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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 24.06.1998
Aktenzeichen: 4 AZR 369/97
Rechtsgebiete: BAT, ÄndTV, VergGr. V c


Vorschriften:

BAT § 22
BAT § 23 Zulagen
Tarifvertrag zur Änderung der Anlage 1 a zum BAT/BL vom 24. April 1991 (ÄndTV) § 5 Ziff. 1, in Kraft getreten zum 1. Januar 1991
VergGr. V c Fallgr. 6 Fn. 1 der Anlage 1 a Teil II Abschnitt G (Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst) zum BAT/BL
Leitsätze:

1. Der Anspruch auf eine in einem Tätigkeitsmerkmal der Vergütungsordnung zum BAT/BAT-O vorgesehene "Vergütungsgruppenzulage" zur Vergütung nach einer bestimmten Vergütungsgruppe setzt voraus, daß der Angestellte tariflich nach dieser Vergütungsgruppe zu vergüten ist.

2. Der Anspruch auf die Vergütungsgruppenzulage besteht dann nicht, wenn der Angestellte nach einer speziellen Regelung (hier: § 5 Nr. 1 ÄndTV) trotz seiner Eingruppierung in dieser Vergütungsgruppe den tariflichen Anspruch auf Vergütung nach einer höheren Vergütungsgruppe behält.

3. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Summe aus der Vergütung nach der niedrigeren Vergütungsgruppe und der Vergütungsgruppenzulage die bestandsgeschützte Vergütung übersteigt.

Aktenzeichen: 4 AZR 369/97 Bundesarbeitsgericht 4. Senat Urteil vom 24. Juni 1998 - 4 AZR 369/97 -

I. Arbeitsgericht Berlin - 94 Ca 21389/96 - Urteil vom 09. Oktober 1996

II. Landesarbeitsgericht Berlin - 3 Sa 138/96 - Urteil vom 08. April 1997


---------------------------------------------------------------------- Für die Amtliche Sammlung: Ja Für die Fachpresse : Ja Für das Bundesarchiv : Nein ----------------------------------------------------------------------

Entscheidungsstichworte: Voraussetzung des Anspruchs auf eine Vergütungsgruppenzulage

Gesetz: BAT §§ 22, 23 Zulagen; Tarifvertrag zur Änderung der Anla- ge 1 a zum BAT/BL vom 24. April 1991 (ÄndTV) § 5 Ziff. 1, in Kraft getreten zum 1. Januar 1991; VergGr. V c Fallgr. 6 Fn. 1 der Anlage 1 a Teil II Abschnitt G (Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst) zum BAT/BL

4 AZR 369/97 3 Sa 138/96 Berlin

Im Namen des Volkes! Urteil

Verkündet am 24. Juni 1998

Bartel, Reg.-Hauptsekretärin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In Sachen

pp.

hat der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24. Juni 1998 durch den Vorsitzenden Richter Schliemann, die Richter Dr. Friedrich und Bott sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Kiefer und Winterholler für Recht erkannt:

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 8. April 1997 - 3 Sa 138/96 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen !

Tatbestand:

Die Parteien streiten um eine Vergütungsgruppenzulage.

Die am 25. Mai 1954 geborene Klägerin ist seit dem 1. Dezember 1974 staatlich anerkannte Erzieherin und steht seitdem in den Diensten des beklagten Landes. Sie arbeitet seit Ende der siebziger Jahre als Erzieherin an der Kurt-Tucholsky-Schule. Am 8. August 1988 wurde ihr die Tätigkeit einer Vorklassenleiterin an dieser Schule übertragen. Seitdem richtet sich das Arbeitsverhältnis der Parteien nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 9. August 1988. Es bestimmt sich weiter kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag in der für die Bereiche des Bundes und der Länder geltenden Fassung (BAT/BL), dessen Geltung die Parteien zudem arbeitsvertraglich vereinbart haben. Seit dem 8. August 1988 erhält die Klägerin, wie auch unter Ziff. 3 des vorgenannten Arbeitsvertrages vereinbart, Vergütung nach der VergGr. V b BAT/BL.

