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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 09.10.2002
Aktenzeichen: 5 AZR 160/01
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2 |
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL
Verkündet am 9. Oktober 2002
In Sachen
hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der Beratung vom 9. Oktober 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Müller-Glöge, die Richter am Bundesarbeitsgericht Prof. Dr. Mikosch und Dr. Linck sowie den ehrenamtlichen Richter Dr. Müller und die ehrenamtliche Richterin Reinders für Recht erkannt:
Tenor:
1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 16. November 2000 - 4 Sa 1081/00 - aufgehoben.
2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 25. Juli 2000 - 3 Ca 624/00 - wird zurückgewiesen.
3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Höhe des Urlaubsentgelts und der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.
Der Kläger ist seit 1987 bei dem Beklagten als Fleischbeschauer beschäftigt. Auf Grund einzelvertraglicher Vereinbarung findet der Tarifvertrag über die Regelung der Rechtsverhältnisse der amtlichen Tierärzte und Fleischkontrolleure außerhalb öffentlicher Schlachthöfe (TV Ang aöS) vom 1. April 1969 in der jeweils gültigen Fassung Anwendung.
Der Kläger verlangt mit seiner Klage eine erhöhte Vergütung für "61 Werktage des Jahres 1999". Für diese Tage, deren Lage das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt hat und die sich aus den in Bezug genommenen Schriftsätzen der Parteien nicht ergeben, hat der Kläger "Kranken- bzw. Urlaubsvergütung bezogen". Der Beklagte hat werktäglich 264,00 DM brutto gezahlt. Er hat diesen Betrag ermittelt, indem er den Jahresverdienst 1998 des Klägers von 79.000,00 DM (einschließlich Zuschuß zum Krankengeld) durch 300 dividiert hat. Demgegenüber hält der Kläger einen Betrag von 315,00 DM brutto werktäglich für richtig, ohne diesen Betrag irgendwie belegt zu haben. Daraus ergibt sich nach seiner Auffassung eine Forderung von insgesamt 1.866,00 DM netto.
Zu den Bezügen des Klägers im Jahre 1998 hat das Landesarbeitsgericht folgendes festgestellt: Der Kläger war vom 30. Dezember 1997 bis einschließlich 5. April 1998 arbeitsunfähig krank. Bis zum 10. Februar 1998 erhielt er Krankenbezüge iHv. 9.501,23 DM. Danach zahlte der Beklagte einen Krankengeldzuschuß von insgesamt 5.658,48 DM bis zum Ende der Arbeitsunfähigkeit. Vom 6. bis zum 13. April 1998 fand keine Fleischbeschau statt. Anschließend arbeitete der Kläger und erhielt Stück- bzw. Stundenvergütung. Vom 28. April bis zum 4. Mai 1998 war er erneut arbeitsunfähig krank; der Entgeltfortzahlungszeitraum war abgelaufen. Ab dem 5. Mai 1998 arbeitete der Kläger wieder und bezog die tarifliche Vergütung.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, Monate, für die lediglich ein Krankengeldzuschuß gezahlt worden sei, dürften nicht in die Durchschnittsberechnung einfließen. Der Angestellte habe für diese Zeit keine Bezüge erhalten, so daß nach § 13 Abs. 3 Satz 2 und § 17 Abs. 2 Satz 2 TV Ang aöS allein auf die abgerechneten vollen Kalendermonate abzustellen sei. Andernfalls würden die längerfristig beschäftigten Arbeitnehmer mit Anspruch auf Krankengeldzuschuß gegenüber den kurzfristig beschäftigten Arbeitnehmern ohne einen solchen Anspruch erheblich benachteiligt.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zur Zahlung von 1.866,00 DM netto nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 10. Februar 2000 zu verurteilen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es liege ein Fall des § 13 Abs. 3 Satz 1 bzw. des § 17 Abs. 2 Satz 1 TV Ang aöS vor. Der Kläger habe für jeden Kalendermonat des Vorjahres Bezüge erhalten. Die tarifliche Regelung sei wirksam.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet. Die Klage ist mangels hinreichender Bestimmtheit von Anspruchsgegenstand und Anspruchsgrund (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) unzulässig.
I. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muß die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs enthalten. Der Kläger muß eindeutig festlegen, welche Entscheidung er begehrt. Er hat mehrere selbständige Ansprüche bestimmten Teilbeträgen zuzuordnen. Dieselbe Zuordnung ist erforderlich, wenn er nur einen Teil seiner angeblich höheren Gesamtforderung geltend macht. Jeder Anspruch muß identifizierbar sein. Der Kläger muß die begehrte Rechtsfolge aus einem konkreten Lebensvorgang ableiten. Vorzutragen sind die Tatsachen, die den Streit unverwechselbar festlegen. Der zugrunde liegende Sachverhalt darf nicht beliebig sein (BAG 11. November 1997 - 9 AZR 598/96 - nv., zu 2 der Gründe; Thomas/Putzo ZPO 24. Aufl. § 253 Rn. 8 ff.; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 60. Aufl. § 253 Rn. 30 ff.; Zöller/Greger ZPO 23. Aufl. § 253 Rn. 11 ff.; Musielak/Foerste ZPO 3. Aufl. § 253 Rn. 24 ff.; MünchKommZPO-Lüke 2. Aufl. § 253 Rn. 65 ff., 74 ff.).
