien die Voraussetzungen einer Konkursanfechtung erfüllt. Er habe nämlich schon lange vor dem 17. Juli 1974 einen Anspruch darauf gehabt, daß ihm die Rechte aus der Rückdeckungsversicherung abgetreten werden. Dieser Anspruch habe sich aus der Rechtsprechung des erkennenden Senats über die Unverfallbarkeit von Versorgungsanwartschaften, aus der Bekanntmachung Hr. 6 vom 19. März 1973 und aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz ergeben. Von den wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Firma W habe er nichts gewußt. Bis zum März 1974 sei in Zeitungsberichten immer nur von "Umstrukturierungen" die Rede gewesen.

Das Arbeitsgericht hat den Hauptanträgen des Klägers mit der Begründung entsprochen, der Abtretungsvertrag vom 17. Juli 1974 sei wirksam angefochten worden. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen, weil der Beklagte die Rechte aus der Rückdeckungsversicherung noch am 17« Juli 1974 freiwillig wieder an die Gemeinschuldnerin zurückabgetreten habe. Mit der Revision wehrt sich der Beklagte weiterhin dagegen, daß der Kläger den umstrittenen Lebensversicherungsvertrag zur Konkursmasse beansprucht, während dieser beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Dem Beklagten stehen die Rechte aus dem umstrittenen Lebensversicherungsvertrag nicht zu. Der Kläger beansprucht sie mit Recht zur Konkursmasse.

I.1. Der Beklagte ist Inhaber einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft. Seine Versorgungszuage vom 20. Dezember 1954 enthielt zwar eine Verfallklausel, aber das Arbeitsverhältnis bestand bereits mehr als 20 Jahre, als es am 30. September 1974 endete. Nach der Rechtsprechung des Senats konnte die Versorgungsanwartschaft des Beklagten zu dieser Zeit nicht mehr erlöschen (grundlegend: BAG 24, 177 = AP Nr. 156 zu § 242 BGB Ruhegehalt und st.Rspr.).

Aus der Unverfallbarkeit der Versorgungsanwartschaft ergeben sich für den Beklagten keine Sonderrechte im Konkurs. Vielmehr verwandelte sich die Anwartschaft bei der Eröffnung des Konkurses in einen Abfindungsanspruch, der nach § 69 KO zu schützen war (BAG 24, 204 [2113 = AP Nr. 9 zu § 61 KO [unter I 5 der Gründe]; Urteil vom 8. Dezember 1977 - 3 AZR 324/76 - [demnächst] AP Nr. 10 zu § 61 KO). Soweit Friedrich Weber gegen die Annahme eines Abfindungsanspruchs Bedenken erhoben hat (Anmerkung zu AP Nr. 9 zu § 61 KO [3 d und e]), muß der Senat darauf im vorliegenden Fall nicht eingehen, weil die Gemeinschuldnerin eine juristische Person ist, die aus Anlaß des Konkurses liquidiert wird. In einem solchen Fall hält auch Weber die Abfindung nach § 69 KO für den allein zumutbaren und gangbaren Weg.

Der Abfindungsanspruch des Beklagten nimmt als einfache Konkursforderung an der Verteilung der Konkursmasse teil. Er genießt keinen Konkursvorrang gemäß § 61 KO. Eine richterrechtliche Ergänzung der Konkursrechte zugunsten der Versorgungsanwärter ist nicht möglich (BAG 24, 204 [213] = AP Nr. 9 zu § 61 KO [unter II 2 der Gründe]; Urteil vom 8. Dezember 1977 - 3 AZR 324/76 - C demnächst] AP Nr. 10 zu § 61 KO [unter 2 der Gründe]).

2. Die ungünstige konkursrechtliche Lage des Beklagten wird auch nicht dadurch verbessert, daß die Gemeinschuldnerin eine Rückdeckungsversicherung zur Finanzierung ihrer Versorgungszusagen abgeschlossen hat.

Rückdeckungsversicherungen gehören rechtlich und wirtschaftlich zum Vermögen des Arbeitgebers. Dieser bleibt nach dem Lebensversicherungsvertrag der bezugsberechtigte Versicherungsnehmer und kann über seine vertraglichen Ansprüche verfügen. Im vorliegenden Fall hat die Gemeinschuldnerin dies auch tatsächlich getan, indem sie die Versicherungssumme beliehen hat. Deshalb fiel die Rückdeckungsversicherung mit der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Gemeinschuldnerin in die Konkursmasse. Ihr versorgungsrechtlicher Zweck reicht nicht aus, ein Aussonderungsrecht zugunsten des Beklagten zu begründen (BAG 20, 11 [15 f.] = AP Nr. 1 zu § 29 KO [ unter III der Gründe]; Weber in Anm. zu AP Nr. 1 zu § 29 KO [ unter 2 a mit zahlreichen Nachweisen]; jetzt auch Mentzel-Kuhn, KO, 8. Aufl., § 43 Anm. 8).

