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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 23.01.2008
Aktenzeichen: 5 AZR 60/07
Rechtsgebiete: EuGVVO, EG


Vorschriften:

EuGVVO Art. 1 Abs. 1
EuGVVO Art. 2
EuGVVO Art. 6 Nr. 1
EuGVVO Art. 19
EuGVVO Art. 60
EG Art. 48 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

5 AZR 60/07

Verkündet am 23. Januar 2008

In Sachen

hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 23. Januar 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Müller-Glöge, den Richter am Bundesarbeitsgericht Prof. Dr. Mikosch, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Dr. Laux sowie die ehrenamtlichen Richter Prof. Dr. Dr. hc. Hromadka und Buschmann für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 14. September 2006 - 2 Sa 1234/05 - aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 27. Oktober 2005 - 23 Ca 19494/04 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Zahlungsansprüche aus einem Vertragsverhältnis und vorab über die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte.

Die Klägerin war auf Grund eines Vertrags vom 4. Februar 1999 als Betreuerin des Apartmenthauses S in A (Österreich) für den Beklagten tätig. Der Beklagte ist ein Verein nach österreichischem Recht, dessen satzungsmäßiger Sitz sich in A befindet. Nach seinen Statuten verfolgt er den Zweck, den Vereinsmitgliedern auf Dauer gesicherte Wohnrechte an Ferienwohnungen im Apartmenthaus S für festgesetzte Ferienperioden zu verschaffen und sie hierbei zu betreuen. Die Vereinsmittel werden ua. durch ein einmaliges Entgelt beim Erwerb der Mitgliedschaft und durch Jahresbeiträge aufgebracht. Organe des Vereins sind die Mitgliederversammlung, der Vorstand, das Schiedsgericht sowie der oder die Rechnungsprüfer. Die Mitgliederversammlung entscheidet insbesondere über die Wahl der Vorstandsmitglieder, die Genehmigung des Rechnungsabschlusses und damit verbunden die endgültige Festlegung des Jahresbeitrags und die Entlastung des Vorstands, die Genehmigung des Wirtschaftsplans (Voranschlags) und damit verbunden die Festlegung des maximalen Jahresbeitrags sowie die hierauf zu leistende Jahresbeitragsabschlagszahlung, den Ausschluss von Mitgliedern, Investitionen, die über die Erhaltung hinausgehen und nicht aus den vorhandenen Mitteln finanzierbar sind (Darlehensaufnahme), und über eine Statutenänderung. Zu der Mitgliederversammlung werden die Mitglieder mindestens einmal jährlich durch die Vorstandsmitglieder nach A eingeladen. Dem Vorstand obliegt die Geschäftsführung des Vereins. Er besteht aus drei Personen, dem Vorsitzenden Dr. K in W, dessen Stellvertreter D in M und Wa in W. Die Vorstandsmitglieder üben ihre Tätigkeit grundsätzlich ehrenamtlich aus. Sie fassen die Beschlüsse mit einfacher Mehrheit. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden. Nach außen wird der Verein durch den Vorsitzenden oder dessen Stellvertreter vertreten. Beide sind einzelvertretungsberechtigt. Im Innenverhältnis darf der Stellvertreter nur bei Abwesenheit oder Verhinderung des Vorsitzenden von seiner Vertretungsbefugnis Gebrauch machen. Das Vorstandsmitglied D ist gleichzeitig Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der M GmbH & Co. KG. Diese KG hat ihren Sitz in M und war ursprünglich als Gesamtschuldnerin mitverklagt. Sie hält Mitgliedsrechte bei dem Beklagten, übt für ihn - wie für weitere sieben Ferienclubs in Österreich, Deutschland und Italien - die Vertriebsrechte aus und zieht die Jahresbeiträge ein. Das Mitgliederverzeichnis führt der Prozessbevollmächtigte des Beklagten in M.

