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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 25.02.2009
Aktenzeichen: 4 AZR 41/08
Rechtsgebiete: Lohntarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe, ZPO
Vorschriften:
Lohntarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in Nordrhein-Westfalen (vom 11. Mai 2006 - Lohngr. 2.0.4, Lohngr. 2.0.10, Lohngr. 2.0.18) | |
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2 | |
ZPO § 308 Abs. 1 |
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL
Hinweise des Senats: Parallelsachen 25. Februar 2009 - 4 AZR 41/08 - (führend, vorliegend), - 4 AZR 40/08 -
Verkündet am 25. Februar 2009
In Sachen
hat der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 25. Februar 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Bepler, den Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Treber, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Dr. Winter sowie die ehrenamtliche Richterin Pfeil und den ehrenamtlichen Richter Weßelkock für Recht erkannt:
Tenor:
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 12. November 2007 - 17 Sa 1361/07 - aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 6. Juli 2007 - 15 Ca 2063/07 - abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers und daraus resultierende Differenzvergütungsansprüche.
Der Kläger ist seit dem 13. Januar 2003 bei der Beklagten laut Arbeitsvertrag als "Kontrolleur" angestellt. Im Formulararbeitsvertrag der Parteien vom 25. November 2002 heißt es unter "§ 3 Vertragsdauer, Arbeitszeit und Tätigkeitsbereich" auszugsweise:
"Sein Arbeitsgebiet umfasst folgende Tätigkeiten:
Bewachung der ihm zugewiesenen Objekte, derzeit: "
Verteilt auf die beiden Leerzeilen wurde handschriftlich eingefügt: "R D". Arbeitsvertraglich ist ein Grundstundenlohn von 9,00 Euro vereinbart; zuletzt erhielt der Kläger 9,14 Euro brutto je Stunde.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit die Tarifverträge für das Wach- und Sicherheitsgewerbe Anwendung.
Der Einsatz des Klägers erfolgte auf der Grundlage eines Vertrages der Beklagten mit der R B AG (im Folgenden: R). Der Vertragsgegenstand - und damit die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit - wird in § 1 dieses Vertrages wie folgt festgelegt:
"- Durchführen von Fahrausweisprüfungen nach erfolgter Kontrollschaffnerausbildung nach Vorgaben der R gegenüber K. ...
- Berechtigung und Verpflichtung zur Entgegennahme des erhöhten Beförderungsentgeltes nach Maßgabe der allgemeinen Beförderungsbedingungen der R bei Zahlungswillen des Kunden.
- Überwachung der Einhaltung der allgemeinen Beförderungsbedingungen.
- Aktiver Dienst am Kunden in Form der Erteilung von Auskünften zu Verkehrsverbindungen, Tarifen und Örtlichkeiten sowie die Leistung von Hilfestellung gegenüber allen, insbesondere mobilitätsbehinderten Kunden.
- Hilfestellung bei der Bedienung von Ticketautomaten.
- Wahrnehmung des Hausrechtes in den Fahrzeugen und Anlagen der R.
- Erkennen und Melden von Gefahrenzuständen."
Darüber hinaus hatte die R einen Vertrag mit einer Firma I abgeschlossen. Die auf der Grundlage dieses Vertrages eingesetzten Mitarbeiter hatten folgenden Tätigkeitsbereich: Gewährleistung der Gleiskörpersicherheit in Bahnhöfen, Abfahren von gewissen Streckenteilen in Uniform auf Anweisung der R, Begleitung in Zivil als Schutz für die Kontrollschaffner, Begleitung der Kunden/Fans in Shuttlebussen bei Eishockey-Spielen oder anderen Großveranstaltungen.
