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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 13.07.2005
Aktenzeichen: 5 AZR 578/04
Rechtsgebiete: BGB, KSchG


Vorschriften:

BGB § 242
BGB §§ 293 ff.
BGB § 297
BGB § 615
KSchG § 11 Satz 1 Nr. 2
1. Annahmeverzug des Arbeitgebers ist ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer nicht leistungsfähig oder nicht leistungswillig ist.

2. Bietet der Arbeitgeber nach Ausspruch einer Kündigung eine sog. Prozessbeschäftigung an, steht der Leistungsbereitschaft entgegen, wenn der Arbeitnehmer die Forderung nach einem Verzicht auf die Wirkungen der Kündigung zur Bedingung der Arbeitsaufnahme macht.


BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

5 AZR 578/04

Verkündet am 13. Juli 2005

In Sachen

hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 13. Juli 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Müller-Glöge, die Richter am Bundesarbeitsgericht Prof. Dr. Mikosch und Dr. Linck sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Hann und Mandrossa für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Bremen vom 14. Juli 2004 - 2 Sa 96/04 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Ansprüche aus Annahmeverzug.

Der Kläger ist seit 1996 bei der Beklagten, einem Zeitarbeitsunternehmen, beschäftigt. In § 1 des Arbeitsvertrags heißt es:

"Der Arbeitnehmer übernimmt Arbeiten als Rohrschlosser und wird in der Produktion beschäftigt. Sofern aus betrieblichen Gründen erforderlich, ist er verpflichtet, auch Arbeiten in artfremden Berufen zu leisten. Er ist auch, wenn aus Beschäftigungsgründen erforderlich, zur auswärtigen Arbeitsleistung verpflichtet, und zwar auf jeder ihm zugewiesenen Einsatzstelle."

Der Stundenlohn des Klägers betrug im streitgegenständlichen Zeitraum 10,50 Euro.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis am 27. Dezember 2002 aus betriebsbedingten Gründen ordentlich zum 28. Februar 2003. Der Kläger erhob Kündigungsschutzklage und erklärte im Gütetermin vom 18. Februar 2003, er sei an einer Weiterbeschäftigung interessiert. Mit Schreiben vom 25. Februar 2003 teilte die Beklagte dem Kläger Folgendes mit:

"... wie Sie bei Gericht erklärt haben, möchten Sie weiterhin bei uns arbeiten. Hierzu teilen wir Ihnen mit, dass Sie ab Montag den 03.03.2003 weiterhin auf der jetzigen Baustelle: F, B, eingesetzt werden, zumindest solange wie das Verfahren läuft oder wir für Sie gegebenenfalls eine Stelle als Helfer bundesweit haben."

Unter dem 28. Februar 2003 schrieb die Beklagte an den Kläger:

"... wie Sie bei Gericht erklärt haben, möchten Sie weiterhin bei uns arbeiten. Hierzu teilen wir Ihnen mit, dass Sie ab Montag den 03.03.2003 nicht wie vorgesehen auf Ihrer jetzigen Baustelle: F, B, eingesetzt werden, sondern sich bitte um 06:45 Uhr bei der Firma W GmbH, B zum neuen Einsatz einfinden zumindest solange wie das Verfahren läuft oder wir für Sie gegebenenfalls eine Stelle als Helfer bundesweit haben."

Auf das Schreiben der Beklagten vom 25. Februar 2003 antwortete der Prozessbevollmächtigte des Klägers am 28. Februar 2003 an den Prozessbevollmächtigten der Beklagten:

"...in vorbezeichneter Angelegenheit erhielt unser Mandant am 26. Februar 2003 das beigefügte Schreiben der Firma M GmbH. Damit wird er gebeten, weiterhin auf der Baustelle F zu arbeiten, zumindest solange wie das Kündigungsschutzverfahren laufe.

Bekanntlich hat die Firma M GmbH Herrn S eine fristgerechte Kündigung zum Ablauf des 28. Februar 2003 erteilt. Die Arbeitgeberin will offenbar an der Kündigung festhalten, denn Sie hat keineswegs erklärt, dass die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu unrecht erfolgt sei und Herr S zu den bisherigen Bedingungen des schriftlichen Arbeitsvertrages weiterbeschäftigt werde. Solange nicht klargestellt wird, dass die Arbeitgeberin an ihrer Kündigung nicht festhalte, besteht keine Verpflichtung für Herrn S, die Arbeit am 03. März 2003 wieder aufzunehmen.