Im Dezember 2001 kündigte der Beklagte den Vertrag mit der Klägerin zum 30. November 2002. Das von dem Vorstandsmitglied D unterzeichnete Kündigungsschreiben enthielt neben dem Briefkopf des Beklagten die Bezeichnung "M GmbH & Co. KG". Seit Januar 2002 erbrachte der Beklagte gegenüber der Klägerin keine Leistungen mehr.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin Ansprüche auf Vergütung, Provision, Urlaubsabgeltung und Abfertigung nach österreichischem Recht gegenüber dem Beklagten und der vormaligen Beklagten zu 2) als Gesamtschuldnern geltend gemacht. Sie hat die Auffassung vertreten, der Beklagte habe seinen faktischen Sitz in M. Seine Verwaltung werde in M geführt. D sei der Entscheidungsträger bei beiden Beklagten, die beide Vertragspartner und Arbeitgeber geworden seien.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner 117.758,33 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten seit Rechtshängigkeit an die Klägerin zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen. Der beklagte Verein hat die Auffassung vertreten, die Klage gegen ihn sei mangels internationaler Zuständigkeit der deutschen Gerichte unzulässig. Es sei unerheblich, ob das Vorstandsmitglied D von M aus Anweisungen erteile, der Vorstand werde auch durch die in Österreich tätigen Vorstandsmitglieder vertreten. Als oberstes Vereinsorgan entscheide die Mitgliederversammlung über die wesentlichen Geschicke des Vereins.

Das Arbeitsgericht hat die Klage gegen den Beklagten mangels internationaler Zuständigkeit als unzulässig und gegen die vormalige Beklagte zu 2) mangels vertraglicher Verpflichtung als unbegründet abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin hinsichtlich der vormaligen Beklagten zu 2) zurückgewiesen, im Übrigen das Urteil des Arbeitsgerichts aufgehoben und den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht zurückverwiesen. Dieses hat die Klage wiederum wegen fehlender internationaler Zuständigkeit als unzulässig abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht die Zulässigkeit der Klage festgestellt und die Sache erneut an das Arbeitsgericht zurückverwiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückweisung der Berufung der Klägerin gegen das erstinstanzliche Urteil.

I. Der Revision des Beklagten steht nicht entsprechend § 563 Abs. 2 ZPO die Bindungswirkung des rechtskräftigen Berufungsurteils vom 6. Oktober 2004 entgegen (vgl. hierzu BGH 23. Juni 1992 - XI ZR 227/91 - NJW 1992, 2831, 2832, zu II 3 der Gründe). Das Landesarbeitsgericht hat mit diesem Urteil nicht abschließend über die internationale Zuständigkeit entschieden. Die anschließende Entscheidung des Arbeitsgerichts liegt noch im Rahmen der bindenden Vorgabe des Landesarbeitsgerichts, die internationale Zuständigkeit unter dem Gesichtspunkt des Verwaltungssitzes gem. Art. 60 Abs. 1 EuGVVO zu prüfen.

II. Die Revision des Beklagten ist nicht schon wegen Unzulässigkeit der Berufung der Klägerin begründet. Vielmehr ist die Berufungsbegründung mit Unterschrift des Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 9. Februar 2006 vor 24.00 Uhr und damit rechtzeitig beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Das ergibt sich aus den Journalausdrucken des Landesarbeitsgerichts München vom 10. Februar 2006, 7.50 Uhr und 17.00 Uhr. Die Berufungsbegründung genügt auch den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO. Ihr Wortlaut stimmt zwar überwiegend mit den früheren Schriftsätzen der Klägerin überein. Auf den Seiten 2 bis 4 findet sich aber eine hinreichende Auseinandersetzung mit den Gründen des erstinstanzlichen Urteils.

III. Die Klage ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts mangels internationaler Zuständigkeit der deutschen Gerichte unzulässig.

1. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich die internationale Zuständigkeit nach der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) bestimmt. Die Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat außer Dänemark (Art. 249 Abs. 2 EG, Art. 1 Abs. 3 EuGVVO). Soweit nationale Bestimmungen der Verordnung widersprechen, werden sie durch die Verordnung verdrängt (Geimer/Schütze EuZVR 2. Aufl. A 1 - Einl. Rn. 53; Musielak/Weth ZPO 5. Aufl. EG-Verordnungen Vorbemerkung Rn. 5). Der Anwendungsbereich der Verordnung ist nach Art. 1 Abs. 1 EuGVVO eröffnet. Es handelt sich um eine zivilrechtliche Streitigkeit. Hierzu zählen auch arbeitsrechtliche Streitigkeiten (Geimer/Schütze A 1 Art. 1 Rn. 34).

