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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 01.03.2006
Aktenzeichen: 5 AZR 363/05
Rechtsgebiete: BGB, BetrVG


Vorschriften:

BGB § 307
BGB § 308 Nr. 4
BetrVG § 37 Abs. 4
BetrVG § 38 Abs. 3
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10
Wird in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Zulage unter dem Vorbehalt der Anrechnung gewährt, ohne dass die Anrechnungsgründe näher bestimmt sind, führt dies nicht zur Unwirksamkeit nach § 308 Nr. 4 BGB. Eine solche Klausel verstößt auch nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.
BUNDESARBEITSGERICHT

Im Namen des Volkes!

URTEIL

5 AZR 363/05

Verkündet am 1. März 2006

In Sachen

hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 1. März 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Müller-Glöge, die Richter am Bundesarbeitsgericht Prof. Dr. Mikosch und Dr. Linck sowie den ehrenamtlichen Richter Feldmeier und die ehrenamtliche Richterin Zorn

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 27. Januar 2005 - 14 Sa 1511/04 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Arbeitsentgelt.

Der Kläger ist seit 1961 bei der Beklagten als Glasapparatebläser tätig. Die Beklagte beschäftigt rund 800 Arbeitnehmer. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft beiderseitiger Tarifbindung die Tarifverträge der Chemischen Industrie Anwendung. Von April 1992 bis März 2002 war der Kläger Vorsitzender des bei der Beklagten gebildeten Betriebsrats. In dieser Zeit war er von seiner beruflichen Tätigkeit freigestellt.

Die Parteien vereinbarten am 26. Februar 2002 für die Zeit vom 1. März 2002 bis zum 29. Februar 2008 Altersteilzeit in der Form des sog. Blockmodells. In der bis zum 28. Februar 2005 dauernden Arbeitsphase leistete der Kläger keine Überstunden.

In dem Altersteilzeitvertrag ist bestimmt:

"...

§ 1

Beginn und Ende der Altersteilzeit

1. Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis wird unter Abänderung und Ergänzung des Arbeitsvertrages mit Wirkung vom 1. März 2002 als Altersteilzeitarbeitsverhältnis fortgeführt.

Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis endet ohne Kündigung am 29. Februar 2008.

...

§ 3

Vergütung

Der Arbeitnehmer erhält für die Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses das Entgelt für die Altersteilzeitarbeit.

Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeitszuschläge für Arbeitnehmer in vollkontinuierlicher und in teilkontinuierlicher Wechselschichtarbeit werden nach dem tatsächlich geleisteten Umfang der geleisteten Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit gewährt. Sie sind, soweit sie steuerfrei sind, nicht in die Aufstockungszahlung einzubeziehen.

...

Entgeltänderungen wirken sich auch während der Freistellungsphase auf das Arbeitsentgelt aus.

...

§ 4

Aufstockungsbetrag

Der Arbeitnehmer erhält bei einem Altersteilzeitarbeitsverhältnis von bis zu sechs Jahren Dauer eine Aufstockungszahlung in Höhe von 40 % des Arbeitsentgelts für die Altersteilzeitarbeit. Das Arbeitsentgelt ist jedoch auf mindestens 85 %, höchstens auf 100 % des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten Arbeitsentgelts, das der Arbeitnehmer ohne Eintritt in die Altersteilzeitarbeit erzielt hätte, aufzustocken. Für die Berechnung dieses Nettoarbeitsentgelts ist die auf das Altersteilzeitarbeitsverhältnis anzuwendende Steuerklasse maßgebend.

...

§ 5

Altersteilzeitarbeitsverhältnisse von über sechs Jahren Dauer

Durch freiwillige Betriebsvereinbarung oder mit Zustimmung des Betriebsrates einzelvertraglich können Altersteilzeitverhältnisse mit mehr als sechs Jahren Dauer vereinbart werden.

...

§ 11

Vertragsänderungen

...

