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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 06.12.2006
Aktenzeichen: 5 AZR 737/05
Rechtsgebiete: BGB, BerlHG, BBesG, BBesO


Vorschriften:

BGB § 612 Abs. 1
BerlHG § 102 Abs. 5
BBesG § 19
BBesO Anl. II
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

5 AZR 737/05

10 Sa 1314/05 Landesarbeitsgericht Berlin

Verkündet am 6. Dezember 2006

In Sachen

hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 6. Dezember 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Müller-Glöge, die Richter am Bundesarbeitsgericht Prof. Dr. Mikosch und Dr. Linck sowie die ehrenamtlichen Richter Feldmeier und Rehwald für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 13. Oktober 2005 - 10 Sa 1314/05 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Arbeitsvergütung. Der Kläger ist Hochschullehrer. Er ist seit 1973 bei der Beklagten tätig und seit dem 1. Mai 1993 als Universitätsprofessor im Angestelltenverhältnis beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 10. Mai 1993 heißt es:

"§ 1

(1) Herr Professor E wird mit Wirkung vom 01. Mai 1993 als Universitätsprofessor im Angestelltenverhältnis auf unbestimmte Zeit gem. § 99 i. V. m. § 102 Abs. 5 des Berliner Hochschulgesetzes (BerlHG) im Fachbereich Agrar- und Gartenbauwissenschaften beschäftigt. Er vertritt das Fachgebiet Pflanzenbau.

(2) Herr Prof. E ist berechtigt, die Bezeichnung 'Universitätsprofessor zu führen.

...

§ 3

(1) Herr Prof. E erhält eine monatliche Vergütung auf der Grundlage der BesGr. C 3 nach einem vorläufigen Besoldungsdienstalter vom 01.12.1973.

...

(2) Allgemeine gesetzliche Änderungen der Besoldung für Beamte sind bei der nach diesem Vertrag zustehenden Vergütung zu berücksichtigen.

...

§ 4

(1) Die jährliche Zuwendung, das Urlaubsgeld, vermögenswirksame Leistungen, Reise- und Umzugskostenvergütung, Trennungsgeld, Vorschüsse sowie Jubiläumszuwendungen werden in sinngemäßer Anwendung der beamtenrechtlichen Vorschriften gewährt.

...

(4) Im übrigen sind folgende weitere Vorschriften des Landesbeamtengesetzes - in der jeweils geltenden Fassung - für Herrn Prof. E sinngemäß anzuwenden:

Pflichten gegenüber der Allgemeinheit, politische Betätigung, Verantwortlichkeit, Amtsverschwiegenheit, Aussagegenehmigung, Nebentätigkeit, Annahme von Belohnungen und Geschenken, Fernbleiben vom Dienst, Wohnung, Haftung, Sachschadenersatz, Personalakten, Vereinigungsfreiheit, Dienstzeugnis.

...

§ 6

(1) Die nach diesem Vertrag anzuwendenden Vorschriften des Hochschul-, Beamten-, Besoldungs-, Versorgungs-, Sozialversicherungs- und Tarifrechts gelten unter Berücksichtigung künftiger Änderungen und Ergänzungen in ihrer jeweiligen Fassung; die an die Stelle dieser Vorschriften tretenden Regelungen finden mit allen künftigen Änderungen und Ergänzungen in ihrer jeweiligen Fassung von ihrem Inkrafttreten an ebenfalls Anwendung.

(2) Im übrigen gelten für das Vertragsverhältnis die Vorschriften der §§ 611 ff. BGB.

..."

Im Zuge einer Umstrukturierung der Landwirtschaftlich-Gärtnerischen Fakultät der Beklagten beschloss der Fakultätsrat am 11. Oktober 2000 die Fusion der bisherigen Fachgebiete "Ackerbausysteme" und "Pflanzenbau" zu einem neuen Fachgebiet "Acker- und Pflanzenbau". Das Fachgebiet "Ackerbausysteme" wurde bis zu seinem Ausscheiden vor der Zusammenlegung von Prof. Dr. M vertreten, der eine C 4-Professur innehatte. Dem neuen Fachgebiet "Acker- und Pflanzenbau" wurde eine C 4-Professur zugeordnet. Am 12. Oktober 2000 übertrug der Dekan der Landwirtschaftlich-Gärtnerischen Fakultät dem Kläger die Leitung und Vertretung des neu geschaffenen Fachgebiets. In der Folgezeit vertrat der Kläger dieses Fachgebiet in Forschung und Lehre und nahm darüber hinaus Aufgaben der akademischen Selbstverwaltung wahr.

Am 6. März 2002 wurde der Kläger unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Universitätsprofessor der Besoldungsgruppe C 3 berufen.