2. Es bedarf keiner Entscheidung, ob sich die Zuständigkeit im Streitfall nach den Vorschriften über die Zuständigkeit für individuelle Arbeitsverträge gemäß den Art. 18 ff. EuGVVO oder nach den Vorschriften für allgemeine zivilrechtliche Streitigkeiten gem. den Art. 2 ff. EuGVVO richtet. Die Zuständigkeit wird jeweils durch den Wohnsitz des Beklagten bestimmt. Zwar kann ein Arbeitgeber gem. Art. 19 EuGVVO außer vor den Gerichten des Mitgliedstaats, in dem er seinen Wohnsitz hat, auch in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden, nämlich vor dem Gericht des Ortes, an dem der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet oder zuletzt gewöhnlich verrichtet hat, oder wenn der Arbeitnehmer seine Arbeit gewöhnlich nicht in ein und demselben Staat verrichtet oder verrichtet hat, vor dem Gericht des Ortes, an dem sich die Niederlassung, die den Arbeitnehmer eingestellt hat, befindet bzw. befand. Die Klägerin erbrachte ihre vertraglich geschuldeten Leistungen jedoch ausschließlich in A in Österreich, so dass ein Gerichtsstand des Erfüllungsortes in einem anderen Mitgliedstaat ausscheidet.

3. Der Wohnsitz des Beklagten iSd. Art. 60 Abs. 1 EuGVVO befindet sich nicht im Zuständigkeitsbereich des Arbeitsgerichts M.

a) Nach Art. 60 Abs. 1 EuGVVO haben Gesellschaften und juristische Personen für die Anwendung der EuGVVO ihren Wohnsitz an dem Ort, an dem sich ihr satzungsmäßiger Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung befindet. Die allgemeinen Gerichtsstände nach Art. 60 Abs. 1 EuGVVO bestehen alternativ. Die in einem Mitgliedstaat nach dessen Vorschriften gegründete Gesellschaft oder juristische Person ist in einem anderen Mitgliedstaat unabhängig vom Ort ihres Verwaltungssitzes in der Rechtsform anzuerkennen, in der sie gegründet wurde (vgl. BGH 27. Juni 2007 - XII ZB 114/06 - ZIP 2007, 1626, 1627; 14. März 2005 - II ZR 5/03 - WM 2005, 889, 890). Der satzungsmäßige Sitz des Beklagten ist nach § 1 seiner Statuten jedoch in A in Österreich. In M befindet sich auch keine Hauptniederlassung des Beklagten.

b) Der Begriff der Hauptverwaltung nach Art. 60 Abs. 1 lit. b EuGVVO wird in der EuGVVO nicht näher bestimmt. Er entspricht dem Begriff der Hauptverwaltung nach Art. 48 Abs. 1 EG (Geimer/Schütze A 1 Art. 60 Rn. 4). Danach ist die Hauptverwaltung der Ort, an dem die Willensbildung und die eigentliche unternehmerische Leitung der juristischen Person erfolgt, also meist der Sitz der Organe (BGH 27. Juni 2007 - XII ZB 114/06 - ZIP 2007, 1626, 1627, zu II 2 c der Gründe; Geimer/Schütze A 1 Art. 60 Rn. 6; Rauscher/Staudinger EuZPR 2. Aufl. Art. 60 Brüssel I-VO Rn. 1; Kropholler Europäisches Zivilprozeßrecht 8. Aufl. Art. 60 EuGVVO Rn. 2; Troberg/Tiedje in von der Groeben/Schwarze Art. 48 EG Rn. 9). Maßgeblich ist der Ort, an dem die grundlegenden unternehmerischen Entscheidungen getroffen werden, ohne dass es der Kundgabe eines entsprechenden Willens durch die juristische Person bedarf. Es ist weder notwendig, dass die juristische Person an diesem Ort die Eintragung einer Haupt- oder Zweigniederlassung beantragt, noch dass in diesem Mitgliedstaat unter bloßer Beibehaltung des satzungsmäßigen Sitzes im Gründungsstaat die gesamte Geschäftstätigkeit ausgeübt wird. Lediglich sekundäre Verwaltungsaufgaben, wie die Buchhaltung und die Regelung von Steuerangelegenheiten, sind für die Bestimmung des Sitzes der Hauptverwaltung unerheblich (LG Essen 10. März 1994 - 2 O 315/93 - IPRax 1996, 120, 121; Palandt/Heldrich 66. Aufl. Anh. zu EGBGB 12 [IPR] Rn. 3). Diese nicht aus dem innerstaatlichen Recht, sondern autonom aus dem europäischen Recht abgeleitete Auslegung ist derart offenkundig, dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum bleibt. Es bedarf deshalb keines Vorabentscheidungsersuchens nach Art. 234 EG (vgl. Senat 6. November 2002 - 5 AZR 617/01 (A) - BAGE 103, 240, 263 f.).