Der Kläger hat Ansprüche auf Zahlung einer Differenzvergütung für Oktober 2006 bis März 2007 geltend gemacht und die Ansicht vertreten, er sei nach der Lohngr. 2.0.10 des Lohntarifvertrags für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in Nordrhein-Westfalen (LohnTV) als Beschäftigter "in der Bewachung in Verkehrsmitteln des öffentlichen Personennah- und -fernverkehrs" zu vergüten. Als Kontrollschaffner sei er auch mit der "Bewachung" iSd. Tarifnorm in den Straßenbahnen betraut gewesen, wobei der Begriff der Bewachung in einem weiten Sinne zu verstehen sei. Eine Kontrolle der Fahrkarten und des allgemeinen Fahrgastverkehrs diene dem Schutz und dem Eigentum fremder Personen. Seine Tätigkeit entspreche dem Oberbegriff der wachsamen Aufmerksamkeit, um die Fahrgäste vor Beeinträchtigungen zu schützen. Zudem sei nur eine Vergütung nach Lohngr. 2.0.10 sachgerecht, weil dies die einzige Eingruppierungsmöglichkeit für eine Tätigkeit im öffentlichen Personennahverkehr sei.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 2.247,47 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 1.574,63 Euro seit dem 2. April 2007 sowie aus weiteren 672,84 Euro seit dem 10. Mai 2007 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, für die Sicherheit und Bewachung im Bereich R seien vorrangig die Mitarbeiter der Firma I zuständig gewesen, nicht die der Beklagten. Die Tätigkeit des Klägers sei als Servicedienstleistung zu qualifizieren. Durch die Kontrollschaffner würden weder die Verkehrsmittel noch die Reisenden gesichert. Bei der Auslegung der Tarifnormen müsse berücksichtigt werden, dass der Begriff "Bewachung" gemäß § 34a GewO und den hierzu erlassenen Verwaltungsvorschriften von Bund und Land fachspezifisch in einem engen Sinne zu definieren sei. Deshalb könne bei der Auslegung der Tarifnorm nicht auf den allgemeinen Sprachgebrauch, der möglicherweise weiter gehe, abgestellt werden. Die Auslegung ergebe, dass die Tätigkeit des Klägers im Lohntarifvertrag nicht aufgeführt sei. Es bestehe insoweit eine bewusste Regelungslücke. Die Lohngr. 2.0.10 LohnTV sei - in Kenntnis der Rechtsstreitigkeiten über die Eingruppierung von Kontrollschaffnern - am 3. März 2007 geändert worden, ohne dass Kontrollschaffner aufgenommen worden seien. Die Tariflücke könne daher nicht im Wege der ergänzenden Auslegung geschlossen werden. Jedenfalls sei zu berücksichtigen, dass die Tätigkeit des Klägers noch am ehesten den Tätigkeiten der Lohngr. 2.0.18 ähnele, die jedoch einen niedrigeren als den tatsächlich gezahlten Stundenlohn vorsehe.
Beide Vorinstanzen haben der Klage überwiegend stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren der vollständigen Klageabweisung weiter, während der Kläger die Zurückweisung der Revision anstrebt.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung nach Lohngr. 2.0.10 LohnTV.
I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Bei der Auslegung der Tarifnorm sei ein fachspezifisches Begriffsverständnis vorrangig vor einem allgemeinen Begriffsverständnis zu berücksichtigen. Jedoch könne hier nicht davon ausgegangen werden, dass die Tarifvertragsparteien den Begriff "Bewachung" in dem fachspezifischen (engen) Sinn des § 34a GewO verstanden hätten. Maßgebend sei der allgemeine Sprachgebrauch, nach welchem auch ein Kontrollschaffner unter den Begriff "Beschäftigte in der Bewachung" falle, da der Begriff der Bewachung hier in einem weiten Sinne als "dienstlich aufpassen" zu verstehen sei. Die Aufgaben der Kontrollschaffner bei der Kontrolle von Fahrscheinen seien Bewachungstätigkeiten, da sie darauf aufzupassen hätten, dass die Fahrgäste die Beförderung nicht ohne Fahrschein in Anspruch nähmen. Soweit Kontrollschaffner das Hausrecht ausübten, also Unbefugte aus den Fahrzeugen weisen könnten, sei auch dies Bestandteil einer "Bewachung". Darüber hinaus müssten sie auf etwaige Gefahren aufpassen, denn es seien Gefahrenzustände zu erkennen und zu melden. Hierbei handele es sich um eine Aufgabe, die während der gesamten Arbeitszeit im Sinne einer wachen Aufmerksamkeit mit anfiele.
II. Diese Begründung ist nicht frei von Rechtsfehlern. Das Landesarbeitsgericht geht im Ausgangspunkt zwar zutreffend von den Grundsätzen zur Auslegung der normativen Bestimmungen eines Tarifvertrags aus. Es verkennt bei der Auslegung des Tarifvertrags jedoch den Begriff der Bewachung und legt davon ausgehend die Tarifbestimmung der Lohngr. 2.0.10 unzutreffend dahingehend aus, dass auch die Tätigkeit des Klägers als Kontrollschaffner davon erfasst wird.
