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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 05.07.2006
Aktenzeichen: 4 AZR 586/05
Rechtsgebiete: BGB, LehrerRL Berlin


Vorschriften:

BGB § 305c Abs. 2
Richtlinien über die Vergütung der unter den BAT fallenden Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis und der unter den BAT-O fallenden Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis, deren Eingruppierung nicht tarifvertraglich geregelt ist, vom 20. September 1996 (LehrerRL Berlin) Abschnitt B Buchst. c
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

Hinweise des Senats: Parallelsache zu - 4 AZR 555/05 - (führend), - 4 AZR 402/05 - und - 4 AZR 804/05 -

4 AZR 586/05

Verkündet am 5. Juli 2006

In Sachen

hat der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 5. Juli 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Bepler, die Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Wolter und Creutzfeldt sowie die ehrenamtliche Richterin Pfeil und den ehrenamtlichen Richter Grimm für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 26. Juli 2005 - 5 Sa 2566/04 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin seit dem 1. April 2002.

Die 1964 geborene Klägerin erwarb 1985 am Institut für Lehrerbildung in Potsdam die Befähigung zur Arbeit als Freundschaftspionierleiter sowie die Lehrbefähigung für den Unterricht in den unteren Klassen der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule für die Fächer Deutsch und Sport. Seit dem 1. Juli 1995 ist sie außerdem staatlich anerkannte Erzieherin.

Die Klägerin ist seit dem 1. September 2000 in der Tätigkeit einer pädagogischen Unterrichtshilfe an einer Sonderschule für geistig behinderte Menschen in Berlin beschäftigt und wird nach VergGr. Vc BAT vergütet.

Der Arbeitsvertrag lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 1

Beginn und Art der Beschäftigung

Frau H wird vom 1.9.2000 an im Bereich des Landesschulamtes als Lehrkraft an der Berliner Schule und am Berlin Kolleg, und zwar als Pädagogische Unterrichtshilfe verwendet;

...

§ 5

Anzuwendendes Tarifrecht

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die mit dem Land Berlin bzw. dem Arbeitgeberverband, dem das Land Berlin angehört, bisher vereinbarten, noch geltenden und künftig abzuschließenden Tarifverträge über Arbeitsbedingungen der Angestellten Anwendung. ...

§ 6

Vergütung, eingruppierungsmäßige Behandlung

Für das Arbeitsverhältnis gelten neben dem in § 5 genannten Tarifrecht die Richtlinien des Landes Berlin über die Vergütung der unter den BAT fallenden Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis und der unter den BAT-O fallenden Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis, deren Eingruppierung nicht tarifvertraglich geregelt ist - LehrerRL - in der jeweils geltenden Fassung, sowie die an die Stelle dieser Richtlinien tretenden Bestimmungen oder tarifvertraglichen Vorschriften.

Die Angestellte erhält danach Vergütung nach Vgr. V c BAT.

Sie wird auch im übrigen so behandelt, als ob sie in dieser Vergütungsgruppe eingruppiert ist.

..."

Mit Schreiben vom 6. Oktober 2002 machte die Klägerin gegenüber dem beklagten Land erfolglos eine Vergütung nach VergGr. IVb BAT geltend. Mit ihrer Klage verfolgt sie ihren Anspruch weiter.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie habe nach ihrer Geltendmachung unter Beachtung der tariflichen Ausschlussfrist rückwirkend seit dem 1. April 2002 Anspruch auf eine Vergütung nach VergGr. IVb gemäß Nr. 10 Abschnitt B Buchst. c der LehrerRL, deren Voraussetzungen sie erfülle. Als pädagogische Unterrichtshilfe sei sie zugleich Lehrkraft im Sinne dieser Vorschrift. Im Übrigen seien die Eingruppierungsregelungen unklar, so dass die bestehenden Auslegungszweifel gemäß § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des beklagten Landes gingen.

