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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 04.06.2008
Aktenzeichen: 4 AZR 441/07
Rechtsgebiete: SozTV, Verkaufs-, Abspaltungs- und Überleitungstarifvertrag


Vorschriften:

SozTV § 1
SozTV § 2
SozTV § 5
SozTV § 6
Verkaufs-, Abspaltungs- und Überleitungstarifvertrag zwischen der RWE AG, RWE Umwelt AG und den Gewerkschaften ver.di, IG Metall, IG BCE vom 26. September 2004 Präambel § 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

4 AZR 441/07

Verkündet am 4. Juni 2008

In Sachen

hat der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 4. Juni 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Bepler, die Richter am Bundesarbeitsgericht Bott und Creutzfeldt sowie die ehrenamtlichen Richter Ratayczak und Bredendiek für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 15. Mai 2007 - 12 Sa 141/07 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten um einen Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Abfindung.

Der Kläger war seit 1982 bei der RWE Umwelt AG, deren Alleinaktionärin die RWE AG war, und deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Nach dem zuletzt maßgeblichen Anstellungsvertrag vom 19. Dezember 2003 war der Kläger seit dem 1. Januar 2004 als Referent für die Abteilung Personalmanagement tätig und erzielte als sog. AT-Angestellter ein monatliches Bruttogehalt iHv. 5.769,23 Euro. In § 14 dieses Arbeitsvertrages war vereinbart, dass gegenseitige Ansprüche "aus diesem Anstellungsvertrag" innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden müssen. Der Kläger ist nicht Mitglied einer Gewerkschaft.

Am 24. September 2004 schloss die RWE Umwelt AG mit den Gewerkschaften ver.di, IG Metall und IG BCE einen Sozialtarifvertrag (im Folgenden: SozTV). Dieser sollte gem. § 1 Nr. 1 "für alle gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierungen und Betriebsänderungen gemäß §§ 111 ff. BetrVG" gelten, mit deren Umsetzung während seiner Laufzeit begonnen wird, sowie für bestimmte bereits eingeleitete Maßnahmen. Der persönliche Geltungsbereich wurde in § 2 für die im Unternehmen beschäftigten "tarifgebundenen Arbeitnehmer" festgelegt. § 4 SozTV enthielt einen "Rahmeninteressenausgleich" und § 5 einen "Rahmensozialplan". In § 5 Nr. 4 SozTV wurde für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Veranlassung des Arbeitgebers ein Anspruch auf Zahlung einer Abfindung begründet. In § 6 Abs. 4 SozTV erklärten die Unterzeichner, dass sie sicherstellen würden, dass der tarifliche Interessenausgleich und Rahmensozialplan in entsprechenden Betriebsvereinbarungen bzw. Gesamtbetriebsvereinbarungen umgesetzt wird.

Am 26. September 2004 schlossen die RWE AG und die RWE Umwelt AG mit den Gewerkschaften ver.di, IG Metall und IG BCE einen "Verkaufs-, Abspaltungs- und Überleitungstarifvertrag" (im Folgenden: TV Überleitung). Ausweislich dessen Präambel war es sein Ziel, "soziale Standards und Rechte aus Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen und sonstigen Regelungen der derzeit Beschäftigten auch nach dem Verkauf von 70 % des Geschäftsvolumens des RWE Umweltkonzerns an die R-Gruppe sowie der vorherigen Abspaltung von 30 % des Geschäftsvolumens in noch zu gründende Gesellschaften (NewCo unterhalb der RWE AG) zu erhalten. Sie ergänzen den Sozialtarifvertrag der RWE Umwelt AG von September 2004". Nach der Geltungsbereichsbestimmung in § 1 TV Überleitung sollte dieser Tarifvertrag - abgesehen von hier nicht interessierenden Ausnahmen - "für alle am 27. September 2004 in einem Arbeitsverhältnis zur RWE Umwelt AG ... stehenden Arbeitnehmer" gelten.