Im übrigen gelten die Bestimmungen des Arbeitsvertrages, die Bestimmungen des Tarifvertrages zur Förderung der Altersteilzeit in der jeweils geltenden Fassung und das Altersteilzeitgesetz in der Fassung vom 22.03.2000.

..."

Vor Abschluss des Altersteilzeitvertrags hatte die Beklagte dem Kläger die Zusammensetzung seines Arbeitsentgelts zuletzt in der Mitteilung vom 17. Juli 2000 wie folgt erläutert:

"... wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass wir rückwirkend zum 1. Juni 2000 Ihre freiwillige, jederzeit widerrufliche und anrechenbare, betriebliche Ausgleichszulage erhöhen. Ihr Entgelt setzt sich nunmehr wie folgt zusammen:

Entgeltgruppe 09/T (Endsatz) 5.544,00 DM

Freiwillige, jederzeit widerrufliche und anrechenbare betriebliche Ausgleichszulage 1.506,00 DM

Gesamt-Brutto 7.050,00 DM

...".

Der Hinweis "Freiwillige, jederzeit widerrufliche und anrechenbare betriebliche Ausgleichszulage" war zuvor bereits in drei weiteren Entgeltmitteilungen des Klägers aus den Jahren 1971, 1991 und 1992 enthalten.

Die Beklagte leistete dem Kläger im April 2003 ein Gehalt iHv. 1.493,50 Euro zuzüglich einer freiwilligen Zulage (BAZ) iHv. 385,00 Euro, einem Arbeitgeberanteil Vermögensbildung iHv. 19,94 Euro und einer Kontoführungsgebühr iHv. 1,28 Euro, insgesamt also ein Gesamtbruttoentgelt iHv. 1.899,72 Euro.

Zum 1. Mai 2003 wurden die Tarifentgelte in der Chemischen Industrie um 2,6 % erhöht, für April 2003 war für alle Entgeltgruppen eine Einmalzahlung in Höhe von 40,00 Euro vereinbart. Mit Aushang vom 22. Mai 2003 teilte die Beklagte dem Kläger sowie allen anderen Beschäftigten mit, sie werde die Erhöhung der Tarifentgelte in voller Höhe auf die allgemeinen, freiwilligen übertariflichen Zulagen anrechnen. Betroffen seien alle Mitarbeiter, die eine allgemeine, freiwillige übertarifliche Zulage erhielten, dh. die Betriebliche Ausgleichszulage (BAZ) sowie den Prämienausgleich (PAL). Die BAZ ist nicht durch eine Betriebsvereinbarung geregelt.

In der Entgeltabrechnung des Klägers für Mai 2003 wies die Beklagte darauf hin, dass in dieser Abrechnung die angekündigte Anrechnung der Tariferhöhung auf die BAZ vorgenommen werde. Für Mai 2003 leistete die Beklagte dem Kläger ein Gehalt iHv. 1.532,50 Euro zuzüglich einer freiwilligen Zulage (BAZ) iHv. 346,00 Euro, einem Arbeitgeberanteil Vermögensbildung iHv. 19,94 Euro und einer Kontoführungsgebühr iHv. 1,28 Euro. Die tarifliche Einmalzahlung iHv. anteilig 20,00 Euro wurde in der Abrechnung zunächst gutgeschrieben und dann mit dem Hinweis "Anrechnung Pauschzahlg" in Abzug gebracht. Das Gesamtbruttoentgelt betrug 1.899,72 Euro.

Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung verlangt der Kläger mit seiner am 11. Februar 2004 beim Arbeitsgericht eingegangenen und später erweiterten Klage die Zahlung der monatlichen Differenzvergütung in Höhe von 39,00 Euro für die Zeit vom 1. Mai 2003 bis zum 30. Juni 2004, die anteilige Einmalzahlung in Höhe von 20,00 Euro sowie die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, ihm bis Februar 2008 eine BAZ iHv. 385,00 Euro/mtl. zu zahlen.

