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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 14.04.2004
Aktenzeichen: 4 AZR 322/03
Rechtsgebiete: TVG, BGB, SeemG
Vorschriften:
TVG § 2 Abs. 3 | |
TVG § 4 Abs. 1 | |
BGB § 133 | |
BGB § 157 | |
BGB § 328 Abs. 1 | |
SeemG § 53 |
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL
Verkündet am 14. April 2004
In Sachen
hat der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 14. April 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitgericht Schliemann, die Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Friedrich und Dr. Wolter sowie die ehrenamtliche Richterin Scherweit-Müller und den ehrenamtlichen Richter Bredendiek
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Auf die Revision der Beklagten zu 3 wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 4. April 2003 - 10 Sa 1845/01 - aufgehoben, soweit es der Berufung stattgegeben hat.
2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lingen vom 17. Oktober 2001 - 2 Ca 633/00 - wird insgesamt zurückgewiesen.
3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand:
Die Parteien streiten über restliche Heuer- und Urlaubsansprüche.
Der in Duisburg wohnende Kläger trat am 29. September 1989 in die Dienste der MS M Schifffahrts KG, der Rechtsvorgängerin der in H geschäftsansässigen Beklagten zu 3. Der Kläger ist philippinischer Staatsangehöriger und Mitglied der Gewerkschaft ver.di. Der Kläger arbeitete vom Beginn des Arbeitsverhältnisses an bis zum 1. September 1999 auf dem zuletzt von der Beklagten zu 3 bereederten Küstenmotorschiff "MS Maria D", das im Internationalen Seeschifffahrtsregister (ISR) registriert ist, als Decksmann/Koch. Die monatliche Bruttoheuer des Klägers betrug zuletzt 786,36 Euro, die Einzelüberstundenvergütung 4,24 Euro.
Unter dem 26. November 1991 schloss der Kläger mit der MS M Schifffahrts KG einen auf "ca. 4 Monate" befristeten Heuervertrag, in dem ua. Folgendes bestimmt ist:
"1. Die Reederei ist nicht tarifgebunden, es gelten somit weder Heuertarifvertrag noch MTV-See.
...
3. Nur für die Höhe der Heuer wird auf den HTV-See Bezug genommen, Einstufung: 1989
...
5. Alle Ansprüche hinsichtlich Heuer- und Urlaubsabrechnung sind vom Arbeitnehmer binnen einer Frist von einem Monat, seit Aushändigung der Heuerabrechnung an, schriftlich geltend zu machen und im Falle der Ablehnung binnen einer Frist von einem weiteren Monat einzuklagen.
..."
Die Parteien setzten das Arbeitsverhältnis über das in dem Heuervertrag vereinbarte Befristungsende hinaus fort.
Am 19. Oktober 1995 vereinbarten die Beklagte zu 3, vertreten durch die B GmbH (Beklagte zu 2), mit der International Transport Worker's Federation (Internationalen Transportarbeiter-Föderation - ITF), vertreten durch den ITF-Koordinator der ÖTV (jetzt ver. di) das "GIS-Fleet-Agreement" (ISR-Flottenvertrag) und das "Special Agreement to the GIS-Fleet-Agreement" (Sondervertrag zum ISR-Flottenvertrag). Die Musterverträge für diese Vereinbarungen waren im Jahre 1995 von der ÖTV im Auftrag der ITF und dem VDR ausgehandelt und von der ITF genehmigt worden. Der ITF, einer im Jahre 1896 gegründeten internationalen Gewerkschaftsorganisation mit Sitz in London, gehören mehr als 300 Gewerkschaften aus 131 Ländern an, darunter auch die ÖTV als eine von insgesamt zwei deutschen Gewerkschaften. Die ITF, die seit 1948 eine Kampagne gegen Billigflaggenschiffe führt, ist bemüht, mit den Reedern Musterverträge abzuschließen. Schiffe, deren Reeder sich mit der ITF auf diese Musterverträge verständigen, erhalten das sogenannte "blue certificate". Reeder, die den Abschluss der Musterverträge verweigern, müssen mit Boykottmaßnahmen rechnen. Seit dem Jahr 1950 verfügt die ITF über eine Sonderabteilung für Seeleute ("Special Seafarers' Department"). Dieser Abteilung können Seeleute als Einzelmitglieder beitreten, die sich nicht in nationalen Gewerkschaften organisieren können.
Die ITF hat ihre Ziele, Methoden und Aufgaben in der Satzung ua. wie folgt bestimmt:
"Artikel I
Ziele und Methoden
...
(2) Die Ziele der ITF bestehen in:
...
(c) der Unterstützung angeschlossener Organisationen bei der internationalen Verteidigung und Förderung der Interessen ihrer Mitglieder auf wirtschaftlicher, sozialer und beruflicher Ebene ...;
(d) der Unterstützung angeschlossener Organisationen durch Forschung und Information in bezug auf Probleme und Tendenzen, die die Interessen ihrer Mitglieder allgemein berühren, und besonders hinsichtlich Arbeitsbedingungen, Arbeitsgesetzgebung, gewerkschaftlicher Organisation und Bildungsarbeit, Kollektivverhandlungen und anderer Fragen, die mit der Verwirklichung der Ziele der ITF in Zusammenhang stehen;
(e) der Unterstützung der im Transport und in transportverwandten Industrien beschäftigten Arbeitnehmer bei der Verteidigung und Förderung ihrer wirtschaftlichen, sozialen, beruflichen, kulturellen und Bildungsinteressen.
(3) Die ITF sucht die vorstehend erwähnten Ziele wie folgt zu erreichen:
...
(b) durch die Unterstützung der angeschlossenen Organisationen bei gewerkschaftlicher Erfassung der noch nicht organisierten Beschäftigten im Transport, Verkehr und verwandten Industrien und Diensten, in der Bildungsarbeit und in ihren Bemühungen auf der Ebene der Gesetzgebung im allgemeinen und besonders in jenen Ländern, in denen die wirtschaftliche Entwicklung und der nationale Aufbau besondere Anstrengungen im Geiste der Brüderlichkeit und der internationalen Solidarität erfordern;
(c) durch die Förderung und Koordinierung von Aktionen gegenseitiger Unterstützung zwischen angeschlossenen Organisationen in einzelnen Ländern und durch geeignete Unterstützung angeschlossener Organisationen im Fall ihrer Verwicklung in Konflikte;
..."
