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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 12.04.2000
Aktenzeichen: 5 AZR 692/98
Rechtsgebiete: EFZG, Haustarifvertrag, Rahmentarifvertrag
Vorschriften:
EFZG § 4 Abs. 1 Satz 1 in der vom 1. Oktober 1996 bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung | |
Haustarifvertrag für die Arbeitnehmer und Auszubildenden der Firma Spirella GmbH vom 10. April 1986 Nr. 2 | |
Rahmentarifvertrag für die Angestellten der Papier, Pappe und Kunststoffe verarbeitenden Industrie von Düren, Jülich und Euskirchen vom 20. Dezember 1982 § 9 Nr. 2 | |
Rahmentarifvertrag für die Angestellten der Papier, Pappe und Kunststoffe verarbeitenden Industrie von Düren, Jülich und Euskirchen vom 20. Dezember 1982 § 10 Nr. 6 |
Nr. 2 des Haustarifvertrages für die Arbeitnehmer und Auszubildenden der Firma Spirella GmbH vom 10. April 1986 iVm. § 9 Nr. 2 des Rahmentarifvertrags für die Angestellten der Papier, Pappe und Kunststoffe verarbeitenden Industrie von Düren , Jülich und Euskirchen vom 20. Dezember 1982 enthält keine konstitutive Regelung zur Höhe der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und begründet keinen Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts in Höhe von 100 %
Aktenzeichen: 5 AZR 692/98 Bundesarbeitsgericht 5. Senat Urteil vom 12. April 2000 - 5 AZR 692/98 -
I. Arbeitsgericht Aachen - 6d Ca 46/97 - Urteil vom 15. August 1997
II. Landesarbeitsgericht Köln - 13 Sa 1812/97 - Urteil vom 9. Juni 1998
5 AZR 692/98 13 Sa 1812/97
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL
Verkündet am 12. April 2000
Metze, der Geschäftsstelle
In Sachen
Klägerin, Berufungsbeklagte und Revisionsklägerin,
pp.
Beklagte, Berufungsklägerin und Revisionsbeklagte,
hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12. April 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Griebeling, die Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Müller-Glöge und Kreft sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Hann und Mandrossa für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 9. Juni 1998 - 13 Sa 1812/97 - wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen !
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.
Die Klägerin ist bei der Beklagten als kaufmännische Angestellte beschäftigt. Im Oktober und November 1996 war sie mehrere Tage arbeitsunfähig krank. Die Beklagte leistete für den entsprechenden Zeitraum Entgeltfortzahlung in Höhe von 80 % ihrer Vergütung. Die Klägerin verlangt Fortzahlung in voller - rechnerisch unstreitiger - Höhe.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der "Haustarifvertrag" für die Arbeitnehmer und Auszubildenden der Beklagten (ursprünglich ihrer Rechtsvorgängerin) vom 10. April 1986, erneut in Kraft gesetzt am 30. März 1989 und 14. November 1996, Anwendung. Nach Nr. 2 des Haustarifvertrages gilt für die Angestellten der Beklagten der Rahmentarifvertrag für die Angestellten der Papier, Pappe und Kunststoffe verarbeitenden Industrie von Düren, Jülich und Euskirchen vom 7. März 1975 in der Fassung vom 20. Dezember 1982, mit Ausnahme des § 7 (Jahressonderzahlung). Dieser für die Angestellten in Bezug genommene Rahmentarifvertrag (RTV) enthält in § 9 Regelungen über die "Fortzahlung des Gehaltes bei Arbeitsversäumnis, Krankheit und Sterbefall". Darin heißt es:
"2. In Fällen unverschuldeter, mit Arbeitsunfähigkeit verbundener Krankheit oder während eines von einem Versicherungsträger bewilligten Heilverfahrens ist der regelmäßige Arbeitsverdienst weiterzuzahlen, jedoch insgesamt nicht über die Dauer von sechs Wochen hinaus."
§ 10 RTV enthält Regelungen über Urlaub. Seine Nr. 6 lautet:
"Während des Urlaubs ist der regelmäßige Arbeitsverdienst weiterzuzahlen. Als regelmäßiger Arbeitsverdienst gilt der Verdienst, den der Angestellte erzielt haben würde, wenn er im Betrieb gearbeitet hätte".