Ausdrücklich bietet Herr S seine Arbeitskraft hiermit für den Fall an, dass die Firma M GmbH von der Kündigung Abstand nimmt und Herrn S eine Beschäftigung zu den bisherigen Arbeitsbedingungen zur Verfügung stellt.

Es muss aber zunächst einmal klargestellt werden, auf welcher Grundlage das Arbeitsverhältnis eventuell weiterbestehen soll."

Am Montag, dem 3. März 2003, trat der Kläger die Arbeit nicht an. Die Beklagte mahnte ihn deswegen ab. In dem Schreiben vom 3. März 2003 heißt es ua.:

"Wir fordern Sie hiermit letztmalig auf am Dienstag, den 04.03.2003 um 06:45 Uhr in der Werkstatt der Firma W GmbH die Arbeit aufzunehmen. Sollten Sie wieder nicht erscheinen werden wir Ihnen vorsorglich fristlos kündigen."

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers reagierte hierauf mit Schreiben vom 4. März 2003:

"... Unser Mandant erhielt von Ihnen eine Abmahnung vom 03.03.03, die jedoch völlig unbegründet ist.

Unser Mandant ist überhaupt nicht verpflichtet, weiterhin ab dem 03.03.03 auf der genannten Werkstätte der Firma W GmbH zu erscheinen. Sie haben schlichtweg das Arbeitsverhältnis zum Ablauf des 28.02.03 gekündigt. Da Sie offenkundig an dieser Kündigung festhalten, ist die Arbeitspflicht unseres Mandanten mit dem Ablauf des 28.02.03 entfallen.

Vielleicht erklären Sie einmal, auf welcher Basis Herr S arbeiten soll, wenn Sie die Ansicht vertreten, dass der Arbeitsvertrag ordnungsgemäß gekündigt sei. So ist es ja von Ihrem Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden.

Da Sie bei Ihrer Behauptung bleiben, das Arbeitsverhältnis sei ordnungsgemäß gekündigt worden, können Sie natürlich, das versteht sich von selbst, keine fristlose Kündigung mehr erklären.

Sollten Sie allerdings fristlos kündigen, so wird sich unser Mandant auch hiergegen zur Wehr setzen."

Nachdem der Kläger auch am 4. März 2003 nicht zur Arbeit erschienen war, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis deswegen am selben Tage fristlos.

Mit Urteil vom 5. Juni 2003, das rechtskräftig geworden ist, stellte das Arbeitsgericht Bremen fest, weder die ordentliche noch die außerordentliche Kündigung der Beklagten habe das Arbeitsverhältnis der Parteien beendet.

Mit der im August 2003 erhobenen Klage begehrt der Kläger Arbeitsvergütung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs für die Zeit vom 1. März bis zum 15. Mai 2003 in rechnerisch unstreitiger Höhe. Er habe einen Erwerb bei der Beklagten nicht böswillig unterlassen. Die angebotene Arbeit sei ihm unzumutbar gewesen. Nach dem Scheitern der Güteverhandlung vom 18. Februar 2003 habe der Geschäftsführer der Beklagten in einem Gespräch die Weiterbeschäftigung zu verschlechterten Bedingungen angeboten und einen künftigen Einsatz lediglich noch für einen Stundenlohn von 8,50 Euro in Aussicht gestellt. Er, der Kläger, habe deswegen am 28. Februar und 4. März 2003 zu Recht erst Klarheit über die Rahmenbedingungen einer Weiterarbeit verlangt. Nach der unberechtigten Abmahnung sei die Arbeit erst recht unzumutbar geworden und auf Grund der fristlosen Kündigung habe überhaupt keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr bestanden.

