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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 31.05.2001
Aktenzeichen: 6 AZR 321/00
Rechtsgebiete: BAT


Vorschriften:

BAT § 29 Abschn. B Abs. 3
BAT § 29 Abschn. B Abs. 4
BAT § 29 Abschn. B Abs. 6
Ein geschiedener Angestellter des öffentlichen Dienstes, dessen Kind in den gemeinsamen Haushalt seiner das Kindergeld beziehenden geschiedenen Ehefrau und ihres im öffentlichen Dienst beschäftigten Ehemannes aufgenommen ist, hat wegen der Konkurrenzregelung in § 29 Abschnitt B Abs. 6 BAT keinen Anspruch auf den kinderbezogenen Teil des Ortszuschlags.
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

6 AZR 321/00

Verkündet am 31. Mai 2001

In Sachen

hat der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 31. Mai 2001 durch den Vizepräsidenten des Bundesarbeitsgerichts Dr. Peifer, den Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Armbrüster, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Gräfl und die ehrenamtlichen Richter Kamm und Dr. Beus für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 27. Januar 2000 - 5 Sa 517/99 - aufgehoben.

2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg - Kammer Husum - vom 5. August 1999 - ö.D. 3 Ca 1410/98 - wird zurückgewiesen.

3. Der Kläger trägt die Kosten der Berufung und der Revision.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger von Oktober 1997 bis Oktober 1998 der kinderbezogene Teil des Ortszuschlags zusteht.

Der Kläger ist bei dem Beklagten als technischer Angestellter beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) Anwendung. § 29 BAT lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 29 Ortszuschlag

A. Grundlage des Ortszuschlages

(1) Die Höhe des Ortszuschlages richtet sich nach der Tarifklasse, der die Vergütungsgruppe des Angestellten zugeteilt ist (Absatz 2), und nach der Stufe, die den Familienverhältnissen des Angestellten entspricht (Abschnitt B).

...

B. Stufen des Ortszuschlages

(1) Zur Stufe 1 gehören die ledigen und die geschiedenen Angestellten ...

(2) Zur Stufe 2 gehören

1. verheiratete Angestellte,

2. ...

3. geschiedene Angestellte ..., wenn sie aus der Ehe zum Unterhalt verpflichtet sind,

4. ...

(3) Zur Stufe 3 und den folgenden Stufen gehören die Angestellten der Stufe 2, denen Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) oder nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) zusteht oder ohne Berücksichtigung des § 64 oder § 65 EStG oder des § 3 oder § 4 BKGG zustehen würde. Die Stufe richtet sich nach der Anzahl der berücksichtigungsfähigen Kinder.

(4) Angestellte der Stufe 1, denen Kindergeld nach dem EStG oder nach dem BKGG zusteht oder ohne Berücksichtigung des § 64 oder § 65 EStG oder des § 3 oder § 4 BKGG zustehen würde, erhalten zusätzlich zum Ortszuschlag der Stufe 1 den Unterschiedsbetrag zwischen Stufe 2 und der Stufe, die der Anzahl der berücksichtigungsfähigen Kinder entspricht. Absatz 6 gilt entsprechend.

...

(6) Stünde neben dem Angestellten einer anderen Person, die im öffentlichen Dienst steht ..., der Ortszuschlag nach Stufe 3 oder einer der folgenden Stufen zu, wird der auf das Kind entfallende Unterschiedsbetrag zwischen den Stufen des Ortszuschlages dem Angestellten gewährt, wenn und soweit ihm das Kindergeld nach dem EStG oder nach dem BKGG gewährt wird oder ohne Berücksichtigung des § 65 EStG oder des § 4 BKGG vorrangig zu gewähren wäre; ...

..."