Nach der bis zum 31. Dezember 1990 geltenden Fassung des Abschn. G im Teil II der Anlage 1 a zum BAT/BL war die Klägerin in VergGr. V b Fallgr. 1 Buchst. l ("Leiter[innen] von ... Vorklassen") eingruppiert; die damalige Vergütungsordnung sah den Aufstieg von Vorklassenleiterinnen/leitern in die VergGr. IV b BAT/BL nach vierjähriger Berufsausübung vor.

Durch den Tarifvertrag zur Änderung der Anlage 1 a zum BAT/BL vom 24. April 1991 (ÄndTV), welcher rückwirkend zum 1. Januar 1991 in Kraft trat, wurde u.a. der Abschn. G im Teil II der Anlage 1 a zum BAT für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst geändert. Nach deren Neufassung erhalten Erzieherinnen mit staatlicher Anerkennung in Vorklassen Vergütung nach der VergGr. V c BAT/BL nebst einer Vergütungsgruppenzulage nach Fußnote 1 zu Fallgr. 6. Die Möglichkeit eines weiteren Aufstiegs für Vorklassenleiterinnen/leiter sieht die seit dem 1. Januar 1991 geltende Vergütungsordnung nicht vor.

In § 5 ÄndTV haben die Tarifvertragsparteien - soweit hier von Interesse - vereinbart:

"Übergangsvorschriften für den Bereich des Bundes und für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder

Für die Angestellten, die am 31. Dezember 1990 in einem Arbeitsverhältnis gestanden haben, das am 1. Januar 1991 zu demselben Arbeitgeber fortbestanden hat, gilt für die Dauer dieses Arbeitsverhältnisses folgendes:

1. Hat der Angestellte am 31. Dezember 1990 Vergütung (§ 26 BAT) aus einer höheren Vergütungsgruppe erhalten als aus der Vergütungsgruppe, in der er nach diesem Tarifvertrag eingruppiert ist, wird diese Vergütung durch das Inkrafttreten dieses Tarifvertrages nicht berührt.

..."

Auf der Grundlage des § 5 Ziff. 1 ÄndTV zahlt das beklagte Land der Klägerin weiterhin Vergütung nach der VergGr. V b BAT/BL, während es die ihr gewährte allgemeine Zulage nach dem Tarifvertrag über Zulagen an Angestellte vom 17. Mai 1982 nach der VergGr. V c BAT/BL berechnet. Das beklagte Land rechnet die Vergütungsgruppenzulage nach der Fußnote 1 zur VergGr. V c Fallgr. 6 des Teils II Abschn. G der Anlage 1 a zum BAT/BL auf die zwischen der Grundvergütung nach der VergGr. V b BAT/BL und der Vergütung nach V c BAT/BL bestehende Differenz an. Streitlos unterschreitet der gezahlte Betrag in der Zeit seit dem 1. Januar 1996 nicht die Summe aus der Vergütung nach der VergGr. V c und der Vergütungsgruppenzulage nach der Fußnote 1 zur VergGr. V c Fallgr. 6 BAT/BL.

Die Klägerin ist mit der Anrechnung der Vergütungsgruppenzulage auf die Vergütungsdifferenz zwischen den VergGr. V b und V c BAT/BL nicht einverstanden. Sie verlangt für die Zeit ab 1. Januar 1996 vom beklagten Land die Zahlung der Vergütungsgruppenzulage neben der besitzstandswahrend gezahlten Vergütung nach der VergGr. V b BAT/BL.