Der Kläger hat beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.706,25 Euro brutto Arbeitslohn für den Monat März 2003 abzüglich 752,40 Euro gezahlten Arbeitslosengeldes nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 1. April 2003 auf den Bruttobetrag zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.706,25 Euro brutto Arbeitslohn für den Monat April 2003 abzüglich 752,40 Euro gezahlten Arbeitslosengeldes nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 1. Mai 2003 auf den Bruttobetrag zu zahlen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 853,13 Euro brutto Arbeitslohn für den Monat Mai 2003 abzüglich 376,20 Euro gezahlten Arbeitslosengeldes nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 1. Juni 2003 auf den Bruttobetrag zu zahlen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Lohnabrechnungen für die Monate März, April und Mai 2003 zu erteilen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Kläger habe mangels Leistungsbereitschaft keinerlei Ansprüche. Die Arbeitsaufnahme ab dem 3. März 2003 sei ihm im Hinblick darauf, dass eine betriebsbedingte Kündigung vorangegangen sei, zumutbar gewesen. Eine Änderung des Stundenlohns sei nicht in Aussicht gestellt worden. Der Kläger habe früher mehrfach Einsätze als Helfer gehabt, eine Vertragsänderung sei damit nicht verbunden. Die Bedingungen der weiteren Beschäftigung seien unverändert und damit hinreichend klar gewesen, was dem Kläger im Februar 2003 auch gesagt worden sei. Der Kläger habe sich bereit erklärt, die Tätigkeit wieder aufzunehmen. Da er die zumutbare Arbeitsleistung dann verweigert habe, habe sie, die Beklagte, zu Recht fristlos gekündigt. Die mangelnde Leistungsbereitschaft des Klägers habe sich über den Zeitpunkt der fristlosen Kündigung hinaus fortgesetzt.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht kein Annahmeverzugslohn zu.

I. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, die Anspruchsvoraussetzungen von § 615 Satz 1, § 611 BGB lägen vor. Der Kläger müsse sich aber gem. § 11 Nr. 2 KSchG Verdienst in derselben Höhe anrechnen lassen. Er habe es böswillig unterlassen, bei der Beklagten zu unveränderten Bedingungen weiterzuarbeiten. Die Weiterarbeit entsprechend den Angeboten vom 25. und 28. Februar 2003 wäre zumutbar gewesen. Die Beklagte habe ein Beschäftigungsverhältnis während der Laufzeit des Kündigungsschutzverfahrens angeboten, ohne dass die Arbeitsbedingungen für den Kläger geändert werden sollten. Der Kläger habe mit dem Schreiben vom 28. Februar 2003 eine Tätigkeit auf der bisherigen Baustelle ausdrücklich abgelehnt, solange die Beklagte nicht klarstelle, dass sie an ihrer Kündigung nicht festhalte. Mit dem Hinweis, es solle zunächst einmal klargestellt werden, auf welcher Grundlage das Arbeitsverhältnis eventuell weiterbestehe, beziehe sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers auf die Erklärung der Beklagten, den Kläger gegebenenfalls bundesweit als Helfer einsetzen zu wollen. Die Unzumutbarkeit der Tätigkeit im Rahmen eines Prozessrechtsarbeitsverhältnisses könne daher nicht mit Unklarheiten des Angebots begründet werden. Auch die Reaktion auf die - unberechtigte - Abmahnung zeige nicht, dass der Kläger im Ungewissen über das Arbeitsangebot der Beklagten gewesen sei. Sie dokumentiere allenfalls seine Auffassung, hierauf nicht eingehen zu müssen.

Nach der unwirksamen fristlosen Kündigung vom 4. März 2003 fänden § 11 Nr. 2 KSchG und § 615 Satz 2 BGB keine unmittelbare Anwendung mehr; denn die Beklagte habe dem Kläger keine Beschäftigung mehr angeboten. Eine Leistungsbereitschaft des Klägers als Voraussetzung für Ansprüche nach § 615 Satz 1 BGB könne im Grundsatz nicht verneint werden, da der Kläger nicht verpflichtet gewesen sei, ohne vorherige Rücknahme der Kündigung bei der Beklagten zu arbeiten. Der Kläger könne sich aber weder darauf berufen, dass eine Tätigkeit bei der Beklagten ab dem Zugang der fristlosen Kündigung unzumutbar wäre, noch darauf, dass die Beklagte ihr Angebot auf Beschäftigung mit der fristlosen Kündigung zurückgezogen habe. Seiner Forderung stehe § 242 BGB entgegen. Er habe eine Arbeitsleistung nur erbringen wollen, wenn die Beklagte auf die gerichtliche Durchsetzung ihrer ordentlichen Kündigung verzichte. Auf den Umstand, dass die Beklagte ihm unberechtigt fristlos gekündigt habe, könne er sich nicht berufen. Denn mit seiner beharrlichen Vertretung eines Rechtsstandpunkts, der es der Beklagten nehme, sich im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses ökonomisch vernünftig zu verhalten, habe er die als Maßnahme zur Begrenzung des Verzugslohnrisikos ungeeignete Reaktion der Beklagten selbst provoziert.