Die Klägerin hat beantragt festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, an die Klägerin mit Wirkung ab 1. April 2002 eine Vergütung nach Vergütungsgruppe IVb BAT zu zahlen nebst 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. Juni 2004 auf die bis dahin aufgelaufenen Bruttovergütungsdifferenzen zwischen Vergütungsgruppe IVb und Vc BAT.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Auffassung vertreten, dass in den Nrn. 15 bis 18 des Abschnitts B Buchst. c der LehrerRL Spezialregelungen für Lehrkräfte enthalten seien, die als pädagogische Unterrichtshilfen eingesetzt würden, mit der Folge, dass Nr. 10 des Abschnitts B Buchst. c der LehrerRL nicht daneben angewendet werden könnte. Dies ergebe sich ua. daraus, dass in Nr. 7 und Nr. 8 des Abschnitts B Buchst. c der LehrerRL die pädagogischen Unterrichtshilfen ausdrücklich neben den "Lehrern an Sonderschulen" erwähnt seien.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin das ursprüngliche Klageziel weiter. Das beklagte Land beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die als Eingruppierungsfeststellungsklage - auch soweit sie Zinsforderungen zum Gegenstand hat - zulässige Klage (st. Rspr. zB Senat 10. Dezember 1997 - 4 AZR 221/96 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 237 mwN) im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IVb BAT. Die von ihr auszuübende Tätigkeit einer pädagogischen Unterrichtshilfe erfüllt nicht das Tätigkeitsmerkmal der Nr. 10 des Abschnitts B Buchst. c der LehrerRL.

I. Das Landesarbeitsgericht hat den geltend gemachten Anspruch der Klägerin zurückgewiesen, weil eine Auslegung der LehrerRL ergebe, dass für die pädagogischen Unterrichtshilfen nur diejenigen Fallgruppen herangezogen werden könnten, in denen sie ausdrücklich genannt worden seien. Diese gingen nach dem Spezialitätsgrundsatz den "allgemeineren" Gruppen über die Eingruppierung von Lehrkräften vor. Diese Auslegungsregel finde sich auch in der Vorbemerkung Nr. 1 zu allen Vergütungsgruppen des BAT und sei auch auf die LehrerRL anzuwenden. Danach sei die Klägerin in der Fallgruppe Nr. 16 zutreffend eingruppiert.

II. Dem folgt der Senat im Ergebnis sowie in der Begründung. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Vergütung nach Nr. 10 des Abschnitts B Buchst. c der LehrerRL.

1. Die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Auslegung des Arbeitsvertrages der Parteien ist vom Revisionsgericht ohne Einschränkung zu überprüfen, da es sich - wie dem Senat ua. aus Parallelfällen bekannt ist - um einen formularmäßigen Vertrag handelt, der für eine Vielzahl von Fällen gleichlautend erstellt wurde (st. Rspr. zB Senat 30. August 2000 - 4 AZR 581/99 - BAGE 95, 296, 299 mwN).

2. Die Vergütung richtet sich auf Grund arbeitsvertraglicher Vereinbarung damit zwar nach den Tätigkeitsmerkmalen der LehrerRL des beklagten Landes in der jeweils geltenden Fassung. Nach diesen LehrerRL ist die Klägerin als pädagogische Unterrichtshilfe aber nicht in VergGr. IVb eingruppiert.

a) Die Eingruppierung der Klägerin richtet sich nicht nach der Vergütungsordnung des BAT. § 22 BAT ist auf das Arbeitsverhältnis der Parteien trotz der arbeitsvertraglichen Verweisung auf den BAT nicht anzuwenden. Diese Vorschrift setzt voraus, dass die Tätigkeit des Angestellten überhaupt von der Vergütungsordnung zum BAT erfasst ist; die Anlage 1a ist Tatbestandsmerkmal des § 22 BAT (Senat 18. Mai 1994 - 4 AZR 524/93 - BAGE 77, 23, 28 f.). Dieses Tatbestandsmerkmal ist im Streitfall nicht erfüllt.