II. Dem wird der Vortrag des Klägers in den Tatsacheninstanzen nicht gerecht.
1. Der Kläger hat nicht dargelegt, für welche 61 Werktage des Jahres 1999 er die erhöhte Vergütung fordert. Diese Festlegung ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt der sogenannten abschließenden Gesamtklage entbehrlich. Es wird schon nicht deutlich, daß alle in Betracht kommenden Werktage, also sämtliche Urlaubs- und Krankheitszeiten des Jahres 1999 berücksichtigt sind. Ferner läßt der Zeitraum eines vollen Jahres eine unterschiedliche rechtliche Beurteilung der einzelnen Ansprüche, etwa im Hinblick auf Vergütungshöhe und Ausschlußfristen zu, muß deshalb als zu lang für die nötige Individualisierung angesehen werden.
2. Der Kläger hat nicht klargestellt, was er jeweils begehrt. Kranken- und Urlaubsvergütung beruhen auf unterschiedlichen Sachverhalten. Die Ansprüche unterliegen einer unterschiedlichen rechtlichen Beurteilung, auch wenn sie sich im Ergebnis der Höhe nach nicht unterscheiden. Dem kann nicht entgegengehalten werden, der Beklagte habe weder die krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeiten noch die Urlaubsgewährungen bestritten. Der Umfang der Rechtskraft eines Urteils wäre unklar. Es bliebe offen, über welche Lebenssachverhalte (Urlaub oder Krankheit) das Gericht jeweils entschieden hat.
3. Für den der Forderung zugrunde gelegten Betrag von 315,00 DM brutto werktäglich fehlt es an jeglichem Sachvortrag. Das betrifft nicht nur die Schlüssigkeit der Klage, sondern gerade auch deren Zulässigkeit. Das Gericht wird nicht in die Lage versetzt, die Forderung einer rechtlichen Prüfung zu unterziehen. Zu dem Sachverhalt, der eine auf Vertrag beruhende Forderung individualisiert, gehört ein Mindestmaß an Angaben zur Höhe der Forderung. Demgegenüber "behauptet" der Kläger nur, eine Forderung in dieser Höhe zu haben, wenn das Gericht seinem Verständnis des Tarifvertrags folgte. Der Kläger liefert nicht einmal den Anschein einer sachlichen Begründung. Genau so gut hätte er irgendeinen anderen Betrag wählen können.
4. Im übrigen ist die Ableitung eines Nettobetrags aus der behaupteten Bruttoschuld in keiner Weise nachvollziehbar. Ob auch das der Zulässigkeit der Klage entgegensteht, bedarf keiner Entscheidung.
5. An alledem ändert die Darstellung des Landesarbeitsgerichts nichts, zwischen den Parteien sei "rechnerisch unstreitig", daß sich bei der Berechnung der Vergütung für Krankheit und Urlaub im Jahre 1999 eine Differenz von 1.866,00 DM netto ergebe. Soweit die Zulässigkeit der Klage und nicht (lediglich) der Umfang der Substantiierungspflicht zwecks schlüssigen Klagevorbringens in Rede steht, ist das Nichtbestreiten des Beklagten unerheblich. Konkrete für die rechtliche Beurteilung maßgebliche Tatsachen hat das Landesarbeitsgericht jedenfalls nicht festgestellt, sondern nur festgehalten, daß der Beklagte das Ergebnis einer - weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht offengelegten - Rechenoperation des Klägers nicht kommentiert hat.
III. Auf Grund des gerichtlichen Hinweises vom 2. August 2002 hat der Kläger zwar mit Schriftsatz vom 5. September 2002 einige, wenn auch ersichtlich unvollständige und von ihm selbst als "Teilangaben" bezeichnete Ergänzungen beigebracht. Hiernach ist aber keine andere Beurteilung der Zulässigkeitsfrage gerechtfertigt; denn es liegt weiterhin kein unstreitiger Vortrag vor, der die erforderliche Zuordnung der geltend gemachten Ansprüche zu bestimmten Sachverhalten ermöglicht.
IV. Da die Klage unzulässig ist, muß das klageabweisende erstinstanzliche Urteil wiederhergestellt werden. Die Abweisung als unzulässig braucht im Urteilsausspruch nicht eigens zum Ausdruck zu kommen. Der Kläger hat gemäß den §§ 91, 97 ZPO die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
Ende der Entscheidung
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