(g) durch die Unterstützung der im Transport und in transportverwandten Industrien beschäftigten Arbeitnehmer, indem sie finanzielle oder materielle Hilfe für diese Arbeitnehmer bereitstellt oder bereitzustellen hilft.
...
"Artikel XIV
Beistand bei Konflikten
(1) Angeschlossene Organisationen können die ITF bei größeren Konflikten um Beistand ersuchen.
(2) Solcher Beistand kann in organisierter moralischer Unterstützung der Mitgliedsorganisation und ihres Standpunktes zu den Fragen bestehen, die den Konflikt auslösten, er kann Schritte bei nationalen Regierungen und zwischenstaatlichen Organisationen, finanzielle Unterstützung oder andere Maßnahmen einschließen, die je nach den gegebenen Umständen als geeignet erscheinen.
(3) Die ITF ist von der Wahrscheinlichkeit eines größeren Konfliktes so frühzeitig wie möglich in Kenntnis zu setzen. Außerdem sind ihr möglichst ausführliche Einzelheiten über die Ursachen des Konfliktes und über die umstrittenen Fragen sowie über die Einstellung der übrigen Mitgliedsorganisationen der ITF und anderer wichtiger Gewerkschaftsorganisationen des Landes, in dem der Konflikt besteht, zur Verfügung zu stellen.
(4) Eine angeschlossene Organisation, die vor einem größeren Konflikt steht, in den auch die ITF verwickelt werden könnte, darf die außerhalb ihres Landes befindlichen Mitgliedsorganisationen der ITF nicht direkt um Beistand ersuchen, ohne vorher den Generalsekretär der ITF zu konsultieren. Das gleiche gilt für Ansuchen um Unterstützung an nicht der ITF angeschlossene Organisationen im Ausland. Die Nichtbefolgung dieser Bestimmungen entbindet die ITF von ihrer Aufgabe, den erbetenen Beistand zu gewähren oder fortzusetzen.
(5) Sobald der Generalsekretär ein Ansuchen um Beistand erhält, wird er alle erforderlichen Schritte unternehmen, um sich mit dem Sachverhalt vertraut zu machen, und trifft sodann, falls notwendig nach Rücksprache mit dem Geschäftsführenden Ausschuß, die seines Erachtens geeigneten und sachdienlichen Maßnahmen.
..."
Nach Abschluss des ISR-Flottenvertrages und des Sondervertrages zum ISR-Flottenvertrag am 19. Oktober 1995 zwischen der ITF und der Beklagten zu 3 erhielt diese das "blue certificate" der ITF.
Der Sondervertrag zum ISR-Flottenvertrag, der nach den Regelungen in Anhang 1 auch für die "MS Maria D" galt, bestimmt ua. (in deutscher Übersetzung):
"Artikel 1:
Das Unternehmen verpflichtet sich,
a) die Schiffe gemäß deutschen Bemannungsvorschriften (SchBesV und UVV Bemannung) zu bemannen
und
(i) alle Seeleute, die im Besitz eines deutschen Patents bzw. eines Patents der Europäischen Union sind oder sich in der Ausbildung befinden, um ein derartiges Patent zu erwerben, sowie alle sonstigen in Frage kommenden Seeleute gemäß Heuertarifvertrag (HTV) und dem Manteltarifvertrag (MTV) zu beschäftigen, die jeweils zwischen der Gewerkschaft ÖTV und dem Verband Deutscher Reeder (VDR/VDK) ausgehandelt werden;
und
(ii) sonstige Mannschaftsmitglieder in Einklang mit dem mit der B GmbH bestehenden und weltweit gültigen GIS-Fleet-Agreement ... in seiner jeweils gültigen Fassung ... zu beschäftigen;
b) die Konditionen des entsprechenden ITF Approved Agreement in die mit den einzelnen Seeleuten geschlossenen Beschäftigungsverträge (die erforderlichenfalls bei der nationalen Behörde angemeldet werden) sowie in die Musterrolle aufzunehmen. Ein Seemann, der zu Bedingungen beschäftigt ist oder dem Beschäftigungsbedingungen angeboten werden, die für den Seemann nach Ansicht des ITF insgesamt günstiger sind, hat unbeschadet Artikel 1 Buchstabe a) weiterhin Anspruch auf Gewährung dieser günstigeren Konditionen;
...
d) dem ITF unverzüglich Kopien der Sondervereinbarung, der ITF Approved Agreements, der (falls erforderlich angemeldeten) Beschäftigungsverträge, der Musterrolle (in ordnungsgemäß abgeänderter Form), der Mannschaftsliste, der Bemannungsordnung sowie eines Nachweises über ausreichenden Versicherungsschutz vorzulegen;
...
f) an Bord die tatsächlichen Arbeitszeiten der Seeleute und die an die Seeleute geleisteten Zahlungen genau und wahrheitsgemäß zu dokumentieren, Lohn- und Gehaltslisten zu führen und/oder die einzelnen Lohnzettel der Seeleute sowie Kopien der Sondervereinbarung, der ITF Approved Agreements und des gemäß Artikel 2 ausgestellten ITF Blue Certificate aufzubewahren und jedem Seemann jederzeit Einsicht in diese Dokumente zu gewähren;
g) es Vertretern des ITF zu gestatten bzw. umgehend eine Genehmigung einzuholen, die es Vertretern des ITF erlaubt, mit den Seeleuten zu sprechen und Kopien sämtlicher Dokumente anzufertigen, und zwar unabhängig davon, ob das Schiff am Liegeplatz liegt und ob sich die Seeleute an Bord befinden;
...
i) einen Seemann weder aufzufordern noch von ihm zu verlangen, ein Dokument zu unterschreiben, durch das der Seemann Rechte aufgibt, die ihm aus dieser Vereinbarung erwachsen. Das Unternehmen erklärt sich damit einverstanden, dass bestehende Dokumente dieser Art nichtig sind und keine Rechtswirkungen besitzen;
...