aa) Nach Nr. 5 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen des BAT findet die Vergütungsordnung (Anlage 1a) keine Anwendung auf Angestellte, die als Lehrkräfte - auch soweit sie nicht unter die Anlage 2l I zum BAT/BAT-O: Sonderregelungen für Angestellte als Lehrkräfte (im Folgenden: SR 2l I) fallen - beschäftigt sind, soweit nicht ein besonderes Tätigkeitsmerkmal vereinbart ist. Als Lehrkräfte iSd. SR 2l I sind Personen anzusehen, bei denen die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Rahmen eines Schulbetriebes der Tätigkeit das Gepräge gibt (Protokollnotiz zu Nr. 1 SR 2l I).

bb) Die Klägerin ist Lehrkraft iSd. SR 2l I. Sie ist als pädagogische Unterrichtshilfe eingestellt und verpflichtet, 31,5 Wochenstunden - zT gemeinsam mit der Klassenlehrerin - Unterricht zu erteilen. Ihre Arbeit ist auf Vermittlung von Wissen und praktische Handhabung des Erlernten ausgerichtet. Dies gibt ihrer Tätigkeit als pädagogische Unterrichtshilfe schon wegen des überwiegenden Zeitanteils ihrer Arbeitszeit das Gepräge (im Erg. für pädagogische Unterrichtshilfen ebenso BAG 8. August 2002 - 8 AZR 647/00 - AP BAT-O §§ 22, 23 Nr. 23). Hierüber besteht zwischen den Parteien auch kein Streit.

b) Die für die Eingruppierung der Klägerin bedeutsamen Tätigkeitsmerkmale des Abschnitts B Buchst. c der LehrerRL lauten, soweit für den Rechtsstreit von Bedeutung:

"B Sonstige Lehrkräfte an allgemeinbildenden ... Schulen ... auf deren Arbeitsverhältnis der BAT oder der BAT-O anzuwenden ist

Mit Lehrkräften im Angestelltenverhältnis, die nicht unter Abschnitt A fallen, ist arbeitsvertraglich eine eingruppierungsmäßige Behandlung nach den Vergütungsgruppen der Anlage 1 a zum BAT/BAT-O wie folgt zu vereinbaren. ...

a) ...

b) ...

c) Lehrkräfte an Sonderschulen einschließlich der Klassen für Geistigbehinderte

...

4.(6) Lehrer mit einer nach dem Recht der ehemaligen DDR abgeschlossenen pädagogischen Fachschulausbildung als Lehrer für untere Klassen oder als Freundschaftspionierleiter/Erzieher mit einer Ergänzungsausbildung und Prüfung in den entsprechenden Fächern des Lehrers für untere Klassen,

die Unterricht an einer Sonderschule erteilen IV b

...

7. Jugendleiterinnen mit staatlicher Prüfung, Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung oder Sozialarbeiter mit staatlicher Anerkennung

und

mit abgeschlossener zusätzlicher Spezialausbildung (z. B. heilpädagogischer, sozialtherapeutischer, sozialpsychiatrischer oder sonderpädagogischer Ausbildung)

in der Tätigkeit von Lehrern an Sonderschulen

oder

als pädagogische Unterrichtshilfen, IV b

nach mindestens vierjähriger Berufsausübung nach Abschluss der Zusatzausbildung (22) IV a

8. Jugendleiterinnen mit staatlicher Prüfung, Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung oder Sozialarbeiter mit staatlicher Anerkennung (34)

oder

Diplomerzieher und Diplomvorschulerzieher im Sinne der Nr. 2 des Beschlusses der KMK vom 7. Oktober 1994 zur Feststellung der Gleichwertigkeit von Bildungsabschlüssen im Hochschulbereich im Sinne des Artikels 37 Abs. 1 des Einigungsvertrages - Hochschulbereich -

in der Tätigkeit von Lehrern an Sonderschulen

oder

als pädagogische Unterrichtshilfen, IV b

nach mindestens achtjähriger Bewährung in dieser Tätigkeit und in dieser Vergütungsgruppe (22) IV a

...