Mit seiner am 31. Januar 2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger für die Zeit vom 12. Oktober 2000 bis zum 5. März 2002 die Vergütungsdifferenz zwischen der Besoldungsgruppe C 4 und der Besoldungsgruppe C 3 geltend gemacht. Er habe in dieser Zeit die Aufgaben eines C 4-Professors wahrgenommen, das Lehrangebot für das Fachgebiet neu aufgebaut und neue Lehrveranstaltungen entwickelt. Die Anzahl der ihm unterstellten Mitarbeiter habe sich verdoppelt, nachdem er die Personal- und Sachausstattung des ausgeschiedenen Prof. Dr. M übernommen habe. Er habe die beiden Standorte der ehemaligen Fachgebiete verwalten und leiten müssen. Dabei habe er vollumfänglich die Aufgaben von Herrn Prof. Dr. M wahrgenommen.

Der Kläger hat beantragt festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn mit Wirkung ab dem 12. Oktober 2000 bis zum 5. März 2002 entsprechend der Besoldungsgruppe C 4 zu vergüten.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, dem Kläger sei mit der Übertragung der Leitung des Fachgebiets keine höherwertige Planstelle zugewiesen worden. Da der Kläger nicht zum C 4-Professor berufen worden sei, könne er die beanspruchte Vergütung nicht verlangen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage zum Teil stattgegeben und festgestellt, die Beklagte sei verpflichtet, den Kläger mit Wirkung ab dem 12. Oktober 2001 bis zum 5. März 2002 entsprechend der Besoldungsgruppe C 4 zu vergüten. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. I. Die Klage ist zulässig. Der Kläger kann nicht auf den Vorrang der Leistungsklage verwiesen werden. Zwar ist das rechtliche Interesse an der Erhebung einer Feststellungsklage (§ 256 Abs. 1 ZPO) in der Regel zu verneinen, wenn eine Leistungsklage möglich ist. Allerdings kann auch in diesem Fall ein Feststellungsinteresse gegeben sein, wenn das angestrebte Urteil mit seiner lediglich ideellen, der Vollstreckung nicht zugänglichen Wirkung geeignet ist, den Konflikt der Parteien endgültig zu lösen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu verhindern (Senat 28. September 2005 - 5 AZR 181/04 -, zu I 4 der Gründe; BAG 21. Mai 1992 - 6 AZR 187/91 -, zu II 2 der Gründe).

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Es ist davon auszugehen, dass die beklagte Universität einer festgestellten Zahlungsverpflichtung nachkommen wird.

II. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung nach Besoldungsgruppe C 4. 1. Nach § 3 Abs. 1 des Arbeitsvertrags vom 10. Mai 1993 erhält der Kläger eine monatliche Vergütung auf der Grundlage der Besoldungsgruppe C 3. Der Arbeitsvertrag enthält keine Regelung, wonach der Kläger bei einer Änderung der Tätigkeit, wie sie vorliegend durch die Fusion der bisherigen Fachgebiete "Ackerbausysteme" und "Pflanzenbau" zu dem neuen Fachgebiet "Acker- und Pflanzenbau" erfolgt ist, eine Vergütung nach Besoldungsgruppe C 4 verlangen könnte.

2. Der vom Kläger geltend gemachte Vergütungsanspruch ergibt sich nicht aus § 3 Abs. 2 des Arbeitsvertrags. Soweit dort bestimmt ist, allgemeine gesetzliche Änderungen der Besoldung für Beamte seien bei der nach diesem Vertrag zustehenden Vergütung zu berücksichtigen, kann der Kläger hieraus für sein Klagebegehren nichts herleiten. Sein Anspruch beruht nicht auf einer gesetzlichen Änderung der Besoldung.

Der Kläger stützt seinen Anspruch auf veränderte Arbeitspflichten und nicht auf eine Änderung gesetzlicher Vorschriften. § 3 Abs. 2 des Arbeitsvertrags betrifft Fälle, in denen sich auf Grund neuer gesetzlicher Regelungen die Höhe der Besoldung oder die Besoldungsstruktur ändert.

3. Der Anspruch auf höhere Vergütung folgt nicht aus dem Beamtenrecht. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, der Arbeitsvertrag nehme lediglich auf einzelne beamtenrechtliche Vorschriften Bezug und verweise nicht insgesamt auf das Beamtenrecht. Entgegen der Auffassung der Revision folgt auch aus einer Gesamtschau des Vertrags kein anderes Ergebnis. Hätten die Parteien die Geltung beamtenrechtlicher Vorschriften gewollt, soweit der Vertrag nicht ausdrücklich Abweichendes bestimmt, hätten sie das durch eine entsprechende Bezugnahme auf das Beamtenrecht zur Geltung bringen müssen.