c) Danach hat die darlegungs- und beweispflichtige Klägerin keine ausreichenden Tatsachen für eine Hauptverwaltung des Beklagten in M vorgetragen.

aa) Der Beklagte ist ein Verein nach österreichischem Recht. Deshalb ist die Frage nach dem Ort der Willensbildung und der unternehmerischen Leitung nach österreichischem Recht zu beantworten. Es handelt sich um einen sog. Wirtschaftsverein nach dem Kaiserlichen Patent vom 26. November 1852 (RGBl. Nr. 253/1852), das die erste vereinsrechtliche Regelung für die Errichtung von Vereinen in Österreich darstellte (Raschauer ÖZW 1992, 11 ff.) und trotz der zunehmenden Einschränkung seines Anwendungsbereichs durch spezialgesetzliche Regelungen, etwa für Aktiengesellschaften und Sparkassen, im Rang eines österreichischen Bundesgesetzes bis zum 31. Dezember 1999 fortgalt (Erstes Bundesrechtsbereinigungsgesetz der Republik Österreich, BGBl. I Nr. 191/1999). Ein Wirtschaftsverein nach dem Vereinspatent von 1852 entstand durch die Erteilung der rechtsbegründenden behördlichen Genehmigung. Seit dem 1. Januar 2000 darf kein Wirtschaftsverein mehr gegründet werden. Allerdings haben die bestehenden Vereine ihre Rechtspersönlichkeit nicht verloren, für Satzungsänderungen und Aufsichtsmaßnahmen sollen weiterhin die Vorschriften des Vereinspatents von 1852 anzuwenden sein (Höhne/Jöchl/Lummerstorfer Das Recht der Vereine 2. Aufl. I 3.2 S. 7 mwN). Gemäß dessen § 1 müssen Vereine über eine im vorhinein verabredete Gesellschaftsregel (Statuten) verfügen. Gemäß § 9 müssen in den Statuten ua. der Zweck des Vereins, die Geschäftsführung und Leitung in ihren wesentlichen Grundzügen, die Vertretung und die Art der Willensbildung des Vereins bestimmt werden.

bb) Nach seinen Statuten besteht der Vereinszweck des Beklagten darin, den Mitgliedern auf Dauer gesicherte Ferienwohnrechte an Ferienwohnungen im S für festgesetzte Ferienperioden zu verschaffen und sie hierbei zu betreuen. Der satzungsmäßige Sitz des Beklagten ist nicht willkürlich gewählt, sondern befindet sich in A am Standort der Immobilie, die von den Vereinsmitgliedern genutzt wird. Die zur Erfüllung des Vereinszwecks erforderliche Willensbildung erfolgt vornehmlich durch die jährlich in A stattfindende Mitgliederversammlung, in deren Rahmen die grundlegenden Entscheidungen getroffen werden. Die Mitgliederversammlung ist das höchste Organ des Vereins. Sie entscheidet ua. über die Wahl der Vorstandsmitglieder, den Rechnungsabschluss, den Jahresbeitrag und den Wirtschaftsplan. Ihr ist die Änderung der Statuten vorbehalten. Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, dass die Klägerin ihre Ansprüche ua. mit einer Änderung des Wirtschaftsplans begründet, die von der Mitgliederversammlung beschlossen wurde. Danach erfolgen die maßgebliche Willensbildung und unternehmerische Leitung des Beklagten in Österreich.

Stellt man zusätzlich auf die Tätigkeit des Vorstands ab, wird das Ergebnis bestätigt. Die Geschäftsführung des Vereins obliegt dem gesamten Vorstand. Dieser besteht aus drei Mitgliedern. Der Vorsitzende Dr. K und das weitere Vorstandsmitglied Wa sind in W ansässig, nur der Stellvertreter des Vorsitzenden D wird von Deutschland aus tätig. Nach außen wird der Beklagte durch den Vorsitzenden oder dessen Stellvertreter vertreten. Zwar ist auch der Stellvertreter einzelvertretungsberechtigt, im Innenverhältnis darf er aber nur bei Abwesenheit oder Verhinderung des Vorsitzenden von seiner Vertretungsbefugnis Gebrauch machen. Die Beschlüsse werden durch die Mitglieder des Vorstands gefasst. Für Beschlüsse, die über den laufenden Geschäftsbetrieb hinausgehen, ist die Beteiligung sämtlicher Vorstandsmitglieder notwendig (§ 12 Abs. 2 bis 4 der Statuten). Die Klägerin hat keine Tatsachen dafür vorgetragen, dass D selbständig willensbildend für den Verein tätig wird oder unternehmerische Entscheidungen trifft, die über die gewöhnliche Geschäftsführung hinausgehen. Dessen bloße Mitwirkung im Vorstand, der mehrheitlich in Österreich handelt, reicht für eine Zuständigkeitsbegründung in Deutschland nicht aus.