1. Für die Entscheidung des Rechtsstreits über die Höhe der dem Kläger zustehenden Vergütungsansprüche sind infolge beiderseitiger Tarifgebundenheit die folgenden Bestimmungen des LohnTV heranzuziehen:
"1. Geltungsbereich
Dieser Tarifvertrag gilt:
...
fachlich: für alle Betriebe des Bewachungs- undSicherheitsgewerbes sowie für alle Betriebe, dieKontroll- und Ordnungsdienste betreiben, ...
persönlich: für alle in diesen Betrieben tätigenArbeitnehmer. ...
2. Löhne
2.0 Die Mindestlöhne betragen
A € ab 01.06.2006
...
2.0.4 Kontrolleure im Außendienst undSchichtführer im Revierwachdienst
Stunden-Grundlohn 9,93
...
2.0.10 Beschäftigte in der Bewachung in Verkehrsmitteln des öffentlichen Personennah- und -fernverkehrs
Stunden-Grundlohn 10,49
...
2.0.18 Wachmann im Kontroll-,Ordnungs- und Informationsdienstbei Messen und Veranstaltungen
Stunden-Grundlohn 7,62"
2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf weitere 2.247,47 Euro nebst Zinsen als - über den für die Monate Oktober 2006 bis März 2007 abgerechneten Bruttolohn hinausgehendes - Bruttoentgelt, weil die von ihm ausgeübte Tätigkeit nicht der Lohngr. 2.0.10 des Lohntarifvertrages für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in Nordrhein-Westfalen vom 11. Mai 2006 zuzuordnen ist.
a) Die Auslegung eines Tarifvertrags durch das Berufungsgericht ist in der Revisionsinstanz in vollem Umfang nachzuprüfen (BAG 19. September 2007 - 4 AZR 670/06 - Rn. 29, AP TVG § 1 Auslegung Nr. 202 = EzA TVG § 1 Auslegung Nr. 45). Dabei folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln (näher dazu zB BAG 7. Juli 2004 - 4 AZR 433/03 - zu I 1 b aa der Gründe, BAGE 111, 204; 30. Mai 2001 - 4 AZR 269/00 - zu B I 1 d aa der Gründe mwN, BAGE 98, 35).
b) In die vom Kläger für sich beanspruchte Lohngr. 2.0.10 sind "Beschäftigte in der Bewachung in Verkehrsmitteln des öffentlichen Personennahund -fernverkehrs" eingestuft. Eine danach zu vergütende Tätigkeit muss demnach zwei Tatbestandsmerkmale erfüllen: Es muss sich um "Bewachung" handeln und diese muss "in Verkehrsmitteln des öffentlichen Personennah- und -fernverkehrs" verrichtet werden.
aa) Das zweite dieser beiden Tatbestandsmerkmale ist erfüllt, denn den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist zu entnehmen, dass die Tätigkeit des Klägers in Straßenbahnen eines Unternehmens des öffentlichen Personennahverkehrs erfolgt.
bb) Die Tätigkeit des Klägers fällt jedoch nicht unter den Begriff der "Bewachung".
(1) Wird ein von den Tarifvertragsparteien verwendeter Begriff - wie hier der Begriff der "Bewachung" - nicht im Tarifvertrag selbst definiert, ist davon auszugehen, dass sie den Begriff in dem Sinne gebraucht haben, der dem allgemeinen Sprachgebrauch und dem der beteiligten Kreise entspricht, wenn nicht sichere Anhaltspunkte für eine abweichende Auslegung gegeben sind (vgl. BAG 25. Januar 2006 - 4 AZR 622/04 - Rn. 20, AP TVG § 1 Tarifverträge Großhandel Nr. 22 = EzA TVG § 4 Einzelhandel Nr. 55).
(2) Ausgehend vom allgemeinen Sprachgebrauch wird die Tätigkeit der "Bewachung" von einer Person ("Bewacher") ausgeübt, die "jemanden" oder "etwas" bewacht (vgl. Duden Deutsches Universalwörterbuch 4. Aufl. Stichworte "Bewachung", "Bewacher" und "bewachen"); die Tätigkeit ist also objektund/oder personenbezogen. Bewachen ist dabei zu verstehen als "dienstlich aufpassen auf, scharf beobachten" sowie "behüten, beschützen" (vgl. Wahrig Deutsches Wörterbuch 8. Aufl. Stichwort "bewachen"). Der dabei genannte Begriff des "Aufpassens" bedeutet "achtgeben, aufmerksam sein" und "genau beobachten". Aus all diesen Umschreibungen der Begriffsbedeutung der "Bewachung" ergibt sich, dass eine solche Tätigkeit dadurch gekennzeichnet ist, dass zu Schutzzwecken aufzupassen und zu beobachten ist, ein aktiver Eingriff in die Situation jedoch nur dann erfolgt, wenn ein konkreter Anlass dazu besteht.