10. Erzieher(innen) und Freundschaftspionierleiter (14) mit entsprechender staatlicher Prüfung oder staatlicher Anerkennung

und

Lehrbefähigung für Deutsch oder Mathematik und je ein Wahlfach

in der Tätigkeit von Lehrkräften an Sonderschulen oder Sonderklassen für Geistigbehinderte IV b

11. Erzieher(innen) und Freundschaftspionierleiter (14) mit entsprechender staatlicher Prüfung oder staatlicher Anerkennung

und

Lehrbefähigung für mindestens ein Wahlfach und mindestens zwölfmonatiger sonderpädagogischer Zusatzausbildung (21)

in der Tätigkeit von Lehrkräften an Sonderschulen oder Sonderklassen für Geistigbehinderte IV b

12. Erzieher(innen), Kindergärtner(innen), Hortner(innen), Krankengymnasten, Logopäden, Beschäftigungstherapeuten, Kinderdiakone und Freundschaftspionierleiter (14)

mit entsprechender staatlicher Prüfung oder staatlicher Anerkennung

und

Lehrbefähigung für mindestens ein Wahlfach

oder

mindestens zwölfmonatiger sonderpädagogischer Zusatzausbildung 21) in der Tätigkeit von Lehrkräften an Sonderschulen oder Sonderklassen für Geistigbehinderte, V b

nach mindestens vierjähriger Bewährung in dieser Tätigkeit und in dieser Vergütungsgruppe IV b

13. Erzieher(innen), Kindergärtner(innen), Hortner(innen), Krankengymnasten, Logopäden, Beschäftigungstherapeuten, Kinderdiakone und Freundschaftspionierleiter (14)

mit entsprechender staatlicher Prüfung oder staatlicher Anerkennung

in der Tätigkeit von Lehrkräften an Sonderschulen oder Sonderklassen für Geistigbehinderte V b

...

15. Erzieher(innen), Kindergärtner(innen), Hortner(innen), Krankengymnasten, Logopäden, Beschäftigungstherapeuten, Kinderdiakone und Freundschaftspionierleiter (14)

mit entsprechender staatlicher Prüfung oder staatlicher Anerkennung

und

mindestens zwölfmonatiger sonderpädagogischer Zusatzausbildung (21) als pädagogische Unterrichtshilfen (23) V b

16. Erzieher(innen), Kindergärtner(innen), Hortner(innen), Krankengymnasten, Logopäden, Beschäftigungstherapeuten, Kinderdiakone und Freundschaftspionierleiter (14)

mit entsprechender staatlicher Prüfung oder staatlicher Anerkennung als pädagogische Unterrichtshilfen (23) V c

17. Sonstige pädagogische Unterrichtshilfen in Schulen oder Klassen für Geistigbehinderte 23) ohne Ausbildung nach Nummern 15 oder 16

mit mindestens zwölfmonatiger sonderpädagogischer Zusatzausbildung (21) V c

18. Sonstige pädagogische Unterrichthilfen in Schulen oder Klassen für Geistigbehinderte (23)

ohne Ausbildung nach Nummern 15, 16 oder 17 VI b.

Fußnoten

23) Pädagogische Unterrichtshilfen sind Lehrkräfte, die zeitlich mindestens zur Hälfte der mit ihnen vereinbarten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit Unterricht erteilen und u. U. auch eine Klasse leiten, aber stets unter der übergreifenden Verantwortung einer für das Lehramt an Sonderschulen ausgebildeten Lehrkraft.

34) Erzieher(innen), Kindergärtnerinnen, Hortnerinnen mit staatlicher Anerkennung als Erzieher oder mit staatlicher Prüfung als Kindergärtnerin/Hortnerin sowie Angestellte in der Tätigkeit von Erziehern mit abgeschlossener mindestens gleichwertiger Fachausbildung werden nach diesem Tätigkeitsmerkmal eingruppierungsmäßig behandelt, wenn sie am 1. August 1971 die in dem Tätigkeitsmerkmal geforderte Tätigkeit ausübten oder ihnen bis zum 31. Oktober 1992 diese Tätigkeit übertragen wurde."