II. Die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts tragen die Annahme des Fehlens eines Arbeitswillens beim Kläger.

1. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, der Arbeitgeber komme durch den Ausspruch einer rechtsunwirksamen ordentlichen Kündigung mit Ablauf der Kündigungsfrist in Annahmeverzug, ohne dass es eines (wörtlichen) Angebots des Arbeitnehmers bedürfe (vgl. nur BAG 5. November 2003 - 5 AZR 562/02 - AP BGB § 615 Nr. 106 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 2, zu I 1 der Gründe; 24. September 2003 - 5 AZR 500/02 - BAGE 108, 27, 29, zu I der Gründe; 7. November 2002 - 2 AZR 650/00 - AP BGB § 615 Nr. 98 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 1, zu B I 1 a der Gründe). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts endet der Annahmeverzug nicht allein dadurch, dass der Arbeitgeber unter Aufrechterhaltung der Kündigung die Weiterbeschäftigung während des Kündigungsrechtsstreits zu unveränderten Arbeitsbedingungen anbietet (vgl. nur 5. November 2003 - 5 AZR 562/02 - aaO; 24. September 2003 - 5 AZR 500/02 - aaO; 7. November 2002 - 2 AZR 650/00 - aaO, zu B I 1 b der Gründe). Das Landesarbeitsgericht hat dann konsequent § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG herangezogen. Eine Anrechnung kommt auch in Betracht, wenn die Beschäftigungsmöglichkeit bei dem Arbeitgeber besteht, der sich mit der Annahme der Dienste in Verzug befindet (BAG 16. Juni 2004 - 5 AZR 508/03 - AP BGB § 615 Böswilligkeit Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 7, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu II 2 der Gründe; 24. September 2003 - 5 AZR 500/02 - aaO, zu II 2 b der Gründe; 7. November 2002 - 5 AZR 650/00 - aaO, zu B I 2 b bb der Gründe).

2. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts, dem Kläger wäre es zumutbar gewesen, auf das Angebot der Beklagten vom 28. Februar 2003 einzugehen und die Arbeit bei der Firma W GmbH ab dem 3. März 2003 aufzunehmen, hält den Angriffen der Revision stand.

a) Die Beklagte hatte eine betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen. Es gab keine Spannungen zwischen den Parteien. Die genannte Arbeit lag im Rahmen der nach dem Arbeitsvertrag geschuldeten Tätigkeit. Der Arbeitnehmer eines Zeitarbeitsunternehmens kann ohne weiteres bei verschiedenen anderen Unternehmen eingesetzt werden.

b) Eine Änderung des Stundenlohns war in den Schreiben vom 25. und 28. Februar 2003 nicht vorgesehen. Gemäß den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sollte eine Änderung der Arbeitsbedingungen für den Kläger nicht eintreten. Der Kläger konnte deshalb weiterhin von einem Stundenlohn von 10,50 Euro ausgehen.

c) Die vom Arbeitsgericht angenommenen Unklarheiten bestanden jedenfalls für die Dauer der vorläufigen Weiterbeschäftigung nicht, wie das Landesarbeitsgericht überzeugend ausgeführt hat. Dessen Auslegung der individuellen Schreiben der Beklagten vom 25. und 28. Februar 2003 lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Die Arbeitsbedingungen waren im Sinne einer unveränderten Weiterbeschäftigung hinreichend klar. Die Beklagte musste nicht ausdrücklich versichern, sich an die bisherigen Bedingungen weiterhin halten zu wollen.