Unerheblich ist, dass D auch Geschäftsführer und Gesellschafter der Komplementärgesellschaft der M GmbH & Co. KG ist und die KG Ferienwohnrechte im S hält. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass der Beklagte durch die M GmbH & Co. KG - etwa auf Grund einer bestimmenden mitgliedschaftlichen Stellung - in einem Maß beherrscht wird, das den Schluss auf eine Willensbildung, unternehmerische Leitung und damit Hauptverwaltung in M zulässt. Die Erwähnung der KG in dem Kündigungsschreiben besagt nichts, da es sich bei dem Ausspruch der Kündigung nicht um eine Maßnahme der Unternehmensleitung handelt. Die Erledigung der Buchhaltung und der Korrespondenz, der Vertrieb, die Führung des Mitgliederverzeichnisses und die Bearbeitung steuerrechtlicher Fragen stellen sekundäre Verwaltungsaufgaben dar, die auf die Willensbildung und die unternehmerische Leitung des Vereins keinen erheblichen Einfluss haben und auch auf andere Auftragnehmer übertragen werden könnten. Der Ort der Erledigung sekundärer Verwaltungsaufgaben hat keinen wesentlichen Bezug zum Begriff der Hauptverwaltung nach Art. 60 Abs. 1 EuGVVO.

4. Die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts M ergibt sich nicht aus Art. 6 Nr. 1 EuGVVO.

a) Werden mehrere Personen zusammen verklagt, kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, unter der besonderen Voraussetzung des Art. 6 Nr. 1 EuGVVO vor dem Gericht des Ortes verklagt werden, an dem einer der Beklagten seinen Wohnsitz hat. Danach muss zwischen den Klagen eine so enge Beziehung bestehen, dass eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung geboten erscheint, um zu vermeiden, dass in getrennten Verfahren widersprechende Entscheidungen ergehen könnten. Der Begriff der Konnexität in diesem Sinne ist autonom unter Berücksichtigung der Systematik und der Zielsetzung der EuGVVO auszulegen.

Ein informierter und verständiger Beklagter muss vorhersehen können, vor welchem Gericht er außerhalb seines Wohnsitzstaats möglicherweise verklagt wird (EuGH 13. Juli 2006 - Rs. C-103/05 - [Reisch Montage AG] IPRax 2006, 589, 590 f.; Musielak/Weth EG-Verordnungen Art. 6 Verordnung [EG] 44/2001 Rn. 2). Für die Voraussetzungen der Konnexität trägt die klagende Partei die Darlegungs- und Beweislast (Geimer/Schütze A 1 Art. 6 Rn. 18 ff.). Wird die Klage gegen den im Gerichtsbezirk wohnhaften Beklagten zurückgenommen oder auf andere Weise erledigt, wirkt die Klageerhebung als Kompetenzgrund gegen die übrigen Streitgenossen fort (Geimer/Schütze A 1 Art. 6 Rn. 27 mwN).

b) Im Streitfall besteht zwischen den Klagen keine so enge Beziehung, dass eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung geboten erscheint, um zu vermeiden, dass in getrennten Verfahren widersprechende Entscheidungen ergehen könnten. Das Vertragsverhältnis weist keinen ersichtlichen Bezug zu der vormaligen Beklagten zu 2) auf. Dass D bei beiden Beklagten Leitungsfunktionen ausübt und im Kündigungsschreiben die M GmbH & Co. KG genannt ist, begründete bereits nach dem Vortrag der Klägerin keinen Anspruch. Die von vornherein unschlüssige Klage gegen die vormalige Beklagte zu 2) war nicht geeignet, den nach Art. 6 Nr. 1 EuGVVO geforderten Zusammenhang herzustellen.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 und auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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