Mit Schreiben vom 14. Februar 2005 kündigte die RWE Umwelt AG das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 31. Januar 2006 und berief sich dabei ohne nähere Spezifizierung auf "betriebsbedingte Gründe". Noch am selben Tage unterzeichnete die RWE Umwelt AG einen den Kläger betreffenden "Abwicklungsvertrag", wonach das Arbeitsverhältnis zum 31. Januar 2006 beendet werden und der Kläger eine Abfindung iHv. 278.000,00 Euro brutto erhalten sollte. Nr. 3 des Vertrages enthielt eine Rückzahlungsklausel für den Fall der Begründung eines neuen Anstellungsverhältnisses mit einem Unternehmen des RWE-Konzerns innerhalb von zwei Jahren nach dem tatsächlichen Beendigungszeitpunkt. Der sich aus der Abfindung ergebende Nettobetrag sei dann vermindert um 1/24 für jeden zwischen Beendigungszeitpunkt und Einstellungszeitpunkt liegenden Kalendermonat zurückzuzahlen. In Nr. 9 des Vertrages war eine Ausgleichsklausel enthalten, wonach mit Erfüllung dieser Vereinbarung alle wechselseitigen Ansprüche der Parteien, gleich aus welchem Rechtsgrund, ausgeglichen und erledigt seien.

Am 28. Februar 2005 übernahm die R-Gruppe 70 % des Geschäftsvolumens des RWE Umweltkonzerns. Unter anderem veräußerte die RWE AG ihren Aktienbesitz an der RWE Umwelt AG an die R AG & Co. KG. Mit Wirkung zum 1. März 2005 firmierte die RWE Umwelt AG in R AG um. Am 2. März 2005 unterzeichnete auch der Kläger den "Abwicklungsvertrag" mit der RWE Umwelt AG.

Am 8. November 2005 wurde die Re AG in die Re GmbH, die jetzige Beklagte, umgewandelt und zugleich der Unternehmenssitz von V nach L verlegt. Mit Schreiben vom 27. November 2005 kündigte der Kläger das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zum 31. Dezember 2005. Er ist seit dem 1. Januar 2006 bei der gleichfalls zum RWE-Konzern gehörenden RWE Systems AG beschäftigt.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 29. Juni 2006 forderte der Kläger von der Beklagten die in Nr. 2 des noch mit der RWE Umwelt AG geschlossenen Abwicklungsvertrages vereinbarte Abfindung iHv. 278.000,00 Euro brutto. Die Beklagte lehnte dies ab, da der Kläger wegen der Begründung eines neuen Anstellungsverhältnisses innerhalb des RWE-Konzerns ab dem 1. Januar 2006 gem. Nr. 3 des Abwicklungsvertrages die Abfindung sofort ungekürzt zurückzahlen müsse.

Mit seiner Klage hat der Kläger zunächst die Abfindung iHv. 278.000,00 Euro brutto auf der Grundlage des Abwicklungsvertrages geltend gemacht. Seit der Berufungsinstanz verlangt er nur noch 132.333,33 Euro brutto und beruft sich dafür auf § 5 Nr. 4 SozTV. Die Regelungen des SozTV der RWE Umwelt AG seien auf sein Arbeitsverhältnis anwendbar, auch wenn er selbst mangels Gewerkschaftszugehörigkeit nicht tarifgebunden sei. Durch den TV Überleitung hätten ausweislich dessen Präambel die Tarifverträge auch nach dem Verkauf an die R-Gruppe weitergelten sollen. Dies sei speziell hinsichtlich des SozTV in § 2 des TV Überleitung ausdrücklich geregelt worden. Der TV Überleitung gelte gem. § 1 nicht nur für die tarifgebundenen Mitarbeiter, sondern für alle am Stichtag bei der RWE Umwelt AG beschäftigten Arbeitnehmer, also auch für ihn. Daraus ergebe sich ein tarifvertraglicher Anspruch mit normativer Wirkung. Die arbeitgeberseitige Kündigung vom 14. Februar 2005 habe allein im Zusammenhang mit dem Verkauf der Geschäftsanteile an die damalige R-Gruppe und den damit im Zusammenhang stehenden Umwandlungs- und Umstrukturierungsmaßnahmen gestanden, woraus sich sein Abfindungsanspruch in der geltend gemachten und rechnerisch unstreitigen Höhe ergebe. Der Abwicklungsvertrag mit der RWE Umwelt AG und die dort geregelte Rückzahlungsverpflichtung berühre den tarifvertraglichen Anspruch nicht. Insbesondere beinhalte der Vertrag keinen Verzicht auf die tarifvertraglichen Rechte, der ohnehin nicht zulässig gewesen wäre. Die Abfindung stehe ihm aber überdies als Schadensersatzanspruch zu, weil entgegen der Regelung in § 6 Abs. 4 SozTV der tarifliche Rahmensozialplan nicht in eine entsprechende Betriebsvereinbarung bei der Beklagten umgesetzt worden sei. Bei dieser tariflichen Regelung handele es sich um eine Rechtsnorm über betriebsverfassungsrechtliche Fragen, welche gem. § 3 Abs. 2 TVG auch gelte, wenn nur der Arbeitgeber tarifgebunden sei. Nach § 249 Abs. 1 BGB sei der Kläger so zu stellen, als sei der Rahmensozialplan in einer Betriebsvereinbarung umgesetzt worden. Auch hier zeige sich in § 6 Abs. 4 SozTV die Absicht der Tarifvertragsparteien zur Gleichstellung von tarifgebundenen und nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 132.333,33 Euro brutto nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4. Oktober 2006 zu zahlen.