c) Die LehrerRL sind nach der Senatsrechtsprechung als Erlasse des öffentlichen Arbeitgebers grundsätzlich nach den Regeln des Verwaltungsrechts auszulegen. Ihre Vereinbarung richtet sich zwar nach den Regeln des BGB. Ihr Inhalt, der sich als behördeninterne Anweisung darstellt, gehört jedoch dem öffentlichen Recht an. Diesen Rechtscharakter verlieren Erlasse auch dann nicht, wenn sie kraft einzelvertraglicher Vereinbarung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses Anwendung finden. Danach ist - entsprechend dem Grundsatz des § 133 BGB - der wirkliche Wille des Hoheitsträgers zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks einer Willenserklärung zu haften, wobei aber nur derjenige Willensinhalt berücksichtigt werden kann, der im Erlass oder mit ihm in Zusammenhang stehenden Schriftstücken seinen Niederschlag gefunden hat. Denn der Adressat, also der ihn anwendende Behördenbedienstete, muss ihn aus sich heraus verstehen. Hierbei ist insbesondere die systematische und teleologische Interpretation von Bedeutung. Demgemäß ist auch der Gesamtzusammenhang der Regelungen ein wichtiges Auslegungskriterium (Senat 6. September 1989 - 4 AZR 302/89 - ZTR 1990, 26, 27 mwN).

d) Nach diesen Auslegungsgrundsätzen ergibt sich für die Klägerin als pädagogische Unterrichtshilfe keine Eingruppierung in die VergGr. IVb. Die pädagogischen Unterrichtshilfen in den Sonderschulen des beklagten Landes sind in verschiedenen Gruppen des Abschnitts B Buchst. c der LehrerRL ausdrücklich aufgeführt. Damit ist für sie eine abschließende spezielle Eingruppierungsregelung getroffen worden, neben der die Anwendung von Eingruppierungsvorschriften nach allgemeineren Merkmalen wie denen der Fallgruppe Nr. 10 wegen des Spezialitätsgrundsatzes ausscheidet. Die Klägerin kann sich deshalb nicht auf die Erfüllung dieser Tätigkeitsmerkmale berufen.

aa) Der Spezialitätsgrundsatz ist eine Kollisionsregel gleichrangiger Normen, die für Eingruppierungsvorschriften nach dem BAT in dessen Vorbemerkung Nr. 1 zu allen Vergütungsgruppen der Anlage 1a ausdrücklich normiert ist, aber darüber hinaus allgemeine Bedeutung hat.

(1) Bei der tariflichen Eingruppierung von Arbeitnehmern unter Anwendung von Vergütungssystemen finden sich neben den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen häufig spezielle tarifliche Merkmale für bestimmte Tätigkeiten. Dabei kann uU eine Tätigkeit grundsätzlich die Merkmale sowohl einer speziellen als auch einer allgemeinen Vergütungsgruppe erfüllen. In derartigen Konstellationen sind nach dem Grundsatz der Spezialität, nach dem bei einer Konkurrenz zwischen einer allgemeinen und einer speziellen Norm die Spezialregelung vorgeht, allein die speziellen Tätigkeitsmerkmale maßgeblich. Diesen Rechtsgrundsatz haben die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes für das Verhältnis zwischen allgemeinen und besonderen Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsgruppen der Anlage 1a zum BAT B/L in der Vorbemerkung Nr. 1 zu allen Vergütungsgruppen ausdrücklich normiert. Eine Eingruppierung nach den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen scheidet demnach aus, wenn es für die betreffende Tätigkeit spezielle tarifliche Tätigkeitsmerkmale gibt (st. Rspr. Senat 10. September 1980 - 4 AZR 692/78 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 40; 4. April 1984 - 4 AZR 81/82 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 88; 18. Mai 1994 - 4 AZR 524/93 - BAGE 77, 23, 39 mwN).