(3) Dem entspricht die Tätigkeit des Klägers nicht. Die Tätigkeit des Klägers ist nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zu seinem Einsatz nicht auf die Bewachung von Objekten oder Personen gerichtet. Der Kläger "bewacht" weder die Fahrgäste ("jemanden") im oben genannten Sinne noch bewacht er die Fahrzeuge ("etwas"). Seine Tätigkeit ist nicht auf Beobachten und Schützen im genannten Sinne ausgerichtet. Im Gegenteil geht aus dem festgestellten Sachverhalt hervor, dass die Mitarbeiter einer weiteren Firma ggf. "Begleitung in Zivil als Schutz für Kontrollschaffner" leisten. Dass die Tarifvertragsparteien die von diesen Beschäftigten erbrachten Tätigkeiten hinsichtlich des Entgelts höher bewertet haben als die Tätigkeit des Klägers, entzieht sich - da keine Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen höherrangiges Recht vorliegen - der gerichtlichen Beurteilung.
Die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zum Einsatz des Klägers lassen erkennen, dass seine Tätigkeit, wie bereits ihre Bezeichnung als "Kontrollschaffner" oder "Kontrolleur" zeigt, im Wesentlichen auf "Kontrolle" ausgerichtet ist. Der Begriff der "Kontrolle", der im Lohntarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in Nordrhein-Westfalen ebenfalls vorkommt, nämlich in Lohngr. 2.0.4 (Kontrolleure im Außendienst), hat eine eigene Bedeutung und kann nicht mit dem Begriff der "Bewachung" gleichgesetzt werden.
Der Begriff der "Kontrolle" hat mehrere Bedeutungen und ist im vorliegenden Zusammenhang als "Überwachung" und "Prüfung" zu verstehen (vgl. Duden Deutsches Universalwörterbuch 4. Aufl. Stichworte "Kontrolle", "Kontrolleur" und "kontrollieren"). "Überwachung" meint ua. "Kontrollieren" (vgl. Wahrig Deutsches Wörterbuch 8. Aufl. Stichworte "überwachen" und "Überwachung"), und ist in dieser Bedeutung darauf gerichtet, "dass in einem bestimmten Bereich alles mit rechten Dingen zugeht" (vgl. Duden Deutsches Universalwörterbuch 4. Aufl. Stichwort "überwachen"), also die Regeln eingehalten werden. Beispielsweise werden Fahrkarten bzw. Fahrscheine überprüft und kontrolliert (vgl. Wahrig Deutsches Wörterbuch 8. Aufl. Stichworte "Kontrolle" und "kontrollieren"). Um die Kontrolltätigkeit auszuüben, sind die Fahrgäste fortlaufend aktiv anzusprechen. Die Tätigkeit erfordert im Unterschied zu der angesprochenen Bewachungstätigkeit ein aktives Zugehen auf die Fahrgäste zum Zweck der Kontrolle. Es reicht nicht aus, sie, wie bei der Bewachung, zu beobachten und nur anlassbezogen einzugreifen.
Dem Begriff der "Kontrolle" entspricht die Tätigkeit des Klägers insbesondere beim "Durchführen von Fahrausweisprüfungen" und der sich daraus teilweise ergebenden "Entgegennahme des erhöhten Beförderungsentgeltes". Dem entspricht in zweifachem Sinne auch die Berufsbezeichnung als "Kontrollschaffner", denn auch ein "Schaffner" ist jemand, "der in öffentlichen Verkehrsmitteln Fahrausweise verkauft, kontrolliert" (Duden Deutsches Universalwörterbuch 4. Aufl. Stichwort "Schaffner"). Damit stehen die genannten Tätigkeiten im Mittelpunkt der arbeitsvertraglichen Aufgaben des Klägers und geben ihr das Gepräge.