4. Der vom Kläger erhobene Anspruch ergibt sich nicht aus einer konkludenten Änderung des Vertrags. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts lag ein entsprechender Wille zur Änderung des Arbeitsvertrags seitens der Beklagten nicht vor. Aus der bloßen Übertragung der Leitung und Vertretung des neu geschaffenen Fachgebiets "Acker- und Pflanzenbau" kann ein Wille der Beklagten zur Änderung der Vergütung nicht hergeleitet werden.

5. Der Kläger kann nicht nach § 102 Abs. 5 BerlHG Vergütung nach der Besoldungsgruppe C 4 verlangen. Nach dieser Bestimmung können Professoren in Ausnahmefällen im Angestelltenverhältnis beschäftigt werden. Ihre Arbeitsbedingungen sollen dann, soweit allgemeine dienst- und haushaltsrechtliche Regelungen nicht entgegenstehen, den Rechten und Pflichten beamteter Professoren entsprechen. Der Kläger war nach § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrags als "Universitätsprofessor" bei der Beklagten angestellt. Als beamteter "Universitätsprofessor" wäre der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum gem. § 1 Landesbesoldungsgesetz Berlin (LBesG) iVm. § 19 BBesG, Anl. II der Bundesbesoldungsordnung nach Besoldungsgruppe C 3 oder C 4 zu besolden gewesen. Beide Besoldungsgruppen gelten für Universitätsprofessoren an Universitäten. Ein Anspruch auf Besoldung nach Besoldungsgruppe C 4 besteht nur dann, wenn der Hochschullehrer nach Abschluss eines Berufungsverfahrens gem. § 101 BerlHG zum C 4-Professor berufen wurde. Dies ist vorliegend nicht geschehen.

6. Der Anspruch auf die geltend gemachte Vergütungsdifferenz ergibt sich nicht aus § 612 Abs. 1 BGB. Nach dieser Bestimmung gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. § 612 Abs. 1 BGB bildet nicht nur in den Fällen, in denen überhaupt keine Vergütungsvereinbarung getroffen wurde, die Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Vergütung. Diese Bestimmung ist vielmehr auch anzuwenden, wenn über die vertraglich geschuldete Tätigkeit hinaus Sonderleistungen erbracht werden, die durch die vereinbarte Vergütung nicht abgegolten sind, und weder einzelvertraglich noch tarifvertraglich geregelt ist, wie diese Dienste zu vergüten sind (Senat 29. Januar 2003 - 5 AZR 703/01 - AP BGB § 612 Nr. 66). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der Kläger hat auch im streitbefangenen Zeitraum die Aufgaben eines Universitätsprofessors wahrgenommen.

7. Der Kläger hat keinen Anspruch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz auf Vergütung nach Besoldungsgruppe C 4. Soweit sich der Kläger auf die Gleichbehandlung mit Herrn Prof. Dr. G beruft, übersieht er, dass die Beklagte Herrn Prof. Dr. G auf Grund des Urteils des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 28. März 2002 (- 7 Sa 1849/01 -) nach Besoldungsgruppe C 4 vergütet. Die Vergütung erfolgt damit nicht auf Grund einer vom Arbeitgeber selbst gesetzten Regel, was Voraussetzung für die Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ist (Senat 31. August 2005 - 5 AZR 517/04 - AP BGB § 613a Nr. 288 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 39, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen), sondern in Befolgung eines rechtskräftigen Urteils. Bereits dies schließt den geltend gemachten Anspruch aus. Soweit der Kläger verschiedene Professoren namentlich bezeichnet, die nach Besoldungsgruppe C 4 vergütet werden, ist nicht erkennbar, inwieweit diese Personen mit dem Kläger vergleichbar sind. Die bloße Benennung des Fachgebiets genügt nicht für die Darlegung einer sachwidrigen Gruppenbildung durch die Beklagte.

8. Schließlich kann der Kläger seinen Anspruch nicht darauf stützen, dass ihm eine Stelle zugewiesen wurde, die haushaltsrechtlich als C 4-Stelle geführt wurde. Der jeweiligen Behörde ist mit der ausgewiesenen Stelle lediglich haushaltsrechtlich die Möglichkeit eingeräumt, den jeweiligen Stelleninhaber entsprechend zu vergüten, wenn die weiteren besoldungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Die Ausweisung einer Stelle im Haushalt nach einer bestimmten Besoldungsgruppe schließt nicht aus, den Stelleninhaber niedriger zu vergüten.

III. Der Kläger hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

Ende der Entscheidung

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