Der Kläger war bis 1990 verheiratet. Aus der Ehe ging der am 13. November 1972 geborene Sohn Lars hervor. Dieser zog nach der Trennung des Klägers von seiner Ehefrau im Jahr 1988 zu seiner Mutter, die nach der Scheidung einen Angestellten der Stadt H heiratete. Seit Sommer 1997 studiert der Sohn des Klägers in Kiel und bewohnt dort zusammen mit seiner Lebenspartnerin eine Mietwohnung. Der Kläger zahlt seinem Sohn monatlich Unterhalt. Die geschiedene Ehefrau des Klägers bezieht das Kindergeld für Lars. Ihr jetziger Ehemann erhält von seinem Arbeitgeber den kinderbezogenen Teil des Ortszuschlags.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe der kinderbezogene Teil des Ortszuschlags zu. Zwar erhalte seine geschiedene Ehefrau das Kindergeld für den gemeinsamen Sohn. Sie habe jedoch keinen Anspruch auf den kinderbezogenen Teil des Ortszuschlags, weil sie nicht im öffentlichen Dienst beschäftigt sei. Ihr jetziger Ehemann habe keinen Anspruch auf das Kindergeld. Daß dieser dennoch den kinderbezogenen Teil des Ortszuschlags erhalte, obwohl er keinen Beitrag zur Ausbildung leiste, sei nicht nachvollziehbar. Es sei unzutreffend, daß sein Sohn noch in den gemeinsamen Haushalt seiner geschiedenen Ehefrau und ihres jetzigen Ehemannes aufgenommen sei und die Wochenenden und Ferien dort verbringe.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 2.040,28 DM brutto zu zahlen.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, der kinderbezogene Teil des Ortszuschlags stehe nicht dem Kläger, sondern dem jetzigen Ehemann der geschiedenen Ehefrau des Klägers zu. Wer den kinderbezogenen Teil des Ortszuschlags erhalte, beurteile sich nach der Entscheidung der Familienkasse über die Zahlung des Kindergeldes. Dieses erhalte nicht der Kläger, sondern seine geschiedene Ehefrau. Zwar sei diese nicht im öffentlichen Dienst beschäftigt und habe deshalb keinen Anspruch auf den kinderbezogenen Teil des Ortszuschlags. Gleichwohl stehe auch dem Kläger ein solcher Anspruch nicht zu. Dies ergebe sich aus der Konkurrenzregelung in § 29 Abschn. B Abs. 6 BAT. Nach den kindergeldrechtlichen Bestimmungen habe der Stiefvater auch gegenüber den leiblichen Eltern Vorrang beim Bezug von Kindergeld, wenn das Kind in dem gemeinsamen Haushalt mit dem Stiefvater lebe. Dies sei bei dem Sohn des Klägers der Fall. Daß er sich nicht mehr überwiegend in der Wohnung des Stiefvaters aufhalte, sei unerheblich. Denn die häusliche Verbindung bestehe auch bei vorübergehender, durch ein Studium verursachter Abwesenheit des Kindes fort, wenn - wie hier - gesicherte Erkenntnisse dafür vorlägen, daß die Trennung nur vorübergehend sei.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihr unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils stattgegeben. Mit der Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung der Entscheidung des Arbeitsgerichts. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Wiederherstellung der klageabweisenden Entscheidung des Arbeitsgerichts.

A. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dem Kläger stehe der kinderbezogene Teil des Ortszuschlags zu. Dies ergebe eine rechtsfortbildende Auslegung der Bestimmung des § 29 BAT. Der Kläger könne seinen Anspruch nicht unmittelbar auf § 29 Abschn. B Abs. 3 BAT stützen, da ihm für seinen Sohn das Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz nicht zustehe oder ohne Berücksichtigung von § 3 oder § 8 BKGG zustehen würde. Vielmehr habe seine geschiedene Ehefrau Anspruch auf das Kindergeld. Deshalb könne auch deren jetziger Ehemann den kinderbezogenen Teil des Ortszuschlags nicht beanspruchen. Daß für den Sohn des Klägers grundsätzlich der kinderbezogene Teil des Ortszuschlags gezahlt werden müsse, stehe fest. Problematisch sei allein die Frage, wem der Anspruch zustehe. Die Konkurrenzregelung in § 29 Abschn. B Abs. 6 BAT sei nicht einschlägig. Denn die geschiedene Ehefrau des Klägers, die das Kindergeld beziehe, sei nicht im öffentlichen Dienst beschäftigt. Deshalb enthalte der Tarifvertrag eine planwidrige, von den Tarifvertragsparteien nicht beabsichtigte Regelungslücke. Diese sei im Wege der Rechtsfortbildung dahingehend zu schließen, daß der kinderbezogene Teil des Ortszuschlags dem Kläger zu gewähren sei, weil allein er seinem Sohn Unterhalt zahle. In diesem Sinne hätten die Tarifvertragsparteien den Sachverhalt geregelt, wenn sie die vorliegende Fallgestaltung bei Tarifabschluß bedacht hätten. Dafür spreche, daß dem Kläger der kinderbezogene Teil des Ortszuschlags zustünde, wenn seine geschiedene Ehefrau nicht wieder geheiratet hätte oder wenn ihr jetziger Ehemann nicht im öffentlichen Dienst beschäftigt wäre. Nichts anderes könne gelten, wenn der Ehegatte der kindergeldberechtigten geschiedenen Ehefrau Angestellter des öffentlichen Dienstes sei. Der Zweck des kinderbezogenen Teils des Ortszuschlags bestehe darin, die erhöhten Aufwendungen aus der Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Kind auszugleichen. Dem würde es widersprechen, wenn dem im öffentlichen Dienst beschäftigten Stiefvater, der weder zum Unterhalt verpflichtet sei noch Unterhalt leiste, der kinderbezogene Teil des Ortszuschlags zustünde, nicht aber dem leiblichen Vater, der zum Unterhalt verpflichtet sei und dieser Pflicht auch nachkomme.

B. Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Dem Kläger steht nach § 29 BAT der kinderbezogene Teil des Ortszuschlags nicht zu. Zwar erfüllt er die Voraussetzungen des § 29 Abschn. A Abs. 1 iVm. § 29 Abschn. B Abs. 3 oder Abs. 4 BAT. Seinem Anspruch steht jedoch die Konkurrenzregelung in § 29 Abschn. B Abs. 6 BAT entgegen. Der Tarifvertrag enthält entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts keine Regelungslücke. Für eine ergänzende Auslegung des Tarifvertrags ist daher kein Raum.

I. Als Anspruchsgrundlage kommen entweder § 29 Abschn. A Abs. 1 iVm. § 29 Abschn. B Abs. 3 BAT oder § 29 Abschn. A Abs. 1 iVm. § 29 Abschn. B Abs. 4 BAT in Betracht.

