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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 01.12.2004
Aktenzeichen: 4 AZR 136/04
Rechtsgebiete: Manteltarifvertrag für Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus


Vorschriften:

Manteltarifvertrag für Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus, Anlage 7 § 104 Abs. 1
Manteltarifvertrag für Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus, Anlage 7 § 100
Manteltarifvertrag für Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus, Anlage 7 § 101
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

4 AZR 136/04

Verkündet am 1. Dezember 2004

In Sachen

hat der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 1. Dezember 2004 durch die Vorsitzende Richterin am Bundesarbeitsgericht Schmidt, die Richter am Bundesarbeitsgericht Bott und Dr. Wolter sowie die ehrenamtlichen Richter Valentien und Hickler für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Revision der Beklagten wird unter Zurückweisung der Revision im Übrigen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 13. Januar 2004 - 8 Sa 664/03 - teilweise aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 28. März 2003 - 5 Ca 3310/02 - teilweise abgeändert und insoweit klarstellend neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 305,50 EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1. Oktober 2002, für das Bezugsjahr vom 1. Juli 2002 bis zum 30. Juni 2003 280,04 EUR brutto und ab dem Bezugsjahr 2003/2004 für den jeweiligen Bezugszeitraum nachträglich am 1. Juli eine Energiebeihilfe von jeweils 305,50 EUR brutto zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 2/3 und die Beklagte 1/3 zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Zahlung einer tarifvertraglichen Energiebeihilfe.

Der aus Kroatien stammende Kläger arbeitete seit Dezember 1977 in Deutschland. Er war im Zeitraum von Dezember 1977 bis 31. März 1987 bei der jugoslawischen Firma R beschäftigt, die ihn im Rahmen der Abwicklung von Werkverträgen auf der im Revier Ruhr liegenden Zeche P in B einsetzte. Ab dem 1. April 1987 war der Kläger auf Grund Arbeitsvertrags vom selben Tage für die Beklagte als Hauer tätig. Die Beklagte ist eine Bergbau-Spezialgesellschaft und Mitglied des Unternehmensverbands Ruhrbergbau. Sie setzte den Kläger zunächst in der Zeche P und danach im Bergwerk D ein. In Folge eines am 24. Mai 1999 erlittenen Herzinfarkts war der Kläger durchgehend arbeitsunfähig. Daraufhin wurde das Arbeitsverhältnis durch Aufhebungsvertrag vom 28. März 2000 zum 30. September 2000 beendet. Seit dem 1. November 2000 erhält der Kläger von der Bundesknappschaft Rente wegen Berufsunfähigkeit. Der Kläger ist nicht Inhaber eines Bergmannsversorgungsscheins.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus (im Folgenden: MTV) Anwendung.

Der MTV enthält folgende hier einschlägige Bestimmungen:

"V. Hausbrand

§ 54

Die Hausbrandbezugsrechte

...

- der nach dem 1. Mai 1953 ausgeschiedenen Arbeiter ... richten sich nach den Bestimmungen der Anlage 7 dieses Manteltarifvertrages."

Die Anlage 7 zum MTV enthält ua. folgende Regelungen:

"II. 1. Ausgeschiedene Arbeiter

1. Hausbrand für nach dem 1. Mai 1953 ausgeschiedene Arbeiter

...

1. (§ 100)

(1) Hausbrandkohlen erhalten auf Antrag:

...

2. a) Empfänger von Bergmannsrente, von Knappschaftsrente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit, von Knappschaftsruhegeld und Inhaber des Bergmannsversorgungsscheins, die weniger als 25, aber mindestens 20 Jahre im deutschen Steinkohlenbergbau, davon zuletzt mindestens 5 Jahre bei Mitgliedern des Unternehmensverbandes Ruhrbergbau, des Unternehmensverbandes des Aachener Steinkohlenbergbaus, des Unternehmensverbandes des Niedersächsischen Steinkohlenbergbaus oder des Unternehmensverbandes Saarbergbau beschäftigt waren,

...

(2) "Deutscher Steinkohlenbergbau" im Sinne des Absatzes 1 sind die Reviere Ruhr, Aachen, Niedersachsen, Westoberschlesien, Ostoberschlesien, Niederschlesien, Sachsen, Saar.

...