Die Beklagte hat vorgetragen, selbst wenn die vom Kläger angezogenen Tarifverträge an sich auf sein Arbeitsverhältnis anwendbar seien, fehle es jedenfalls an der tarifvertraglichen Voraussetzung für jeden Anspruch, dem Zusammenhang zwischen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers mit einer gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierung oder einer Betriebsänderung. Im Übrigen sei das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger aber auch nicht normativ an den SozTV gebunden. Eine solche Bindung sei ebenfalls nicht durch den Überleitungstarifvertrag zustande gekommen. Dieser habe ausweislich seiner Präambel nur die Erhaltung von tariflichen Rechten bezweckt, nicht jedoch die Neubegründung. Der Bezug in § 1 des Überleitungstarifvertrages auf "alle Arbeitnehmer" beruhe darauf, dass der Überleitungstarifvertrag sich nicht nur auf tarifvertragliche Ansprüche, sondern auch auf Betriebsvereinbarungen und sonstige Regelungen beziehe, die alle Mitarbeiter erfassten. Im Übrigen könne es sich ohnehin allenfalls um einen schuldrechtlichen Vertrag zu Gunsten Dritter handeln, aus dem nur ein abdingbarer einzelvertraglicher Anspruch erwachsen könne. Die Regelungen des SozTV seien dann durch den danach allein maßgeblichen Abwicklungsvertrag ersetzt worden, aus dem der Kläger jedoch keine Ansprüche herleiten könne, da er auf Grund der Aufnahme einer neuen Beschäftigung im RWE-Konzern die Abfindung sofort zurückzahlen müsste. Mit § 6 Abs. 4 des Sozialtarifvertrages hätten die Tarifvertragsparteien nur dokumentiert, dass es für nicht tarifgebundene Arbeitnehmer einer förmlichen Betriebsvereinbarung bedurft hätte, um anspruchsbegründende Regelungen zu schaffen. Eine "Umsetzungspflicht" hätten die Tarifvertragsparteien dem Betriebsrat gar nicht auferlegen können. Jedenfalls seien alle Abfindungsansprüche, auch etwaige aus dem Sozialtarifvertrag, ausweislich der Vereinbarung in Nr. 2 des Abwicklungsvertrages abgegolten und zudem nach § 14 des Arbeitsvertrages verfallen. Etwaige tarifvertragliche Ansprüche seien auch nach § 19 des einschlägigen Bundes-Manteltarifvertrages für die private Entsorgungswirtschaft verfallen, da dieser ebenfalls eine dreimonatige Frist zur schriftlichen Geltendmachung vorsieht.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger unverändert sein Ziel der Zahlung der Abfindung aus dem Sozialtarifvertrag. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung der begehrten Abfindung hat.

I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass die Abfindungsregelung in § 5 Nr. 4 SozTV keine Anwendung finde, da der SozTV mangels Tarifgebundenheit des Klägers für dessen Arbeitsverhältnis nicht gelte und es sich auch nicht um die Regelung einer betrieblichen Frage gem. § 3 Abs. 2 TVG handele, für deren Geltung die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers ausreiche. Soweit im SozTV und im TV Überleitung von "allen" Arbeitnehmern die Rede sei, seien nur die tarifgebundenen Arbeitnehmer gemeint. Die Tarifvertragsparteien seien durch Art. 9 Abs. 3 GG gehindert, Tarifnormen unmittelbare und zwingende Geltung für Außenseiter zu verleihen. Es sei nicht ersichtlich, dass die hier fraglichen Tarifverträge auf Grund einzelvertraglicher Bezugnahme, Gesamtzusage oder betrieblicher Übung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung fänden. Selbst wenn man dies annehme, wäre ein solcher individualvertraglicher Abfindungsanspruch durch den Abwicklungsvertrag vom 14. Februar/2. März 2005 abbedungen worden. Gleiches gelte, wenn man § 5 Nr. 4 SozTV als schuldrechtlichen Normenvertrag zu Gunsten Dritter einordne und ein Forderungsrecht des Klägers auf "Gleichstellung" mit den tarifgebundenen Arbeitnehmern annehmen würde. Auch aus dem Nichtzustandekommen einer Betriebsvereinbarung entgegen § 6 Abs. 4 SozTV könne der Kläger keinen Anspruch herleiten. Diese Regelung gebe den Betriebsparteien lediglich eine Option an die Hand. Machten sie hiervon keinen Gebrauch, entstehe keine Sozialplanforderung.

II. Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers, an deren Zulassung durch das Landesarbeitsgericht der Senat gebunden ist, ist im Ergebnis unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung nach § 5 Nr. 4 SozTV oder einer entsprechenden Schadensersatzleistung. Ein Anspruch des Klägers scheitert schon daran, dass er die Anspruchsvoraussetzungen des § 5 Nr. 4 SozTV nicht erfüllen würde, selbst wenn der Sozialtarifvertrag in der einen oder anderen Form auf sein Arbeitsverhältnis Anwendung fände. Im Übrigen wären etwaige Ansprüche in jedem Falle wegen der Nichteinhaltung der einschlägigen einzelvertraglichen Ausschlussfrist erloschen.

1. Der SozTV, auf dessen Normen sich der Kläger zuletzt noch allein als Anspruchsgrundlage für die geltend gemachte Forderung beruft, hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

"§ 1

Anwendung

1. Dieser Tarifvertrag gilt für alle gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierungen und Betriebsänderungen gem. §§ 111 ff. BetrVG (nachfolgend zusammenfassend ,Maßnahmen' genannt), mit deren Umsetzung (z. B. Vorlage von Umwandlungsverträgen bei den zuständigen Betriebsräten, Unterrichtung des Wirtschaftsausschusses oder des zuständigen Betriebsrates über geplante Betriebsänderungen) während seiner Laufzeit gem. § 8 begonnen wird.

...

§ 5

Rahmensozialplan

Die nachfolgenden Regelungen gelten für alle ungekündigten und unbefristet Beschäftigten mit einer Betriebszugehörigkeit von mindestens sechs Monaten.

...

4. Leistungen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Der Mitarbeiter erhält im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Veranlassung des Arbeitgebers im Rahmen der letzten Entgeltabrechnung eine Abfindung. Die Auswahlkriterien für Sozialauswahl orientieren sich an der in der Anlage 1 beigefügten Richtlinie Sozialauswahl. Die Abfindung setzt sich zusammen aus: ...

...

§ 6

Schlussbestimmungen

...

Die Unterzeichner werden sicherstellen, dass der tarifliche Interessenausgleich und Rahmensozialplan in entsprechenden Betriebsvereinbarungen bzw. Gesamtbetriebsvereinbarungen umgesetzt wird. ..."

2. Danach hat der Kläger keinen Anspruch auf eine Abfindung nach § 5 Nr. 4 SozTV oder einen entsprechenden Ersatzanspruch. Er erfüllt die in § 1 Nr. 1 iVm. § 5 Nr. 4 SozTV für jeden Abfindungsanspruch aufgestellten Voraussetzungen nicht. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses im Rahmen einer gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierung und Betriebsänderung gemäß §§ 111 ff. BetrVG auf Veranlassung des Arbeitgebers erfolgt ist.

a) Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien ist nicht auf eine Willenserklärung der Beklagten zurückzuführen. Das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde zum 31. Dezember 2005 nicht durch Kündigung der Beklagten, sondern durch Kündigung des Klägers vom 27. November 2005 beendet.