Artikel 2:
Der ITF verpflichtet sich, nach Erhalt und Bestätigung von Kopien der in Artikel 1 Buchstabe d) aufgeführten Dokumente ein ITF Blue Certificate (nachstehend 'ITF Blue Certificate') auszustellen, vorausgesetzt, dass der ITF und/oder die entsprechende Gewerkschaft die gemäß Artikel 1 Buchstabe c) zu zahlenden Gebühren und Beiträge erhalten hat und dass keine offenen Forderungen seitens der Seeleute bestehen; dieses ITF Blue Certificate bestätigt, dass für die Schiffe ein ITF Approved Agreement besteht, wobei das Eigentumsrecht am ITF Blue Certificate jederzeit beim ITF verbleibt.
...
Artikel 4:
Die Sondervereinbarung kann folgendermaßen gekündigt werden:
a) Mit sofortiger Wirkung durch den ITF, sofern das Unternehmen eine seiner hierin festgelegten Pflichten nicht erfüllt. Nach erfolgter Kündigung händigt das Unternehmen das ITF Blue Certificate unverzüglich an den ITF oder an eine vom ITF benannte Stelle aus.
...
Artikel 5:
Sofern diese Vereinbarung nicht ordnungsgemäß gekündigt wurde, verpflichtet sich das Unternehmen, dem ITF spätestens einen Monat vor dem jeweiligen Verlängerungsdatum dieser Sondervereinbarung alle in Artikel 1 Buchstabe d) aufgeführten Dokumente zuzuschicken und die in Artikel 1 Buchstabe e) vorgesehenen Gebühren und Beiträge zu entrichten. Der ITF verpflichtet sich, das ITF Blue Certificate nach Erhalt und Bestätigung der Dokumente und Zahlungen zu verlängern.
...
Artikel 9:
Im Falle von Rechtsstreitigkeiten gilt das deutsche Sozial- und Arbeitsrecht.
..."
Der ISR-Flottenvertrag enthält ua. folgende Regelungen (in deutscher Übersetzung):
"Geltungsbereich
§ 1
Dieser Vertrag legt die üblichen Bedingungen fest, die für alle Seeleute auf deutschen ISR-Schiffen gelten, für die ein zwischen der Internationalen Transportarbeiter-Föderation (im folgenden 'die ITF' genannt) und den Managern/Reedern dieses Schiffes (im folgenden 'die Manager/Reeder' genannt) abgeschlossener Sondervertrag (im folgenden 'der Sondervertrag' genannt) besteht. Dieser Vertrag ist gültig und in vollem Umfang rechtskräftig und wirksam, unabhängig davon, ob die Manager/Reeder mit irgendeinem Seemann einen persönlichen Arbeitsvertrag abgeschlossen haben oder nicht. Der Sondervertrag verpflichtet die Manager/Reeder (unter anderem) dazu, die Seeleute entsprechend den im vorliegenden Vertrag festgelegten Bedingungen zu beschäftigen und mit jedem einzelnen Seemann einen persönlichen Arbeitsvertrag zu unterzeichnen, in dem die Bedingungen des vorliegenden Vertrages festgehalten sind (im folgenden 'ITF-Arbeitsvertrag' genannt). Die Manager/Reeder kommen ferner mit der ITF überein, allen im vorliegenden Vertrag aufgeführten Bedingungen zu entsprechen.
...
§ 2
Ein Seemann, für den der vorliegende Vertrag gemäß § 1 gilt, unterliegt dem Vertrag vom Zeitpunkt seiner Beschäftigung an (unabhängig davon, ob er angemustert worden ist oder nicht) bis zu seiner Abmusterung und/oder dem Zeitpunkt, bis zu dem die Manager/Reeder gemäß dem vorliegenden Vertrag zur Zahlung von Heuern verpflichtet sind, unabhängig davon, ob ein ITF-Arbeitsvertrag zwischen ihm und den Managern/Reedern unterschrieben wurde oder nicht.
..."
Nach Beendigung der letzten Fahrt unter der Bundesflagge am 1. September 1999 fuhr die "MS Maria D" unter der Flagge Antiguas.
Mit Anschreiben vom 13. Oktober 1999 übersandte die Beklagte zu 3 dem Kläger die Heuerabrechnungen für die Monate August und September 1999 und mit Anschreiben vom 11. November 1999 die Heuerabrechnung für den Monat Oktober 1999, die als Beendigungsdatum des Arbeitsverhältnisses den 10. Oktober 1999 ausweist.
Mit dem Schreiben vom 1. Dezember 1999 machte der erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte des Klägers geltend, dass ihm zum Stichtag 10. Oktober 1999 noch 138 Urlaubstage und für den Zeitraum von Februar bis Dezember 1999 restliche Heuer- und Urlaubsheueransprüche in Höhe von 19.750,54 DM (= 10.098,29 Euro) zustünden. Unter dem 8. Dezember 1999 lehnte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 3 die Erfüllung der Ansprüche ab.