2. (§ 101)

Die vorbezeichneten Bezugsberechtigten erhalten ... die Hausbrandkohlen:

a) wenn sie in der Bundesrepublik Deutschland einen eigenen Haushalt führen

...

3. (§ 102)

(2) An Hausbrandkohlen werden je Jahr bis zu 2,5 Tonnen gewährt. ...

(3) Bezugsjahr ist die Zeit vom 1. Juli bis 30. Juni. ...

...

5. (§ 104)

(1) Die nach §§ 100 und 101 bezugsberechtigten Rentner, die nach dem 30. Juni 1976 aus der Bergbautätigkeit ausscheiden, und deren Witwen können auf Antrag anstelle ihres Anspruchs auf Hausbrandkohlen für das betreffende Bezugsjahr eine Energiebeihilfe für 2,5 Tonnen erhalten, sofern sie keine eigene Verwendung für Hausbrandkohlen haben. Der Antrag ist in den Monaten Januar bis März des laufenden Bezugsjahres zu stellen. Die Energiebeihilfe wird in einer Summe ausgezahlt.

(2) Die Höhe der Energiebeihilfe je Tonne entspricht der für aktive Arbeiter abzüglich 8,- DM."

Die Höhe der Energiebeihilfe wird nach Abschnitt I 1 Ziff. 12 (§ 99) Abs. 3 der Anlage 7 zum MTV je Bezugsjahr von den Tarifvertragsparteien festgelegt. Sie beträgt seit 1992 für aktive Arbeiter 126,29 Euro (247,00 DM) und für ausgeschiedene Rentner 122,20 Euro (239,00 DM) pro Tonne.

Der Kläger erhielt während seiner aktiven Berufstätigkeit für die Beklagte und nach seinem Ausscheiden bis zum 30. Juni 2001 eine Energiebeihilfe iHv. 73,63 Euro (144,00 DM). Mit Schreiben vom 30. Juli 2001 teilte die Beklagte mit, dass sein Antrag auf Gewährung von Hausbrandkohlen abgelehnt werde, weil der Kläger nur 13 Jahre und 6 Monate im deutschen Steinkohlenbergbau tätig gewesen sei. Mit Schreiben vom 18. September 2002 forderte der Kläger, die bisher gewährte Energiebeihilfe für den Zeitraum vom 1. Juli 2001 bis zum 31. August 2002 nachzuzahlen und diese auch zukünftig zu leisten.

Dieses Begehren verfolgt der Kläger mit seiner Klage weiter. Er hat die Ansicht vertreten, ihm stehe ein Anspruch auf Energiebeihilfe nach §§ 100, 104 MTV zu. Er sei über 20 Jahre im deutschen Steinkohlenbergbau beschäftigt gewesen; die Beschäftigungszeiten bei der Firma R seien anzurechnen. Der Begriff des deutschen Steinkohlenbergbaus sei rein territorial zu verstehen. Bei der Firma R habe es sich auch um einen Bergbaubetrieb gehandelt. Sämtliche Mitarbeiter der Firma R seien als Bergleute unter Tage eingesetzt worden und ausschließlich damit befasst gewesen, Steinkohle abzubauen und zu fördern.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger

1. 1.030,28 Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1. Oktober 2002 zu zahlen,

2. mit Wirkung ab dem 1. Oktober 2002 zukünftig eine monatliche Energiebeihilfe in Höhe von jeweils 73,63 Euro brutto zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger sei während seiner Tätigkeit für die Firma R nicht im deutschen Steinkohlenbergbau beschäftigt gewesen. Voraussetzung für die Berücksichtigung von Beschäftigungszeiten sei die Mitgliedschaft des Arbeitgebers in einem der in § 100 Abs. 1 Nr. 1a der Anlage 7 zum MTV benannten Unternehmensverbände. Die Firma R sei nicht ausschließlich ein Betrieb des Steinkohlenbergbaus gewesen, sondern habe auch Bau- und Montagearbeiten in anderen Branchen durchgeführt. Der Begriff des deutschen Steinkohlenbergbaus sei nicht geographisch zu verstehen. Die Firma R sei als jugoslawisches Unternehmen kein Unternehmen des deutschen Steinkohlenbergbaus.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der zugelassenen Revision. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der Beklagten ist teilweise begründet.