Nach § 29 Abs. 1 BAT richtet sich die Höhe des Ortszuschlags ua. nach der Stufe, die den Familienverhältnissen des Angestellten entspricht. Zur Stufe 3 und den folgenden Stufen gehören die Angestellten der Stufe 2, denen Kindergeld nach dem EStG oder dem Bundeskindergeldgesetz zusteht oder ohne Berücksichtigung des § 64 oder § 65 EStG oder § 3 oder § 4 BKGG zustehen würde (§ 29 Abschn. B Abs. 3 BAT). Zur Stufe 2 gehören ua. geschiedene Angestellte, wenn sie aus der Ehe zum Unterhalt verpflichtet sind (§ 29 Abschn. B Abs. 2 Nr. 3 BAT). Im übrigen gehören geschiedene Angestellte zur Stufe 1 (§ 29 Abschn. B Abs. 1 BAT). Angestellte der Stufe 1, denen Kindergeld nach dem EStG oder nach dem BKGG zusteht oder ohne Berücksichtigung des § 64 oder § 65 EStG oder § 3 oder § 4 BKGG zustehen würde, erhalten zusätzlich zum Ortszuschlag der Stufe 1 den Unterschiedsbetrag zwischen Stufe 2 und der Stufe, die der Anzahl der berücksichtigungsfähigen Kinder entspricht (§ 29 Abschn. B Abs. 4 BAT). Damit hängt die Frage, ob sich ein etwaiger Anspruch des Klägers nach § 29 Abschn. B Abs. 3 oder Abs. 4 BAT richtet, davon ab, ob er seiner geschiedenen Ehefrau gegenüber zum Unterhalt verpflichtet ist. Dazu hat das Landesarbeitsgericht keine Feststellungen getroffen. Einer Aufklärung dieser Frage bedarf es jedoch nicht. Die Anspruchsvoraussetzungen in § 29 Abschn. B Abs. 3 BAT und § 29 Abschn. B Abs. 4 BAT unterscheiden sich nur dadurch, daß von der erstgenannten Bestimmung Angestellte der Stufe 2, von der letztgenannten Bestimmung Angestellte der Stufe 1 erfaßt werden. Im übrigen sind sowohl die Anspruchsvoraussetzungen als auch die Höhe des Anspruchs nach beiden Bestimmungen identisch. Der Kläger gehört als geschiedener Angestellter entweder zur Stufe 1 oder zur Stufe 2. Er erfüllt auch die weiteren, den Absätzen 3 und 4 gemeinsamen Anspruchsvoraussetzungen. Denn ihm stünde ohne Berücksichtigung des § 64 EStG Kindergeld für seinen Sohn zu.

1. Nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG hat Anspruch auf Kindergeld für Kinder im Sinne des § 63 EStG, wer im Inland seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

Der Kläger hat seinen Wohnsitz in S und damit im Inland. Sein Sohn ist ein Kind im Sinne des § 63 EStG.

Nach § 63 Abs. 1 Nr. 1 EStG werden Kinder im Sinne des § 32 Abs. 1 EStG berücksichtigt. Dies sind im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder. Ein solches Verwandtschaftsverhältnis besteht zwischen dem Kläger und seinem Sohn. Nach der Regelung in § 32 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a EStG, die nach § 63 Abs. 1 Satz 2 EStG entsprechend gilt, wird ein Kind, das das 18., aber noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet hat, berücksichtigt, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird. Diese Voraussetzungen lagen bei dem Sohn des Klägers in der hier maßgeblichen Zeit vor, denn er absolvierte ein Studium. Auch der Besuch von Fach- und Hochschulen gehört zur Berufsausbildung im Sinne des § 32 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a EStG (vgl. Schmidt EStG 18. Aufl. § 32 Rn. 38; Hambüchen/Weisberg Kindergeld, Erziehungsgeld Stand Januar 2000 § 32 EStG Rn. 85).

2. Zwar erhält nicht der Kläger, sondern seine geschiedene Ehefrau das Kindergeld für den gemeinsamen Sohn. Dies beruht auf der Regelung in § 64 EStG, wonach für jedes Kind nur einem Berechtigten Kindergeld gezahlt wird. Ohne Berücksichtigung des § 64 EStG, dh. ohne Berücksichtigung weiterer Kindergeldberechtigter, stünde daher dem Kläger das Kindergeld für seinen Sohn zu. Damit erfüllt er die Voraussetzungen des § 29 Abschn. B Abs. 3 bzw. Abs. 4 BAT. Gleichwohl hat der Kläger wegen der Konkurrenzregelung in § 29 Abschn. B Abs. 6 BAT keinen Anspruch auf den kinderbezogenen Teil des Ortszuschlags.

II. In § 29 Abschn. B Abs. 6 BAT ist geregelt, wer den kinderbezogenen Teil des Ortszuschlags erhält, wenn neben dem Angestellten auch einer anderen Person, die im öffentlichen Dienst steht, der kinderbezogene Teil des Ortszuschlags zustünde. In diesem Fall wird der auf das Kind entfallende Teil des Ortszuschlags dem Angestellten gewährt, wenn und soweit ihm das Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz oder dem Bundeskindergeldgesetz gewährt wird oder ohne Berücksichtigung des § 65 EStG oder § 4 BKGG vorrangig zu gewähren wäre.

