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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 30.05.2001
Aktenzeichen: 4 AZR 270/00
Rechtsgebiete: BAT 1975, Anl. 1 a zum BAT/BL, BGB


Vorschriften:

BAT 1975 § 22
BAT 1975 § 23
BAT 1975 § 23 b
Anl. 1 a zum BAT/BL VergGr. V b Fallgr. 1 a
Anl. 1 a zum BAT/BL VergGr. IV b Fallgr. 1 a
Anl. 1 a zum BAT/BL VergGr. IV a Fallgr. 1 a
Anl. 1 a zum BAT/BL VergGr. III Fallgr. 1 a
Anl. 1 a zum BAT/BL VergGr. II a Fallgr. 10
BGB § 242
Eine tariflich unterwertige Tätigkeit wird auf die Bewährungszeit für einen Fallgruppenbewährungsaufstieg nicht angerechnet, wenn dem Angestellten diese Tätigkeit mit seinem Einverständnis übertragen worden ist und ihm die mögliche tarifliche Unterwertigkeit der Tätigkeit bekannt war.
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

4 AZR 270/00

Verkündet am 30. Mai 2001

In Sachen

hat der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 30. Mai 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Schliemann, die Richter am Bundesarbeitsgericht Bott und Dr. Wolter, den ehrenamtlichen Richter Gotsche und die ehrenamtliche Richterin Kralle-Engeln für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 3. November 1999 - 18 Sa 436/99 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 16. Dezember 1998 - 9 Ca 2639/98 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger bereits ab dem 1. Februar 1998 auf Grund des Bewährungsaufstiegs Vergütung nach VergGr. II a BAT/BL zusteht.

Der am 4. August 1959 geborene Kläger ist verheiratet und hat zwei Kinder. Auf Grund des zwischen den Parteien am 13. Oktober 1992 abgeschlossenen Arbeitsvertrags ist der Kläger seit dem 1. November 1992 bei dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Bundesamt) tätig. Aufgabe des Klägers ist die Vorprüfung und Entscheidung über Asylanträge als entscheidungsbefugter und weisungsunabhängiger Mitarbeiter (Einzelentscheider). Kraft Tarifgebundenheit und auf Grund arbeitsvertraglicher Vereinbarung bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung. Über die Tätigkeit der Einzelentscheider hat die Beklagte eine Tätigkeitsdarstellung und -bewertung mit dem Stand 1. Juli 1992 erstellt, die die Bewertung der Tätigkeit nach VergGr. III Fallgr. 1 a BAT/BL ausweist. Seit dem 1. Februar 1993 wird der Kläger nach VergGr. III BAT/BL vergütet.

Mit Schreiben vom 21. September 1994 informierte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge ihre Mitarbeiter über die beabsichtigte Beschäftigung von Mitarbeitern des Bundesamts bei der Bundesanstalt für Arbeit (BA). In dem Schreiben heißt es ua.:

...

zur Auslastung gegenwärtiger personeller Überkapazitäten des gehobenen Dienstes im Verfahrensbereich habe ich in Gesprächen mit der Bundesanstalt für Arbeit (BA) interessante und qualifizierte Aufgaben für Beschäftigte unserer Behörde gewinnen können.

...

Ihr Einsatz soll bei der BA im Rahmen von Abordnungen für Beamtinnen und Beamte bzw. Zuweisungen für Angestellte erfolgen. Die Dauer der Maßnahme ist zunächst auf ein Jahr befristet.

Einsatzmöglichkeiten stehen bundesweit zur Verfügung. Einsätze sollen vorzugsweise in der Nähe des bisherigen Dienst-/Wohnortes erfolgen.

Die überwiegende Anzahl dieser Dienstposten ist mit Verg. Gr. V b/IV b BAT bzw. A 9/A 10 BBesO bewertet.