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Energiebeihilfe dem Grunde nach zu. Das hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt. Dieser Anspruch ist aber nicht auf eine Energiebeihilfe von 73,63 Euro brutto monatlich gerichtet, sondern auf eine in einer Summe zu zahlende Energiebeihilfe in Höhe von 305,50 Euro für das Bezugsjahr vom 1. Juli 2001 bis zum 30. Juni 2002 und, soweit vom Kläger beantragt, auch für die folgenden Bezugsjahre. Insoweit ist die Revision der Beklagten erfolgreich.

I. Die Klage ist zulässig, auch soweit sie mit dem Antrag zu 2 auf wiederkehrende zukünftige Leistungen gerichtet ist (§ 258 ZPO).

II. Dem Kläger steht dem Grunde nach ein Anspruch auf Energiebeihilfe nach Abschnitt II 1 Ziff. 5 (§ 104) iVm. Abschnitt II 1 Ziff. 1 (§ 100) Abs. 1 Nr. 2a iVm. Abschnitt II 1 Ziff. 2 (§ 101) der Anlage 7 zum MTV (im Folgenden: §§ 100, 101 und 104 MTV) zu.

1. Der MTV ist auf das Arbeitsverhältnis der Parteien kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme anwendbar.

2. Nach § 104 Abs. 1 MTV können die nach §§ 100 und 101 bezugsberechtigten Rentner, die nach dem 30. Juni 1976 aus der Bergbautätigkeit ausscheiden, auf Antrag anstelle ihres Anspruchs auf Hausbrandkohlen für das betreffende Bezugsjahr eine Energiebeihilfe für 2,5 Tonnen erhalten, sofern sie keine eigene Verwendung für Hausbrandkohlen haben. Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger.

a) Die in § 104 Abs. 1 MTV unmittelbar benannten Voraussetzungen für den Anspruch auf Energiebeihilfe sind, wie vom Landesarbeitsgericht festgestellt und von der Revision nicht angegriffen, gegeben. Der Kläger ist nach dem 30. Juni 1976 aus der Bergbautätigkeit ausgeschieden, hat keine Verwendung für Hausbrandkohle und hat den erforderlichen Antrag auf Zahlung der Energiebehilfe gestellt.

b) Der Kläger ist bezugsberechtigter Rentner iSv. §§ 100, 101 MTV. Er führt einen eigenen Haushalt in der Bundesrepublik Deutschland. Aus der bergmännischen Tätigkeit ist er als Empfänger von Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit abgekehrt (§ 101 Buchst. a und c MTV). Vor seinem Ausscheiden war er 13 Jahre und 6 Monate und damit mindestens fünf Jahre bei der Beklagten beschäftigt. Die Beklagte ist Mitglied des Unternehmensverbands Ruhrbergbau.

c) Der Kläger war auch mindestens 20 Jahre im deutschen Steinkohlenbergbau beschäftigt. Die Beschäftigungszeiten des Klägers von Dezember 1977 bis 31. März 1987 bei der Firma R sind hierbei anzurechnen.

aa) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. zB Senat 26. November 2003 - 4 ABR 54/02 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Metallindustrie Nr. 186 = EzA TVG § 4 Metallindustrie Nr. 128, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu B II 2 b aa der Gründe; 16. Oktober 2002 - 4 AZR 429/01 - BAGE 103, 131 = AP TVG § 1 Tarifverträge: Metallindustrie Nr. 181 = EzA TVG § 4 Metallindustrie Nr. 126, zu B II 1 der Gründe).

bb) Für die Erfüllung des Tarifbegriffs der Beschäftigung im deutschen Steinkohlenbergbau genügt, dass der Arbeiter im Steinkohlenbergbau beschäftigt und dabei in einem der in § 100 Abs. 2 MTV benannten Reviere tätig war.