1. Neben dem Kläger stünde auch dem jetzigen Ehemann der geschiedenen Ehefrau des Klägers der kinderbezogene Teil des Ortszuschlags nach § 29 Abschn. B Abs. 3 BAT zu. Er ist Angestellter der Stufe 2 und hätte ohne Berücksichtigung des § 64 EStG Anspruch auf Kindergeld für den Sohn des Klägers.

Nach § 63 Abs. 1 Nr. 2 EStG werden als Kinder auch in den gemeinsamen Haushalt aufgenommene Kinder des Ehegatten berücksichtigt. Auf Grund der Entscheidung der Familienkasse über die Gewährung des Kindergeldes an die geschiedene Ehefrau des Klägers ist davon auszugehen, daß der Sohn des Klägers in der hier maßgeblichen Zeit in den Haushalt ihres jetzigen Ehemannes aufgenommen war.

a) Nach § 64 Abs. 1 EStG wird für jedes Kind nur einem Berechtigten Kindergeld gezahlt. Bei mehreren Berechtigten wird das Kindergeld demjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat (§ 64 Abs. 2 Satz 1 EStG). Ist das Kind in den gemeinsamen Haushalt von einem Elternteil und dessen Ehegatten aufgenommen worden, bestimmen diese untereinander den Berechtigten (§ 64 Abs. 2 Satz 2 EStG). Ist das Kind nicht in den Haushalt eines Berechtigten aufgenommen, erhält das Kindergeld derjenige, der dem Kind eine Unterhaltsrente zahlt (§ 64 Abs. 3 Satz 1 EStG).

Die Familienkasse hat der geschiedenen Ehefrau des Klägers Kindergeld bewilligt. Voraussetzung dafür ist, daß sie ihren Sohn in ihren Haushalt aufgenommen hat (§ 64 Abs. 2 Satz 1 EStG). Andernfalls hätte nicht ihr, sondern dem Kläger nach § 64 Abs. 3 Satz 1 EStG das Kindergeld bewilligt werden müssen. Die geschiedene Ehefrau des Klägers führt ihren Haushalt gemeinsam mit ihrem jetzigen Ehemann. Deshalb wäre dieser ohne Berücksichtigung des § 64 EStG nach § 63 Abs. 1 Nr. 2 EStG kindergeldberechtigt. Auch ihm stünde daher nach § 29 Abschn. B Abs. 3 BAT der kinderbezogene Teil des Ortszuschlags zu.

b) Zwar hat der Kläger bestritten, daß sein Sohn in der hier maßgeblichen Zeit in den gemeinsamen Haushalt seiner geschiedenen Ehefrau und ihres jetzigen Ehemannes aufgenommen war. Dieses Bestreiten ist jedoch unerheblich. Denn die Entscheidung der Familienkasse über die Gewährung des Kindergeldes ist auch für den Anspruch auf den kinderbezogenen Teil des Ortszuschlags maßgebend.