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, ihr stünden für die Zeit ihrer Arbeitsunfähigkeit 100 % ihrer Vergütung zu. § 9 Nr. 2 RTV enthalte eine eigenständige Regelung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Dies zeige insbesondere der Vergleich mit der Regelung in § 12 des Manteltarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer in der Papier, Pappe und Kunststoffe verarbeitenden Industrie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, der zufolge sich die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall "nach dem Gesetz über die Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfalle (Lohnfortzahlungsgesetz) in seiner jeweiligen Fassung" richte.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 257,35 DM brutto zuzüglich 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, eine eigenständige Regelung sei in § 9 Nr. 2 RTV nicht getroffen worden.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit ihrer Revision bittet die Klägerin um Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Die Höhe der der Klägerin zustehenden Entgeltfortzahlung bestimmt sich nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EFZG in seiner vom 1. Oktober 1996 bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung. Aus § 9 Nr. 2 RTV folgt nichts anderes. Die Klägerin hat Anspruch lediglich auf 80 % des ihr für die maßgebende regelmäßige Arbeitszeit zustehenden Arbeitsentgelts. In diesem Umfang hat die Beklagte Entgeltfortzahlung unstreitig geleistet.
I. Durch das Entgeltfortzahlungsgesetz vom 26. Mai 1994 wurde die Vergütung im Krankheitsfall für Arbeiter und Angestellte auf eine einheitliche gesetzliche Grundlage gestellt. Dabei blieb der Grundsatz der Fortzahlung des jeweils vollen Entgelts unverändert. Durch das Arbeitsrechtliche Beschäftigungsförderungsgesetz vom 25. September 1996 (BGBl. 1996 I S 1476, 1477) wurde die Höhe der Entgeltfortzahlung mit Wirkung vom 1. Oktober 1996 auf "80 vom Hundert des dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit zustehenden Arbeitsentgelts" herabgesetzt. Bestehende tarifliche Regelungen sind durch das Gesetz vom 25. September 1996 nicht aufgehoben worden. Der Gesetzgeber wollte in bestehende Tarifverträge nicht eingreifen (BT-Drucks. 13/4612, S 2; Buchner NZA 1996 1177, 1179/80).
II. Die Klägerin erblickt die Grundlage für ihren Anspruch in § 9 Nr. 2 RTV. Durch die Verweisung im Haustarifvertrag findet § 9 Nr. 2 RTV auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. Im streitbefangenen Zeitraum galt diese Vorschrift unverändert in der Fassung aus dem Jahre 1982.
§ 9 Nr. 2 RTV enthält keine eigenständige Regelung über die Höhe der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.
1. Nach § 9 Nr. 2 RTV ist im Krankheitsfall "der regelmäßige Arbeitsverdienst" weiterzuzahlen. Schon der Wortlaut spricht dafür, daß auf diese Weise nur "unregelmäßige" Verdienstbestandteile, wie etwa von Zeit zu Zeit anfallende Überstundenvergütungen, bestimmte Zuschläge oder Zulagen, von der Entgeltfortzahlung ausgenommen werden sollten. Der Ausdruck "regelmäßiger Arbeitsverdienst" bezieht sich in erster Linie auf bestimmte Berechnungsfaktoren und nicht auf die endgültige Höhe der Entgeltfortzahlung. Auch wenn der "regelmäßige Arbeitsverdienst" weitergezahlt werden muß, ist damit nicht abschließend bestimmt, in welcher Höhe.
Bestätigt wird dies dadurch, daß der RTV an anderer Stelle, wo es um die Bezeichnung der vollen und ungekürzten Vergütung geht, einen anderen Ausdruck verwendet. So heißt es in § 7 Nr. I.3 RTV, die Jahressonderzahlung betrage pro Kalenderjahr 90 % und nach längerer Betriebszugehörigkeit 100 % eines "tariflichen Monatsverdienstes". In § 7 Nr. I.4 RTV wird der tarifliche Monatsverdienst definiert als "das tarifliche Monatsgehalt des im Auszahlungszeitpunkt jeweils gültigen Gehalts-Tarifvertrages". Hätten die Tarifvertragsparteien in § 9 Nr. 2 RTV eine Regelung auch über die Höhe der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall treffen wollen, hätte es nahe gelegen, die Weiterzahlung "des tariflichen Monatsverdienstes" vorzusehen.