Der Kläger hat geltend gemacht, die Beklagte habe die Tariferhöhung auf die BAZ nicht anrechnen dürfen. Die BAZ werde von dem jeweiligen Bereichs- bzw. Abteilungsleiter nach Leistungs- und Qualifikationsmerkmalen individuell festgelegt. Mit der BAZ seien entsprechend einer zu Beginn seiner Amtszeit als Betriebsratsvorsitzender getroffenen Vereinbarung auch Überstunden pauschal abgegolten worden. Der Freiwilligkeits- bzw. Anrechnungsvorbehalt halte einer Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB nicht stand. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG sei nicht beachtet worden.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 371,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 195,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klageerweiterung zu zahlen;

3. festzustellen, dass die Beklagte bei Fortsetzung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses bis zum Februar 2008 verpflichtet ist, an den Kläger eine betriebliche Ausgleichszulage in Höhe von 385,00 Euro brutto monatlich zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat geltend gemacht, die Tariferhöhung müsse nicht effektiv weitergegeben werden, weil sie eine übertarifliche Vergütung leiste. Mit der BAZ werde kein besonderer Zweck verfolgt. Die Anrechnung sei bei allen betroffenen Arbeitnehmern im Rahmen des Möglichen gleichmäßig und vollständig erfolgt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Ansprüche weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf das verlangte Arbeitsentgelt.

I. Die Klage ist zulässig. Für den zu Ziff. 3 gestellten Feststellungsantrag besteht ein rechtliches Interesse (§ 256 Abs. 1 ZPO). Der Kläger kann nicht auf den Vorrang der Leistungsklage verwiesen werden. Zwar ist das rechtliche Interesse an der Erhebung einer Feststellungsklage in der Regel zu verneinen, wenn eine Leistungsklage möglich ist. Dies gilt jedoch nicht für eine Leistungsklage, die auf zukünftige Leistungen (§ 259 ZPO) gerichtet ist.

II. Die Beklagte war berechtigt, die zum 1. Mai 2003 erfolgte Tariferhöhung auf die BAZ anzurechnen. Mit den laufenden monatlichen Gehaltszahlungen erfüllt die Beklagte die vom Kläger geltend gemachten Zahlungsansprüche. Die bereits fällig gewordenen Forderungen des Klägers sind deshalb gem. § 362 Abs. 1 BGB erloschen.

1. Aktuelle Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist der Altersteilzeitvertrag vom 26. Februar 2002. Gem. § 1 dieses Vertrags haben die Parteien das bestehende Arbeitsverhältnis unter Abänderung und Ergänzung der bisherigen Vereinbarungen mit Wirkung vom 1. März 2002 auf eine neue vertragliche Grundlage gestellt. Nachdem die Parteien in dem Altersteilzeitvertrag zur konkreten Höhe der Vergütung keine Regelung getroffen haben, richtet sich diese nach der letzten Entgeltmitteilung vom 17. Juli 2000.

2. Der Altersteilzeitvertrag vom 26. Februar 2002 enthält Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 BGB.

a) Nach § 305 Abs. 1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss des Vertrags stellt. Aus dem Inhalt und der äußeren Gestaltung der in einem Vertrag verwendeten Bedingungen kann sich ein vom Verwender zu widerlegender Anschein dafür ergeben, dass sie zur Mehrfachverwendung formuliert worden sind (BGH 24. November 2005 - VII ZR 87/04 - WM 2006, 247, zu II 2 a aa der Gründe). Das kann zB der Fall sein, wenn der Vertrag zahlreiche formelhafte Klauseln enthält und nicht auf die individuelle Vertragssituation abgestimmt ist (BGH 27. November 2003 - VII ZR 53/03 - BGHZ 157, 102, 106, zu A II 1 b aa der Gründe). Vertragsbedingungen sind für eine Vielzahl von Verträgen bereits dann vorformuliert, wenn ihre dreimalige Verwendung beabsichtigt ist. Die Absicht der dreimaligen Verwendung ist auch dann belegt, wenn der Verwender die Klausel dreimal mit demselben Vertragspartner vereinbart (BGH 11. Dezember 2003 - VII ZR 31/03 - NJW 2004, 1454, zu II 1 a der Gründe).

b) Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nach § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind. "Aushandeln" iSv. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB bedeutet mehr als verhandeln. Es genügt nicht, dass der Vertragsinhalt lediglich erläutert oder erörtert wird und den Vorstellungen des Vertragspartners entspricht. "Ausgehandelt" iSv. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB ist eine Vertragsbedingung nur, wenn der Verwender die betreffende Klausel inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem Verhandlungspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumt mit der realen Möglichkeit, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen zu beeinflussen. Das setzt voraus, dass sich der Verwender deutlich und ernsthaft zu gewünschten Änderungen der zu treffenden Vereinbarung bereit erklärt (BAG 27. Juli 2005 - 7 AZR 486/04 - NZA 2006, 40, 44, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu B II 1 b bb (2) der Gründe; BGH 3. November 1999 - VIII ZR 269/98 - BGHZ 143, 104, III f., zu II 2 b aa der Gründe; Senat 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - AP BGB § 310 Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 3, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu VI 1 und VII 2 der Gründe, zu § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB).

c) Die äußere Erscheinungsform des Altersteilzeitvertrags begründet eine tatsächliche Vermutung dafür, dass er von der Beklagten vorformuliert war. Der Vertrag ist allgemein gefasst und enthält nur wenige auf das Arbeitsverhältnis des Klägers bezogene Daten. Der generelle Charakter des Vertrags wird in den §§ 4 und 5 über Aufstockungszahlungen bei Altersteilzeitarbeitsverhältnissen von bis zu sechs Jahren und solchen über sechs Jahren besonders deutlich. Diese Klauseln gehen nicht auf die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung ein. Sie zeigen, dass dieser Vertragstext generell für die bei der Beklagten vereinbarten Altersteilzeitarbeitsverhältnisse gelten soll. Nachdem die Beklagte zur rechtlichen Behandlung des Altersteilzeitvertrags nichts vorgetragen hat, ist auf Grund des äußeren Erscheinungsbilds des Vertrags von Allgemeinen Geschäftsbedingungen auszugehen.

d) Die von dem vorformulierten Altersteilzeitvertrag in Bezug genommene Entgeltregelung enthält gleichfalls Allgemeine Geschäftsbedingungen. Der Kläger hat im ersten Rechtszug im Schriftsatz vom 14. Juni 2004 geltend gemacht, der in den Entgeltmitteilungen aufgeführte Vorbehalt unterliege seit dem 1. Januar 2003 der Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB. Damit hat er konkludent behauptet, es handele sich um eine vorformulierte Vertragsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 BGB. Die Beklagte hat das in ihrer Erwiderung vom 29. Juni 2004 nicht bestritten, sondern nur Rechtsausführungen zum Umfang der Inhaltskontrolle gemacht. Gem. § 138 Abs. 3 ZPO ist deshalb von dem Vortrag des Klägers auszugehen. Der zu der betrieblichen Ausgleichszulage angebrachte Hinweis "Freiwillige, jederzeit widerrufliche und anrechenbare betriebliche Ausgleichzulage" war im Übrigen nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zuvor bereits in drei weiteren Entgeltmitteilungen des Klägers aus den Jahren 1971, 1991 und 1992 enthalten. Er war damit für eine Vielzahl von Verträgen bestimmt.