(2) Dieser Grundsatz gilt nicht nur für die Vergütungsordnung des BAT, sondern als allgemeine Regel auch bei anderen Vergütungssystemen, die auf Tätigkeitsmerkmalen aufbauen. Wenn die Normgeber eine konkrete Tätigkeit mit einer bestimmten Wertigkeit innerhalb des Gefüges eines Vergütungssystems versehen, ist bei Fehlen entgegenstehender Anhaltspunkte davon auszugehen, dass die Bewertung der Tätigkeit abschließend ist. Selbst wenn die Tätigkeit darüber hinaus die Merkmale einer allgemeinen Vergütungsgruppe erfüllt, würde es dem - durch die Schaffung der speziellen Tätigkeitsmerkmale erkennbaren - Willen der Normgeber verstoßen, insoweit zu einer abweichenden Bewertung zu kommen. Deshalb ist regelmäßig bei einer Erfüllung eines in einer Eingruppierungsnorm genannten Tätigkeitsbeispiels eine Eingruppierung in eine höhere Vergütungsgruppe auf Grund allgemeiner Merkmale nicht möglich (vgl. für Tarifverträge aus der Privatwirtschaft Senat 21. Oktober 1987 - 4 AZR 49/87 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Druckindustrie Nr. 19 = EzA TVG § 4 Druckindustrie Nr. 13; 25. September 1991 - 4 AZR 87/91 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Großhandel Nr. 7 = EzA TVG § 4 Großhandel Nr. 2).

(3) Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass auch die Vergütungsgruppen der LehrerRL nach diesem Grundsatz auszulegen sind. Zwar beruhen sie auf einer einseitigen Leistungsbestimmung des öffentlichen Arbeitgebers. Gleichwohl dienen sie erkennbar dem Zweck der Schaffung einer einheitlichen Vergütungsordnung, die die von einem öffentlichen Arbeitgeber und Hoheitsträger in besonderer Weise zu gewährleistende Gleichbehandlung und damit einen bestimmten Gerechtigkeitsstandard beinhaltet. Ordnet der Richtliniengeber in zulässiger Weise einer bestimmten speziellen Tätigkeit eine bestimmte Vergütung zu, so ist auch insoweit davon auszugehen, dass er damit eine abschließende Bewertung treffen will (Senat 6. September 1989 - 4 AZR 302/89 - ZTR 1990, 26, 27 zum sog. "Nichterfüllererlass" NRW).

bb) Danach sind die pädagogischen Unterrichtshilfen des beklagten Landes ausschließlich in denjenigen Untergruppen des Abschnitts B Buchst. c der LehrerRL eingruppiert, in denen sie ausdrücklich genannt werden.

(1) Die Tätigkeit einer pädagogischen Unterrichtshilfe im Sinne der LehrerRL ist hinreichend klar bestimmt. Mit dieser Funktionsbezeichnung soll allein ein bestimmter Tätigkeitsbereich beschrieben werden; auf die Ausbildung kommt es bei der Zuordnung einer Tätigkeit zu dem Bereich der pädagogischen Unterrichtshilfe nicht an (Senat 30. Mai 1990 - 4 AZR 40/90 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 149). In Fußnote 23 der LehrerRL, also im Normenwerk selbst, sind sie als Lehrkräfte bezeichnet, die zeitlich mindestens zur Hälfte der mit ihnen vereinbarten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit Unterricht erteilen und ggf. auch eine Klasse leiten. Entscheidend ist dabei die Einschränkung, dass ihre Tätigkeit immer unter der übergreifenden Verantwortung einer für das Lehramt an Sonderschulen ausgebildeten Lehrkraft erfolgt. Damit ist ihre Tätigkeit im Rahmen einer Untergruppe aus dem Bereich der Lehrkräfte hinreichend deutlich abgegrenzt.