Mit seiner Klage, die sich zunächst außer gegen die Beklagte zu 3 auch gegen die B GmbH (Beklagte zu 2) und die - nach der Feststellung des Landesarbeitsgerichts nicht existente - MS Maria B Schifffahrts KG (Beklagte zu 1) als Gesamtschuldner gerichtet hatte, verfolgt der Kläger dieses Begehren weiter, wobei er zusätzlich für Januar 2000 die Urlaubsheuer geltend macht.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die ITF sei als Spitzenorganisation, die ihrer Satzung gemäß zum Abschluss von Tarifverträgen befugt sei, tariffähig. Vor dem Hintergrund der IAO-Übereinkommen Nr. 87 und Nr. 98 sowie europarechtlicher Vorgaben verbiete sich eine enge Auslegung des § 2 Abs. 3 TVG. Den Bestimmungen des ISR-Sondervertrages komme unmittelbare und zwingende Wirkung zu. Jedenfalls sei die Beklagte ihm, dem Kläger, zum Schadenersatz verpflichtet, da sie den ISR-Sondervertrag ihm gegenüber nicht umgesetzt habe.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
1. festzustellen, dass dem Kläger zum Stichtag 10. Oktober 1999 138 Urlaubstage zustanden,
2. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an den Kläger 12.341,89 Euro brutto zuzüglich 4 % Zinsen ab 11. Februar 2000 zu zahlen, und
3. für den Fall des Unterliegens zu 1 und 2 die Beklagten gesamtschuldnerisch im Wege des Schadenersatzes zu verurteilen, dem Kläger per Stichtag 10. Oktober 1999 138 Urlaubstage zu gewähren und an ihn 12.341,89 Euro brutto zuzüglich 4 % Zinsen ab 2. März 2000 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat unter Berufung auf die Entscheidung des Senats vom 16. Februar 2000 (- 4 AZR 14/99 - BAGE 93, 328 = AP TVG § 2 Nr. 54 = EzA TVG § 4 Seeschifffahrt Nr. 1) die Auffassung vertreten, den Bestimmungen des ISR-Flottenvertrages und des ISR-Sondervertrages komme keine unmittelbare und zwingende Wirkung zu.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers festgestellt, dass dem Kläger zum Stichtag 10. Oktober 1999 aus dem Heuerverhältnis mit der Beklagten zu 3 noch 138 Urlaubstage zustehen, und hat die Beklagte zu 3 verurteilt, an den Kläger 9.568,13 Euro brutto zuzüglich 4 % Zinsen seit dem 11. Februar 2000 zu zahlen. Es hat die Klage gegen die Beklagte zu 1 als unzulässig und gegen die Beklagte zu 2 als unbegründet angesehen. Mit der vom Landesarbeitsgericht für die Beklagte zu 3 zugelassenen Revision begehrt diese die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
Die Revision der Beklagten zu 3 ist begründet. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Urlaubs- und Heueransprüche nicht zu.
I. Die Klage ist zulässig.
1. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die internationale Zuständigkeit der deutschen Arbeitsgerichtsbarkeit, die auch in der Revision zu prüfen ist, gegeben ist. Soweit - wie hier - keine vorrangigen internationalen Verträge oder Übereinkommen und keine besonderen Verfahrensvorschriften (zB §§ 606a, 640a ZPO) bestehen, folgt die internationale Zuständigkeit grundsätzlich der örtlichen Zuständigkeit (zB BAG 9. Oktober 2002 - 5 AZR 307/01 - AP ZPO § 38 Internationale Zuständigkeit Nr. 18 = EzA ZPO 2002 § 29 Nr. 1). Vorliegend ist ein deutsches Arbeitsgericht örtlich zuständig, und zwar unabhängig davon, ob auf das Arbeitsgericht Lingen abgestellt wird, in dessen Gerichtsbezirk die Beklagte zu 3 ihren Sitz hat und an das das Arbeitsgericht Hamburg durch Beschluss vom 18. Dezember 2000 den Rechtsstreit verwiesen hat, oder auf das Arbeitsgericht Hamburg, das nach § 81 Satz 1 MTV-See für die Entscheidung aller bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten aus einem sich nach den MTV- und HTV-See richtenden Heuerverhältnis zuständig ist.
2. Der Feststellungsantrag hinsichtlich der dem Kläger zum Stichtag 10. Oktober 1999 zustehenden Urlaubstage begegnet im Hinblick auf die Voraussetzungen des § 256 ZPO keinen durchgreifenden prozessrechtlichen Bedenken.
a) Eine Feststellungsklage muss sich nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken. Unter den Begriff des Rechtsverhältnisses fallen auch einzelne sich aus dem Rechtsverhältnis ergebende Rechte, Pflichten oder Folgen, so dass die klagende Partei nicht gehindert ist, ihren Klageanspruch auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht zu beschränken (vgl. BAG 13. Februar 2003 - 8 AZR 102/02 - AP BGB § 613a Nr. 245). Unzulässig ist es aber, bloße Tatfragen (18. Februar 2003 - 1 ABR 2/02 - AP BGB § 611 Arbeitsbereitschaft Nr. 12), einzelne Vorfragen (11. September 2001 - 1 ABR 1/01 -), bestimmte Elemente eines Rechtsverhältnisses (vgl. 13. Februar 2003 - 8 AZR 102/02 - AP BGB § 613a Nr. 245) oder abstrakte Rechtsfragen (3. Juni 2003 - 1 AZR 349/02 - AP BetrVG 1972 § 77 Tarifvorbehalt Nr. 19) zum Gegenstand einer Feststellungsklage zu machen. Der Feststellungsantrag des Klägers hinsichtlich der zu einem bestimmten Stichtag bestehenden Urlaubsansprüche betrifft einen bestimmten Anspruch aus dem Heuerverhältnis und kann deshalb Gegenstand eines Feststellungsantrags sein.
b) Auch das besondere Feststellungsinteresse, das als Sachurteilsvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen ist, ist gegeben. Zwar ist das Heuerverhältnis zwischenzeitlich in jedem Fall beendet. Das steht aber dem Feststellungsinteresse nicht entgegen, wenn sich aus der begehrten Feststellung Rechtsfolgen für die Gegenwart und Zukunft ergeben (zB BAG 19. Juni 2001 - 1 ABR 25/00 -BAGE 98, 70 = AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 35 = EzA BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 9). Auch diese Voraussetzung ist gegeben. Aus einem zum Stichtag benannten Urlaubsanspruch ergeben sich nach § 60 SeemG Heueransprüche wegen der Verlängerung des Heuerverhältnisses oder unter näher bestimmten Voraussetzungen Urlaubsabgeltungsansprüche (vgl. dazu BAG 20. Januar 1977 - 3 AZR 553/75 - AP SeemG § 63 Nr. 4 und 21. Oktober 1982 - 6 AZR 934/79 - BAGE 40, 269 = AP SeemG § 60 Nr. 4).
c) Der Zulässigkeit des Feststellungsantrags steht hier auch nicht der Vorrang der Leistungsklage entgegen. Es besteht keine generelle Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage, wenn durch die Feststellungsklage eine sachgerechte und einfache Erledigung der einschlägigen Streitfragen zu erreichen ist und somit prozessökonomische Gründe für einen Feststellungsantrag sprechen (BAG 16. Juli 1998 - 6 AZR 672/96 - AP TVG § 4 Rationalisierungsschutz Nr. 27; 7. März 1995 - 3 AZR 282/94 - BAGE 79, 236 = AP BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 26 = EzA BetrAVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 9). Vorliegend dient der Feststellungsantrag hinsichtlich des Urlaubsanspruchs der prozessökonomischen Klärung der sich aus dieser Feststellung nach § 60 SeemG ergebenden Ansprüche aus dem Heuervertrag.