Ich habe beim BMI beantragt, dass die Eingruppierung von angestellten Einzelentscheiderinnen und Einzelentscheidern für die Dauer der Zuweisung unberührt bleibt, Herabgruppierungen trotz vorübergehender unterwertiger Beschäftigung nicht erfolgen und die Tätigkeit bei der BA keinerlei schädliche Auswirkungen auf den Bewährungsaufstieg nach Verg. Gr. II a BAT hat.

Die Einzelentscheiderinnen und Einzelentscheider bleiben auch während der Maßnahme beim Bundesamt beschäftigt und kehren nach Ablauf der Tätigkeit bei der BA zum BAFl zurück.

...

Interessierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden gebeten, den in Anlage beigefügten Personalbogen auszufüllen und über die jeweilige Referatsleiterin/den jeweiligen Referatsleiter bis zum 14.10.1994 an das Referat Z 1.1 zu richten.

Unter dem 14. Oktober 1994 teilte der Kläger der Beklagten folgendes mit:

Anliegend übersende ich den ausgefüllten Personalbogen betreffend den zeitweiligen Einsatz bei der Bundesanstalt für Arbeit.

An einer zeitweiligen Zuweisung zur BA besteht meinerseits ein grundsätzliches Interesse. Eine endgültige Zustimmung zu einer solchen Zuweisung kann durch mich aber nur im Falle einer positiven Klärung der nachfolgenden Bedingungen durch das Bundesamt erfolgen:

1. Einsatzort AA C

2. Sicherstellung der Weitergewährung von BAT III und ggf. der BAFl-Zulage während der Einsatzzeit bei der BA

3. Keine negativen Auswirkungen durch den Einsatz bei der BA in Bezug auf den Bewährungsaufstieg nach BAT II a

4. Rückkehr zum BAFl M bei gleicher Eingruppierung

5. Beibehaltung der mir durch das BAFl zugesagten Umzugskostenvergütung

Eine individuelle Antwort der Beklagten hierauf erhielt der Kläger nicht. Im Schreiben der Beklagten vom 26. Oktober 1994 an die Einzelentscheider ist zur Beschäftigung von Mitarbeitern des Bundesamtes bei der BA ua. ausgeführt:

...

Angestellte, die sich abordnen lassen, werden ihren Vergütungsanspruch behalten. Der Lauf der Bewährungszeit für den Aufstieg von Verg. Gr. III nach II a BAT wird durch die Beschäftigung bei der Bundesanstalt für Arbeit allenfalls gehemmt, d.h. die bisher abgeleisteten Bewährungszeiten gehen nicht verloren. Jedoch besteht die Zusage des BMI, sobald bekannt sein wird, wieviele Mitarbeiter von diesen Auswirkungen überhaupt betroffen sein werden, mit uns und dem BMF über die Frage der Anrechnung auch der Zeiten bei der BA nochmals zu verhandeln. Dabei will der BMI dafür eintreten, dass diese Zeiten angerechnet werden, wenn sich die finanziellen Auswirkungen dieser Maßnahme in angemessenem Rahmen halten.

Das Programm zur zeitweisen Beschäftigung der Mitarbeiter der Beklagten bei der BA war auch Thema eines Interviews mit dem Leiter der zuständigen Projektgruppe in der Sonderausgabe der Zeitschrift für Angehörige der BA vom 14. November 1994.

Der Einsatz bei der BA wurde dem Kläger mit dem Schreiben vom 22. Mai 1995 mit folgendem Inhalt mitgeteilt:

...

Zuweisung von Angestellten des Bundesamtes für Anerkennung ausländischer Flüchtlinge zur Bundesanstalt für Arbeit

Sehr geehrter Herr M,

hiermit weise ich Sie mit Ihrem Einverständnis mit Wirkung vom 01.06.1995 der Bundesanstalt für Arbeit zu. Da eine Personalkostenerstattung nur bis Ende 1995 möglich ist, wird die Zuweisung nur bis 31.12.1995 ausgesprochen.

Zum Dienstantritt melden Sie sich bitte am 01.06.1995 um 8.00 Uhr beim Arbeitsamt C, H Straße 1, C, in der Personalstelle.