Die Tarifgeschichte zeigt ein übriges. Der Vorgänger des RTV vom 7. März 1975/20. Dezember 1982 enthielt für Angestellte überhaupt keine Regelung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Die Aufnahme von § 9 Nr. 2 in den RTV 1975 erfolgte, nachdem die Gewerkschaften die Forderung erhoben hatten, die Vorschriften für Angestellte weitgehend den für gewerbliche Arbeitnehmer mittlerweile vereinbarten Regelungen anzugleichen. Für gewerbliche Arbeitnehmer galt der Manteltarifvertrag vom 1. Januar 1970. Er bestimmte, daß sich die Lohnfortzahlung im Falle krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nach dem Gesetz über die Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfalle in seiner jeweils geltenden Fassung richten sollte. Das Lohnfortzahlungsgesetz sah in § 2 Abs. 1 vor, daß dem Arbeiter bis zur Dauer von sechs Wochen "das ihm bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit zustehende Arbeitsentgelt fortzuzahlen" sei. Hier bedeutete "Regelmäßigkeit" eine gewisse Stetigkeit und Dauer (BAG 15. Februar 1978 - 5 AZR 739/76 - AP LohnFG § 2 Nr. 8 = EzA LohnFG § 2 Nr. 12; Schmitt Lohnfortzahlungsgesetz § 2 LFZG Rn. 9 mwN). Dies spricht dafür, daß die Tarifvertragsparteien mit der "Regelmäßigkeit" des Arbeitsverdienstes in § 9 Nr. 2 RTV seinerzeit die gleiche Bedeutung verbanden und durch die gewählte Formulierung bestimmte Zufälligkeiten der Verdienstbemessung ausschließen, nicht aber eine eigenständige Regelung über die Höhe des fortzuzahlenden Dienstes treffen wollten.
2. Allerdings haben die Tarifvertragsparteien in § 10 Nr. 6 RTV den Begriff "regelmäßiger Arbeitsverdienst" definiert als den "Verdienst, den der Angestellte erzielt haben würde, wenn er im Betrieb gearbeitet hätte". Dies ist auch für das Verständnis des § 9 Nr. 2 RTV von Bedeutung. Wenn keine gegenteiligen Anhaltspunkte bestehen, muß angenommen werden, daß Tarifvertragsparteien einen mehrfach gebrauchten Ausdruck stets mit demselben Inhalt verwenden.
Der Verdienst, den ein arbeitsunfähiger Angestellter erzielt hätte, wenn er im Betrieb gearbeitet hätte, ist der volle und nicht ein um 20 % verminderter Verdienst. Auf diese Weise könnte in § 10 Nr. 6 RTV nicht nur für das Urlaubsentgelt, sondern mittelbar auch für die Vergütung im Krankheitsfall die Weiterzahlung des ungekürzten regelmäßigen Arbeitsverdienstes vorgesehen worden sein.
Eine solche Auslegung von § 10 Nr. 6 und § 9 Nr. 2 RTV ist jedoch nicht zwingend. Genauso naheliegend ist es, in der ersten Regelung nicht eine Bestimmung über die Höhe des weiterzuzahlenden Verdienstes, sondern lediglich über das anzuwendende Prinzip zu sehen, nach welchem die Verdienstfortzahlung zu ermitteln ist. Ein solches Verständnis legen systematische Gesichtspunkte nahe. Die Definition des "regelmäßigen Arbeitsverdienstes" findet sich erst in § 10 Nr. 6 RTV im Zusammenhang mit der Urlaubsvergütung und nicht schon in § 9 Nr. 2 RTV, wo der Ausdruck erstmals gebraucht wird. Dies ist ungewöhnlich. Die Reihenfolge wird dann erklärlich, wenn die Tarifvertragsparteien in § 10 Nr. 6 RTV eben nur die Methode der Verdienstermittlung und nicht die Höhe des Verdienstes regeln wollten. Dafür wiederum spricht, daß es bei der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall einer eigenen tariflichen Regelung nicht bedurfte, um das Lohnausfallprinzip einzuführen. Dieses galt schon von Gesetzes wegen. Dagegen sah § 11 BUrlG für die Ermittlung des Urlaubsentgelts stets das Referenzprinzip vor. Wollten die Tarifvertragsparteien davon abweichen, mußten sie - von § 13 BUrlG ermöglicht - eine eigenständige Regelung treffen. Der Umstand, daß die Definition des "regelmäßigen Arbeitsverdienstes" als der fiktive tatsächliche Verdienst bei Weiterarbeit erst im Rahmen der Urlaubsregelungen und nicht schon bei der Regelung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall erfolgte, läßt deshalb darauf schließen, daß es sich bei § 10 Nr. 6 RTV um eine Regelung zur Methode der Verdienstberechnung und nicht zur Verdiensthöhe handelt.