II. Die Klage ist nicht begründet. Dem Kläger stehen weder die geltend gemachten 138 Urlaubstage zu noch hat er Anspruch auf die verlangte restliche Heuer in Höhe von 12.341,89 Euro.
1. Der Kläger hat zum Stichtag 10. Oktober 1999 keinen Anspruch auf restliche 138 Tage Urlaub gegen die Beklagte zu 3. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts findet der MTV-See auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung. Der dem Kläger nach dem Seemannsgesetz zustehende Urlaubsanspruch ist erfüllt.
a) Der Kläger kann den geltend gemachten Urlaubsanspruch nicht mit Erfolg auf den MTV-See stützen. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die unmittelbare und zwingende Geltung des MTV-See gem. § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG nicht gegeben ist, weil die Beklagte zu 3 nicht tarifgebunden und weil der MTV-See auch nicht für allgemeinverbindlich erklärt worden ist. Der Arbeitsvertrag enthält auch keine Bezugnahme auf den MTV-See. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts gilt der MTV-See aber auch nicht auf Grund der Verweisung in dem ISR-Sondervertrag.
aa) Das Landesarbeitsgericht hat erkannt, dass der zwischen der Beklagten zu 3 und dem ITF geschlossene ISR-Sondervertrag als Haustarifvertrag unmittelbare und zwingende Wirkung entfalte. Der nach deutschem Recht zu beurteilende ISR-Sondervertrag sei von tariffähigen Parteien geschlossen worden. Die ITF sei Spitzenorganisation für die angeschlossenen Gewerkschaften und zugleich mit ihrer Sonderabteilung für Seeleute eine Gewerkschaft, was unter Berücksichtigung der besonderen Bedingungen, unter denen die ITF agieren müsse, nicht systemwidrig sei und deshalb ihrer Tariffähigkeit nicht entgegenstehe. Der Abschluss von Tarifverträgen gehöre zu ihren satzungsgemäßen Aufgaben. Das ergebe sich zwar nicht ausdrücklich aus der Satzung, wohl aber aus dem "objektiven Satzungsinhalt", für den die tatsächliche langjährige Übung ausschlaggebend sei. Als Tarifvertrag deutschen Rechts entfalte der ISR-Sondervertrag gem. § 4 Abs. 1 TVG unmittelbare und zwingende Wirkung. Dem stehe auch nicht entgegen, dass in Art. 1 des Sondervertrages lediglich die "Verpflichtung" zur Beschäftigung der Seeleute nach dem HTV- und MTV-See bzw. nach dem ISR-Flottenvertrag enthalten sei. Der Wortlaut des Art. 1 Buchst. b des ISR-Sondervertrages sei darauf zurückzuführen, dass der Vertrag sich an dem nach der englischen Rechtsordnung konzipierten Mustervertrag orientiere. Nach englischem Recht abgeschlossene "collective agreements" gewönnen rechtliche Verbindlichkeit jedoch erst dadurch, dass ihre Regelungen in die Individualverträge inkorporiert würden. Vor diesem Hintergrund solle Art. 1 Buchst. b des ISR-Sondervertrages nur dort die Inkorporierung der Regelungen des ISR-Sondervertrages auf individualvertraglicher Ebene sicherstellen, wo nicht ohnehin schon auf Grund des nationalen Rechts eine normative Wirkung der Vereinbarung vorliege. Insoweit komme Art. 1 des ISR-Sondervertrages nur deklaratorische Bedeutung zu.
bb) Das hält der Revision nicht stand. Der Senat hat in der Entscheidung vom 16. Februar 2000 (- 4 AZR 14/99 - BAGE 93, 328 = AP TVG § 2 Nr. 54 = EzA TVG § 4 Seeschifffahrt Nr. 1) entschieden, dass durch den ISR-Sondervertrag nur eine schuldrechtliche Verpflichtung des Reeders begründet wird, die in Art. 1 Buchst. a (i) genannten Seeleute in Übereinstimmung mit dem HTV- und MTV-See zu beschäftigen. Das ergebe die Auslegung des ISR-Sondervertrages nach den allgemeinen Auslegungsregeln für rechtsgeschäftliche Erklärungen (§§ 133, 157 BGB). Die Grundsätze für die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages gölten nicht für die Vorfrage, ob eine Regelung normativen oder schuldrechtlichen Inhalt habe. Für die Begründung nur schuldrechtlicher Verpflichtungen spreche bereits der Wortlaut der einschlägigen Regelung in Art. 1 Buchst. a (i) des ISR-Sondervertrages, wonach sich die Reederei dazu verpflichtet, die betreffenden Seeleute in Übereinstimmung mit dem HTV-und MTV-See zu beschäftigen. Das Eingehen einer Verpflichtung sei ein Element einer schuldrechtlichen Regelung; damit würden nicht im Sinne einer normativ wirkenden Inhaltsnorm die Bedingungen des Arbeitsverhältnisses unmittelbar geregelt. Der Charakter der Regelung als schuldrechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers werde durch die sonstigen Regelungen des ISR-Sondervertrages bestätigt, die ein konsequentes System zur Durchsetzung schuldrechtlicher Verpflichtungen enthalte. Deshalb bedürfe es keiner Entscheidung darüber, ob die ITF als Spitzenorganisation gem. § 2 Abs. 3 TVG tariffähig sei und ob sich die Befugnis zum Abschluss von Tarifverträgen aus der Satzung ergebe. Daran hält der Senat nach erneuter Überprüfung fest.