(2) Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg auf die Erfüllung der Tätigkeitsmerk- male der Fallgruppe Nr. 10 des Abschnitts B Buchst. c der LehrerRL berufen, da in dieser Gruppe die pädagogischen Unterrichtshilfen an Sonderschulen nicht aufgeführt werden. Im Abschnitt B Buchst. c der LehrerRL werden sie nur in den Fallgruppen Nrn. 7, 8 und 15 bis 18 genannt und den dem BAT entsprechenden Vergütungsgruppen VIb, Vc, Vb, IVb und IVa zugeordnet. Mit der Schaffung von besonderen Vergütungsgruppen für pädagogische Unterrichtshilfen hat der Richtliniengeber deutlich gemacht, dass diese Tätigkeit ausdrücklich und abschließend von dem Vergütungsschema erfasst werden soll, so dass eine anderweitige Eingruppierung der pädagogischen Unterrichtshilfen in andere Gruppen, etwa die der Lehrkräfte in Nrn. 9 bis 14 ausscheidet. Andernfalls gäbe es für die Fallgruppen Nrn. 15 bis 18 des Abschnitts B Buchst. c der LehrerRL kaum noch einen Anwendungsbereich. So wären zB alle acht in Nr. 16 genannten Berufsgruppen mit staatlicher Anerkennung, denen dort als pädagogische Unterrichtshilfen die VergGr. Vc zugewiesen ist, von den Ausbildungsvoraussetzungen her wörtlich von Nr. 13 des Abschnitts B Buchst. c der LehrerRL erfasst, dort in der Tätigkeit von Lehrkräften an Sonderschulen oder Sonderklassen für Geistigbehinderte und unter Zuweisung der VergGr. Vb. Bei der Auslegung der Tätigkeitsmerkmale der LehrerRL kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die einschlägigen Bestimmungen keine überflüssigen Merkmale enthalten (Senat 30. Mai 1990 - 4 AZR 40/90 -AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 149).

cc) Die hiergegen gerichteten Einwände der Revision sind unbegründet. (1) Die Revision trägt vor, dass die speziellere Regelung in den LehrerRL sich nicht nur auf die Tätigkeit einer pädagogischen Unterrichtshilfe (gegenüber der Tätigkeit einer Lehrkraft) beziehe, sondern dass es auch im Bereich der persönlichen Voraussetzungen speziellere Regelungen gebe, etwa bei der Berücksichtigung der Ausbildung als Freundschaftspionierleiter und der Lehrbefähigung für zwei Fächer in Fallgruppe Nr. 10 des Abschnitts B Buchst. c der LehrerRL.

Diese Auffassung ist unzutreffend. Wie schon die oben angeführte Vorbemerkung Nr. 1 zu allen Vergütungsgruppen der Anlage 1a zum BAT B/L zeigt, ist die "Tätigkeit" der Anknüpfungspunkt für die Kollisionsregel der Spezialität bei der Eingruppierung. Dies gilt auch und sogar für die Tätigkeitsmerkmale, die nur aus einem Funktionsmerkmal bestehen (zB Ärzte, Apotheker usw.), da bei diesen eine entsprechende Tätigkeit - stillschweigend - vorausgesetzt wird. Erst wenn die konkrete Tätigkeit die Merkmale verschiedener Vergütungsgruppen erfüllt, zu deren Unterscheidung unterschiedliche Ausbildungsvoraussetzungen normiert sind, kommt es auf das Vorliegen der entsprechenden Ausbildungsabschlüsse an. Demgemäß kann die Klägerin nur Vergütung nach einer der Gruppen verlangen, in denen jeweils die Tätigkeit der pädagogischen Unterrichtshilfe ausdrücklich aufgeführt ist.