Ihre Vergütung bleibt durch die Zuweisung zur Bundesanstalt für Arbeit unverändert.

Durch die Zuweisung zur Bundesanstalt für Arbeit entstehen Ihnen hinsichtlich der Möglichkeit späterer Verwendungen im Bundesamt oder der Bewerbung auf ausgeschriebene Stellen gegenüber den anderen Mitarbeitern des Bundesamtes keine Nachteile.

...

Die Tätigkeit des Klägers bei dem Arbeitsamt in C endete am 5. November 1995.

Mit Schreiben vom 27. Januar 1998 teilte die Beklagte dem Kläger folgendes mit:

Sie sind seit dem 01.02.1993 als entscheidungsbefugter Mitarbeiter (Einzelentscheider) eingesetzt. Nach 5jähriger Bewährung könnten Sie zum 01.02.1998 von der VergGrp III Fg 1 a BAT in die VergGrp II a Fg 10 BAT höhergruppiert werden.

In der Zeit vom 01.06.1995 bis 05.11.1995 waren Sie der Bundesanstalt für Arbeit, Arbeitsamt C, zugewiesen. Sie waren dort als Sachbearbeiter für Angelegenheiten nach dem Sozialgerichtsgesetz eingesetzt. Diese Tätigkeiten sind nach VergGrp IV b MTA bewertet.

Gemäß Erlaß BMI können die bei der Bundesanstalt für Arbeit wahrgenommenen entscheiderfremden Tätigkeiten nicht auf die vorgeschriebene 5jährige Bewährungszeit für den Fallgruppenaufstieg gemäß § 23 b BAT von VergGrp III Fg 1 a BAT nach VergGrp IIa Fg 10 BAT angerechnet werden. Es handelt sich hierbei um eine sogenannte bewährungshemmende Unterbrechung, d. h. die bei der Bundesanstalt für Arbeit ausgeübte Beschäftigung führt nicht zum Wegfall der Anrechenbarkeit der vorher als Einzelentscheider verbrachten Zeit. Der Zeitpunkt der Höhergruppierung wird lediglich um die Zeit der Beschäftigung beim Arbeitsamt C hinausgeschoben.

Sie können somit frühestens zum 06.07.1998 in die Vergütungsgruppe IIa Fg 10 BAT höhergruppiert werden.

Der Kläger machte mit Schreiben vom 10. Februar 1998 an die Beklagte geltend, daß ihm auf Grund des Bewährungsaufstiegs bereits ab dem 1. Februar 1998 die Vergütung nach VergGr. II a BAT/BL zustehe. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 25. Februar 1998 an ihrer Rechtsauffassung festgehalten.

Mit seiner Klage macht der Kläger die von ihm beanspruchte höhere Vergütung nach VergGr. II a BAT für den Zeitraum von Februar bis einschließlich Juni 1998 geltend. Er hat die Meinung vertreten, daß er seit dem 1. Februar 1998 in VergGr. II a Fallgr. 10 BAT/BL eingruppiert sei. Der Zeitraum der Tätigkeit bei der BA sei auf die Bewährungszeit anzurechnen. Jedenfalls habe er mit der Beklagten eine einzelvertragliche Abrede darüber getroffen, daß eine Hemmung der Bewährungszeit nicht eintreten solle. In seinem Schreiben vom 14. Oktober 1994 habe er das Einverständnis zur Tätigkeit bei der BA davon abhängig gemacht. Mit dem Schreiben vom 22. Mai 1995 habe die Beklagte dieses Angebot angenommen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht hat der Kläger ua. behauptet, die Schreiben des Bundesamtes vom 21. September 1994 und vom 26. Oktober 1994 seien ihm nicht bekannt gewesen. Keinesfalls habe er auf die Anrechnung der Tätigkeit bei der BA auf die Bewährungszeit verzichtet. Es seien zwar während der Planung der Versetzung mehrere Telefongespräche geführt worden. An ein Gespräch mit der von der Beklagten als Zeugin benannten Frau Beringer über die Hemmung der Bewährungszeit könne er sich beim besten Willen nicht erinnern.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.668,75 DM brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich daraus ergebenden Nettobetrag seit dem 1. Juli 1998 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Eine tarifliche Anrechnung der Tätigkeit bei der BA auf die Bewährungszeit scheitere daran, daß bei der BA ein eigener Tarifvertrag existiere und somit schon aus diesem Grund eine Gleichwertigkeit mit Tätigkeiten der VergGr. III Fallgr. 1 a BAT/BL ausscheide. Eine einzelvertragliche Vereinbarung über eine Anrechnung der Abordnungszeit sei nicht zustande gekommen. Dem Kläger sei nicht zugesagt worden, daß die Zeit der Abordnung keinerlei schädliche Auswirkungen auf den Bewährungsaufstieg habe. Vielmehr habe der Kläger in dem Telefongespräch mit Frau B am 23. November 1994 erklärt, daß er die Bewerbung für die Beschäftigung bei der BA auch bei der Hemmung der Bewährung aufrechterhalte. Das ergebe sich aus dem über dieses Gespräch erstellten Vermerk.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit ihrer Revision beantragt die Beklagte, daß die Klage unter Aufhebung bzw. Abänderung der vorinstanzlichen Urteile abgewiesen wird. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Abweisung der Klage.