Entgegen der Argumentation des Landesarbeitsgerichts kann die Bedeutung der Formulierungen im ISR-Sondervertrag nicht mit dem Hinweis relativiert werden, dass sich der Vertrag an dem nach der englischen Rechtsordnung konzipierten Mustervertrag orientiere. Denn die hier einschlägigen ISR-Verträge sind von der ÖTV (im Auftrage der ITF) und von dem VDR ausgehandelt worden, denen die rechtlichen Rahmenbedingungen für Tarifverträge nach deutschem Recht vertraut sind. Wenn diese trotzdem die auf schuldrechtliche Wirkungen gerichtete englische Terminologie übernehmen, kann nicht davon ausgegangen werden, dass dieser Regelung gleichwohl eine normative Wirkung zukommen soll und die Formulierungen nur "deklaratorische Bedeutung" haben.
Auch die weiteren vom Kläger zur Unterstützung der Auffassung des Landesarbeitsgerichts vorgebrachten Gründe können nicht überzeugen. Soweit der Kläger sich auf die vom Bundesverfassungsgericht entwickelte Lehre von der Schutzpflicht des Staates im Hinblick auf die Grundrechte beruft, die auch die Gerichte zB bei der Anwendung des § 242 BGB als Generalklausel im Rahmen der Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 BGB zu beachten hätten, verkennt er wiederum, dass die ISR-Verträge, um deren Auslegung es vorliegend geht, von der ÖTV (im Auftrag der ITF) und dem VDR ausgehandelt worden sind, es also nicht um die "strukturelle Unterlegenheit" des Klägers gegenüber seinem Vertragspartner geht. Richtig ist allerdings der Hinweis, dass ausgehend von der vom Senat vorgenommenen Auslegung die Rechtsdurchsetzung im Einzelfall faktisch schwierig sein kann. Diese Probleme stellen sich aber immer dann, wenn den Tarifverträgen nicht wie im deutschen Recht eine unmittelbare und zwingende Wirkung gegenüber den Tarifgebundenen zukommt.
b) Der ISR-Sondervertrag stellt auch keinen Koalitionsvertrag zu Gunsten Dritter entsprechend § 328 Abs. 1 BGB dar, aus dem der Kläger Urlaubsansprüche gem. § 57 MTV-See ableiten kann, eine Frage, mit der sich das Landesarbeitsgericht, von seiner Lösung her konsequent, nicht befasst hat.
aa) Der Senat hat ebenfalls in dem Urteil vom 16. Februar 2000 (- 4 AZR 14/99 -BAGE 93, 328 = AP TVG § 2 Nr. 54 = EzA TVG § 4 Seeschifffahrt Nr. 1) entschieden, dass aus dem ISR-Sondervertrag nur die schuldrechtliche Verpflichtung des Reeders gegenüber der ITF abgeleitet werden kann, den HTV- und MTV-See anzuwenden, nicht aber der unmittelbare Anspruch des Seemanns auf Leistungen aus diesen Tarifverträgen. Ein Koalitionsvertrag beinhalte regelmäßig nur gegenseitige Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien. Für eine abweichende Auslegung des ISR-Sondervertrages als einen Vertrag zu Gunsten Dritter entsprechend § 328 BGB gebe es keine Grundlage. Im Zweifel sei davon auszugehen, dass sich die Tarifvertragsparteien nicht der Gestaltungsmöglichkeit eines Koalitionsvertrages zu Gunsten Dritter bedienten und bedienen wollten, weil sie nach dem Tarifvertragsgesetz rechtlich in der Lage seien, gem. § 4 Abs. 1 TVG unmittelbar und zwingend geltende Tarifnormen zu vereinbaren. Der Wortlaut des ISR-Sondervertrages gebe für die Annahme eines Vertrages zu Gunsten Dritter nichts her. Vielmehr sei darin nur von der Verpflichtung der Reederei die Rede, die Leute nach den Regelungen des HTV- und MTV-See zu behandeln und deren Bedingungen in den individuellen Heuervertrag zu übernehmen. Der Auslegung des ISR-Sondervertrages als Vertrag zu Gunsten Dritter widerspreche auch, dass der HTV- und MTV-See die gegenseitigen Rechte und Pflichten aus dem Heuervertrag regelten; durch einen Vertrag könnten aber keine Verpflichtungen zu Lasten Dritter begründet werden.
bb) Die dagegen gerichteten Angriffe des Klägers überzeugen nicht.
(1) Soweit der Kläger wiederum auf die Schutzpflicht des Staates im Hinblick auf die Grundrechte und auf die fehlenden Rechtsdurchsetzungsmöglichkeiten der einzelnen Seeleute verweist, kann daraus für die Auslegung als Vertrag zu Gunsten Dritter ebenso wenig etwas hergeleitet werden wie für die Auslegung als Tarifvertrag.
(2) Auch der Hinweis des Klägers auf die "Internationalität des Sachverhalts", die "Verbandsstruktur des ITF" und das Erfordernis einer "an einem objektivierten Verständnis der Interessenlage namentlich der ITF orientierte Auslegung" ist rechtlich nicht relevant für die nach §§ 133, 157 BGB vorzunehmende Auslegung des ISR-Sondervertrages.