b) Der Kläger kann sich zur Begründung seines Anspruchs aber auch nicht darauf berufen, dass vor Ausspruch seiner Kündigung eine Kündigung der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der RWE Umwelt AG, zum 31. Januar 2006 ausgesprochen worden war (vgl. zur Veranlassung von Eigenkündigungen durch den Arbeitgeber und daraus folgenden Sozialplanansprüchen Fitting BetrVG 24. Aufl. §§ 112, 112a Rn. 193). Hierzu hat er nicht ausreichend dargelegt, dass die Tatbestandsmerkmale des § 5 Nr. 4 SozTV erfüllt sind, auf den er sich zur Begründung seines Anspruchs im Ergebnis ausschließlich beruft. Voraussetzung eines derart begründeten Anspruchs ist die Anwendbarkeit des SozTV. Dieser gilt ausweislich seiner Geltungsbereichsbestimmung in § 1 Nr. 1 ausschließlich für - dort teilweise näher bezeichnete - gesellschaftsrechtliche Umstrukturierungen und Betriebsänderungen gemäß §§ 111 ff. BetrVG. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist vom Landesarbeitsgericht jedoch nicht festgestellt worden. Das Berufungsurteil enthält auch keine sonstigen Tatsachen, aus denen sich die Erfüllung dieser Voraussetzungen feststellen lässt. Hiergegen hat der Kläger keine zulässige Verfahrensrüge erhoben.

aa) Die Beklagte hat während des Rechtsstreits ua. gerügt, dass bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers der Anwendungsbereich des SozTV nicht eröffnet sei, so bereits in der Klageerwiderung über mehrere Seiten. Danach stehe die von der RWE Umwelt AG ausgesprochene Kündigung nicht mit einer gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierung oder einer Betriebsänderung in einem Zusammenhang. Dies trage nicht einmal der Kläger selbst vor. Darüber hinaus hätten bei der Kündigung durch die RWE Umwelt AG auch keine sonstigen betriebsbedingten Gründe vorgelegen; sie sei auch nicht auf eine unternehmerische Entscheidung der RWE Umwelt AG zurückzuführen.

bb) Ungeachtet des grundlegenden Erfordernisses eines schlüssigen Tatsachenvortrags durch den Kläger hätte er spätestens auf dieses zulässige Bestreiten der Erfüllung verschiedener Tatbestandsmerkmale einer Anspruchsnorm die insoweit anspruchsbegründenden konkreten Tatsachen vortragen und ggf. unter Beweis stellen müssen, die dem Gericht eine Subsumtion des Sachverhalts unter die entsprechenden Elemente des tariflichen Anspruchs erlaubt hätten. Dies hat der Kläger nicht getan; sein Vortrag beschränkt sich auf allgemeine Floskeln, welche die Feststellung einer Erfüllung dieser Anspruchsvoraussetzungen - zB sachliche Anwendbarkeit des SozTV auf die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses - nicht ermöglichen. Es fehlt an hinreichenden Tatsachen, aus denen sich ergibt, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2005 auf Veranlassung der Beklagten oder deren Rechtsvorgängerin im Rahmen einer gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierung und/oder einer Betriebsänderung erfolgte.

(1) Auf die Tatsache, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses letztlich durch seine Eigenkündigung veranlasst wurde, ist der Kläger in diesem Zusammenhang während des gesamten Rechtsstreits mit keinem Wort eingegangen.

(2) Aber auch die Kündigung der Rechtsvorgängerin der Beklagten, die zu einem späteren Zeitpunkt wirksam werden sollte als seine eigene - später ausgesprochene - Kündigung, hat der Kläger nicht in einen Zusammenhang mit den tariflich vorgesehenen Umstrukturierungen und Betriebsänderungen gestellt. In der Klagebegründung hat er hierzu lediglich ausgeführt, der Verkauf der Geschäftsanteile des RWE Umwelt Konzerns an die Unternehmensgruppe der Beklagten sei im Februar 2005 erfolgt; zuvor habe die RWE Umwelt AG das Anstellungsverhältnis des Klägers zum 31. Januar 2006 gekündigt. Dies reicht selbst dann nicht aus, wenn man hier einen Kausalzusammenhang als vom Kläger unausgesprochen, aber gemeint unterstellt, und wenn man entgegen einem an sich naheliegenden Verständnis von § 1 Nr. 1 SozTV davon ausgeht, dass mit den im SozTV erwähnten "gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierungen" auch solche gemeint sind, die sich nicht auch als Betriebsänderung im Sinne von §§ 111 ff. BetrVG darstellen. Denn der Verkauf von Gesellschaftsanteilen (hier in Form von Aktien) ist keine gesellschaftsrechtliche Umstrukturierung im Sinne der tariflichen Anwendungsbereichsvorschriften. Weder die Identität des Arbeitgebers noch die betriebliche Struktur oder der Bedarf an irgendeiner arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit ändert sich durch die bloße Übertragung von Anteilen an der juristischen Person des Arbeitgebers. Gesellschaftsrechtliche Vorgänge sind insoweit nicht festzustellen, bevor die Umwandlung der Re AG in die Re GmbH und die Sitzverlegung im November 2005 erfolgte.