3. Schließlich kann dem Beklagten auch die "Bekanntmachung Nr. 6" vom 19. März 1973 nicht helfen, von der er sich eine Verbesserung seiner konkursrechtlichen Lage erhofft. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob diese Bekanntmachung für Leitende Angestellte überhaupt gelten sollte; jedenfalls ist ihr Inhalt für den vorliegenden Rechtsstreit bedeutungslos.

Mit ihrer Bekanntmachung vom 19. März 1973 versprach die Gemeinschuldnerin lediglich, ausscheidenden Arbeitnehmern mit einem bestimmten Mindestalter und einer Betriebszugehörigkeit von mindestens zehn Jahren diejenige Gruppenversicherung mitzugeben, die zur Finanzierung der Altersversorgung des ausscheidenden Arbeitnehmers geschlossen worden war. Die Regelung zielt also auf eine Form der Unverfallbarkeit. Sie begründet jedoch nur schuldrechtliche Ansprüche auf die Abtretung bestimmter Forderungen. Solche schuldrechtlichen Ansprüche können die rechtliche Stellung der Arbeitnehmer im Konkurs nicht verbessern, weil sie ebenfalls nur einfache Konkursforderungen darstellen (BAG 16, 45 = AP Nr. 1 zu § 59 KO).

II. So ist es verständlich, daß der Beklagte versucht hat, sich die Rechte aus der Rückdeckungsversicherung abtreten zu lassen. Dieser Versuch mußte jedoch scheitern.

1.a) Das ergibt sich allerdings nicht aus der Begründung des angefochtenen Urteils. Das Landesarbeitsgericht meint, es könne dahingestellt lassen, ob die Abtretungserklärung vom 17. Juli 1974 wirksam oder anfechtbar gewesen sei. Jedenfalls habe der Beklagte alle Rechte wieder an die Gemeinschuldnerin zurückabgetreten. Deren Verlangen, die Abtretungsurkunde zurückzugeben sei als Antrag auf Abschluß eines Rückabtretungsvertrages auszulegen. Dieser Vertrag sei von den anderen Angestellten stillschweigend mit der Rückgabe der Abtretungsurkunde angenommen worden. Im Falle des Beklagten fehle es zwar an einem solchen Formalakt, das ändere aber am Ergebnis nichts. Der Beklagte habe nämlich die Abtretungsurkunde in das Büro des Zeugen G mitgebracht und lediglich darum gebeten, das Schriftstück für eine Rechtsauskunft vorügergehend behalten zu dürfen. Damit habe er das Angebot zum Abschluß eines Rückabtretungsvertrages angenommen. Nur die Rückgabe der Urkunde, zu der er verpflichtet gewesen wäre, sei im beiderseitigen Einverständnis hinausgeschoben worden.

b) Diese Begründung kann nicht überzeugen und wird von der Revision mit Recht angegriffen.

Zweifelhaft ist schon die Annahme, die Gemeinschuldnerin habe mit der Rückforderung der Abtretungsurkunden einen Antrag auf Abschluß eines Rückabtretungsvertrages gestellt. Das Landesarbeitsgericht hat nämlich nicht festgestellt, mit welcher Begründung die Rückgabe der Abtretungsurkunden verlangt wurde. Nach der Aussage des Zeugen G liegt nahe, daß sich dieser lediglich auf den Widerspruch des Vergleichsverwalters berief und damit zum Ausdruck brachte, daß die Abtretungsverträge rechtlich zweifelhaft seien. Die Rückgabe der Urkunden hätte dann nur zum Ausdruck gebracht, daß sich die betroffenen Leitenden Angestellten der für sie ungünstigen Rechtslage beugen wollten. Der Abschluß eines Vertrages lag ihnen möglicherweise fern.

Selbst wenn man aber mit dem Landesarbeitsgericht davon ausgeht, daß die Rückgabe der Abtretungserklärungen zu einem Rückabtretungsvertrag führte, könnte man im Falle des Beklagten nicht zum gleichen Ergebnis kommen. Diesem ging es unstreitig darum, ohne vorherige Rechtsberatung nichts aus der Hand zu geben. Er wollte also gerade vermeiden, daß sich seine Rechtsstellung durch die Rückgabe der Abtretungsurkunde verschlechtert. Dem hätte der Abschluß eines Rückabtretungsvertrages widersprochen. Das Landesarbeitsgericht hat das offensichtlich übersehen.