Sie hat die Auffassung vertreten, ihr stehe diese Zulage zu, weil sie nach der seit dem 1. Januar 1991 geltenden Fassung des Teils II Abschn. G der Anlage 1 a zum BAT/BL in die VergGr. V c Fallgr. 6 BAT/BL, deren Anforderungen sie streitlos erfülle, eingruppiert sei. Daran ändere der Umstand nichts, daß sie wegen der Übergangsregelung des § 5 Ziff. 1 ÄndTV weiterhin die Grundvergütung i.S.d. § 26 BAT/BL nach der VergGr. V b BAT/BL erhalte. Die Vergütungsgruppenzulage sei - von hier nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen - nicht Teil der Vergütung i.S.v. § 26 BAT. Dies folge auch aus dem früheren Satz 3 der Fußnote 1 und nunmehr aus der Nr. 10 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen der Anlage 1 a zum BAT. Die Zahlung der Vergütungsgruppenzulage zur VergGr. V c BAT/BL neben der besitzstandsgeschützten Vergütung der VergGr. V b entspreche auch dem Sinn und Zweck der Regelung des § 5 Ziff. 2 ÄndTV. Durch diese solle die eingruppierungsmäßige Verschlechterung der Vorklassenleiterinnen etwas ausgeglichen werden. Hätten die Tarifvertragsparteien etwas anderes vereinbaren wollen, hätten sie dies durch eine entsprechende Formulierung zum Ausdruck gebracht.

Die Klägerin hat sinngemäß beantragt

festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, ihr ab dem 1. Januar 1996 neben Grundvergütung, Ortszuschlag und allgemeiner Zulage eine Vergütungsgruppenzulage nach Fußnote 1 zur VergGr. V c Fallgr. 6 des Teils II Abschn. G der Anlage 1 a zum BAT in der seit dem 1. Januar 1991 geltenden Fassung zu zahlen.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Auffassung vertreten, die neu eingeführte Vergütungsgruppenzulage komme als eigenständiger Anspruch neben demjenigen nach § 5 ÄndTV nicht in Betracht. Es müsse vielmehr die Eingruppierung seit dem 1. Januar 1991 (Vergütung nach VergGr. V c plus Zulage) der Eingruppierung nach der davor geltenden Rechtslage gegenübergestellt werden, da sich die Zulage als Zwischenstufe zu den beiden Vergütungsgruppen darstelle. Auch könne eine besitzstandswahrende Regelung keine Besserstellung zur Folge haben. Die Klägerin wäre aber zum einen gegenüber denjenigen Angestellten besser gestellt, die nach Abschn. G in die VergGr. V b ohne Zulage aufsteigen könnten (VergGr. V c Fallgr. 5 und VergGr. V b Fallgr. 5) oder die eine höherwertige Tätigkeit nach der VergGr. V b ausübten und auch keine Zulage erhielten. Vor allem aber würde die von der Klägerin vertretene Auslegung des § 5 ÄndTV eine durch nichts zu rechtfertigende Besserstellung bedeuten, wenn die Klägerin eine besitzstandswahrende Vergütung nach der VergGr. IV b BAT/BL erhielte, weil sie nach dem alten Tarifrecht schon am 1. Januar 1991 in diese Vergütungsgruppe aufgestiegen wäre.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abgewiesen und die Revision zugelassen. Mit ihrer Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Das beklagte Land beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der Klägerin ist nicht begründet.

I. Der Antrag der Klägerin bedarf der Auslegung. Die Klägerin möchte erreichen, daß ihr zusätzlich zu der ihr tariflich zustehenden Vergütung nach der VergGr. V b BAT/BL die Vergütungsgruppenzulage nach Fußnote 1 der - niedrigeren - VergGr. V c Fallgr. 6 BAT/BL gezahlt wird.

II. Darauf hat die Klägerin keinen Anspruch.

1. Der Anspruch der Klägerin auf die von ihr geforderte Vergütungsgruppenzulage folgt nicht aus Fußnote 1 zu Fallgr. 6 der VergGr. V c BAT/BL - Sozial und Erziehungsdienst -.

1.1 Dieses Eingruppierungsmerkmal lautet:

Vergütungsgruppe V c

...

6. Erzieherinnen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben,

in Schulkindergärten, Vorklassen oder Vermittlungsgruppen für nicht schulpflichtige Kinder. - Fußnote 1 -

...

...

Fußnote 1:

Diese Angestellten erhalten nach vierjähriger Tätigkeit in dieser Fallgruppe, frühestens jedoch nach insgesamt siebenjähriger Berufstätigkeit als Erzieherin in Vergütungsgruppe VI b oder V c, eine monatliche Vergütungsgruppenzulage in Höhe von 6 v. H. der Anfangsgrundvergütung (§ 27 Abschn. A Abs. 1) der Vergütungsgruppe V c.