(3) Der Kläger wendet sich auch gegen das Argument des Senats, der MTV- und HTV-See regelten gegenseitige Pflichten aus dem Heuerverhältnis und durch einen Vertrag könnten keine Verpflichtungen zu Lasten Dritter begründet werden. Soweit der Kläger argumentiert, dadurch könne ein Anreiz geschaffen werden, dass der Arbeitgeber, um sich auf die in diesen Tarifverträgen für ihn günstigen Regelungen berufen zu können, die Anwendung des MTV-See und HTV-See arbeitsvertraglich vereinbaren werde, geht er offensichtlich von einem Vertrag zu Gunsten Dritter nur hinsichtlich der begünstigenden Regelungen in den Tarifverträgen aus, was nicht zulässig ist. Auch das Argument, bei einem Firmentarifvertrag in Form eines Anschlusstarifvertrages reiche allein die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers, um die Arbeitsverhältnisse den gegenseitigen Rechten und Pflichten aus dem Tarifvertrag zu unterwerfen, ist unzutreffend und im Übrigen nicht einschlägig, weil die Beklagte zu 3 keinem Arbeitgeberverband angehört. Schließlich führt der Hinweis auf ein Wahlrecht des Seemanns über die Anwendbarkeit der Tarifverträge nicht weiter. Ein solches Wahlrecht ist in dem ISR-Sondervertrag nicht enthalten und könnte im Übrigen nicht rückwirkend geltend gemacht werden.
(4) Richtig ist lediglich der Hinweis in Anmerkungen zum Urteil des Senats vom 16. Februar 2000 - 4 AZR 14/99 - (Thüsing/Goertz Anm. zu AP TVG § 2 Nr. 54 und Franzen Anm. zu EzA TVG § 4 Seeschifffahrt Nr. 1), das Argument, im Zweifel sei davon auszugehen, dass sich die Tarifvertragsparteien nicht der Gestaltungsmöglichkeit eines Koalitionsvertrages zu Gunsten Dritter bedienten und bedienen wollten, weil sie nach dem Tarifvertragsgesetz rechtlich in der Lage seien gem. § 4 Abs. 1 TVG unmittelbar und zwingend geltende Tarifnormen zu vereinbaren, sei nur stichhaltig, wenn von der Tariffähigkeit des ITF ausgegangen werde, was der Senat ausdrücklich offen gelassen habe. Das ändert aber nichts an der Auslegung des ISR-Sondervertrages dahingehend, dass es sich nicht um einen Vertrag zu Gunsten Dritter handelt.
(5) Gegen die Annahme eines Vertrages zu Gunsten Dritter im Hinblick auf die Anwendung des MTV-See für die in Art. 1 Buchst. a (i) benannten Seeleute spricht im Übrigen, dass der ISR-Flottenvertrag, der gemäß Art. 1 Buchst. a (ii) ISR-Sondervertrag für die sonstigen Mannschaftsmitglieder vorgesehen ist, Formulierungen enthält, die auf den Charakter als Vertrag zu Gunsten Dritter hinweisen. So ist in § 1 Abs. 1 Satz 2 ISR-Flottenvertrag ua. bestimmt, dass der Vertrag "gültig und in vollem Umfang rechtskräftig und wirksam" sei, unabhängig davon, ob die Manager/Reeder mit irgendeinem Seemann einen persönlichen Arbeitsvertrag geschlossen hätten oder nicht. Nach § 2 unterliegt ein Seemann, für den der ISR-Flottenvertrag gem. § 1 gilt, diesem Vertrag vom Zeitpunkt seiner Beschäftigung an, unabhängig davon, ob ein ITF-Arbeitsvertrag zwischen ihm und den Managern/Reedern unterschrieben worden sei oder nicht. Das zeigt, dass den Vertragsparteien das Problem der unmittelbaren Begründung von Ansprüchen der Seeleute aus den ISR-Verträgen bekannt war und teilweise einer Regelung zugeführt worden ist. Soweit das nicht erfolgt ist, wie hinsichtlich der Anwendung des MTV- und HTV-See für Seeleute gem. Art. 1 Buchst. a (i) ISR-Sondervertrag, kann das bei der Auslegung nicht unberücksichtigt bleiben.
b) Andere Anspruchsgrundlagen für den vom Kläger geltend gemachten Urlaubsanspruch sind nicht gegeben. Mangels einschlägiger tarifvertraglicher Regelungen richtet sich der Urlaubsanspruch des Klägers nach den §§ 53 ff. SeemG, die als Spezialvorschriften die allgemeinen Bestimmungen des Bundesurlaubsgesetzes im Wesentlichen verdrängen (§ 53 Abs. 2 SeemG). Dass dem Kläger nach diesen gesetzlichen Regelungen am 10. Oktober 1999 restliche Urlaubsansprüche zustanden, hat der Kläger nicht behauptet.
c) Auch der Hilfsantrag, mit dem ua. der Urlaubsanspruch als Schadenersatzanspruch verfolgt wird, ist unbegründet. Entgegen der Auffassung des Klägers kann aus dem ISR-Sondervertrag, der kein Vertrag zu Gunsten des Klägers ist, auch kein Schadenersatzanspruch abgeleitet werden. Dem Kläger stehen daraus weder unmittelbare Ansprüche nach dem MTV-See für den streitigen Zeitraum zu noch ein Anspruch, die Anwendbarkeit des MTV-See vertraglich zu vereinbaren, bei dessen Nichterfüllung Schadenersatzansprüche begründet sein könnten.
2. Dem Kläger steht auch nicht die restliche geltend gemachte Heuer zu. Soweit der Kläger für den Zeitraum ab dem 11. Oktober 1999 Urlaubsheuer wegen der restlichen Urlaubsansprüche geltend macht, fehlt es entsprechend dem oben Ausgeführten an dem erforderlichen Urlaubsanspruch. Dem Kläger steht auch für den Zeitraum bis zum 10. Oktober 1999 keine restliche Heuer nach dem HTV-See zu. Der HTV-See gilt, wie für den MTV-See dargestellt, weder auf Grund beiderseitiger Tarifgebundenheit bzw. Allgemeinverbindlichkeit noch auf Grund des ISR-Sondervertrages.