d) Die Weiterbeschäftigung sollte für die Dauer des Kündigungsschutzverfahrens erfolgen. Dass der Kläger möglicherweise nicht die gesamte Zeit bei der Firma W GmbH eingesetzt werden sollte, ist unerheblich, weil die Arbeit bei Zeitarbeitsunternehmen generell mit wechselnden Einsätzen verbunden ist. Der ins Auge gefasste spätere Wechsel auf eine Stelle als Helfer machte die zunächst vorgesehene Beschäftigung selbst dann nicht unzumutbar, wenn die Tätigkeit als Helfer nicht vom Arbeitsvertrag umfasst war.

e) Für die Beurteilung der Zumutbarkeit kommt es nicht darauf an, auf welcher rechtlichen Grundlage (befristeter Vertrag, auflösend bedingter Vertrag) die ihrer Art nach unveränderte Weiterbeschäftigung erfolgen sollte. Selbst eine Beschäftigung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung wäre für den Kläger nicht unzumutbar gewesen.

f) Die Verfahrensrügen der Revision bleiben erfolglos. Auch wenn dem Kläger im Anschluss an den Gütetermin mündlich nur noch ein Stundenlohn von 8,50 Euro in Aussicht gestellt worden sein sollte, waren die schriftlichen Angebote vom 25. und 28. Februar 2003 eindeutig. Das Landesarbeitsgericht musste bei deren Auslegung nicht auf die vorangegangenen Gespräche abstellen. Es hat mit Recht angenommen, eine etwa mögliche Unklarheit der Arbeitsvergütung habe sich allein auf die zunächst gar nicht vorgesehene Beschäftigung als Helfer bezogen. Hiergegen bringt die Revision nichts vor. Die Aufklärungsrüge ist schon deswegen unzulässig, weil die Revision nichts dazu ausführt, was der Kläger bei einem rechtlichen Hinweis noch vorgetragen hätte.

g) Die Abmahnung seitens der Beklagten vom 3. März 2003 war unberechtigt.

An der Obliegenheit, Erwerb zu erzielen, ändert die unwirksame Abmahnung jedoch nichts. Der Kläger hat nicht dargelegt, inwiefern ihm die Arbeit auf Grund des Umstands, dass die Beklagte fälschlich eine Pflicht zum Erscheinen angenommen und unberechtigterweise eine fristlose Kündigung angedroht hat, unzumutbar geworden sein soll.

3. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Kläger müsse ab dem Zeitpunkt der fristlosen Kündigung vom 4. März 2003 nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) so gestellt werden, als habe er eine mögliche und zumutbare Arbeit bei der Beklagten böswillig unterlassen, ist nicht gerechtfertigt.

a) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG, § 615 Satz 2 BGB keine Anwendung finden. Die Verdienstmöglichkeit bei der Beklagten bestand nicht mehr. Das Landesarbeitsgericht hat unangefochten festgestellt, die Beklagte habe kein Prozessrechtsarbeitsverhältnis angeboten, in der außerordentlichen Kündigung liege die Erklärung, den Kläger ab sofort nicht mehr weiterbeschäftigen zu wollen.

b) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kann dem Kläger weder ein widersprüchlicher Tatsachenvortrag noch eine widersprüchliche rechtliche Argumentation vorgeworfen werden. Der Kläger hat nie behauptet, er sei bereit gewesen, auf das Angebot der Beklagten zur Weiterbeschäftigung einzugehen. Vielmehr hat er sich auf eine Unzumutbarkeit der angebotenen Arbeit wegen unklarer Arbeitsbedingungen berufen. Nach der Rücknahme des Angebots kommt es aus seiner Sicht hierauf nicht mehr an. Diese Argumentation ist konsequent.

c) Die Berufung des Klägers auf die außerordentliche Kündigung erscheint nicht treuwidrig. Der Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger beruhte zwar darauf, dass der Kläger das Angebot der Beklagten nicht angenommen hat. Andererseits ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte das Angebot nicht weiterhin aufrechterhalten konnte. Die Beklagte hat nachvollziehbare Gründe für die außerordentliche Kündigung nicht vorgetragen. Auch wenn die außerordentliche Kündigung durch die Reaktion des Klägers veranlasst war, muss nicht schon deswegen die bis zum Zeitpunkt der außerordentlichen Kündigung gebotene Anrechnung fortgesetzt werden.