I. Dem Kläger steht die höhere Vergütung nach VergGr. II a BAT/BL für den streitbefangenen Zeitraum nicht zu. Der Kläger ist nicht bereits ab dem 1. Februar 1998 auf Grund des Bewährungsaufstiegs aus VergGr. III Fallgr. 1 a BAT/BL in VergGr. II a Fallgr. 10 BAT/BL eingruppiert. Auf die Bewährungszeit war die Zeit der tarifrechtlich geringer bewerteten Tätigkeit des Klägers bei der BA vom 1. Juni 1995 bis zum 5. November 1995 nicht anzurechnen. Die Beklagte hat dem Kläger die Anerkennung dieser Tätigkeit als Bewährungszeit nicht zugesagt; es ist ihr auch nicht verwehrt, sich auf die Hemmung der Bewährungszeit zu berufen.

1. Das Landesarbeitsgericht hat erkannt, daß der Kläger auf Grund des Bewährungsaufstiegs seit dem 1. Februar 1998 in VergGr. II a Fallgr. 10 BAT/BL eingruppiert sei. Seit dem 1. Februar 1993 sei er in VergGr. III Fallgr. 1 a BAT/BL eingruppiert; das sei zwischen den Parteien unstreitig und ergebe sich aus der pauschalen Überprüfung der Tätigkeitsdarstellung und -bewertung vom 1. Juli 1992. Auf Grund der tatsächlichen Bewährung sei der Bewährungsaufstieg nach Ablauf von fünf Jahren zum 1. Februar 1998 erfolgt. Die Bewährung sei während der Tätigkeit des Klägers bei der BA nicht gehemmt gewesen. Es komme nicht darauf an, ob während dieses Zeitraums die tariflichen Voraussetzungen der VergGr. III BAT/BL erfüllt gewesen seien, weil sich die Beklagte jedenfalls nicht auf eine etwaige tariflich geringerwertige Tätigkeit berufen könne. Denn mit der Zuweisung einer geringerwertigen Tätigkeit hätte die Beklagte die Grenzen ihres Direktionsrechts überschritten. Der Kläger habe einen vertraglichen Anspruch auf Beschäftigung entsprechend der Eingruppierung in VergGr. III Fallgr. 1 a BAT/BL. Es sei kein Vertrag mit dem Inhalt zustande gekommen, daß der Kläger auf diesen Anspruch auf eine seiner Eingruppierung entsprechende Beschäftigung während der Zeit der Tätigkeit bei der BA verzichtet habe.

Dem kann nicht gefolgt werden.