Der HTV-See gilt aber auch nicht auf Grund der Bezugnahme in dem Arbeitsvertrag vom 26. November 1991. Das hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend entschieden.
a) Das Landesarbeitsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, dass der Kläger sich hinsichtlich der restlichen Heueransprüche nach dem HTV-See in der jeweils geltenden Fassung nicht mit Erfolg auf die Bezugnahme in dem Arbeitsvertrag berufen kann, lediglich ausgeführt, der befristete Vertrag, zu dessen Bedingungen das Arbeitsverhältnis über die Befristung hinaus fortgesetzt worden sei, habe in Ziff. 3 hinsichtlich der Höhe der Heuer auf den "HTV-See, Stand 1989" Bezug genommen. Deshalb folgten jedenfalls daraus nicht die nach dem HTV-See 1998 berechneten restlichen Heueransprüche. Das Landesarbeitsgericht hat somit die vertragliche Regelung als statische Bezugnahme gewertet.
b) Die dafür gegebene Begründung ist fehlerhaft. Der Arbeitsvertrag beinhaltet in Ziff. 3, wie das Landesarbeitsgericht im Tatbestand - zutreffend - festgestellt hat, die Formulierung: "nur für die Höhe der Heuer wird auf den HTV-See Bezug genommen, Einstufung 1989". Die in dieser Bezugnahme verwendete Formulierung "Einstufung 1989" meint nicht die Fassung des HTV-See von 1989, sondern das Einstellungsjahr als Grundlage für die Jahresstaffeln der Vergütungstabellen zum HTV-See. Die im HTV-See vorgesehenen Heuersätze differenzieren für das Deck- und Maschinenpersonal nach Jahresstaffeln, die ausweislich Anmerkung 1) zu den jeweils einschlägigen Vergütungstabellen die Berufsjahre der jeweiligen Dienststellung in der Seeschifffahrt bezeichnen. Der Kläger ist im Jahre 1989 in den Dienst der Rechtsvorgängerin der Beklagten getreten, so dass die arbeitsvertragliche Bestimmung "Einstufung 1989" erkennbar nur die Funktion hatte, das für die Berechnung der Heuer relevante Eintrittsjahr des Klägers auszuweisen.
c) Auch unter Zugrundelegung des richtigen Wortlauts in Ziff. 3 des Heuervertrages handelt es sich um eine statische Bezugnahme auf den HTV-See. Das ergibt die Auslegung des Heuervertrages, bei dem es sich um einen vorformulierten typischen Vertrag handelt, der vom Revisionsgericht selbst ausgelegt werden kann.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine Bezugnahme auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk idR als dynamische Bezugnahme zu verstehen, auch wenn die Arbeitsvertragsparteien nicht ausdrücklich vereinbaren, es sollten die "jeweils geltenden" Tarifverträge Anwendung finden (Senat 20. März 1991 - 4 AZR 455/90 - BAGE 67, 330 = AP TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 20 = EzA TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 7). Eine dynamische Verweisung auf die jeweils geltenden Tarifverträge entspricht in der Regel den Interessen beider Vertragsparteien, die auf diese Weise einer Anpassung ihres Arbeitsverhältnisses an die fortschreitende Entwicklung enthoben sind (Senat 20. März 1991 - 4 AZR 455/90 - aaO). Statische Verweisungen, die einen zu einem bestimmten Zeitpunkt vorgefundenen Regelungsbestand auf Dauer festschreiben, müssen aus diesem Grunde deutlich zum Ausdruck gebracht werden (vgl. 23. September 1997 - 3 AZR 529/96 - AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 23 = EzA BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 14; 20. November 2001 - 1 AZR 12/01 - EzA BetrVG 1972 § 77 Nr. 70). Verbleiben Zweifel an dem Vertragswillen der Parteien, ist eine Bezugnahmeklausel als dynamische Verweisung zu verstehen (Senat 26. September 2001 -4 AZR 544/00 - BAGE 99, 120 = AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 21 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 19).
d) Hier sprechen alle Umstände dafür, dass eine statische Bezugnahme vereinbart ist.
In Ziff. 1 des Heuervertrages wird im Anschluss an die Feststellung, dass der Arbeitgeber nicht tarifgebunden ist, ausdrücklich bestimmt, dass der HTV-See nicht gilt. Dem widerspräche es, wenn Ziff. 3 des Heuervertrages zur Anwendbarkeit des HTV-See, in seiner jeweiligen Fassung führte. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der sehr einfach formulierte Heuervertrag die feine Unterscheidung zwischen der - fehlenden - Geltung auf Grund Tarifgebundenheit und der - vereinbarten -Anwendbarkeit auf Grund der Bezugnahme hat vornehmen wollen.
Hinzu kommt, dass es sich hier um einen befristeten Heuervertrag handelt, wobei die Frage, ob die Befristung wirksam war, dahinstehen kann. Die Gesichtspunkte, die bei einem unbefristeten Vertrag typischerweise für eine dynamische Bezugnahme sprechen, treffen bei dem vorliegenden auf vier Monate befristeten Heuervertrag nicht zu. Bei dieser kurzen Laufzeit ist ein Interesse der Vertragsparteien, die Heuer der tariflichen Entwicklung anzupassen, nicht erkennbar, zumal der HTV-See jeweils nur nach einer längeren Laufzeit geändert wird, nach der unbestritten gebliebenen Darstellung des Klägers nach dem HTV vom 29. Dezember 1988 (gültig ab 1. Januar 1989) erst wieder durch den HTV-See vom 17. Januar 1994 (gültig ab 1. April 1994) und durch den HTV-See vom 25. Oktober 1999 (gültig ab 1. November 1999).
Darüber hinaus wird in dem Heuervertrag die Heuer nicht konkret ausgewiesen, sondern in Ziff. 2 nur die Bruttofestheuer von "ca. 2.000,00 DM". Es macht also Sinn, in Ziff. 3 des Heuervertrages zur genauen Festlegung der Heuer statisch auf den HTV-See Bezug zu nehmen. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass durch diese Bezugnahme in dem befristeten Heuervertrag für den Fall der Überleitung in einen unbefristeten Vertrag vorsorglich eine dynamische Bezugnahme auf den HTV-See vereinbart werden sollte.
Für die Auslegung als statische Bezugnahme spricht im Übrigen, dass der Kläger sich zu keinem Zeitpunkt darauf berufen hat, die Anwendbarkeit des HTV-See ergebe sich bereits aus der vertraglichen Bezugnahme. Auch die ausführliche, alle rechtlichen Gesichtspunkte behandelnde Revisionserwiderung erklärt sich dazu nicht.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Ende der Entscheidung
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