Nach § 70 Abs. 1 Satz 1 EStG wird das Kindergeld von der Familienkasse durch Bescheid festgesetzt und ausgezahlt. Dabei handelt es sich um einen begünstigenden Verwaltungsakt (vgl. Schmidt EStG 18. Aufl. § 70 Rn. 1). Aus der förmlichen Art der Entscheidung folgt, daß sie auch für andere Behörden maßgeblich ist, zB für die für die Besoldung eines Beamten zuständige Dienststelle (vgl. BVerwG 26. August 1993 - 2 C 16.92 - BVerwGE 94, 98; aA Rundschreiben des BMI vom 1. August 1995 - D II 3 - 221400/1 - GMBl. S 739; wohl auch Uttlinger/Breier/Kiefer/Hoffmann/Pühler BAT Stand April 2001 § 29, Erl. 9). Gleiches gilt wegen der Anlehnung der Tarifregelung an das Bundesbesoldungsgesetz für die Vergütung der Angestellten des öffentlichen Dienstes. § 29 BAT knüpft hinsichtlich des Anspruchs auf den kinderbezogenen Teil des Ortszuschlags, ebenso wie die inhaltsgleiche Regelung in § 40 BBesG, vollständig an die Kindergeldberechtigung nach dem Einkommensteuergesetz oder dem Bundeskindergeldgesetz an. Daraus wird auch für den Bereich der Vergütung der im öffentlichen Dienst beschäftigten Angestellten deutlich, daß eine nach diesen Gesetzen ergangene Entscheidung über das Kindergeld ohne weiteres auch für den Vergütungsanspruch maßgebend sein soll (vgl. BVerwG 26. August 1993 aaO zu § 40 BBesG und dem BKGG in der bis zum 31. Dezember 1995 geltenden Fassung). Andernfalls wäre es denkbar, daß einem Angestellten, obwohl er Kindergeld erhält, der kinderbezogene Teil des Ortszuschlags nicht gewährt wird, weil die für die Vergütung zuständige Dienststelle den Kindergeldanspruch anders beurteilt als die Familienkasse, oder daß einem Angestellten, bei dem die Familienkasse die Kindergeldberechtigung verneint hat, gleichwohl der kinderbezogene Teil des Ortszuschlags gewährt wird, oder daß trotz der Konkurrenzregelung in § 29 Abschnitt B Abs. 6 BAT mehrere Angestellte für dasselbe Kind den kinderbezogenen Teil des Ortszuschlags erhalten. Dies stünde jedoch im Widerspruch zum erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien, die solche Ergebnisse durch die Anbindung des kinderbezogenen Teils des Ortszuschlags an den Kindergeldanspruch gerade vermeiden wollten.

2. Nach der Konkurrenzregelung in § 29 Abschn. B Abs. 6 BAT hätte der Kläger nur dann Anspruch auf den kinderbezogenen Teil des Ortszuschlags, wenn ihm das Kindergeld nach dem EStG gewährt würde oder ohne Berücksichtigung des § 65 EStG vorrangig zu gewähren wäre. Beides ist nicht der Fall. Das Kindergeld wird nicht dem Kläger, sondern seiner Ehefrau gewährt. Es wäre ihm ohne Berücksichtigung des § 65 EStG auch nicht vorrangig zu gewähren.

a) Nach § 64 Abs. 1 EStG wird für jedes Kind nur einem Berechtigten Kindergeld gezahlt. Bei mehreren Berechtigten erhält derjenige das Kindergeld, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. Nach der bindenden Entscheidung der Familienkasse über die Zahlung des Kindergeldes an die geschiedene Ehefrau des Klägers wäre daher das Kindergeld vorrangig nicht dem Kläger, sondern dem jetzigen Ehemann seiner geschiedenen Ehefrau zu zahlen. Deshalb steht diesem und nicht dem Kläger der kinderbezogene Teil des Ortszuschlags zu.

b) Dieses Ergebnis steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 40 Abs. 6 Satz 1 BBesG in der bis zum 30. Juni 1997 geltenden, mit § 29 Abschn. B Abs. 6 Satz 1 BAT inhaltsgleichen Fassung. Danach verliert ein geschiedener Beamter, der seinem bei dem geschiedenen Ehegatten lebenden Kind Barunterhalt zahlt, den Anspruch auf den kinderbezogenen Teil des Ortszuschlags, wenn der frühere Ehegatte, der nicht im öffentlichen Dienst beschäftigt ist, einen Beamten oder Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes heiratet und dieser seinerseits den kinderbezogenen Teil des Ortszuschlags beanspruchen kann (vgl. Urteil 27. August 1992 - 2 C 41.90 - ZTR 1993, 86).

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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