2. Dem Kläger steht die von ihm begehrte Vergütung nach VergGr. II a BAT/BL ab dem 1. Februar 1998 tarifrechtlich nicht zu.

a) Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden auf Grund § 2 des Arbeitsvertrages vom 13. Oktober 1992 ebenso wie auf Grund der nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts gegebenen beiderseitigen Tarifgebundenheit die Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages für den Bereich des Bundes und der Tarifgemeinschaft Deutscher Länder (BAT/BL) Anwendung.

b) Die für den streitigen Vergütungsanspruch des Klägers einschlägigen Tätigkeitsmerkmale des Allgemeinen Teils der Anl. 1 a zum BAT/BL lauten, soweit es um den hier streitigen Bewährungsaufstieg geht:

Vergütungsgruppe II a

...

10. Angestellte im Büro-, Buchhalterei, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich durch das Maß der damit verbundenen Verantwortung erheblich aus der Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 1 a heraushebt,

nach fünfjähriger Bewährung in Vergütungsgruppe III Fallgruppe 1 a.

(Hierzu Protokollnotiz Nr. 9)

Vergütungsgruppe III

1 a. Angestellte im Büro-, Buchhalterei, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich durch das Maß der damit verbundenen Verantwortung erheblich aus der Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 1 a heraushebt.

(Hierzu Protokollnotiz Nr. 9)

...

c) Die tariflichen Voraussetzungen für den vom Kläger begehrten Bewährungsaufstieg aus der VergGr. III Fallgr. 1 a BAT/BL in die VergGr. II Fallgr. 10 BAT/BL zum 1. Februar 1998 sind nicht erfüllt.

Dabei kann offenbleiben, ob der Kläger als Einzelentscheider zutreffend in VergGr. III Fallgr. 1 a BAT/BL eingruppiert war und somit die beanstandungsfreie Tätigkeit in dieser Funktion die Voraussetzungen für den Bewährungsaufstieg in die VergGr. II a Fallgr. 10 BAT/BL "nach fünfjähriger Bewährung in der VergGr. III Fallgr. 1 a" erfüllt. Das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. III Fallgr. 1 a BAT/BL baut auf anderen Tätigkeitsmerkmalen auf (VergGr. IV a Fallgr. 1 a, VergGr. IV b Fallgr. 1 a, VergGr. V b Fallgr. 1 a BAT/BL). Bei Aufbaufallgruppen ist die Tätigkeit daraufhin zu überprüfen, ob sie die Anforderungen der Ausgangsfallgruppe und der darauf aufbauenden Fallgruppen erfüllt (st. Rspr. des Senats ua. 22. Juli 1998 - 4 AZR 333/97 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 256 mwN). Das Landesarbeitsgericht hat lediglich ausgeführt, daß die Erfüllung der Voraussetzungen für die Eingruppierung des Klägers als Einzelentscheider in VergGr. III Fallgr. 1 a BAT/BL zwischen den Parteien unstreitig sei und sich nach einer pauschalen Überprüfung der Tätigkeitsdarstellung und -bewertung vom 1. Juli 1992 ergebe. Zwar bedarf es nur einer pauschalen Prüfung der tariflichen Bewertung, soweit diese zwischen den Parteien unstreitig ist. Aber auch eine pauschale Prüfung muß aufzeigen, auf Grund welcher tatsächlichen Umstände die tariflichen Voraussetzungen erfüllt sind. Es reicht grundsätzlich nicht, nur das Ergebnis der pauschalen Überprüfung anzugeben. Ob die Anforderungen an eine pauschale Überprüfung durch das Landesarbeitsgericht vorliegend durch die Verweisung auf die ausführliche Tätigkeitsdarstellung und -bewertung erfüllt sind, kann offenbleiben. Denn jedenfalls war auf die Bewährungszeit die Zeit der Tätigkeit des Klägers bei der BA in dem Zeitraum vom 1. Juni bis zum 5. November 1995 nicht anzurechnen. Der Kläger hat weder behauptet noch gar substantiiert dargelegt, daß er während seiner Tätigkeit beim Arbeitsamt, deren tarifliche Bewertung sich wegen der fortbestehenden Arbeitgeberstellung des Bundesamtes weiterhin nach dem BAT/BL und nicht nach dem Manteltarifvertrag für die Angestellten der BA (MTA) richtet, eine der VergGr. III Fallgr. 1 a BAT entsprechende Tätigkeit ausgeübt habe.

3. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist es der Beklagten nicht verwehrt, sich auf die Hemmung der Bewährungszeit während der Zeit der Tätigkeit des Klägers bei der BA zu berufen.

a) Richtig ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Landesarbeitsgerichts. Einem Angestellten im öffentlichen Dienst können im Rahmen des Weisungsrechts alle Tätigkeiten übertragen werden, die die Merkmale der für sie maßgebenden Vergütungsgruppe erfüllen (BAG 30. August 1995 - 1 AZR 47/95 - AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 44 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 14; 24. April 1996 - 4 AZR 976/94 - AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 49 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 17). Hat sich der Arbeitgeber nicht im Rahmen des ihm zustehenden Weisungsrechts gehalten, so kann er sich jedenfalls dann nicht darauf berufen, daß der Angestellte tatsächlich nur eine geringerwertige Tätigkeit ausgeübt hat, wenn er selbst zu erkennen gegeben hat, daß nach seiner Meinung die zugewiesene neue Tätigkeit nach der bisherigen höheren Vergütungsgruppe zu bewerten sei. Der Angestellte ist bei Zuweisung einer geringerwertigen Tätigkeit, die nicht im Rahmen des Weisungsrechts des Arbeitgebers liegt, so zu behandeln, als hätte er eine Tätigkeit ausgeübt, die seiner auszuübenden Tätigkeit entspricht (BAG 9. Oktober 1968 - 4 AZR 126/68 - BAGE 21, 174).

b) Hierauf kommt es vorliegend jedoch nicht an. Die Beklagte hat die Grenzen ihres Direktionsrechts schon deshalb nicht überschritten, weil der Kläger mit seinem Einverständnis bei der BA tätig war. Ihm war auch bewußt, daß diese Tätigkeit tariflich geringerwertig sein konnte.

aa) Auch das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, daß die Tätigkeit des Klägers bei der BA mit seinem Einverständnis erfolgte. Das ist angesichts des Geschehensablaufs zutreffend. Die Beklagte hat in dem Schreiben vom 21. September 1994 an die interessierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gebeten, den als Anlage beigefügten Personalbogen auszufüllen und abzugeben. Der Kläger hat mit Schreiben vom 14. Oktober 1994 sein grundsätzliches Interesse bekundet, den ausgefüllten Personalbogen beigefügt und seine endgültige Zustimmung von der positiven Klärung mehrerer Punkte abhängig gemacht. Die Beklagte hat in ihrem Schreiben vom 22. Mai 1995 ausdrücklich erklärt, daß die Zuweisung der Tätigkeit bei der BA mit dem Einverständnis des Klägers erfolge. Der Kläger hat daraufhin seinen Dienst bei der BA aufgenommen, ohne insoweit Einwände zu erheben. In keiner Phase dieses Geschehensablaufes ist zum Ausdruck gekommen, daß die Tätigkeit des Klägers bei der BA gegen seinen Willen erfolgt ist. Das hat der Kläger auch nicht behauptet.

bb) Dem Kläger war aber auch bekannt, daß die Tätigkeit bei der BA tariflich geringerwertig sein konnte.

