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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 12.07.2006
Aktenzeichen: 5 AZR 613/05
Rechtsgebiete: AktG, GmbHG, BGB
Vorschriften:
AktG § 41 Abs. 1 | |
GmbHG § 11 Abs. 2 | |
BGB § 179 |
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL
Verkündet am 12. Juli 2006
In Sachen
hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der Beratung vom 12. Juli 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Müller-Glöge, die Richter am Bundesarbeitsgericht Prof. Dr. Mikosch und Dr. Linck sowie die ehrenamtlichen Richter Prof. Dr. Dr. h. c. Hromadka und Dittrich für Recht erkannt:
Tenor:
1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 4. August 2005 - 6 (10) Sa 350/05 - aufgehoben.
2. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand:
Die Parteien streiten über Ansprüche aus Annahmeverzug.
Der Kläger schloss am 29. Januar 2004 einen Anstellungsvertrag, in dem eine "O AG" als Arbeitgeberin bezeichnet war. Der Kläger sollte ab dem 15. Februar 2004 als leitender Angestellter, verantwortlich für das Finanzmanagement, tätig werden. Der Anstellungsvertrag wurde für die "O AG" von Herrn K als "Aufsichtsratsvorsitzendem" und dem Beklagten als "Vorstand" unterzeichnet. Der Beklagte hatte zuvor am 14. Januar 2004 einen Anstellungsvertrag geschlossen, nach dem er mit Wirkung vom 15. Januar 2004 als Mitglied des Vorstands der "O AG Finanzkanzlei Wirtschafts & Unternehmensberatung" tätig werden sollte. Dieser Vertrag wurde auf Seiten der "O AG" von Herrn K als deren "Aufsichtsratsvorsitzendem" unterzeichnet. Dem Beklagten war zum Zeitpunkt seiner Anstellung bekannt, dass sich die Unternehmung in Gründung befand und nicht im Handelsregister eingetragen war.
Weder Anfang 2004 noch später gab es eine Satzung oder ein Protokoll der Gesellschafterversammlung der "O AG". Eine Eintragung ins Handelsregister ist nicht erfolgt.
Da im Februar 2004 noch keine Büroeinrichtung vorhanden war, wurden der Kläger sowie die weiteren zwischenzeitlich eingestellten Mitarbeiter gebeten, auf Abruf zu Hause zu bleiben. Der Kläger erhielt keine Arbeitsvergütung.
Mit seiner am 1. September 2004 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage verlangt der Kläger für die Zeit vom 15. Februar bis zum 30. Juni 2004 die Zahlung von Annahmeverzugsvergütung in Höhe von monatlich 5.000,00 Euro. Der Kläger hat zunächst die "O AG" in Anspruch genommen und die Klage noch vor der Güteverhandlung mit Schriftsatz vom 18. November 2004 gegen den jetzigen Beklagten gerichtet.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte hafte als Handelnder für die Entgeltansprüche.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 22.500,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins seit 2. Dezember 2004 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zwar zu Recht eine Haftung des Beklagten nach § 41 Abs. 1 Satz 2 AktG verneint. Es hat jedoch nicht geprüft, ob der Beklagte als Vertreter ohne Vertretungsmacht nach § 179 Abs. 1 BGB haftet. Das Urteil des Landesarbeitsgericht ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen ist dem Senat eine eigene Sachentscheidung nicht möglich (§ 563 Abs. 3 ZPO).
I. Der Beklagte haftet nicht nach § 41 Abs. 1 Satz 2 AktG für die Entgeltansprüche des Klägers gegen die "O AG".
1. Nach dieser Bestimmung haftet, wer vor Eintragung der Aktiengesellschaft in ihrem Namen handelt. Diese Haftung setzt voraus, dass die Gesellschaft bereits errichtet, aber noch nicht ins Handelsregister eingetragen ist (ebenso Hüffer AktG 7. Aufl. § 41 Rn. 23; K. Schmidt in GroßKomm AktG 4. Aufl. § 41 Rn. 35; MünchKomm/AktG/Pentz § 41 Rn. 130). Tritt eine Person bereits vor Feststellung der Satzung (§ 23 AktG) im Namen einer Aktiengesellschaft oder einer in Gründung befindlichen Aktiengesellschaft auf, wird der wahre Rechtsträger aus dem Rechtsgeschäft berechtigt und verpflichtet, wenn der Handelnde entsprechend bevollmächtigt ist. Andernfalls haftet der Handelnde nach § 179 BGB. Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 11 Abs. 2 GmbHG, wonach eine Handelndenhaftung vor der Gründung der Vorgesellschaft ausscheidet (7. Mai 1984 - II ZR 276/83 - BGHZ 91, 148; zust. Baumbach/Hueck/Fastrich GmbHG 18. Aufl. § 11 Rn. 50; Hachenburg/Ulmer GmbHG 8. Aufl. § 11 Rn. 104; Scholz/K. Schmidt GmbHG 9. Aufl. § 11 Rn. 97).
2. Da vorliegend für die "O AG" keine Satzung festgestellt wurde und damit die Gesellschaft nicht errichtet war, haftet der Beklagte nicht nach § 41 Abs. 1 Satz 2 AktG für die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche.
3. Soweit der Kläger in der Revision rügt, das Landesarbeitsgericht habe zur eingeschränkten Haftung keinen rechtlichen Hinweis erteilt (§ 139 ZPO), ist seine Rüge bereits unzulässig, weil er nicht ausführt, was er auf einen entsprechenden Hinweis vorgetragen hätte und warum das Landesarbeitsgericht dann anders entschieden hätte.
II. Eine Haftung des Beklagten nach § 311 Abs. 3 BGB hat das Landesarbeitsgericht zu Recht nicht in Betracht gezogen, denn nach dieser Bestimmung hätte der Kläger lediglich einen Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens. Ein Anspruch auf Zahlung der begehrten Annahmeverzugsvergütung und damit auf das Erfüllungsinteresse ergibt sich hieraus nicht.
III. Das Landesarbeitsgericht hat nicht geprüft, ob der Beklagte als Vertreter ohne Vertretungsmacht nach § 179 Abs. 1 BGB zu haften hat. Vertreter im Sinne dieser Bestimmung ist nicht nur derjenige, der ohne rechtsgeschäftliche oder gesetzliche Vertretungsmacht im Namen eines Dritten tätig wird. Die Vorschrift ist vielmehr entsprechend anzuwenden, wenn jemand im Namen einer nicht vorhandenen Person vertragliche Vereinbarungen trifft, der angeblich Vertretene also gar nicht existiert (BGH 20. Oktober 1988 - VII ZR 219/87 - BGHZ 105, 283, zu 1 der Gründe).
Die Haftung des Beklagten nach § 179 Abs. 1 BGB entfiele, wenn der Beklagte bei Abschluss des Arbeitsvertrags eine oder mehrere natürliche oder juristische Personen verpflichtet hätte. Der allgemeine Hinweis des Landesarbeitsgerichts, der Kläger könne sich an die Gesellschafter der Vorgründungsgesellschaft halten, ist nicht geeignet, einen Ausschluss der Haftung des Beklagten nach § 179 Abs. 1 BGB zu begründen. Das Landesarbeitsgericht wird deshalb bei der neuen Verhandlung aufzuklären haben, für wen der Beklagte bei Unterzeichnung des Arbeitsvertrags des Klägers gehandelt hat. Weiterhin wird das Landesarbeitsgericht dem Beklagten Gelegenheit zu geben haben, zu den Voraussetzungen des Haftungsausschlusses nach § 179 Abs. 3 Satz 1 BGB näher vorzutragen.
Ende der Entscheidung
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