(3) Auch im weiteren Verlauf des Rechtsstreits trägt der Kläger auf die Rügen der Beklagten hin nicht präziser vor. Noch vor dem erstinstanzlichen Urteil hat der Kläger lediglich darauf verwiesen, dass die Kündigung allein im Zusammenhang mit dem im Februar 2005 erfolgten Verkauf der Geschäftsanteile der RWE Umwelt AG an die damalige R-Gruppe und den damit in Zusammenhang stehenden Umwandlungs- und Umstrukturierungsmaßnahmen erfolgt sei. Die R-Gruppe habe für "die Mitarbeiter zahlreicher Bereiche Abteilungen etc. der RWE Umwelt AG schlicht keine Beschäftigungsmöglichkeit" gesehen. Wie der Zusammenhang der ihm persönlich von der RWE Umwelt AG ausgesprochenen Kündigung und des hierfür notwendigen kausalen dringenden betrieblichen Erfordernisses mit dem Verkauf der Gesellschaftsanteile an die R-Gruppe konkret gestaltet war, legt der Kläger ebenso wenig dar wie eine Beschreibung derjenigen "Umwandlungs- und Umstrukturierungsmaßnahmen", die mit dem Verkauf der Geschäftsanteile im Februar 2005 ebenfalls "in Zusammenhang" stehen sollen. Ebenso wenig trägt er konkrete Umstände vor, aus denen sich ergeben könnte, dass die Beklagte später, vor Ausspruch seiner Eigenkündigung, für diese Beendigung seines Arbeitsverhältnisses Veranlassung gegeben habe.

(4) In der Berufungsbegründung hat der Kläger sodann lediglich auf seine erstinstanzlichen Darlegungen verwiesen, aus denen sich ergebe, dass die Kündigung des Anstellungsverhältnisses durch die Rechtsvorgängerin der Beklagten aus betriebsbedingten Gründen anlässlich des Verkaufs wesentlicher Geschäftsanteile des RWE Umwelt Konzerns an die Unternehmensgruppe der Beklagten erfolgt sei. Konkrete Tatsachen zu einer hiervon erkennbar nicht erfassten gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierung und Betriebsänderung iSv. §§ 111 ff. BetrVG werden auch hier nicht vorgetragen. Dementsprechend enthält das Berufungsurteil hierzu auch keine Feststellungen. Auch die Revisionsbegründung des Klägers verliert hierzu kein Wort, weshalb es auch nicht darauf ankommt, dass ein ergänzender Sachvortrag in der Revision ohnehin nicht zulässig ist.

c) Da der Kläger nach alledem nicht dargelegt hat, dass für ihn im Zusammenhang mit der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses Rechte aus dem SozTV in Betracht kommen, sollte er auf sein Arbeitsverhältnis Anwendung finden, kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits weder darauf an, ob der SozTV überhaupt auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar war, sei es unmittelbar oder vermittelt durch den TV Überleitung, noch darauf, ob es eine Rechtspflicht gab, ihn in irgendeiner Weise umzusetzen.

3. Nur ergänzend ist danach darauf hinzuweisen, dass unabhängig von der fehlenden Darlegung eines anspruchsbegründenden Sachverhalts die Klage letztlich auch deshalb keinen Erfolg haben konnte, weil der Kläger hinsichtlich jedweden theoretisch möglichen Anspruchs die einzelvertragliche Ausschlussfrist von drei Monaten nicht gewahrt hat.

a) Der Kläger und die RWE Umwelt AG haben in ihrem letzten Arbeitsvertrag vom 19. Dezember 2003 vereinbart, dass "gegenseitige Ansprüche aus diesem Anstellungsvertrag ... innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich jeweils gegenüber dem anderen Vertragspartner geltend gemacht werden" müssen (§ 14 des Anstellungsvertrages).

b) Bei dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch handelt es sich um einen solchen aus dem Anstellungsvertrag; mit diesem Begriff umschreiben die Parteien erkennbar alle vertraglichen Ansprüche, die aus dem im Jahre 2003 modifizierten Anstellungsverhältnis herrühren. Die vom Kläger demgegenüber noch in der Revision vertretene Auffassung, er mache einen tariflichen Anspruch geltend, der der einzelvertraglichen Ausschlussfrist nicht unterliege, ist unrichtig.