...

1.2 Diese Zulage ist ausdrücklich als "Vergütungsgruppenzulage" bezeichnet worden. Der tarifliche Anspruch des Angestellten auf eine Vergütungsgruppenzulage einer bestimmten Vergütungsgruppe setzt zwingend voraus, daß der Angestellte tariflich nach genau dieser Vergütungsgruppe zu vergüten ist. Dies ist trotz der Eingruppierung des Angestellten in dieser Vergütungsgruppe nicht der Fall, wenn eine speziellere Regelung für ihn einen tariflichen Anspruch auf Vergütung nach einer anderen Vergütungsgruppe vorsieht.

1.3 Eine solche speziellere Regelung ist § 5 Nr. 1 ÄndTV. Danach wird die Vergütung des Angestellten, der am 31. Dezember 1990 Vergütung aus einer höheren Vergütungsgruppe erhalten hat als aus der Vergütungsgruppe, in der er nach diesem Tarifvertrag eingruppiert ist, durch das Inkrafttreten dieses Tarifvertrages nicht berührt. Der Angestellte behält damit bei Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 5 Nr. 1 ÄndTV den tariflichen Anspruch auf Vergütung aus der höheren Vergütungsgruppe. Dies schließt den Anspruch auf eine Vergütungsgruppenzulage zur Vergütung nach einer niedrigeren Vergütungsgruppe aus. Nach Sinn und Zweck der Übergangsregelung gilt das jedenfalls solange, als die nach § 5 Nr. 1 ÄndTV bestandsgeschützte Vergütung insgesamt höher liegt als die ohne diesen Bestandsschutz einschließlich der Vergütungsgruppenzulage zu zahlende Vergütung.

1.4 Die Klägerin hat nach der speziellen Regelung des § 5 Ziff. 1 ÄndTV über den 31. Dezember 1990 hinaus einen tariflichen Anspruch auf Vergütung nach der VergGr. V b BAT/BL. Denn dessen Voraussetzungen liegen unstreitig vor: Sie hat am 31. Dezember 1990 Vergütung aus der VergGr. V b BAT/BL erhalten, deren Anforderungen (Fallgr. 1 Buchstabe l) sie erfüllt hat. Seit dem 1. Januar 1991 ist sie in der VergGr. V c BAT/BL eingruppiert, denn ihre Tätigkeit erfüllt die Anforderungen der Fallgr. 6 dieser Vergütungsgruppe. Ihre bestandsgeschützte Vergütung übersteigt die Bezüge, die ihr ohne die Übergangsregelung zustehen können. Dies führt zum Fortbestand ihres tariflichen Anspruchs auf Vergütung nach VergGr. V b BAT/BL, der den Anspruch auf eine Vergütungsgruppenzulage zur Vergütung nach VergGr. V c BAT/BL ausschließt.

2. Entgegen der Ansicht der Klägerin ergibt sich der von ihr verfolgte Anspruch auch nicht aus § 5 Nr. 1 ÄndTV.

Danach wird die Vergütung des Angestellten, wenn er am 31. Dezember 1990 Vergütung (§ 26 BAT) aus einer höheren Vergütungsgruppe erhalten hat als aus der Vergütungsgruppe, in der er nach dem Tarifvertrag vom 24. April 1991 eingruppiert ist, durch das Inkrafttreten des vorgenannten Tarifvertrages nicht berührt.

§ 5 Ziff. 1 ÄndTV erhält dem Angestellten also die ihm nach dem bis zum 31. Dezember 1990 geltenden Tarifvertrag zustehende Vergütung, wenn sie höher ist, als die nach dem nachfolgenden Tarifvertrag. Darauf beschränkt sich die Norm. Daß daneben bestimmte Regelungen des ab 1. Januar 1991 geltenden Tarifvertrages vom 24. April 1991 gelten sollen, also etwa zusätzlich zur besitzstandsgeschützten Vergütung eine neu eingeführte Zulage zu zahlen ist, ordnet sie nicht an.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.



Ende der Entscheidung

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