Bereits im Schreiben vom 21. September 1994 hat die Beklagte darauf hingewiesen, daß die überwiegende Zahl der bei der BA zur Verfügung stehenden Einsatzmöglichkeiten tariflich geringer bewertet sei. Hinsichtlich der tarifrechtlichen Folgen hat die Beklagte lediglich ausgeführt, daß beim BMI beantragt worden sei, daß Herabgruppierungen nicht erfolgen und die Tätigkeit bei der BA keinerlei schädliche Auswirkungen auf den Bewährungsaufstieg haben sollten. Der Kläger hat in seinem Schreiben vom 14. Oktober 1994 diesen Punkt ausdrücklich als einen der in seinem Sinne zu klärenden Punkte genannt. In dem an alle Einzelentscheider und somit auch an den Kläger gerichteten Schreiben vom 26. Oktober 1994 hat die Beklagte lediglich zugesagt, daß der Vergütungsanspruch erhalten bliebe. Zur Frage des Bewährungsaufstiegs aus VergGr. III BAT in VergGr. II a BAT/BL hieß es, daß dieser allenfalls gehemmt werde, dh. die bisher abgeleisteten Bewährungszeiten nicht verloren gingen. Im übrigen wurde auf weitere Verhandlungen darüber zwischen dem BMI und dem BMF verwiesen. Das deckte sich mit den Erklärungen des Leiters der zuständigen Projektgruppe in dem in der Zeitschrift für Angehörige der BA vom 14. November 1994 veröffentlichten Interview. Danach lag eine positive Entscheidung des BMI in Abstimmung mit dem BMF dahingehend vor, daß der Einsatz bei der BA die Zeit für den Bewährungsaufstieg nur hemme. Auch in dem Schreiben der Beklagten vom 22. Mai 1995 an den Kläger ist keinerlei Zusage enthalten, daß die Tätigkeit bei der BA auf die Bewährungszeit angerechnet werde. Die Zusagen beschränken sich vielmehr ausdrücklich ua. darauf, daß die Vergütung durch die Zuweisung zur BA unverändert bleibe und daß dem Kläger dadurch hinsichtlich der Möglichkeit späterer Verwendungen und Bewerbungen auf ausgeschriebene Stellen gegenüber anderen Mitarbeitern des Bundesamtes keine Nachteile entständen.

Somit hat es bei den Parteien zu keinem Zeitpunkt Zweifel darüber gegeben, daß die Tätigkeit bei der BA tarifrechtlich geringerwertig sei und somit den Bewährungsaufstieg hemmen konnte. Lediglich die Bereitschaft und das Bemühen der Beklagten, sich gegenüber dem BMF für eine freiwillige Anrechnung der Tätigkeit bei der BA auf die Bewährungszeit einzusetzen, ist wiederholt erklärt worden.

Dem steht die Behauptung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht, daß ihm die Schreiben der Beklagten vom 21. September und vom 26. Oktober 1994 nicht zugegangen seien, nicht entgegen. Diese Behauptung kann angesichts der unstreitigen Umstände und der eigenen widersprüchlichen früheren Darlegungen des Klägers nur als Schutzbehauptung angesehen werden. So hat der Kläger in der Klageschrift unter Beifügung einer Kopie des Schreibens vom 21. September 1994 als Anlage dargelegt: "Mit Schreiben vom 21. September 1994 hat das Bundesamt gegenüber den Einzelentscheidern für eine Tätigkeit bei der Bundesanstalt für Arbeit geworben". Es ist auch nicht nachvollziehbar, daß der Kläger den Bewerbungsbogen ausgefüllt hat, und daß die von ihm in seinem begleitenden Schreiben vom 14. Oktober 1994 gestellten Bedingungen für den Einsatz bei der BA zT mit den in dem Schreiben der Beklagten vom 21. September 1994 angesprochenen Fragen korrespondieren, er aber dieses Schreiben der Beklagten vom 21. September 1994, dem der Bewerbungsbogen beigefügt war, nicht erhalten haben will. Jedenfalls hatte der Kläger zumindest Kenntnis über den Inhalt des Schreibens der Beklagten vom 21. September 1994. Im übrigen spricht der Kläger in seinem als Anlage zur Klage überreichten Schreiben vom 10. Februar 1998 nicht nur von weiteren Schreiben des Bundesamtes, sondern auch von dem Schreiben vom 26. Oktober 1994. Außerdem verweist er auf Telefongespräche mit Mitarbeitern der Beklagten vor dem Einsatz bei der BA über die Bedingungen dieser Beschäftigung.

cc) Auf Grund des Einverständnisses des Klägers mit der Tätigkeit bei der BA im Wissen darum, daß dieser Einsatz tarifrechtlich geringerwertig sein und die Bewährungszeit hemmen könnte, ist es der Beklagten nicht verwehrt, sich auf die Geringerwertigkeit der Tätigkeit des Klägers bei der BA zu berufen.