(1) Bergbau ist nach allgemeinem Sprachgebrauch die Gesamtheit aller Unternehmungen zur Aufsuchung und Gewinnung von Bodenschätzen (Brockhaus Die Enzyklopädie Band 3 20. Aufl. S. 120; Kasseler Handbuch/Schliemann Band 1 2. Aufl. 2.5 Rn. 94). Steinkohlenbergbau ist danach eine Unternehmung zum Aufsuchen und Gewinnen von Steinkohle, die unter Tage erfolgt. Nicht erforderlich ist, dass der Arbeitnehmer bei einem Unternehmen beschäftigt wird, das ausschließlich oder überwiegend Steinkohlenbergbau betreibt. Vielmehr reicht es, wenn der Steinkohlenbergbau eines von mehreren Betätigungsfeldern ist. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut, ohne dass es entsprechend der Begründung des Landesarbeitsgerichts eines Rückgriffs auf § 2 Abs. 3 des Gesetzes über einen Bergmannsversorgungsschein im Land Nordrhein- Westfalen vom 20. Dezember 1983 (BVSG NW) bedurfte. § 100 Abs. 1 Nr. 2a knüpft hinsichtlich der Beschäftigungsdauer von mindestens 20 Jahren begrifflich an die Beschäftigung im Steinkohlenbergbau an. Anknüpfungspunkt ist damit das Tätigkeitsfeld, in dem der Arbeitnehmer beschäftigt wird und nicht das überwiegende Betätigungsfeld des Betriebs oder Unternehmens, das ihn dort einsetzzte. Die dagegen erhobene Aufklärungsrüge der Beklagten geht - ungeachtet ihrer Zulässigkeit - ins Leere. Entgegen ihrer Auffassung ist das Tatbestandsmerkmal der Beschäftigung im Steinkohlenbergbau jedenfalls erfüllt, wenn Arbeitnehmer bei einem Arbeitgeber im Rahmen des Steinkohlenabbaus eingesetzt werden.

(2) Eine Beschäftigung im "deutschen" Steinkohlenbergbau setzt voraus, dass der Arbeiter in einem der in § 100 Abs. 2 MTV benannten Reviere tätig war.

Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der in § 100 Abs. 2 MTV enthaltenen Definition des deutschen Steinkohlenbergbaus. Nach § 100 Abs. 2 MTV sind "deutscher Steinkohlenbergbau" im Sinne von § 100 Abs. 1 MTV die Reviere Ruhr, Aachen, Niedersachsen, Westoberschlesien, Ostoberschlesien, Niederschlesien, Sachsen und Saar. § 100 Abs. 2 MTV stellt damit durch die Bezugnahme auf die Reviere allein auf die geographische Lage ab. Entgegen der Auffassung der Beklagten hängt die Bezugsberechtigung nicht davon ab, ob der Arbeitgeber eine in Deutschland ansässige Gesellschaft ist oder das Arbeitsverhältnis unter den Geltungsbereich des MTV fällt. Das Unternehmen muss auch nicht Mitglied eines der in § 100 Abs. 1 Nr. 2a MTV benannten Unternehmensverbände sein. Diese Voraussetzung ist ausdrücklich auf die letzten fünf Jahre der Beschäftigung im Steinkohlenbergbau bezogen.

cc. Eine mindestens 20-jährige Beschäftigung im deutschen Steinkohlenbergbau ist gegeben.

Der Kläger hat während seiner Tätigkeit für die Firma R ausschließlich in der Zeche P in B gearbeitet. Diese gehört zum Revier Ruhr und damit zum deutschen Steinkohlenbergbau. Das Landesarbeitsgericht hat auch festgestellt, dass der Kläger unter Tage zum Abbau und zur Förderung von Steinkohle eingesetzt war. Diese Feststellung ist für das Revisionsgericht gem. § 559 Abs. 2 ZPO bindend. Zulässige Verfahrensrügen hat die Beklagte dagegen nicht erhoben. Zwar hat sie geltend gemacht, das Landesarbeitsgericht habe den Sachverhalt nicht aufgeklärt. Das erfüllt nicht die Darlegungsanforderungen an eine nach § 139 ZPO zulässige Rüge. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts muss derjenige, der eine Verletzung von § 139 ZPO rügt, im Einzelnen angeben, welche Fragen vom Berufungsgericht hätten gestellt werden müssen und was er darauf erwidert hätte. Der unterbliebene Sachvortrag muss über die Rüge des § 139 ZPO schlüssig nachgeholt werden. Ohne diese Angabe lässt sich nicht prüfen, ob die Ausübung des Fragerechts, wenn sie angebracht war, zu einem anderen Ergebnis hätte führen können (5. Juli 1979 - 3 AZR 197/78 - BAGE 32, 56 = AP BGB § 242 Ruhegehalt-Unterstützungskassen Nr. 9 = EzA BGB § 242 Ruhegeld Nr. 78, zu II 1 b der Gründe; 12. April 2000 - 5 AZR 704/98 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Einzelhandel Nr. 72, zu II 1 a der Gründe). Der bloße Hinweis auf eine unzureichende Aufklärung des Sachverhalts erfüllt diese Voraussetzungen nicht.