3. Die Klausel "freiwillige, jederzeit widerrufliche und anrechenbare betriebliche Ausgleichszulage" regelt zwei Sachverhalte. Die Zulage soll widerruflich und anrechenbar sein.

a) Die Regelung einer "freiwilligen, jederzeit widerruflichen Zulage" beinhaltet die Vereinbarung einer Leistung, zu der die Beklagte weder gesetzlich, noch tarifvertraglich oder betriebsverfassungsrechtlich verpflichtet ist (vgl. MünchArbR/Hanau 2. Aufl. § 62 Rn. 93 f.). Erst mit der Zusage der Leistung wird ein individualrechtlicher Anspruch begründet. Der Hinweis auf die Freiwilligkeit der Leistung steht dem nicht entgegen. Damit drückt der Arbeitgeber lediglich aus, nicht aus anderen Gründen zu der Leistung verpflichtet zu sein. Will der Arbeitgeber jeden Anspruch für die Zukunft ausschließen, hat er dies deutlich zu machen (vgl. hierzu BAG 12. Januar 2000 - 10 AZR 840/98 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 223 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 158). Der Kläger hat damit einen vertraglichen Anspruch auf die Zulage, bis die Beklagte das vorbehaltene Widerrufsrecht ausübt oder eine Anrechnung erfolgt.

b) Die Klausel ist teilbar. Widerrufs- und Anrechnungsvorbehalte haben unterschiedliche Voraussetzungen und Rechtsfolgen.

aa) Zu einem Widerruf einer Zulage kann es wegen der wirtschaftlichen Situation des Arbeitgebers, aber auch wegen des Verhaltens des Arbeitnehmers kommen. Der Widerruf der Zulage hat eine Kürzung des Gesamtbruttoverdienstes zur Folge.

bb) Der Anrechnungsvorbehalt gibt dem Arbeitgeber das Recht, die Zulage bei einer Erhöhung des Tarifentgelts zu kürzen. Eine Anrechnung erfolgt maximal im Umfang der Anhebung der tariflichen Vergütung. Deshalb führt die Anrechnung nicht zu einer Änderung des Gesamtbruttoverdienstes. Bei einer Anrechnung verschiebt sich nur das Verhältnis der tariflichen zu den übertariflichen Entgeltbestandteilen.

cc) Da vorliegend nur die Wirksamkeit der von der Beklagten vorgenommenen Anrechnung der Tariferhöhung auf die BAZ in Streit steht, bedarf die Wirksamkeit des Widerrufsvorbehalts keiner weiteren Erörterung (vgl. zu den Anforderungen an Widerrufsvorbehalte: Senat 12. Januar 2005 - 5 AZR 364/04 - AP BGB § 308 Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 1, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).

4. Der zwischen den Parteien vereinbarte Anrechnungsvorbehalt hält einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB stand, auch wenn mit der BAZ, wie der Kläger behauptet hat, besondere Leistungen honoriert werden sollten.

a) Wenn mit der BAZ keine besonderen Leistungszwecke verfolgt werden, läge nur eine Bruttolohnabrede vor, die keine von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelung iSv. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB darstellt. Eine Bruttolohnabrede ist gem. § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB nur am Maßstab des Transparenzgebots nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB zu überprüfen (dazu Senat 1. März 2006 - 5 AZR 540/05 -, zu II 1 c der Gründe). Würde die BAZ dagegen für besondere Leistungen gewährt, behielte sich die Beklagte mit dem Anrechnungsvorbehalt das Recht vor, diese zweckbestimmte Leistung zu verändern. Eine solche Klausel wiche von dem Grundsatz ab, dass die im Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden Leistungspflichten nicht einseitig geändert werden dürfen. Der Vertrag und die sich aus ihm ergebenden Verpflichtungen sind für jede Seite bindend (Senat 12. Januar 2005 - 5 AZR 364/04 - AP BGB § 308 Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 1, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu B I 4 a der Gründe).

b) Selbst wenn mit der BAZ besondere Leistungen des Klägers vergütet worden wären, führte dies nicht zur Unwirksamkeit des Anrechnungsvorbehalts. Die Änderung der Zulagenhöhe wäre dem Kläger zumutbar gewesen, denn die von der Beklagten vertraglich zugesagte Gesamtgegenleistung für die vom Kläger erbrachte Arbeitsleistung verringerte sich durch die Anrechnung nicht. Insoweit unterscheidet sich die Anrechnung vom Widerruf einer Zulage, der zu einer Kürzung des Gesamtverdienstes führt. Diesen unterschiedlichen Auswirkungen auf die Verdiensthöhe ist bei der Inhaltskontrolle Rechnung zu tragen.