2. Hingegen war schon der Abtretungsvertrag vom 17. Juli 1974 rechtlich zweifelhaft. Dieser war nämlich nach seinem Wortlaut aufschiebend bedingt. Er sollte erst wirksam werden, wenn eine von acht Voraussetzungen erfüllt würde. Nach Nr. 7 der Vertragsurkunde galt als eine aufschiebende Bedingung, daß ein Antrag auf Eröffnung eines Vergleichs- oder Konkursverfahrens über das Vermögen der Arbeitgeberin gestellt werde. Eine solche Bedingung wird in Rechtsprechung und Lehre als Umgehung des konkursrechtlichen Grundsatzes der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung angesehen und wenn nicht sogar als sittenwidrig (RGZ 92, lo5 Clo93), so doch jedenfalls als gesetzwidrig gewertet (mit doppelter Begründung: Weber in Anm. zu AP Nr. 1 zu § 29 KO [unter 2 b]; Mentzel-Kuhn, KO, 8. Aufl., § 43 Anm. 8 Ca.E.]; ohne Begründung: Böhle-Stamschräder, KO, 12. Aufl., § 43 Anm. 11; auch BGHZ 26, 185 C1933). Daraus wird gefolgert, daß die ganze aufschiebend bedingte Forderungsabtretung gemäß § 138 BGB oder § 134 BGB unwirksam sei (a.A. nur Heissmann, BB 1966, 664 ff., dem aber später ebenfalls Zweifel gekommen sind, vgl. Die betrieblichen Ruhegeldverpflichtungen, 6. Aufl., S.191 f.).

Diese Ansicht überzeugt den Senat insoweit nicht, als sie den Vorwurf der Sittenwidrigkeit erhebt. Ein Rechtsgeschäft, das der Gläubigerbenachteiligung dient, verstößt nicht schon allein wegen der Benachteiligungsabsicht gegen die guten Sitten (Mentzel-Kuhn, aaO, § 29 Anm. 13 und 44). Das gilt besonders dann, wenn die Parteien eines Arbeitsvertrages lediglich versuchen, die in langen Jahren erdiente Versorgungsanwartschaft für den Fall der Insolvenz des Arbeitgebers zu sichern. Hingegen ist der Gedanke an eine Gesetzesumgehung nicht von der Hand zu weisen. In der Tat wird mit bedingten Abtretungen, wie sie im vorliegenden Fall vereinbart wurden, der konkursrechtliche Grundsatz der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung umgangen. Nur könnte man einwenden, daß die §§ 29 ff. KO eine gesetzliche Spezialregelung darstellen, die abschließend bestimmt, wie die Rechtsordnung auf Gläubigerbenachteiligung im Konkursfall reagiert: Mit der Anfechtbarkeit der entsprechenden Rechtsgeschäfte, nicht aber mit deren Nichtigkeit.

Diese Frage muß der Senat im vorliegenden Fall nicht abschließend klären, weil er schon aus tatsächlichen Gründen nicht von einer bedingten Forderungsabtretung ausgehen kann. Schon bei Abschluß des Abtretungsvertrages am 17. Juli 1974 war die Bedingung Nr. 7 erfüllt; der Vergleich über das Vermögen der Gemeinschuldnerin war nicht nur beantragt, sondern bereits eröffnet. Der Kläger hat behauptet, der Beklagte habe dies gewußt. Wenn das zutrifft, war der ganze Katalog von Bedingungen von Anfang an nicht ernst gemeint. Beide Vertragspartner gingen dann übereinstimmend davon aus, daß die Rechte aus der Rückdeckungsversicherung sofort auf den Beklagten übergehen sollen, die Abtretung also nicht von einem künftigen ungewissen Ereignis abhängig gemacht werde. Bei einer solchen Fallgestaltung richtet sich die Wirksamkeit des unbedingten Abtretungsvertrages nur nach den Vorschriften der §§ 29 ff. KO, für die Anwendung allgemeiner Rechtsgrundsätze ist kein Raum.

III. Das Landesarbeitsgericht hat von seinem Rechtsstandpunkt ausgehend nicht geklärt, ob der Beklagte am 17. Juli 1974 die Eröffnung des Vergleichsverfahrens kannte oder nicht. Dennoch erübrigt es sich, die Sache an die Vorinstanz zurückzuverweisen. Jedenfalls hat der Konkursverwalter den Abtretungsvertrag wirksam angefochten.