Im Übrigen ist auch der festgestellte Tätigkeitsaspekt "Erkennen und Melden von Gefahrenzuständen" nicht dem Bereich der Bewachung zuzuordnen, sondern dem der Überwachung und Kontrolle. Soweit die Tätigkeit des Klägers auch das Erteilen von Auskünften und verschiedene Hilfestellungen für Kunden mitumfasst, ist dieser Tätigkeitsaspekt zwar nicht der "Kontrolle" zuzurechnen, ebenso wenig aber auch der "Bewachung". Schließlich beschreibt der weitere Aspekt der Tätigkeitsbeschreibung "Wahrnehmung des Hausrechts in den Fahrzeugen und Anlagen" eine Befugnis, die sowohl bei der Bewachung als auch bei der Überwachung/Kontrolle eine Rolle spielen kann, jedoch keinen der beiden Bereiche mit Ausschließlichkeit kennzeichnet. In der Regel nehmen Kontrolleure in öffentlichen Verkehrsmitteln das Hausrecht in erster Linie insofern wahr, als sie Personen ohne gültigen Fahrausweis auffordern, mit ihnen auszusteigen und das erhöhte Beförderungsentgelt zu entrichten oder zumindest die Personalien anzugeben.
c) Der Hinweis des Klägers, die Lohngr. 2.0.10 sei die einzige Eingruppierungsmöglichkeit für eine Tätigkeit im öffentlichen Personennahverkehr, führt zu keiner abweichenden Beurteilung. Der LohnTV ist nicht durch eine systematische Beschreibung sämtlicher bewerteten Tätigkeiten gekennzeichnet und erhebt erkennbar auch keinen Vollständigkeitsanspruch. Manche der in diesem Tarifvertrag genannten Tätigkeiten sind näher beschrieben (beispielsweise "Separatwachmann im Pförtnerdienst mit regelmäßiger Telefon-, Auskunfts- und Registriertätigkeit" in Lohngr. 2.0.12 oder "Wachmann als Kassierer auf Parkplätzen und in Parkhäusern an Flughäfen und Messen" in Lohngr. 2.0.16), andere hingegen so allgemein gefasst, dass hierfür Tätigkeiten an verschiedenen Orten in Betracht kommen (beispielsweise "Kontrolleure im Außendienst" in Lohngr. 2.0.4).
d) Auch der weitere Vortrag des Klägers, er habe sich auch um Beschädigungen und Verunreinigungen der Betriebsmittel "zu kümmern", würde - soweit unstreitig oder festgestellt - zu keiner anderen Beurteilung führen können. Einerseits ist schon nicht ersichtlich, dass dies ein wesentlicher Tätigkeitsaspekt ist. Schließlich ist die Tätigkeit des Klägers als Kontrollschaffner von der Fahrkartenkontrolle geprägt und nicht von der Obhut über die Betriebsmittel. Andererseits würde auch ein "Kümmern" um Beschädigungen und Verunreinigungen der Betriebsmittel - wenn es nicht bereits dem Bereich "Erkennen und Melden von Gefahrenzuständen" zuzuordnen wäre - eher auf eine Kontrolltätigkeit als auf eine Bewachungstätigkeit hindeuten. Ein Tätigkeitsanteil der "Bewachung" könnte nur dann vorliegen, wenn es Aufgabe des Klägers wäre, Beschädigungen anlassbezogen aktiv durch Eingriff zu verhindern. Das ist den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zu seiner Tätigkeit jedoch nicht zu entnehmen.
3. Der LohnTV enthält keine Regelungslücke hinsichtlich der Bewertung der Tätigkeit von Kontrollschaffnern. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob andernfalls eine Lückenschließung in dem vom Kläger angestrebten Sinne möglich wäre.
Zwar ist die von der Beklagten genannte Lohngr. 2.0.18 mit der speziellen Tätigkeit "Wachmann im Kontroll-, Ordnungs- und Informationsdienst bei Messen und Veranstaltungen" offensichtlich nicht einschlägig.
Die Tätigkeit des Klägers erfüllt aber das Tätigkeitsmerkmal der Lohngr. 2.0.4 des vorliegenden Tarifvertrages. Sie fällt unter das Merkmal "Kontrolleure im Außendienst". Seine Tätigkeit ist als "Kontrolle" zu kennzeichnen. Sie findet auch im "Außendienst" statt. Dieser Begriff umfasst viele Tätigkeitsorte. Er ist nur durch den Gegenbegriff des "Innendienstes" begrenzt. Unter "Kontrolleur im Außendienst" fällt deshalb jede Tätigkeit von Kontrolleuren, die nicht im Innendienst verrichtet wird und für die es keine spezielle Regelung gibt, also auch die Tätigkeit eines Kontrolleurs oder Kontrollschaffners in Straßenbahnen.