c) Der Kläger konnte auf Grund des Anrechnungsvorbehalts erkennen, dass die Zulage nicht ohne Kürzungsmöglichkeit gewährt wird. Die Anrechnungsklausel verstößt nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Formulierung "...anrechenbare betriebliche Ausgleichszulage" ist hinreichend klar und verständlich. Für einen durchschnittlichen Arbeitnehmer ist erkennbar, dass im Falle einer Erhöhung des tariflich geschuldeten Arbeitsentgelts die Zulage bis zur Höhe der Tarifsteigerung gekürzt werden kann. Anrechnungsvorbehalte sind in arbeitsvertraglichen Vergütungsabreden seit Jahrzehnten gang und gäbe. Sie stellen eine Besonderheit des Arbeitsrechts dar, die gem. § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB angemessen zu berücksichtigen ist.

5. Der Anrechnungsbefugnis der Beklagten steht nicht entgegen, dass nach dem Vortrag des Klägers mit der BAZ während der Amtszeit des Klägers als Betriebsratsvorsitzender auch Überstunden abgegolten werden sollten. Mit dem Altersteilzeitvertrag vom 26. Februar 2002 haben die Parteien ihre vertraglichen Beziehungen auf eine neue rechtliche Grundlage gestellt. Nach den gem. § 559 Abs. 1 ZPO bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts leistete der Kläger seit dem Beginn der Altersteilzeit keine Überstunden mehr. Sollte bis zum Abschluss des Altersteilzeitvertrags mit der BAZ der besondere Zweck einer pauschalen Abgeltung von Überstunden verfolgt worden sein, ist dieser jedenfalls seit dem 1. März 2002 entfallen.

6. Soweit § 3 Abs. 4 des Altersteilzeitvertrags vorsieht, dass sich Entgeltänderungen auch während der Freistellungsphase auf das Arbeitsentgelt auswirken, kann hieraus keine Verpflichtung der Beklagten zu einer effektiven Weitergabe von Tarifentgelterhöhungen hergeleitet werden. Diese Vorschrift besagt lediglich, dass der Kläger in der Freistellungsphase trotz fehlender Arbeitsleistung Anspruch auf die jeweiligen Tariferhöhungen hat. Diesen Anspruch hat die Beklagte erfüllt. Eine vereinbarte Anrechnungsbefugnis wird durch § 3 Abs. 4 des Altersteilzeitvertrags nicht ausgeschlossen.

III. Die Anrechnung der Beklagten betrifft sowohl die ab 1. Mai 2003 erfolgte prozentuale Anhebung der laufenden Tarifentgelte als auch die für April 2003 vorgesehene Einmalzahlung von 40,00 Euro. Eine Tariflohnerhöhung setzt nicht die "tabellenwirksame" Erhöhung des Tariflohns voraus. Eine anrechnungsfähige Tariferhöhung kann deshalb auch vorliegen, wenn die Arbeitnehmer für einen bestimmten Zeitraum keine prozentuale Erhöhung ihres Entgelts, sondern eine Pauschalzahlung erhalten (BAG 21. Januar 2003 - 1 AZR 125/02 - AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 118 = EzA TVG § 4 Tariflohnerhöhung Nr. 41, zu A II 1 b dd der Gründe; 25. Juni 2002 - 3 AZR 167/01 - AP TVG § 4 Übertarifl. Lohn und Tariflohnerhöhung Nr. 36 = EzA TVG § 4 Tariflohnerhöhung Nr. 38, zu II 2 der Gründe). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Einmalzahlung erhöhte die Arbeitsentgelte für April 2003 einheitlich um 40,00 Euro.