4. Das Urteil stellt sich jedoch aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).

Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts steht fest, dass der Kläger ab dem 1. März 2003 nicht leistungsbereit war. Die Beklagte befand sich deshalb im gesamten Streitzeitraum nicht in Annahmeverzug.

a) Annahmeverzug des Arbeitgebers ist ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer nicht leistungsfähig oder nicht leistungswillig ist, § 297 BGB. Die in § 297 BGB nicht ausdrücklich genannte Voraussetzung der Leistungswilligkeit ergibt sich daraus, dass ein leistungsunwilliger Arbeitnehmer sich selbst außer Stande setzt, die Arbeitsleistung zu bewirken. Die subjektive Leistungsbereitschaft ist eine von dem Leistungsangebot und dessen Entbehrlichkeit unabhängige Voraussetzung, die während des gesamten Verzugszeitraums vorliegen muss (BAG 19. Mai 2004 - 5 AZR 434/03 - AP BGB § 615 Nr. 108 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 6, zu II 2 a der Gründe; 24. September 2003 - 5 AZR 591/02 - EzA BGB 2002 § 615 Nr. 5, zu B I der Gründe).

b) Das Erfordernis der Leistungsbereitschaft bezieht sich auf die vertraglich vorgesehene Tätigkeit. Es muss unabhängig von der den Annahmeverzug begründenden Kündigung die Bereitschaft bestehen, die betreffende Arbeit bei dem Vertragspartner zu den vertraglichen Bedingungen zu leisten. Der Leistungswille ist tatsächlicher Natur; er ist nicht notwendig auf die Erfüllung des Vertragsverhältnisses gerichtet. Der Leistungsbereitschaft steht entgegen, wenn der Arbeitnehmer die Forderung nach einem Verzicht auf die Wirkungen der Kündigung zur Bedingung der Arbeitsaufnahme macht. Der Arbeitnehmer hat kein berechtigtes Interesse daran, bei einer Ungewissheit über die Wirksamkeit der Kündigung seine Arbeitsbereitschaft davon abhängig zu machen, dass der Arbeitgeber seinen Rechtsstandpunkt insgesamt aufgibt. Bietet der Arbeitgeber trotz einer Kündigung der Art nach vertragsgemäße Arbeit an, kann die fehlende Leistungsbereitschaft des Arbeitnehmers deutlich werden, auch wenn der Arbeitgeber die Kündigung nicht "zurücknimmt".

c) Im Streitfall ist die fehlende Leistungsbereitschaft des Klägers dadurch zum Ausdruck gekommen, dass der Kläger das Arbeitsangebot der Beklagten abgelehnt hat. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, der Kläger habe eine Arbeitsleistung nur erbringen wollen, wenn die Beklagte auf die gerichtliche Durchsetzung ihrer ordentlichen Kündigung verzichte. Damit hat es die fehlende Leistungsbereitschaft festgestellt.

Die Bemerkung des Landesarbeitsgerichts an anderer Stelle, Leistungsbereitschaft könne im Grundsatz nicht verneint werden, da der Kläger nicht verpflichtet gewesen sei, ohne vorherige Rücknahme der Kündigung bei der Beklagten zu arbeiten, steht dem nicht entgegen. Es handelt sich hier nicht um eine Tatsachenfeststellung, sondern um die unrichtige rechtliche Beurteilung, Leistungsbereitschaft setze eine Verpflichtung zur Arbeit voraus. Der Kläger hat gegenüber dem Einwand mangelnder Leistungsbereitschaft nicht vorgetragen, er habe nach der Ablehnung des Angebots seine Leistungsbereitschaft zu einem späteren Zeitpunkt wieder hergestellt, indem er die Arbeitsleistung wieder angeboten habe. Die fehlende Leistungsbereitschaft hat damit die außerordentliche Kündigung vom 4. März 2003 überdauert und bis zum 15. Mai 2003 fortbestanden.

III. Der Kläger hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

Ende der Entscheidung

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