3. Zweifel, die die Auslegung nach Wortlaut und Systematik möglicherweise bestehen läßt, werden durch eine verfassungskonforme Auslegung des § 9 Nr. 2 RTV ausgeräumt.
Würde diese Vorschrift als eigenständige tarifliche Regelung über die Höhe der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall verstanden, der zufolge der ungekürzte regelmäßige Arbeitsverdienst weiterzuzahlen wäre, würden die Angestellten der Beklagten besser behandelt als ihre gewerblichen Arbeitnehmer. Für diese nimmt der Haustarifvertrag von 1986 Bezug auf den Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer/Arbeitnehmerinnen in der Papier, Pappe und Kunststoffe verarbeitenden Industrie in der Bundesrepublik Deutschland. Dessen von 1982 bis 1996 gleichlautende Vorschriften über die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall (§§ 12, 15 MTV) enthalten keine konstitutive Regelung zur Höhe der Entgeltfortzahlung und begründen keinen Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts in Höhe von 100 % (BAG 8. September 1999 - 5 AZR 451/98 - EzA EFZG § 4 Tarifvertrag Nr. 37). Angestellte und gewerbliche Arbeitnehmer der Beklagten würden demnach bei der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ungleich behandelt.
Darin läge ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. An den Gleichheitssatz sind auch die Tarifvertragsparteien gebunden. Zwar wurden vom Haustarifvertrag für die Angestellten und die gewerblichen Arbeitnehmer der Beklagten jeweils verschiedene Tarifwerke in Bezug genommen, die auf Arbeitgeberseite einmal vom Hauptverband der Papier, Pappe und Kunststoffe verarbeitenden Industrie, das andere Mal vom Arbeitgeberverband der Papier, Pappe und Kunststoffe verarbeitenden Industrie von Düren, Jülich, Euskirchen und Umgebung e.V. abgeschlossen wurden. Tarifwerke verschiedener Tarifvertragsparteien wiederum unterliegen nicht der Beurteilung anhand von Art. 3 Abs. 1 GG (BAG 8. September 1999 - 5 AZR 451/98 - aaO mwN). Den Haustarifvertrag haben jedoch für beide Arbeitnehmergruppen dieselben Tarifvertragsparteien geschlossen: auf Arbeitgeberseite der Arbeitgeberverband der chemischen und gemischten Industrie von Düren, Jülich, Euskirchen und Umgebung e.V., auf Gewerkschaftsseite die Industriegewerkschaft Industrie Chemie-Papier-Keramik, zuletzt außerdem die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie. Dieselben Tarifvertragsparteien können die Bindung an den Gleichheitssatz nicht dadurch umgehen, daß sie für die beiden Arbeitnehmergruppen auf unterschiedliche Tarifverträge verweisen. Die Regelungen des Haustarifvertrages müssen sich deshalb an Art. 3 Abs. 1 GG messen lassen.
Im Zweifel kann nicht angenommen werden, daß Tarifvertragsparteien gleichheitswidrige Tarifnormen schaffen wollten. Im Streitfall ist eine solche Annahme umso weniger berechtigt, als die unterschiedliche Behandlung von Angestellten und gewerblichen Arbeitnehmern ausschließlich auf der Gesetzesänderung vom 25. September 1996 und ihren unterschiedlichen tariflichen Auswirkungen beruht. Zur Vermeidung eines Gleichheitsverstoßes verlangt eine verfassungskonforme Auslegung des § 9 Nr. 2 RTV deshalb, diese Vorschrift, wie es ihr Wortlaut und die Tarifsystematik ohnehin nahelegen, im Streitfall dahin zu verstehen, daß in ihr eine konstitutive Regelung über die Höhe der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall im Sinne einer ungekürzten Fortzahlung des regelmäßigen Arbeitsverdienstes für Angestellte nicht getroffen worden ist.
Ende der Entscheidung
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