Es ist nicht treuwidrig, wenn die Beklagte zur Lösung der durch die personellen Überkapazitäten geschaffenen Lage den Kläger ebenso wie andere Beschäftigte mit deren Einverständnis vorübergehend tariflich geringerwertig beschäftigt, wenn die Beklagte die Betroffenen auf das Risiko hinsichtlich der Hemmung des Bewährungsaufstiegs hingewiesen hat. Das zeigt auch die vergleichende Bewertung zum Umfang des Direktionsrechts. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts erstreckt sich das Direktionsrecht des Arbeitgebers idR auf alle Tätigkeiten, die die Merkmale der Vergütungsgruppe erfüllen, in die der Angestellte eingruppiert ist, auch wenn aus der einschlägigen Fallgruppe der zugewiesenen Tätigkeit anders als bei der bisherigen Tätigkeit kein Bewährungsaufstieg möglich ist (BAG 30. August 1995 - 1 AZR 47/95 - AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 44 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 14). Dem Kläger hätte danach grundsätzlich auch eine nach VergGr. III BAT/BL vergütete, aber nicht zum Bewährungsaufstieg führende Tätigkeit übertragen werden können. Damit kann im Ergebnis im Rahmen des Direktionsrechts der Bewährungsaufstieg ganz verhindert werden. Der vorliegende mit Einverständnis des Klägers und mit Wissen um die möglichen tarifrechtlichen Folgen vorgenommene Einsatz des Klägers bei der BA führt im Ergebnis lediglich dazu, daß der Bewährungsaufstieg zeitlich verzögert worden ist.

dd) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kommt es nicht darauf an, ob eine Vereinbarung zwischen den Parteien dahingehend getroffen worden ist, daß die Bewährungszeit während der Tätigkeit bei der BA gehemmt sei bzw. daß der Kläger während dieser Zeit auf die seiner Eingruppierung entsprechende Beschäftigung verzichte. Auch ohne eine solche Vereinbarung kann sich die Beklagte darauf berufen, daß die Bewährungszeit tarifrechtlich während der Tätigkeit des Klägers bei der BA gehemmt war. Der Konsens der Parteien im Hinblick auf die Beschäftigung bei der BA beschränkte sich auf bestimmte Punkte, ua. den Erhalt der bisherigen Vergütung und der bisherigen Bewährungszeit. Demgegenüber war die Frage der Anrechnung der Tätigkeit bei der BA auf die Bewährungszeit offen geblieben, wovon auch das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgegangen ist. Das aber hat zur Folge, daß entsprechend den tariflichen Regelungen - wie dargelegt - die Bewährungszeit während der Tätigkeit bei der BA gehemmt war.

4. Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich zugleich, daß die Anrechnung der Tätigkeit des Klägers bei der BA auf die Bewährungszeit nicht - wie von dem Kläger geltend gemacht - Gegenstand einer Vereinbarung der Parteien war. Zweifelhaft ist bereits, ob das Schreiben des Klägers vom 14. Oktober 1994, in dem er positiv zu klärende Bedingungen für sein endgültiges Einverständnis benennt, als Angebot für eine Vereinbarung angesehen werden kann. Jedenfalls hat die Beklagte bei der Übertragung der Tätigkeit mit dem Schreiben vom 22. Mai 1995 keine Zusage im Hinblick auf die Anerkennung der Tätigkeit bei der BA als Bewährungszeit gemacht. Spätestens damit hätte die Beklagte jedenfalls das "Angebot" des Klägers abgelehnt und ein anderes Angebot gemacht (vgl. § 150 Abs. 2 BGB), das der Kläger mit der Aufnahme der Tätigkeit beim Arbeitsamt C und dem Verzicht auf jede Vorbehaltserklärung angenommen hätte.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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