III. Dem Kläger steht entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts keine monatliche Energiebeihilfe von 73,63 Euro zu, sondern für die Bezugsjahre ab 1. Juli 2001 nur eine in einer Summe am Ende des Bezugsjahres zu zahlende Energiebeihilfe von 305,50 Euro brutto. Dabei beläuft sich sein Anspruch für das Bezugsjahr vom 1. Juli 2002 bis zum 30. Juni 2003 auf nur 280,04 Euro; für den Monat September 2002 hat der Kläger keinen Antrag gestellt.

1. Das Landesarbeitsgericht hat nicht geprüft, ob der Vortrag des Klägers zur Höhe der begehrten Energiebeihilfe schlüssig ist. Er ist davon ausgegangen, dass die vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlte Energiebeihilfe von - unstreitig - 73,63 Euro monatlich in unveränderter Höhe monatlich geschuldet ist. Das ist mit den tariflichen Regelungen nicht zu vereinbaren. Zum einen erhält der aktive, verheiratete Arbeiter, soweit er mit seiner Familie einen gemeinsamen Haushalt führt, nach § 88, § 90 und § 99 MTV eine Energiebeihilfe für bis zu sieben Tonnen Hausbrandkohlen, der ausgeschiedene Arbeiter jedoch gem. § 102 Abs. 2 MTV nur für 2,5 Tonnen. Zum anderen liegt nach § 104 Abs. 2 MTV die Höhe der Energiebeihilfe bei Rentnern um 8,00 DM (4,09 Euro) pro Tonne unter dem für aktive Arbeiter. Die Energiebeihilfe des Klägers beträgt deshalb auf der Grundlage der Festlegung der Tarifvertragsparteien nach § 99 Abs. 3 MTV für ein Bezugsjahr 305,50 Euro (2,5 t x 122,20 EUR/t).

2. Aus § 104 MTV ergibt sich auch kein Anspruch auf monatliche Zahlung der Energiebeihilfe. Nach § 104 Abs. 1 Satz 3 MTV wird die Energiebeihilfe bei ausgeschiedenen Arbeitnehmern in einer Summe ausgezahlt, wobei mangels abweichender Anhaltspunkte davon auszugehen ist, dass die Zahlung am Ende des Bezugsjahres fällig ist. Daran ändert die von der Beklagten zunächst praktizierte monatliche Zahlungsweise nichts. Damit ist keine vertragliche Bindung begründet worden, die Energiebeihilfe abweichend von der tariflichen Regelung in monatlichen Teilbeträgen zu zahlen, auch nicht unter dem Gesichtspunkt der betrieblichen Übung.

3. Dementsprechend hat der Kläger einen Anspruch von 305,50 Euro brutto je Bezugsjahr. Hinsichtlich des Bezugsjahres vom 1. Juli 2002 bis 30. Juni 2003 kann ihm jedoch nur ein Betrag von 280,04 Euro zuerkannt werden; für den Monat September 2002 hat er keine Energiebeihilfe beantragt. Denn der Antrag zu 1 umfasst die Monate bis einschl. August 2002 und der Antrag zu 2 ausdrücklich die Monate ab Oktober 2002. Dementsprechend sind dem Kläger für das Bezugsjahr 2002/2003 gemäß § 308 Abs. 1 ZPO nur 280,04 Euro brutto zuzusprechen.

4. Im Übrigen können dem Kläger auf anteilige Energiebeihilfe für die Monate Juli und August 2002 keine Zinsen zugesprochen werden. Die Monate Juli und August 2002 fallen in das vom 1. Juli 2002 bis 30. Juni 2003 laufende Bezugsjahr; die auch diese Monate umfassende Energiebeihilfe ist gem. § 104 Abs. 1 Satz 3 MTV erst am Ende des Bezugsjahres in einer Summe fällig.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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