aa) Der vom Kläger geltend gemachte Abfindungsanspruch ist im SozTV geregelt. Das Arbeitsverhältnis der Parteien unterliegt den darin enthaltenen Normen aber bereits deshalb nicht, weil der Kläger nicht Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft ist.

bb) Der Kläger beruft sich zu Unrecht darauf, die normative Wirkung der in Anspruch genommenen tariflichen Regelung und damit die Nichtanwendbarkeit der einzelvertraglichen Ausschlussfrist ergebe sich aus § 3 Abs. 2 TVG. Er ist der Auffassung, der von ihm geltend gemachte Schadensersatzanspruch wegen der Nichtumsetzung der tariflichen Abfindungsregelung in einen konkreten Sozialplan beruhe auf § 6 Abs. 4 SozTV. Bei dieser Regelung handele es sich um eine Rechtsnorm über betriebsverfassungsrechtliche Fragen iSv. § 3 Abs. 2 TVG. Dies ist unrichtig. Es ist schon ausgeschlossen, Tarifvertragsparteien dafür schadensersatzpflichtig zu machen, dass Betriebsverfassungsparteien keinen Sozialplan nach § 112 BetrVG, auch noch mit einem bestimmten Inhalt, vereinbaren. Im Übrigen handelt es sich bei Bestimmungen über einen tariflichen Sozialplan um Inhaltsnormen (vgl. nur Gamillscheg Kollektives Arbeitsrecht Bd. I § 15 VI 3 [2]). Abfindungsansprüche einzelner Arbeitnehmer können selbst bei Tarifgebundenheit nicht in betrieblichen oder betriebsverfassungsrechtlichen Tarifnormen geregelt sein, sondern nur in Inhalts- oder Beendigungsnormen iSv. § 1 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG, die unmittelbar und zwingend nur zwischen beiderseits Tarifgebundenen gelten. Damit könnte auch der - fernliegende - Anspruch auf Schadensersatz nur als vertraglicher Anspruch begründet sein, der der einzelvertraglichen Verfallfrist unterliegt.

cc) Soweit der Kläger sich für die Nichtanwendbarkeit der einzelvertraglichen Ausschlussfrist darauf beruft, dass der TV Überleitung in seinem Geltungsbereich "alle am 27. September 2004 in einem Arbeitsverhältnis zur RWE Umwelt AG stehenden Arbeitnehmer" erfasse und damit normativ auch für die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer gelte, übersieht er, dass eine Gewerkschaft schon wegen der auf Art. 9 Abs. 3 GG zurückzuführenden negativen Koalitionsfreiheit von Rechts wegen außer Stande ist, normativ wirkende Inhaltsnormen für Arbeitnehmer zu vereinbaren, die nicht ihre Mitglieder sind (ebenso bereits Senat 12. Dezember 2007 - 4 AZR 996/06 - AP TVG § 1 Nr. 39). Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend und erschöpfend ausgeführt.

c) Die dreimonatige Ausschlussfrist für arbeitsvertragliche Ansprüche hat der Kläger nicht eingehalten. Der von ihm geltend gemachte Zahlungsanspruch wäre, wenn er entstanden wäre, spätestens bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten am 31. Dezember 2005 fällig geworden. Zwar gibt es im SozTV keine ausdrückliche Fälligkeitsregelung. Abfindungszahlungen aus Anlass einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind, wenn keine andere Regelung getroffen worden ist, aber stets spätestens zum Zeitpunkt des Ausscheidens fällig, weil die Tatbestandselemente des Abfindungsanspruchs zu diesem Zeitpunkt erfüllt sind. Die erstmalige Geltendmachung eines Abfindungsanspruchs erfolgte im anwaltlichen Schriftsatz vom 29. Juni 2006 an die Beklagte. Zu diesem Zeitpunkt wäre ein etwaiger vertraglicher Anspruch bereits verfallen gewesen. Darauf, dass auch die angesprochene Geltendmachung nicht den nun allein noch verfolgten Anspruch, sondern einen sich aus dem Abwicklungsvertrag angeblich ergebenden Abfindungsanspruch betraf, kommt es danach nicht mehr an.

III. Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen, weil sein Rechtsmittel erfolglos bleibt, § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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