1. Der Beklagte hat durch die Übertragung der Rechte aus der Rückdeckungsversicherung eine Sicherung erhalten, die ihm in dieser Art und zu dieser Zeit nicht zustand. Dadurch wurde die Konkursmasse geschmälert, und zwar noch nach Eröffnung des Vergleichsverfahrens, das später in ein Konkursverfahren überging. Solche Rechtshandlungen sind grundsätzlich anfechtbar, wenn nicht der Begünstigte beweisen kann, daß ihm zur Zeit der Rechtshandlung weder die Zahlungseinstellung und der Eröffnungsantrag, noch eine Begünstigungsabsicht des Gemeinschuldners bekannt waren (§ 30 Nr. 2 KO mit § 107 VerglO).

2. Dem Beklagten kann der ihm obliegende Entlastungsbeweis nicht gelingen. Das ergibt sich aus seinem eigenen Vortrag. In der Berufungsinstanz hat er lediglich Zeitungsausschnitte vom März 1974 vorgelegt, in denen von einer "Umstrukturierung" der Gemeinschuldnerin berichtet wurde. Daraus ergibt sich jedoch keineswegs, daß der Beklagte als Leitender Angestellter nicht besser informiert gewesen sein könne. Vor allem spricht die Formulierung des Abtretungsvertrages gegen den Beklagten. Die vereinbarte aufschiebende Bedingung Nr. 7 läßt das Ziel der Gläubigerbenachteiligung klar erkennen.

3. Der Anfechtung des Konkursverwalters steht auch nicht entgegen, daß der Abtretungsvertrag möglicherweise nichtig war. Nichtige Rechtsgeschäfte, die schon rein tatsächlich eine die Gläubiger benachteiligende Wirkung haben, können vorsorglich angefochten werden, um die benachteiligende Wirkung zu beseitigen (Jäger-Lent, KO, 8. Aufl., § 29 Anm. 31; Mentzel-Kuhn, aaO, § 29 Anm. 13, beide mit zahlreichen Nachweisen). Das ist vor allem dann zweckmäßig, wenn die Feststellung der Nichtigkeit mit Schwierigkeiten verbunden ist oder mehr Zeit beansprucht als die Feststellung der Anfechtungsgründe.

Im vorliegenden Fall muß dem Kläger daran gelegen sein, so schnell als möglich die Rückdeckungsversicherungen zur Verteilungsmasse zurückzuziehen. Da die Klärung der Nichtigkeit des Abtretungsvertrages noch weiterer Feststellungen bedarf, lag die vorsorgliche Anfechtung nahe.

4. Der Senat konnte über den Hilfsantrag des Klägers selbst entscheiden.

a) Allerdings ist dieser Antrag in der Berufungsinstanz nicht beurteilt worden. Das war aber auch nicht erforderlich, weil das Landesarbeitsgericht dem Hauptantrag entsprechen wollte. Dennoch war der Kläger berechtigt, seinen Hilfsantrag auch in der Revisionsinstanz zu wiederholen (BGHZ 25, 79 [85]; LM Nr. 1 zu § 525 ZPO; für die Berufungsinstanz mit etwas anderer Begründung im Ergebnis auch Stein-Jonas-Grunsky, ZPO, 20. Aufl., § 537 Anm. I 1 b bb; a.A. aber Rosenberg-Schwab, Zivilprozeßrecht, 12. Aufl., § 140 III 3 "b, S. 792).

b) Im allgemeinen darf über einen Hilfsantrag erst entschieden werden, wenn der Hauptantrag abgewiesen wurde. Im vorliegenden Fall ist das jedoch anders, Haupt- und Hilfsantrag führen wirtschaftlich zum gleichen Ergebnis und tragen lediglich den unterschiedlichen rechtlichen Konstruktionen der Haupt- und Hilfsbegründung des Klageanspruchs Rechnung. Der Kläger hat dementsprechend in der mündlichen Revisionsverhandlung klargestellt, daß ihm gleichgültig ist, welcher seiner Ansprüche Erfolg hat. Der Beklagte ist nicht beschwert, wenn er nicht nach dem Hauptantrag, sondern nach dem Hilfsantrag verurteilt wird. Bei dieser Sachlage wäre es prozeßökonomisch nicht zu vertreten, den Rechtsstreit nur deshalb an die Vorinstanz zurückzuverweisen, weil eine weitere Klärung des Sachverhalts zu dem Ergebnis führen könnte, daß der umstrittene Abtretungsvertrag sogar nichtig, der Hauptantrag also begründet war. Da der für den Kläger gleichwertige Hilfsantrag zum wirtschaftlich gleichen Ergebnis führt und bereits entscheidungsreif ist, war diesem Antrag zu entsprechen.

Ende der Entscheidung

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