III. Dem Kläger kann auch keine geringere als die geltend gemachte Vergütungsdifferenz unter dem Gesichtspunkt zuerkannt werden, das er von Rechts wegen in Lohngr. 2.0.4 eingruppiert war. Er hat seinen Zahlungsantrag auch nicht hilfsweise auf die Erfüllung der Merkmale dieser Lohngruppe gestützt. Dessen hätte es aber bedurft, weil es sich insoweit um einen anderen Streitgegenstand iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO handelt als den der Klage. Seine Klage muss deshalb insgesamt abgewiesen werden.
1. Zwar beinhaltet die gerichtliche Geltendmachung eines Zahlungsanspruchs - von seltenen Ausnahmen abgesehen - die Geltendmachung eines Anspruchs, der in seiner Höhe unterhalb des bezifferten (Haupt-)Anspruchs liegt. Aus § 308 Abs. 1 ZPO ergibt sich, dass das Gericht deshalb ein Weniger zuerkennen darf und muss, wenn es in dem Sachantrag des Klägers enthalten ist, dieser aber nicht in voller Höhe begründet ist. Anders ist dagegen zu entscheiden, wenn es sich bei dem möglicherweise zustehenden Teilbetrag nicht um ein Weniger, sondern um etwas Anderes handelt, wenn also zB der Ausgleich eines niedriger zu beziffernden Schadens zu beanspruchen wäre, der geltend gemachte Anspruch auf Erfüllung aber nicht zusteht (BAG 6. Juni 2007 - 4 AZR 505/06 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 308; Musielak FS Schwab S. 349, 354 mwN). Ob es sich bei dem "minderen" Anspruch um ein Weniger oder um etwas Anderes handelt, hängt von den konkreten Umständen und Ansprüchen sowie dem erkennbaren Begehren des Klägers ab. Ihm steht das Recht zu, den Streitgegenstand durch seinen Antrag zu bestimmen. Ihm darf vom Gericht nichts zugesprochen werden, was er nicht beantragt hat. Umgekehrt darf die beklagte Partei nicht zu etwas anderem verurteilt werden als zu dem, worauf sie ihre Verteidigung einrichten musste (BAG 6. Juni 2007 - 4 AZR 505/06 - aaO.; 11. Dezember 2001 - 9 AZR 435/00 - mwN, EzA ZPO § 256 Nr. 59).
2. Wenn die Begründetheit des Anspruchs nach einer höher bewerteten Lohngruppe nicht denknotwendig die Erfüllung der niedriger bewerteten beinhaltet, die höhere Lohngruppe also keine echte Aufbaufallgruppe ist, kann der Anspruch auf Entgelt nach der niedrigeren Vergütungsgruppe nicht als vom Klageantrag umfasster Teilanspruch angesehen werden. Vielmehr hat der Arbeitnehmer dann den Streitgegenstand auf den Entgeltanspruch nach der höheren Lohngruppe beschränkt (BAG 13. November 1996 - 4 AZR 747/94 - zu 3 der Gründe; 3. August 2005 - 10 AZR 559/04 - mwN, AP TVG § 1 Tarifverträge: Bewachungsgewerbe Nr. 13 = EzA TVG § 4 Bewachungsgewerbe Nr. 3). Dies gilt nicht nur dann, wenn das Klagebegehren mit einem Feststellungsantrag verfolgt wird, der konkret eine Lohngruppe benennt, sondern auch dann, wenn ein Zahlungsantrag damit begründet wird, die Voraussetzungen einer bestimmten Lohngruppe seien erfüllt, ohne dass zumindest hilfsweise auf die Voraussetzungen einer niedriger bewerteten Vergütungsgruppe abgestellt wird.
3. Die Lohngr. 2.0.4 und die Lohngr. 2.0.10 enthalten unterschiedliche Tätigkeitsmerkmale. Diese bauen nicht aufeinander auf. Somit ist ein Rechtsschutzziel "Vergütung nach Lohngr. 2.0.4" nicht notwendig im bezifferten Hauptantrag des Klägers enthalten, der mit der Erfüllung der Tatbestandsmerkmale der Lohngr. 2.0.10 begründet wird.
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Ende der Entscheidung
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