Dass ein bestimmter Ausbildungsstand, über den die Klägerin im Streitfall verfügt, bei den pädagogischen Unterrichtshilfen nicht zu einer höheren Vergütungsgruppe führt, ist eine Wertentscheidung des Richtliniengebers, die unter Berücksichtigung seines weiten Gestaltungsermessens (vgl. dazu BAG 3. Dezember 1997 - 10 AZR 563/96 - BAGE 87, 180, 183) nicht zu beanstanden ist. Die Tätigkeitsmerkmale für pädagogische Unterrichtshilfen messen nur bestimmten Ausbildungsqualifikationen vergütungserhöhende Bedeutung bei. Eine pädagogische Unterrichtshilfe ohne Ausbildung ist in der Fallgruppe Nr. 18 (= VergGr. VIb) eingruppiert. Hat sie dagegen eine mindestens 12-monatige sonderpädagogische Zusatzausbildung absolviert, ist sie in der Fallgruppe Nr. 17 (= VergGr. Vc) eingruppiert. Mit einer staatlichen Prüfung als Erzieherin, Kindergärtnerin, Hortnerin, Krankengymnastin, Logopädin, Beschäftigungstherapeutin, Kinderdiakonin oder Freundschaftspionierleiterin unterfällt sie der Fallgruppe Nr. 16, der ebenfalls die VergGr. Vc zugeordnet ist. Liegen die beiden (zusätzlichen) Voraussetzungen der Fallgruppen Nr. 17 und Nr. 16 vor, kommt zu der staatlichen Prüfung also noch die 12-monatige sonderpädagogische Zusatzausbildung hinzu, entspricht dies der Fallgruppe Nr. 15 (= VergGr. Vb). Eine höhere Eingruppierung von pädagogischen Unterrichtshilfen in den Fallgruppen Nrn. 8 und 7 soll nach dem Willen des Richtliniengebers erst erfolgen, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer eine Fachhochschulausbildung absolviert hat, nämlich als Jugendleiter, Sozialpädagoge oder Sozialarbeiter mit staatlicher Anerkennung oder als Diplomerzieher oder Diplomvorschulerzieher in der Tätigkeit einer pädagogischen Unterrichtshilfe. Dies entspricht der VergGr. IVb und eröffnet nach achtjähriger Bewährung die VergGr. IVa. Verfügt er über eine abgeschlossene zusätzliche (zB heilpädagogische) Spezialausbildung, kann er bereits nach vierjähriger Berufsausübung in die VergGr. IVa aufsteigen. Dass es darüber hinaus Qualifikationen gibt, die möglicherweise nützlich für die Ausübung der Tätigkeit einer pädagogischen Unterrichtshilfe sind, in den LehrerRL jedoch nicht zu einer höheren Eingruppierung einer pädagogischen Unterrichtshilfe führen, ist in diesem Rahmen denkbar und nicht zu beanstanden. Nach dem Willen des Richtliniengebers ist die Ausbildung als Lehrer für untere Klassen, über die die Klägerin verfügt, vergütungsrechtlich aber nur dann relevant, wenn die ausgebildete Person verantwortlich Unterricht an einer Sonderschule erteilt (Fallgruppe Nr. 4 Abschnitt B Buchst. c der LehrerRL), und nicht, wenn sie als pädagogische Unterrichtshilfe tätig ist. Eine Ausnahme hiervon hat der Richtliniengeber in der Fußnote 34 zu Nr. 8 Abschnitt B Buchst. c der LehrerRL ua. für solche Erzieherinnen geregelt, denen die Tätigkeit einer pädagogischen Unterrichtshilfe bis zum 31. Oktober 1992 übertragen wurde. Diese Sonderregelung belegt die grundsätzliche Wertentscheidung, in anderen als den dort geregelten Ausnahmefällen diese Ausbildung einer pädagogischen Unterrichtshilfe nicht gesondert zu bewerten. Diese Differenzierung ist sachlich begründbar und liegt im Ermessen des Richtliniengebers.

(2) Entgegen der Ansicht der Revision spricht auch die in § 305c Abs. 2 BGB normierte Unklarheitenregel nicht gegen dieses Ergebnis. Dabei kommt es auf die Auffassung des beklagten Landes, der Anwendung der §§ 305 ff. BGB auf die LehrerRL ständen Besonderheiten des Arbeitsrechts gem. § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB entgegen, nicht an. Denn die LehrerRL sind nicht unklar im Sinne von § 305c Abs. 2 BGB. Sie erfassen die Tätigkeit der pädagogischen Unterrichtshilfen ausdrücklich und ordnen sie je nach Ausbildung einer Gruppe und damit einer Vergütungsgruppe zu. Ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin, die als pädagogische Unterrichtshilfe tätig ist, kann allein dem Wortlaut der LehrerRL die für sie zutreffende Gruppe bzw. Vergütungsgruppe mit hinreichender Klarheit entnehmen.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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