IV. Die erfolgte Anrechnung verletzt nicht betriebsverfassungsrechtliche Vorschriften.

1. Die Anrechnung verstößt nicht gegen § 38 Abs. 3 BetrVG. Nach dieser Bestimmung erhöht sich der Zeitraum für die Weiterzahlung des nach § 37 Abs. 4 BetrVG zu bemessenden Arbeitsentgelts für Mitglieder des Betriebsrats, die drei volle aufeinanderfolgende Amtszeiten freigestellt waren, auf zwei Jahre nach Ablauf der Amtszeit. Seit 1989 beträgt die regelmäßige Amtszeit gem. § 21 Satz 1 BetrVG vier Jahre. Mit seinem Vortrag, er sei von April 1992 bis März 2002 als Betriebsratsvorsitzender freigestellt gewesen, hat der Kläger bereits nicht schlüssig dargelegt, drei volle aufeinander folgende Amtszeiten freigestellt gewesen zu sein. Eine vom Regelfall abweichende Dauer der Amtszeit hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Die Beklagte war deshalb nach § 37 Abs. 4 BetrVG nur verpflichtet, dem Kläger für einen Zeitraum von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit kein geringeres Arbeitsentgelt als vergleichbaren Arbeitnehmern mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung zu zahlen. Der Zeitraum von einem Jahr endete im März 2003. Die Anrechnung der Tariferhöhung auf die Zulage ist zum 1. Mai 2003 erfolgt und damit nach Ablauf der Schutzfrist des § 37 Abs. 4 BetrVG.

2. Die Anrechnung der Tariferhöhung auf die BAZ ist nicht wegen der Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats unwirksam. Ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG besteht bei der Anrechnung auf übertarifliche Zulagen, wenn sich durch die Anrechnung die bisherigen Verteilungsrelationen ändern und innerhalb des vom Arbeitgeber mitbestimmungsfrei vorgegebenen Dotierungsrahmens ein Gestaltungsspielraum verbleibt. Die Anrechnung ist mitbestimmungsfrei, wenn die Tariferhöhung im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Möglichen vollständig und gleichmäßig auf die übertarifliche Vergütung sämtlicher Arbeitnehmer angerechnet wird (BAG 21. Januar 2003 - 1 AZR 125/02 - AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 118 = EzA TVG § 4 Tariflohnerhöhung Nr. 41, zu A II 2 a der Gründe). Danach war die Anrechnung durch die Beklagte mitbestimmungsfrei. Nach dem Vortrag der Beklagten ist in allen Fällen, in denen es tatsächlich und rechtlich möglich war, eine Anrechnung der Tariferhöhung auf die BAZ erfolgt. Dem entspricht auch der Aushang der Beklagten vom 22. Mai 2003. Zu dieser Behauptung der Beklagten hat sich der Kläger nicht hinreichend konkret erklärt (§ 138 Abs. 2 ZPO). Das Landesarbeitsgericht hat unter Bezugnahme auf die Urteilsgründe des Arbeitsgerichts ausgeführt, der Kläger habe den Vortrag der Beklagten nicht ohne weiteres mit Nichtwissen bestreiten können. Nach zehnjähriger Tätigkeit als Betriebsratsvorsitzender sei davon auszugehen, dass der Kläger Kenntnis von der Art und Weise der Anrechnung erlangt habe. Gegen diese Annahme hat sich der Kläger in der Berufung nicht gewandt. Er hat in der Revision auch keine begründete Verfahrensrüge erhoben. Soweit er einen Verstoß gegen § 139 Abs. 1 ZPO rügt, übersieht er, dass das Landesarbeitsgericht auf Grund der Ausführungen des Arbeitsgerichts nicht zu weiteren rechtlichen Hinweisen verpflichtet war. Damit ist gem. § 138 Abs. 3 ZPO vom Vortrag der Beklagten auszugehen.

V. Der Kläger hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.



Ende der Entscheidung

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